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20.02.2012
Rückblick: Ein langer Atem zahlt sich eher aus als eine große Badewanne von Folke Havekost




Wer steht in dieser Liga ganz oben? Man kann da schon einmal durcheinander kommen. 18 Mannschaften sind dabei, aber innerhalb von knapp 48 Stunden finden gerade vier (Kunstrasen-)Spiele statt. Und doch können sich gleich vier Mannschaften während dieses abgespeckten 20. Spieltags Tabellenführer nennen. Kandidaten über Kandidaten. Norderstedt, Schnelsen und Condor liegen zwischendurch vorn ... und am Ende wird’s dann doch das vorab gar nicht so hoch gewettete Bergedorf 85.

Das 2:1 der Elstern gegen Condor war ein mühevoller, aber kein schmutziger Sieg. Obwohl schmutzige Siege ja durchaus im Kommen sind. Max Goldt hat in seinem Buch „Die Kugeln in unseren Köpfen“ schließlich überzeugend dargelegt, warum es Badewannenbenutzer kaum je zu etwas bringen. Wenn das Telefon klingelt und der Anrufer einen Traumjob, Reichtum inklusive zu vergeben hat – womit ja nun täglich zu rechnen ist –, dann schafft’s der flinke Duscher natürlich viel schneller zum Apparat als der gemächliche Wannenfreund, der tropfnass nur noch mitbekommt, wie das letzte Klingelzeichen verstummt, ehe er den Hörer erreicht hat. Zur Erklärung für jüngere Leser: Goldts Buch stammt von 1994, als die meisten Telefone eine Schnur zierte und Bundespräsidenten noch fünf Jahre im Amt blieben.

Apropos Präsidenten: Joachim Gauck wiederum hat Goldts Beispiel perfektioniert, indem er auf zeitraubende Körperpflege im Zweifelsfall ganz verzichtet. „Ich komme aus dem Flieger und war im Taxi, als die Frau Bundeskanzlerin mich erreicht hat. Und ich bin noch nicht einmal gewaschen“, berichtete der jettende Wanderprediger von seinem Krönungstelefonat durch die diesmal auch nicht mit allen Wassern gewaschene Bundeskanzlerin. Einen Waschlappen hat Merkel ja zuletzt 2010 hervorgeholt.

Sehen wir einmal von dem bizarren Umstand ab, dass eine eigentlich gar nicht vorhandene Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen einen Bundespräsidentschaftskandidaten durchgesetzt hat, der viel besser zur CDU passt, von dieser aber überhaupt nicht gemocht werden darf, dann, ja dann lernen wir doch eines: Ein langer Atem zahlt sich eher aus als eine große Badewanne. Während Gauck es im zweiten Anlauf schaffen dürfte, Präsident zu werden, brauchte Bergedorf 85 eine zweite Halbzeit, um an die Tabellenspitze zu kommen. Nach 45 Minuten sprach bei der Oberliga-Premiere des Sander-Tannen-Kunstrasens jedenfalls wenig für einen Höhenflug der Elstern. Gast Condor führte 1:0, hätte diese Führung eher noch ausbauen können – und wurde dann von zwanzig starken 85-Minuten nach Wiederanpfiff geschlagen.

Damit war Schnelsen entthront, das am Freitag erstmal furios an die Spitze gestürmt war. Das 5:3 gegen Pinneberg erfreute die Zuschauer, die Trainer hingegen nur bedingt, denn beide Abwehrreihen waren zeitweise fast so löchrig wie die Argumentationskette ehemaliger Bundespräsidenten. Trotzdem überwog das Heitere beim Trainerdebüt von Klaus Thomforde, dabei soll die Stimmung in Schnelsen ja zeitweilig fast so trübe gewesen sein wie zwischen CDU, CSU und FDP. Die großen Krachs liegen aber schon etwas zurück, und mit Thomforde als neuem Trainer ist eine wichtige Personalentscheidung bereits vor zwei Monaten ohne Missfallensbekundungen über die Bühne gegangen. Möglicherweise haben die Schnelsener die letzte Krise – zumindest für diese Saison – schon hinter sich. Die Germanen dürften im Sommer 2012 jedenfalls mit größerer Wahrscheinlichkeit etwas zu feiern haben als Angela Merkel.

Es reichte jetzt schon für knappe zwei Tage Tabellenführung, weil der bisherige Spitzenreiter Eintracht Norderstedt in einem „unheimlich hochqualifizierten Spiel“ (Niendorf-Coach Frank Hüllmann) gegen Niendorf nicht über ein 1:1 hinauskam. „Zu viele Individualisten, die meinten, etwas Besonderes machen zu wollen“, sah ein leicht vergrätzter Eintracht-Trainer Andreas Prohn in seiner Mannschaft, die jetzt nur noch an dritter Stelle liegt. Aber bei der Frage nach einem Regionalliga-Aufstieg geht es ja nicht unbedingt darum, erste Wahl zu sein, sondern nur darum, als Erster Ja zu sagen. Insofern sind Bergedorf und Schnelsen als glückliche und zufriedene Oberligisten vielleicht keine Konkurrenz. Die Herren Voßkuhle und Lammert waren mit ihren vorhandenen Tätigkeiten ja auch so zufrieden, dass sie einen Umzug ins Schloss Bellevue ausschlossen.

Neben der ungemein spannenden Frage, wer in dieser Liga eigentlich an der Spitze stehen sollte, ging der beachtliche 2:0-Erfolg des Oststeinbeker SV gegen Vier- und Marschlande fast ein wenig unter. Aber die Oststeinbeker haben ja noch eine sehr junge Mannschaft. Da das geforderte Mindestalter bei 40 Jahren liegt, dauert es noch ein bisschen, ehe ein OSV-Kicker Bundespräsident werden könnte. Die Ausnahme bildet der spielende Co-Trainer Johann Stenzel, der als 37-jähriger Oststeinbek-Veteran Gauck 2017 beerben könnte.

Falls Bundespräsidenten heutzutage noch fünf Jahre im Amt bleiben. Wer auf anderes spekuliert, sollte künftig vorsichtig beim Einsatz von Waschlappen sein.







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