26.11.2012 Rückblick: Alte Serien gehen, neue Keeper kommen von Folke Havekost
Die Hinserie ist tot, es lebe die Serie! Wobei, ganz leblos ist die Hinserie ja nicht, weil im Kreis Pinneberg noch drei Nachholspiele anstehen. Und älteren Serien geht es gerade gar nicht gut, gleich drei Dauerbrenner wurden am letzten Spieltag der ersten Oberliga-Halbzeit beendet.
Serienende # 1: Buchholz holt keinen Punkt. Die bislang ungeschlagenen Niedersachsen hat es nun doch erwischt, weshalb wir dem FC Elmshorn trotz seiner zwei (!) Nachholspiele bereits zur Herbstmeisterschaft gratulieren können. Das Buchholzer 1:2 in Altona war weniger unverdient als unglücklich, weil der Nordheidjer Torjäger Arne Gillich mit Oberschenkelzerrung früh ausschied und Alexander Bowmann wegen einer weiteren Zerrung (das Wechselkontingent war erschöpft) eine halbe Stunde lang über den Platz humpeln musste.
Dass Innenverteidiger Andreas Kappler in einer starken Altonaer Elf noch einmal herausragte, drohte über den Nachgang des Spiels zu verblassen, als Buchholz-Trainer Thomas Titze ( http://www.hafo.de/news/fullnews.php?id=4998) zum Donnerwetter gegen den Altonaer Anhang („Hohlbratzenzuschauer Nummer 1“) ansetzte. „Ochsensau“ sei noch zu den freundlicheren Titulierungen gegenüber ihm und seiner Mannschaft zu rechnen, referierte Titze und stellte sogar seinen Rückzug von der Trainerbank („Das alleine ist eine Überlegung wert ob ich nächstes Jahr weiter mache“) in den Raum. Mindestens dies hat Titze am Tag danach hofentlich wieder verworfen – schließlich sind Giovanni Trapattoni und Rudi Völler auch noch im Geschäft.
Altona 93, Führender in der Ewigen Tabelle der Parketttitelkämpfe, schnappte mit dem 2:1 gegen Buchholz der SV Halstenbek-Rellingen den letzten Platz bei der Hamburger Hallenmeisterschaft weg. Was neben zahlreichen AFC-Anhängern auch die Veranstalter freuen dürfte, die nun trotz Titzes Jugendschutz-Plädoyers („Da stehen kleine Kinder daneben, es ist unbegreiflich was aus diesen Mündern kommt“) hoffentlich kein Mindestalter für die Veranstaltung festsetzen. Kinder bis zehn Jahren, heißt es bislang, haben freien Eintritt.
„Bei BU hab ich schon gedacht, das wäre der Hammer, aber was hier abläuft, das ist echt unfassbar“, zog Titze auch noch einen Quervergleich, der dem „Barmbeker Pöbel“ nicht unbedingt gefallen dürfte. Die Barmbeker Anhänger mussten sich am Sonntag aber noch mehr über die eigene Mannschaft ärgern, und damit kommen wir zum
Serienende # 2: Lurup feiert einen Punkt. Elf Spiele lang hatte die Elf von Andreas Klobedanz auf ein Erfolgserlebnis warten müssen, das 2:2 bei Barmbek-Uhlenhorst war da Balsam für die Kickerseelen. „In den letzten Wochen haben wir eigentlich besser gespielt“, wunderte sich SVL-Coach Andreas Klobedanz etwas über den 14-prozentigen Zuwachs auf dem Punktekonto.
Sein Gegenüber Frank Pieper trauerte den vielen vergebenen Chancen hinterher und forderte: „Unser Spiel muss einfacher und klarer werden, ansonsten wird der weitere Weg sehr schwer für uns werden.“ Wir werden uns wohl noch länger darüber wundern: BU ist die einzige Mannschaft, die gegen Spitzenreiter Elmshorn gewonnen hat. Aber auch die einzige Mannschaft, die gegen Schlusslicht Bergedorf verloren hat. Dort, wo die Rote Laterne brennt, ereignete sich das
Serienende # 3: Koch trifft nicht vom Punkt. Fünfmal nacheinander hatte Philipp Koch den Ball zuverlässig von der Strafstoßmarke ins Netz befördert. Beim Norderstedt 3:1 in Bergedorf endete die Koch-Serie, Appetit auf mehr hat die Eintracht aber immer noch. Schließlich gewann EN zum achten Mal in Folge – irgendeine Serie muss ja auch fortgesetzt werden.
Vielleicht ahnte Koch schon früh, dass er keine Elfer-Chance erhalten würde und stellte sich deshalb schon in der ersten Spielminute schuldbewusst in die Ecke. Von dort schlug er jedenfalls einen Ball, den Jürgen Tunjic zur frühen Norderstedter Führung einköpfte. Das Prinzip „Fünf Elfer, eine Ecke“ hat Koch bestimmt nicht auf dem Schulhof gelernt, aber schon Hamlet wusste ja, dass es „mehr Dinge zwischen Himmel und Erde“ (wo Norderstedt ungefähr liegt) gibt, „als eure Schulweisheit sich erträumen lässt“.
„Insgesamt war das sehr ordentlich“, bescheinigte jedenfalls Eintracht-Trainer Thomas Seeliger seiner Elf. Seeliger war schon am Freitag zum, nun ja: Opfer eines Serienendes geworden, weil Fortuna Düsseldorf da zum ersten Mal seit über 15 Jahren ein Erstliga-Heimspiel gewann. Kurz vor Beginn der langen Wartezeit hatte Seeliger am 5. April 1997 zum 2:0-Endstand gegen den damals erstklassigen FC St. Pauli getroffen.
Das Schöne an Serien ist, dass wir sie schon bei der erstbesten Wiederholung ausrufen können. Deshalb treten neben der verlängerten Norderstedter Erfolgsserie auch neue Serien zutage. Die von Last-Minute-Man Tim Vollmer etwa, der dem SV Rugenbergen mit seinem Schlussminuten-Tor zum 2:2 gegen Meiendorf einen Punkt rettete, nachdem er eine Woche zuvor quasi mit dem Abpfiff zum 2:1-Sieg in Lurup getroffen hatte. Möglicherweise hat Vollmer mit seinen Treffern sogar den eigenen Trainer abgeschossen, denn gegenüber dem „Hamburger Abendblatt“ ( http://www.abendblatt.de/sport/amateure/article111490537/Buchholzer-Trainer-Titze-verliert-die-Fassung.html) brachte sich Ralf Palapies bereits als Nachfolger von Mano Menezes für die brasilianische Nationalmannschaft ins Gespräch.
Während die Vollmer-Serie gerade erst begonnen hat, wiederholt sich manches schon so lange, dass wir die Serien Tradition nennen. Als wir unsere Kollegen und ihre blank geputzten Goldknöpfe auf den dunkelblauen Blazern heute Morgen mit einem jovialen Moinmoin im HAFO-Hauptquartier begrüßt hatten, hängten wir unser eigenes Jackett über den Schreibtischstuhl und riefen am Computer als erstes die Datei mit den Argumenten auf, warum auch der geplante HAFO-Anbau unbedingt in rotem Backstein gefertigt werden muss. Überflüssig zu erwähnen, dass wir alle Sylvie van der Vaart für die Verkörperung Hammonias halten. Doch die größte, wirklich unverrückbare hamburgische Tradition, unser tief ins Gedächtnis gebranntes kollektives Wissen lässt sich in einen Satz gießen:
Kein Hallenmeister verteidigt seinen Titel erfolgreich.
Diese Regel lässt sich 2013 fortschreiben, weil der SC Condor als amtierender Champion seinen Titel gar nicht verteidigen kann. Vier Punkte hätten die Raubvögel dazu aus ihren letzten fünf Begegnungen einsammeln müssen, um am 12. Januar in der Alsterdorfer Sporthalle dabei zu sein. Ganze zwei wurden es, die letzten drei Begegnungen verlor Condor sogar.
Ein bekanntes Sprichwort lautet ja „Gegen frühe Gäste ist für den Raubvogel der Wurm drin.“ Und so versammelte Vierlande-Coach Benjamin Scherner seine Mannschaft zu einer Stunde, wo mancherorts die Bürgersteige erst wieder runtergeklappt werden. „Meine Jungs waren gut drauf, obwohl sie mich bepöbelt haben, weil wir uns schon um 7.45 Uhr getroffen haben“, verriet der junge Trainer nach dem 1:0-Auswärtssieg. Wenn seine Kicker ihren Ärger nach der Pöbelei in positive Energie verwandelten, dann hätte Torwart Patrick Möller an diesem Sonntagvormittag sogar die Elbphilharmonie zum Einsturz bringen können. In der ersten Halbzeit vereitelte der 23-Jährige mehrere Condor-Chancen, in der zweiten Halbzeit wurde sein langer Abschlag in der 55. Minute zur Torvorlage für Patrick Westermann.
Den „dringenden Handlungsbedarf“ auf der Position zwischen den Pfosten, über den wir vor Wochenfrist gemutmaßt hatten, bestritt Möller jedenfalls. Trotzdem stellen wir fest, dass die Liste der Oberliga-Torhüter umso länger wird, je kürzer die Tage werden. Beim Bramfelder 0:5 gegen Curslack-Neuengamme debütierte Florian Krummhorn, der eigentlich für die Bramfeld II in der Bezirksliga den Kasten bewacht. „Er hat seine Sache trotz des Ergebnisses wirklich sehr ordentlich gemacht“, verriet BSV-Trainer Hardy Brüning unseren Kollegen von fußballHamburg (http://www.fussballhamburg.de/de/nehme-es-auf-meine-kappe!/anzeigen/news_4831.html).
Halstenbek-Rellingens Gehäuse sah gleich zwei neue Wächter, einen erfahrenen und einen unglücklichen: Das Debüt von Sylt-Neuzugang Morten Nagel (20) endete nach 33 Minuten mit Verdacht auf Kapselriss. Für ihn stellte sich André Asmus (39) zwischen die Pfosten, schon der fünfte HR-Keeper der Hinrunde. An ihm lag’s nicht, dass die Holsteiner durch das 1:1 bei Paloma auf der Zielgeraden doch noch das Ticket für die Hallenmeisterschaft verspielten.
Bis kurz vor Schluss hatten die Germanen Holger Spethmann und Bert Ehm das Geschehen an der Brucknerstraße verfolgt, ehe sie zum mittäglichen Spiel der Schnelsener Zweiten gegen Bezirksliga-Spitzenreiter VfL 93 eilten. Durch die Ergebnisse des Vormittags stand bereits fest, dass Germania Schnelsen sich durch die 4:0-Gala gegen Nachbar Niendorf am Freitagabend in die Alsterdorfer Halle geschossen hatte. Nach dem vierten Platz bei ihrer Parkett-Premiere im Vorjahr sind die Germanen erneut dabei.
Eine neue Serie beginnt also, während eine Tradition endet: Zum allerersten Mal wird in Alsterdorf ohne Bergedorf 85 gespielt werden. Das allerdings dürfte derzeit nicht die größte Sorge bei den Elstern sein.
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