05.06.2013 Ein historischer Moment von Christopher Herbst
vs.
Eintracht Norderstedt - Brinkumer SV 4:0 (2:0)
Eintracht Norderstedt: Höcker - Grove, Eglseder, Aniteye - Browarczyk, Koch, Lindener, Kummerfeld - Meyer - Kunath, Sa Borges Dju (66. Makomé) Brinkumer SV: Frank - Röpke (70. Gräser), Demirkapi, Witte, Khoroshun - Cordes (46. Meyer), Bender - Tönsmeyer (58. Offermann), Morkan, Strangmann - Mertgen Tore: 1:0 Meyer (17.), 2:0 Koch (44., Foulelfmeter), 3:0 Makomé (75.), 4:0 Kunath (87.) Schiedsrichter: Sönder (SV Ellerbek); Ohne Fehl und Tadel. Beste Spieler: Alle - Keiner Zuschauer: 235 (im Kehdinger Stadion, Drochtersen)
Es ging über die Dörfer Bützfleth, Assel und Ritsch, das ersehnte Ziel war schließlich Drochtersen. Der Elbe waren die Fußballer von Eintracht Norderstedt an diesem historischen Abend zwar näher als dem heimischen Flüsschen Tarpenbek, doch fern von zu Hause hätte es keinen besseren Ort geben können als die niedersächsische Provinz. Zehn Jahre nach seiner Gründung ist der Verein in der lang ersehnten Regionalliga Nord angekommen. All dies geschah nur knapp zwei Monate, nachdem die laufende Saison eigentlich schon gefühlt beendet schien. Was direkt nach Pfingsten folgte, ist bekannt. Doch was die Eintracht in der Aufstiegsrunde abgeliefert hat, ist eine dicke positive Überraschung.
Aus sportlicher Sicht ist das 4:0 gegen Brinkum rasch abgearbeitet. Während Norderstedt von Beginn an ungemein fokussiert auftrat, energisch nachsetzte, zweite Bälle eroberte und das Tempo hochhielt, war der Kontrahent aus der Bremen-Liga auf keiner Position konkurrenzfähig. Die 235 Zuschauer im übrigens sehr ansehnlichen Kehdinger Stadion der SV Drochtersen/Assel wurde Zeugen eines Klassenunterschieds. Diesen zementierte zunächst Linus Meyer mit dem Führungstor - Steven Lindener hatte den Steilpass aus dem Zentrum gegeben, Meyer umkurvte schließlich Keeper Niklas Frank, der Rest war Formsache (17.).
In der Folge hätte Norderstedt längst für klare Verhältnisse sorgen können. Was aus dem Spiel heraus indes nicht funktionierte, war für Kapitän Philipp Koch vom Punkt natürlich kein Problem. Seit langer Zeit lauern Skeptiker auf einen vergebenen Elfmeter des Mittelfeldakteurs, doch dieser verlud auch Niklas Frank wie so viele Oberliga-Schlussleute. Vor dem 2:0 (44.) war Yayar Kunath am Fünfmeterraum von Jannik Bender zu Fall gebracht worden. Die Entscheidung war korrekt. Trainer Thomas Seeliger staunte nicht zum ersten Mal über die Coolness seines Spielers. "Jedes Mal sitze ich draußen auf der Bank und denke, jetzt verballert er."
Zu diesem Zeitpunkt führte der SV Eichede gegen Lupo-Martini Wolfsburg mit 1:0, Eintracht und der schleswig-holsteinische Meister wären somit beide aufgestiegen gewesen. Die zweite Halbzeit wurde allerdings noch einmal spannend. Nicht in Drochtersen - dort dominierte Norderstedt weiter. Miché Makomé (75.) und Yayar Kunath (87.) schlossen zwei von vielen vielversprechenden Angriffen erfolgreich ab. Auffallend bei diesen Toren und bei diversen anderen Szenen war das kollektive Forechecking der Mannschaft von Thomas Seeliger. Dessen Handschrift ist hier unschwer zu erkennen.
Beim Schlusspfiff klatschen sich die Norderstedter gegenseitig ab. Sie gingen langsam zu ihren mitgereisten Fans - an die 100 werden es gewesen sein, und sie waren keinesfalls leise. Doch es fehlte die Gewissheit aus der Parallelbegegnung. Wolfsburg hatte ausgeglichen, Wolfsburg war überlegen, erzielte einen Abseitstreffer. Wolfsburg verpasste schließlich den Sieg. Das war der Startschuss für eine Party, bei der jeder Spieler gerne vergaß, ob er am Mittwoch eigentlich arbeiten müsste. Thomas Seeliger bekam seine Bierdusche genau wie jeder andere Funktionsträger. Selbst der Vorsitzende Reenald Koch blieb nicht trocken.
Und es ging weiter: Erst in der Kabine, dann im Bus, später im Klubheim an der Ochsenzoller Straße. "Und am Samstag wird es so richtig abgehen", versprach Torwart Johannes Höcker. Nach der Pflicht allerdings. Die Norderstedter wollen sich nicht vorwerfen lassen, im dritten Aufstiegsspiel beim SV Eichede nur eine Ehrenrunde zu drehen. "Wir wollen die Null weiter halten", sagte etwa Verteidiger Mike Eglseder und schaute dabei seinen Kollegen Clifford Aniteye an. Beide nickten entschlossen.
Einzig Horst Plambeck genoss die Feier aus der Ferne. Er ist eine Verbindung zur alten SCN-Zeit, als die Plambecks bereits untrennbar verbunden waren mit dem Fußball in Garstedt. Dutzende von Fotos zeugen im Umkleidetrakt noch heute von dieser Zeit. Die jetzige Eintracht-Mannschaft sieht das täglich beim Training. Nur: Zur Geschichte gehört auch, dass der 1. SC Norderstedt 1993 in der Aufstiegsrunde - zur 2. Bundesliga, wohlgemerkt - leer ausging. Die Generation 2013 hat sich hingegen nun verewigt mit ihrem Erfolg und darf sich künftig auf norddeutscher Ebene präsentieren. Nach Drochtersen wird es 2013/2014 nicht gehen. Aber die Touren nach Meppen, Cloppenburg und Oldenburg sowie die Landesderbys gegen Flensburg oder Neumünster, genau darauf hat der Club seit Jahren hingearbeitet.
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