13.05.2013 Rückblick: Mit gebremstem Bierschaum von Folke Havekost
HAFO hat weder Kosten noch Mühen gescheut und für diesen besonderen Moment das bald europaweit bekannte Freiburger Streich-Orchester verpflichtet. (http://www.youtube.com/watch?v=W5ssPsc0m4U) Tatatata: Unsere Glückwünsche gelten dem FC Elmshorn! Der Aufsteiger war kein normaler Oberliga-Neuling, aber dass er die Konkurrenz in solch beeindruckender Weise hinter sich lassen konnte, hatten wohl nur die wenigsten vermutet. Das 4:1 gegen Altona 93, vor der Pause mit Altonaer Hilfe, nach der Pause dann im Elmshorner Freistil, setzte den Deckel auf eine überragende Punktrunde. Aggressiv in den Zweikämpfen, sicher in der Defensive (inklusive Torwart Ole Springer, der gestern mit einer Glanzparade den möglichen Altonaer Anschlusstreffer durch Deniz Kacan verhinderte) und nach vorne ohnehin mit außergewöhnlicher Qualität ausgestattet - das ist der Hamburger Meister des Jahres 2013. Danke für exzellenten Fußball!
Der souveräne Zug zur Meisterschaft ist ohne Zweifel zu großen Teilen ein Verdienst von Trainer Achim Hollerieth. Denn nach dem gemeinen Team-Building-Lehrbuch haben die Krückaustädter ja einiges falsch gemacht. Im Sommer kamen viele Häuptlinge und kaum Indianer, würde es in der Fußballsprache des 20. Jahrhunderts heißen. Daraus eine funktionierende Mannschaft zu formen, ist ungeachtet der versammelten individuellen Klasse aller Ehren wert und bedarf einer guten Vorarbeit. Oder, wie Kapitän Dennis Gersdorf es in der Hamburger Morgenpost formulierte: „Man hat gesehen, wie viel man mit Teamgeist erreichen kann. Und der Trainer hat uns immer zum Erfolg getrieben.“
„Ich habe noch keinen so verdienten Meister gesehen wie euch“, würdigte der Coach laut Hamburger Abendblatt seine Mannschaft, was einerseits sicherlich für fußballerischen Sachverstand spricht, andererseits für den Umstand, dass selbst ein Achim Hollerieth noch nicht alles von der Welt gesehen hat. 800 Zuschauer erlebten nach Abpfiff eine Party mit gebremstem Bierschaum statt überschäumendem Champagner. Sie fiel dann doch nicht ganz so krass aus wie die Party, die tausende feierwütige Menschen in Rothenburgsort unter dem Tarnnamen „ov-silence" anlässlich des Aufstiegs des heimischen FTSV Lorbeer in die Kreisliga begingen. (http://www.youtube.com/watch?v=W0AVNIAZZT0)
Aber der FC Elmshorn hat auch gute Gründe für seine Zurückhaltung, schließlich ist ja noch Lorbeer zu verteilen. Pokalfinale und Aufstiegsrunde stehen bevor, da halten sich die Akteure aus der Teppichmetropole an Bayern-Sportchef Matthias Sammer, der die bajuwarische Meisterfeier mit den Worten "Wir haben noch Großes vor. Und wenn wir etwas ganz Großes erreichen, dann werden wir auch etwas ganz Großes tun" unterlegte.
Während der FC Elmshorn unzweifelhaft das Bayern München der Oberliga ist, spielt der Niendorfer TSV eher unfreiwillig in Parallelen zu Fortuna Düsseldorf. Das 0:2 gegen den gefühlten Hamburger Frühlingsmeister Barmbek-Uhlenhorst (19 Punkte aus den letzten acht Partien) verstrickt den NTSV noch weiter in den Abstiegskampf, der am Sachsenweg doch allmählich nur noch in den Erzählungen altgedienter Anhänger eine Rolle spielen sollte. Selbst die Rote Karte für Barmbeks Heiner Twardawa kurz vorm Pausenpfiff (beim stand von 0:0) brachte Niendorf nicht auf einen rechten Weg zurück: Nach dem Wechsel schlugen die Barmbeker in Unterzahl zu. Dass BU nun langsam ganz entspannt seine Gartenstühle aufpolieren kann, während der NTSV den Hamburger Regionalligisten die Daumen drücken muss, damit der Oberliga-15. die Klasse hält, war vor kurzem noch kaum vorstellbar.
Noch steht Niendorf auf dem praktisch sicheren 14. Platz, der nur dann in die Landesliga führt, wenn a) der VfL Osnabrück keine Drittliga-Lizenz, b) wohl aber eine Regionalliga-Lizenz erhält, c) Holstein Kiel in den Drittliga-Aufstiegsspielen scheitert, d) der FC Oberneuland doch noch eine Regionalliga-Lizenz erhält, e) die drei Hamburger Regionalligisten auf den Plätzen 15, 16 und 17 einlaufen und f) der FC Elmshorn ganz auf Champagner verzichten muss, weil er in der Aufstiegsrunde zur Regionalliga scheitert. Der HAFO-Supercomputer sollte für uns die Wahrscheinlichkeit errechnen, verschwand aber am Mittag mit den Worten "Das sind ja lauter Nullen, das ist mir zu affig" zur Frühvorstellung des rührseligen Disney-Films "Schimpansen". (http://www.youtube.com/watch?v=CJSYxMkP9wo)
Dort kämpft Schimpansenbaby Oscar im afrikanischen Tropenwald ums Überleben. Niendorf hat's nicht ganz so weit, heiß und feucht, muss aber am Pfingsmontag beim Tabellen-15. Bramfelder SV ran. Es könnte ein unliebsamer Abstiegsschlage für beide Mannschaften werden. Den Bramfeldern scheint wie schon in der Hinrunde im Schlussspurt die Puste auszugehen. Das aktuelle 0:4 in Norderstedt fällt durchaus in die breite Kategorie "Normalergebnis", doch vor allem die Heimpleite unter der Woche gegen Bergedorf 85 tut richtig weh. BSV-Trainer Hardy Brüning hat dem Abstiegskandidaten Nummer eins zu Beginn der beiden Halbserien jeweils ein taktisches Korsett geschnürt, das den Klassenerhalt in Sichtweite rücken ließ. Nur der Zugriff klappt nicht so recht, wie das Heim-1:2 gegen Bergedorf zeigte. Wer Bergedorf spielen lässt, erlebt manchmal sein elsternfarbenes Wunder. Denn Talent ist im ungefähr dritten 85-Kader der Saison ja durchaus zu finden; erst die Kombination aus mangelnder Erfahrung und einer miserablen Vorgeschichte macht die Elstern zum sicheren Absteiger.
Vierlande zeigte den Bramfeldern, warum das so ist und wie man das im Abstiegskampf macht. 3:0 führte der SCVM bereits nach 30 Minuten gegen das Schlusslicht, da waren die Punkte am Deich schon verteilt. Die dramatische Abschiedsankündigung von Coach Benjamin Scherner vor einigen Wochen scheint seine Elf nach kurzem Schockzustand inzwischen produktiv umzusetzen. Klassenerhaltsfeiern haben sich als äußerst solides Abschiedsgeschenk bewährt, der dazu nötige eine Sieg aus noch vier Begegnungen scheint machbar.
Auch die Tauben, eher bekannt für große Dramen, späte Siege und einen Container voller Nachholspiele, traten diesmal ganz souverän auf. Palomas 2:0 beim Absteiger SV Lurup hätte schon zur Pause auf der Anzeigentafel an der Flurstraße gestanden, wenn diese denn im Betrieb gewesen wäre. Da (auf dem Spielfeld, nicht auf der Anzeigentafel) war zu erkennen, wie viel Selbstvertrauen das Donnerstagsdreizwei gegen Altona 93 den Palomaten eingeflößt hat. John Gyimah, Doppeltorschütze gegen Altona, leitete auch in Lurup mit seinem 1:0 den Dreier ein. Wenn das so weitergeht, dann braucht Gyimah wohl erstmal für längere Zeit am Tresen in der Brucknerstraße nichts für Getränke zu bezahlen. Denn während die Hamburger Feuerwehr dankenswerterweise Ratten rettet, können sich die Tauben wieder selbst in Sicherheit bringen. Für Freunde von Sonntagvormittagsgrandplatzoberligafußball eine verheißungsvolle Option. (Für unseren Schimpansen Oscar, wer hätte das gedacht, geht's übrigens auch gut aus.)
Zu allen möglichen Anstoßzeiten hat uns zuletzt der Meiendorfer SV überrascht und beeindruckt, unter anderem mit einem Heimsieg gegen Elmshorn. Nach der Siegesserie im Abstiegskampf und einem Pokalhalbfinalfight ohne Happy End gab es an der B 75 nun endlich mal wieder ein normales Ergebnis. Das 1:1 gegen Halstenbek-Rellingen bringt den MSV dem Klassenerhalt wieder ein Stück näher - und, der guten Vorarbeit sei Dank, im Klassement sogar auf den neunten Platz, in die obere Tabellenhälfte! Top-Goalgetter Michael Sara verschoss zwar in der ersten Halbzeit einen Elfmeter, stellte in der zweiten Hälfte aber mit seinem 16. Saisontreffer den Endstand her. Getrübt wird die Meiendorfer Stimmung gleichfalls durch die Sechs-Monate-Sperre, die das Sportgericht über Yiner Ronal Arboleda Sánchez verhängt hat. Wir sind gespannt, ob der MSV tatsächlich bei seiner Ankündigung bleibt, dagegen nicht vors Verbandsgericht zu ziehen. Gerade angesichts der Begleitumstände (http://www.hafo.de/news/fullnews.php?id=5071) können wir uns das kaum vorstellen.
Während BU und Meiendorf mit ihren (Teil-)Erfolgen die 39-Punkte-Marke erreichten, blieb der SV Rugenbergen dort stehen. Ein wechselhaftes Spiel in Curslack-Neuengamme verlor die Palapies-Elf schließlich 1:3. Vor allem CN-Keeper Frederic Böse verhinderte mit zahlreichen „unfassbaren Paraden“ (Curslack-Trainer Torsten Henke) und einem gehaltenen Foulelfmeter, dass die Bönningstedter schon Vollzug melden und mit der berüchtigten „an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit“ (so die letzte SMS unseres Supercomputers aus dem Kinofoyer) für die nächste Oberliga-Saison planen können.
Denn 40 Punkte reichen bekanntlich zum Klassenerhalt - ob nun Henke oder sein Buchholzer Pendant Thomas Titze (die beide mit ihren Mannschaften wie gewohnt weit über dieser Marke liegen) das Urheberrecht an diesem Satz reklamieren dürfen, müssen im Zweifelsfall wohl Juristen entscheiden. Pinnebergs Trainer Michael Fischer schloss sich vor dem Heimspiel gegen Condor jedenfalls der Maxime an. Es braucht Geduld, bis die Gleichung im VfL-Sinne aufgeht. Wegen des 80. Geburtstags seines Schwiegervaters ließ sich Fischer auf der Trainerbank von seinem Assistenten David Fock vertreten, der seinem Chef die Rechnung 34 + 1 = 35 überbrachte. Der VfL Pinneberg hat noch fünf Spiele auszutragen, die rettende Marke könnte also mit lauter Unentschieden erreicht werden. Rein theoretisch muss nur die Zweite Mannschaft morgen bei Roland Wedel gewinnen, um in die Landesliga aufzusteigen.
Meisterfeier, Abstiegsangst ... war da noch was? Ach ja, Buchholz 08 hat beschlossen, nun doch wieder Hamburger Vizemeister zu werden. Insbesondere das 4:2 unter der Woche bei Curslack ließ aufhorchen. Gegen Germania Schnelsen gab's durch einen Künkel-Treffer ein vergleichsweise unspektakuläres 1:0, das aber mit dem Sprung auf Platz zwei belohnt wurde. Gute Vorarbeit zahlt sich eben aus.
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