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18.02.2013
Rückblick: Kreidezeit! von Folke Havekost



Nach sechs Wochen Gran Canaria schon bei der Buchstabenkombination „HAMBURG“ am Flughafen Schüttelfrost bekommen? Gebibbert, ob das Bismarck-Denkmal demnächst auf St. Pauli fällt (und der neueröffnete Mojo-Club dann zwar nicht betroffen, aber wohl doch gesperrt würde)? Gute Vorsätze gefasst und wieder verworfen? Beim TV-Serien-Winterschlaf darüber nachgesonnen, ob „Breaking Bad“ oder doch „Pushing Daisies“ näher am hiesigen Fußballgeschehen angelehnt ist? Oder habt ihr überlegt, welchen Papst ihr für die Rückrunde in die Tasche stecken solltet?

Wir wissen nicht, wie ihr die punktspiellose Zeit verbracht habt, aber für die HAFO-Redaktion war das Aufregendste in der Winterpause die Inventur unserer Lagerbestände. Als wir feststellten, dass wir viel zu viel Kreide besaßen, beschlossen wir spontan, unseren Eingangsbereich mit der Erschaffung Adams zu verschönern. Natürlich haben wir das für euch auch dokumentiert: http://www.youtube.com/watch?v=JRmbhCs3A2k.

Kreide
ist schon ein wunderbares Werkzeug. Die Kreidezeit bildet in der Erdgeschichte die längste geochronologische Periode. Sie dauerte immerhin 80 Millionen Jahre, also fast so lange, wie Manfred Nitschke Trainer an den Sander Tannen war. Während die Kreidezeit vermutlich durch einen Meteoriteneinschlag ein jähes Ende fand, ist ein Ende bei den Elstern nicht abzusehen.

Dies ist gewiss nicht der richtige Ort, um dem lange erwarteten Buch über die zwei jüngsten und turbulenten Jahre eines Fußballklubs aus Hamburgs Südosten vorzugreifen, der in dieser Spielzeit bereits drei Übungsleiter, zwei Präsidenten und einen Sicherheitsbeauftragten verschlissen hat. Zumal der alte neue Trainer Kevin Strohbach und einige 85-Anhänger der vermeintlichen Wir-meiden-das-Kreiden-Versuchung widerstanden und fleißig die Spielfeldbegrenzungen auf den Platz zauberten.

Schon dies ist bei der gewohnten Grenzenlosigkeit des Geschehens in Bergedorf ja ein bemerkenswerter Vorgang. Hoffen wir also, dass der FC Bergedorf 85 nun nicht allzu sehr in der Kreide steht, loben wir, dass die Mannschaft unbeirrt einen 1:0-Erfolg gegen den SV Lurup einfuhr – und freuen wir uns, dass an den Sander Tannen überhaupt auf Naturrasen gespielt werden konnte.

Das hatte 2013 bisher nur ein Oberligist zuwege gebracht: Der Meiendorfer SV, der vor zwei Wochen im Oddset-Pokal gegen Condor auf echtem B-75-Gras gewann. Spätestens durch den folgenden Viertelfinal-Sieg auf Kunstrasen in Schnelsen setzte sich der MSV an die Spitze des noch jungen Wettbewerbs „Beste Oberliga-Mannschaft des Kalenderjahres, in dem erstmals seit 1415 wieder ein Bischof von Rom zurückgetreten ist“.

Hannes Niemeyers sehenswerter Freistoßtreffer zum 1:1 in Schnelsen schien den Meiendorfer Vorsprung in dieser Wertung zumindest behaupten zu können, doch nach 90 Minuten hatten die Germanen die Nase vorn. Mit ihrem 2:1 im Kampf um Punkte revanchierten sich die Schnelsener schnellstmöglich, ohne darüber in großen Jubel auszubrechen. „Meiendorf hat das wichtige Spiel gewonnen, wir das unwichtige“, befand Manager Holger Spethmann, und mangelnden Respekt vor dem Ligaalltag mochte ihm dabei wohl niemand vorwerfen. Nach den Wortgefechten im Zuge des Pokalspiels packte Germanias Obmann Nils Kuntze-Braack diesmal das rhetorische Florett aus und verriet das Erfolgsrezept seines Teams: „Wir haben die Tore ausgemessen, die Ballgröße überprüft und die Ernährung umgestellt. Deshalb haben wir gewonnen.“ Gut, dass das jetzt geklärt ist.

An zwei anderen Orten standen dagegen die Tore schief, waren die Bälle nicht in Form oder lagen die Weihnachtspfunde noch schwer über dem Torinstinkt aller Akteure: Bramfeld und Paloma verzichteten bei ihrer Begegnung ebenso auf Treffer wie Vierlande und Halstenbek.

Beim USC Paloma feierten die Brüder Savelsberg ihr gemeinsames Debüt, aber vom Verteidigerduo zu verlangen, den Torbann zu brechen, wäre vermutlich etwas zu viel des Guten. Für den Bramfelder SV war es sogar der 112. Tag in Serie ohne Torerfolg, dafür wurde zum ersten Mal seit 126 Tagen nicht verloren. „Wir wissen, dass wir das Punkteholen nicht verlernt haben“, nahm BSV-Coach Hardy Brüning als positive Botschaft mit. Was wir noch nicht wissen, ist, ob Trainerfuchs Brüning seine Mannschaft für die Rückrunde so taktisch kompakt einstellen kann wie in der überaus erfolgreichen ersten Hinrundenhälfte – dies dürfte eine der spannendsten Fragen der nächsten Wochen sein. Na ja, zumindest eine der spannendsten Fragen nördlich von Bergedorf.

Südlich von Bergedorf gab’s auch eine Nullnummer, die beide Beteiligte aber viel gelassener hinnehmen konnten als die Abstiegskandidaten Bramfeld und Paloma. Der SC Vier- und Marschlande hat seit dem wackligen Saisonstart einige Schritte in die richtige Richtung zurückgelegt, und Halstenbek-Rellingen bleibt in dieser Serie einfach „hard to beat“ – da ranändert auch der angekündigte Sommerwechsel von HR-Torjäger Sascha Richert zum Lokalrivalen VfL Pinneberg nichts ( http://www.abendblatt.de/region/pinneberg/sport_137/article113679016/HR-muss-Topstuermer-ziehen-lassen.html).

Und die Zwangszuschauer dieser zu 44,44 Prozent ausgetragenen ersten Oberliga-Runde 2013? Elmshorn (1:2 gegen St. Pauli II) und Rugenbergen (1:5 gegen Victoria) werten ihre Tests gegen Regionalligisten aus. Norderstedt zählt durch, ob genug Spieler fürs kommende Spitzenspiel gegen Elmshorn da sind. Niendorf und Altona bereiten sich auf ihr morgiges Kunstrasen-Treffen vor. BU richtet sich auf weitere Tage mit einem Abstiegsplatz ein, da das morgige Derby bei Paloma wohl abgesagt wird. Bei Curslack-Neuengamme steht Ex-Elster Jan Landau im Mittelpunkt ( http://blog-trifft-ball.de/blog/2013/02/henke-zuversichtlich-landau-bleibt/). Condor feiert die Stadtmeisterschaft seines weiblichen Nachwuchs ( http://www.hfv.de/modus-e-juniorinnen_110/index.html). Pinneberg harrt freudig dem Empfang des freundlich&fair-Preises am Freitag. Und in Buchholz überlegt die Stadtverwaltung, ob Auswärtsfans den Weg vom Bahnhof zur Otto-Koch-Kampfbahn in Bälde bequem mit dem Rad zurücklegen können ( http://www.han-online.de/Harburg-Land/article97839/Ein-Stadtrad-fuer-Buchholz.html).

Die HAFO-Redaktion hingegen betrachtet sorgenvoll die Wetterprognosen und fürchtet, dass schon morgen unser Michelangelo-Plagiat ein Raub des Regens werden könnte. Unverzagt, wie wir stets am Ball bleiben, halten wir auch die Kreide bereit - und nehmen gerne Vorschläge für neue Motive entgegen.


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