13.08.2012 Rückblick: „Dann weiß ich wenigstens, dass es schnell geht“ von Folke Havekost
Manchmal kommt das Wochenfazit schon am Freitag und setzt sich neben uns in die S-Bahn. Ein Mann mit Gehhilfen, eine Frau ohne.
Er: „Ich sollte mich mal an Müller-Wohlfahrt wenden.“ Sie: „Wer ist denn das?“ Er: „Der kümmert sich um die Olympiken. Und um die Fußballer.“ Sie: „Ach die. Die sind doch auch nach zehn Jahren kaputt.“ Er: „Dann weiß ich wenigstens, dass es schnell geht.“
Olympia ist vorbei, aber schnell geht es auch in der Oberliga. Denn das Spieltagfazit hätte eigentlich auch schon am Freitag gesessen: Elmshorn Tabellenführer, Halstenbek mit der Roten Laterne ... äußerst unwahrscheinlich, dass sich an den beiden verbliebenen Spielen am Sonntag noch etwas ändern würde.
Und so änderten die beiden Derby-Zuckerstückchen am Sonntag daran auch nichts mehr. Curslack-Neuengamme und BU hätten jeweils mit einem Fünf-Tore-Sieg (Co-)Spitzenreiter werden können, doch diese zugegeben recht hohe Messlatte nahm keiner der beiden Aspiranten. Curslack trumpfte in Bergedorf allerdings auf, wandelte einen 0:1-Rückstand in einen 4:1-Auswärtssieg und füllt seine Mitfavoritenrolle auf Rang zwei ganz gut aus.
Bei den Elstern sorgte vor Jahresfrist die Diskussion um Trainer-Unikat Friedhelm Mienert für Furore. Diesmal ist es vergleichsweise ruhig, doch wenn in der Ruhe tatsächlich die Kraft liegt, sollte besagte Ruhe an den Sander Tannen noch einmal genau inspiziert werden. Zwei Oberliga-Niederlagen, dazwischen das Aus im Oddset-Pokal – wenn auch klar war, dass die Vorjahresvizemeisterschaft kaum wiederholbar sein würde, so ist die aktuelle Lage doch trüber als von vielen erwartet.
Keine Tabellenführung, kein Derbysieg – doch trübe würde wohl niemand die Stimmung bei Barmbek-Uhlenhorst nennen. Kristoffer Laban schoss alle vier Treffer für den Aufsteiger. Vier lautet auch die Punktzahl nach zwei Runden, denn der USC Paloma machte Labans Führung noch wett. Die Tauben stürzen sich im Moment eher auf Glitzerndes als die Elstern: Nach zweifachem 1:1 gebührt Paloma derzeit die Krone der Remiskönigin.
Mit Remisen wird man nicht Spitzenreiter, ohne Gegentor schon eher. Bei Ex-Torwart Achim Hollerieth steht die Null auch als Trainer: Der FC Elmshorn verteidigte die Tabellenführung durch ein 2:0 gegen Vierlande, das schon Mitte der ersten Halbzeit auf der Anzeigentafel stand. Dass später noch ein Elfmeter verschossen wurde, markiert einen Luxus, den sich der Ausnahme-Aufsteiger in künftigen schwereren Aufgaben kaum noch wird leisten können.
Vierlande ist – nicht nur landschaftlich und geografisch – das Gegenteil von Elmshorn. Jubel-Flaute sieht man auch am Deich nicht gern: Noch steht kein eigener Treffer zu Buche. Das gilt sonst nur noch für Eintracht Norderstedt, doch die haben erst 90 Minuten absolviert. Die „Wisst-ihr-noch-wie`s-früher-war“-Begegnung zwischen Condor (Herbstmeister 2011) und Norderstedt (Tannenbaumtabellenführer 2011) wurde verlegt, weil Eintracht-Kicker Steven Lindener beim Futsal-Europapokal in Paris für die Hamburg Panthers am kleineren Ball war. Mit dem zweiten Platz in ihrer Gruppe erzielten die Raubkatzen ein sehr ordentliches Ergebnis; allerdings zog nur Gastgeber-Gruppensieger Paris in die nächste Runde ein.
Aber zurück zu Vierlande: Dass die torlosen Scherner-Schützlinge nicht auch noch die Rote Laterne in Fünfhausen aufhängen müssen, verdanken sie Halstenbek-Rellingen. Erst ein Heim-0:4 im Pinneberger Kreisderby gegen Elmshorn, dann ein Auswärts-1:3 im Pinneberger Kreisderby gegen Rugenbergen. Niemand freut sich mehr als die Halstenbeker darüber, dass auch noch ein paar Mannschaften außerhalb Pinnebergs in der Hamburger Oberliga vertreten sind. Kreisderbys finden bei HR allenfalls noch beim Kassierer Gefallen.
Für Rugenbergen ist mit dem Heimsieg der vorherige Punkt bei Paloma wohl erstmal zum gewonnenen Punkt geworden. In ihrer Debütsaison vor zwei Jahren starteten die Bönningstedter spitze und mussten sich nach einer Schwächephase doch noch nach unten orientieren. Im Vorjahr dauerte der Abstiegskampf länger und kam auch unverhoffter. Das dritte Jahr nach der Oberliga-Rückkehr könnte da ja gerne mal ein etwas ruhigeres werden.
Ein ruhiges Jahr, irgendwo in der Unaufgeregtheit der Platzierungen acht bis zwölf – das käme dem Bramfelder SV wohl vor, als würden Weihnachten, Ostern und Saisonabschlussfahrt auf einen Tag fallen. Das ist natürlich Unsinn, denn alle drei Events dauern länger. Aber momentan jagen die Kanoniere Elmshorn und liegen auf Platz drei, also etwa 14,5 Plätze über den Erwartungen vieler Beobachter. Das 4:2 gegen Meiendorf bescherte den Bramfeldern einen Traumstart, und während vor den geschätzten inneren Augen unserer Leser noch einmal das Bramfelder Torfestival abläuft, steigen wir hinab ins hafo-Archiv und stellen fest: In der Abstiegssaison 2010/11 gelangen dem BSV in 34 Spielen nicht ein einziges Mal vier Treffer!
Das wiederum muss bei allem Respekt vor dem Elan des Aufsteigers auch die Meiendorfer bekümmern. Sieben Gegentreffer in zwei Spielen gegen zwei Aufsteiger – auch ein gesunder Yinar Arboleda Sanchez könnte kaum genug Tore schießen, um die Abwehrschwächen der Schwarz-Gelben zu übertünchen. Sieht so aus, als dauerte es wie im Vorjahr etwas länger, bis der MSV in Schwung kommt.
Deutlicher noch als in Bramfeld fiel das Ergebnis in Schnelsen aus, wo die Germanen gegen Lurup nach dem Gegentreffer zum 3:1 allerdings bange Minuten zu überstehen hatten. Das taten sie mit einem starken Anteil von Keeper André Tholen, und so lässt sich der 4:1-Endstand schon wieder als Versprechen auf das Potenzial der Schnelsener auffassen. Welches Potenzial in Lurup liegt, bleibt nach wie vor ungewiss. Nach zwei Spieltagen – und einem beachtlichen Pokalsieg gegen Buchholz dazwischen – wäre es allerdings unhöflich, Zweifel an der Oberligatauglichkeit zu formulieren.
Keine Zweifel hatte hafo-Berichterstatter Seweryn M. Das 1:1 zwischen Pinneberg und Buchholz hätte er beiden Kontrahenten auch schon vorher verraten können. Dass die Nordheidjer lange führten und erst durch einen höchst umstrittenen Strafstoß das Tor zum einzigen möglichen Endstand hinnehmen mussten, lag dann aber doch am Schicksal (Beschwerden postlagernd) oder Schiedsrichter (Beschwerden teuer), nicht an unserem Berichterstatter (Beschwerden zwecklos).
Apropos Berichterstatter. Beim Bericht aus Altona vergriff sich der Schreiber dieser Zeilen in der Besucherzahl und gab fälschlicherweise zunächst die spärlichen 302 Zuschauer an, die zu gleicher Stunde an anderem Ort Victorias Regionalliga-Heimpleite gegen Oberneuland beobachteten. Es waren natürlich 450 an der Adolf-Jäger-Kampfbahn! Wir können diesen Fauxpas nur mit unserem S-Bahn-Eindrücken („Dann weiß ich wenigstens, dass es schnell geht“) erklären. Schließlich ließen Altona und Niendorf am Freitagabend den Ball oft genug schneller laufen als Usain Bolt.
Was einen Verschleiß-Vergleich zwischen Ball und Bolt betrifft, möchten wir vor weiteren Ausführungen gerne noch die hafo-Rechtsabteilung konsultieren.
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