17.10.2011 Rückblick: Was erlauben Möller? von Folke Havekost
Sitzen drei Hamburger Fußis auf Gran Canaria und kloppen Skat. „18“ - „Jo“ - „20“ - „Jo“ - „Zwei“ - „Wech“ - „Und du?“ - „Wech. Was spielste?“ - „Null!“ - „Null is doch ne lahme Taube – kontra!“ - „Von wegen: Re!“ - „Ha: Bock! Nu kommst du.“ - „Hirsch!“ - „Hehehe, immer langsam mit den jungen Gäulen. Ersma rechnen: Wieviel zählt Hirsch überhaupt? Zwei, vier, acht ...“ - „Mann, lasses: Wer das verliert, muss richtig blechen. Aller, Hirsch is unbezahlbar!“
Von Gran Canaria direkt nach Bergedorf. Mit unseren 38 Lebensjahren im Kreuz freuen wir uns über jeden Beweis, dass wir noch nicht zwangsläufig zur Altersgruppe Seniorenspielplatz zu rechnen sind. Und so glänzten unsere matten Augen an den Sander Tannen, als in der 85. Minute der nunmehr 40-jährige Oliver Hirschlein für Eintracht Norderstedt auf den Platz beordert wurde. Der alterslose Stürmer, der in seinen jüngeren Jahren den Schiedsrichtern nach Fouls im Strafraum gerne mit dem im Fallen getätigten Ruf „Glasklarer Elfer!“ die Arbeit erleichterte, um dann wiederauferstanden den eingeforderten Strafstoß ins Netz zu jagen, half angesichts der rotsperrenbedingten Stürmermisere bei den Holsteinern aus. Fast wäre ihm sogar ein Tor gelungen, doch den Elstern gelang es, ihn noch Richtung Eckfahne abzudrängen. So blieb es beim 1:1, was für Bergedorf 85 immerhin das erste Unentschieden der Saison war. Sehen wir Methusalem Hirschlein, müssen wir an unseren früheren Englisch-Lehrer und seinen Lieblingssatz denken: „Early to bed, and early to rise makes a man healthy, wealthy, and wise.“ Das trifft Hirsch bestimmt besser als das deutsche Pendant „Morgenstund hat Gold im Mund“.
Das wiederum ist beim SC Victoria nicht so recht angekommen. Zum Sonntagvormittagsspiel beim SC Condor erzwungenermaßen früh aufgestanden, lagen die Hohelufter schon im Rückstand, noch ehe der Minutenzeiger zwei Umdrehungen hinter sich hatte. Die Condor-Kicker hingegen wurden für ihren 8-Uhr-Spazierlauf an der Berner Au belohnt. Nichts gegen unseren alten Englisch-Lehrer, aber da passte wohl eher „Früher Vogel fängt den Wurm“. Apropos Vögel: Wenn einem einzelne Tauben begegnen, ist das meist kein gutes Zeichen. Im Lied „La Paloma“ steht der Auftritt des Flatterwesens für die Abwesenheit, in einigen Übersetzungen gar für den Tod des oder der Geliebten. Klingt nicht so prickelnd, selbst wenn wir es von der wogenden See auf harmlos glänzenden Rasen verlegen. In Bönningstedt waren es gleich drei Kicker des USC Paloma, die nach Platzverweisen allein von dannen schlichen. Das Abstiegsduell gewann der SV Rugenbergen nach 1:2-Rückstand noch 3:2, hatte dabei allerdings Fortuna auf seiner Seite. Denn den ersten Platzverweis hätte es gut und gerne für SVR-Torjäger Artur Frost geben können, dessen Attacke gegen Paloma-Keeper Zakaria Chergui nicht besonders ballorientiert aussah und mit Gelb recht milde bewertet wurde. Dass Frost danach am 2:2 beteiligt war, machte es für die Gäste nicht besser. Frust durch Frost: drei Punkte futsch und zwei Spieler, die glatt Rot sahen, in den nächsten Spielen gesperrt. USC-Coach Daniel Sager sucht nach einem Hirsch in seinem Taubenschlag.
Klarere Verhältnisse gab's beim Oststeinbeker SV, der gegen die direkte Klassenerhaltskonkurrenz vom TSV Sasel zwar eine Stunde Geduld beweisen musste, sich schließlich aber mit einem 3:0 über den Strich schoss. Oberhalb der Abstiegsplätze rangierte der OSV lange nicht mehr, es dürfte dem jungen Team Auftrieb für die kommenden schwierigen Aufgaben (Bergedorf, Altona) geben. Sasel hingegen droht den Anschluss zu verlieren, denn nur ein hervorragender Holger Sander (aus der Altersgruppe Hirschlein) im Tor langt für diese Spielklasse einfach nicht.
Während die beiden internen Duelle im unteren Drittel somit einen umstrittenen und einen deutlichen Sieger fanden, blieben die beiden anderen abstiegsangstgeplagten Mannschaften glück- und sieglos. Der Meiendorfer SV konnte sein geringes, aber vorhandenes Gegenspiel bei Altona 93 nicht in zählbare Erfolge ummünzen. Erst weit in der Nachspielzeit erbarmte sich Altonas Sebastian Clausen mit einem Kopfstoß ins eigene Gehäuse. Viel zu spät: Der 17-jährige Schiedsrichter Paul Jakob Jennerjahn pfiff die Begegnung gar nicht wieder an. So klar Altona die Begegnung bestimmte, so fahrlässig ging es jedoch mit seinen Chancen um. Vor einigen Wochen kam der VfL Pinneberg an die Griegstraße und gewann trotz Rückstands – das hätte sich am Sonntag durchaus wiederholen können, doch Meiendorf ist (obwohl das klare 3:0 im direkten Vergleich dem entgegen spricht) noch lange nicht so weit wie die Holsteiner, die fast zeitgleich in Hamburgs Osten anzutreten hatten.
Vorwärts-Wacker Billstedt legte im Gegensatz zu den Meiendorfern einen guten Start hin. Im Heimspiel davor führte der Aufsteiger 2:0 gegen Niendorf und spielte am Ende doch nur 2:2. Diesmal gab's eine schnelle 1:0-Führung gegen Pinneberg. Zu schnell vielleicht, denn die Billstedter wussten mit dieser günstigen Position nicht viel anzufangen. „Nach den ersten 15 Minuten haben wir so gut wie gar nichts auf die Reihe bekommen“, war VW-Trainer Alexander Schäfke enttäuscht. Es scheint, als ob es in seinem Team eine Diskrepanz zwischen dem eigenen Können und dem Glauben daran gibt. Jedenfalls setzte nicht VW nach, sondern die Gäste gaben Kontra. Zwei Abstauber-Treffer des wohl jedem Oberligisten gut zu Gesicht stehenden Stürmers Thorben Reibe wendeten das Blatt, so dass der urlaubende VfL-Chefcoach Michael Fischer von seinem Assistenten David Fock gute Nachrichten übermittelt bekam.
Rugenbergen gewinnt, Pinneberg gewinnt … klar, dass die SV Halstenbek-Rellingen da nicht nachstehen wollte. Kam ja mit Germania Schnelsen auch nur der Tabellenführer auf den Jacob-Thode-Platz. Tabellenführer sind die Schnelsener weiterhin, nun aber mit der dritten Niederlage im Gepäck. Da HR-Spielgestalter Berkan Algan mit einem Hexenschuss vom Platz musste, übernahm Yannick Sottorf es, mit einem platzierten Schuss das einzige Tor des Tages zu erzielen. Hexerei war's nicht, das Hamburger Abendblatt nannte Sottorfs Sololauf aber immerhin „Geistesblitz“. Und wir vermerken fürs Protokoll, dass die Baumschuler-Aufsteiger auch zur Rückkehr von Pinneberg-Trainer Fischer am Freitag noch die Nummer eins im Kreis sein werden.
Einem anderen Aufsteiger, der sich insgesamt wechselhaft zeigt, zuletzt aber mit starken Auftritten geglänzt hatte, erging es nicht so gut. Der SC Vier- und Marschlande hielt es so wie Vorwärts-Wacker: in Führung gehen und verlieren. Was Reibe für Pinneberg, war Markus Schwoy ganz ähnlich für den Niendorfer TSV: Kein Abstauber, sondern einer, der auf Fehler der Gegenspieler lauert und sie konsequent ausnutzt – wie beim 1:1, das er nach einem verunglückten Rückpass der Vierländer erzielte. Durch den 3:1-Auswärtssieg hat der Neu-Niendorfer Frank Hüllmann mit sechs Punkten aus zwei Spielen nun eine bessere Übungsleiterbilanz als Rodolfo Cardoso und Frank Arnesen zusammen – fast sicher also, dass „Hülle“ auch auf der Liste mit 70 Trainern stand, die HSV-Sportchef und -Aushilfscoach Arnesen abgearbeitet hat. Dass „Fink“ im Telefonbuch vor „Hüllmann“ steht, dafür kann der Däne ja nichts.
Kommen wir zum Schluss zur größten Enttäuschung des Wochenendes. Zuhause gegen den SV Curslack-Neuengamme anzutreten, ist wie mit einem Oma-Blatt gegen Frischlinge Skat spielen. Dachten wir. Und hatten schon mal rausgekramt, dass der Niger – Drei-Punkte-Regel sei Dank – sich ohne einen einzigen Auswärtspunkt für den Afrika-Cup qualifiziert (http://www.afrika-cup.de/qualifikation/gruppe-g-afrika-cup-2012/) hat. Und dann das: Sven Möller gleicht bei Buchholz 08 kurz vor Spielende zum 1:1 aus und unverschämterweise lassen auch seine vom drohenden Punktgewinn völlig perplexen Mitspieler kein Gegentor mehr zu. Was erlauben Möller? Was erlauben Curslack-Neuengamme? So fair, denen ihren ersten Auswärtspunkt zu überlassen, kann doch nicht einmal Buchholz sein?!? Seltsam genug und genug auch an dieser Stelle. Wir müssen jetzt los zu unserer montäglichen Skatrunde auf dem Seniorenspielplatz.
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