05.08.2013 Rückblick: Haydn-Spaß bei Scala von Folke Havekost
Wie verhält man sich in einer neuen Umgebung, wenn man Akzente setzen will? Der niederösterreichische Joseph Haydn war 1791 gerade aus beruflichen Gründen nach London gereist, und wie gut zwei Jahrhunderte später Jürgen Klinsmann überlegte er sich, womit er dort renommieren könnte. Klinsmann entschied sich für Tore und einen selbstironischen Umgang mit seinem Ruf als Schwalbenkönig („diver“), Haydn komponierte die Sinfonie Nr. 94 G-Dur, die den Beinamen „Mit dem Paukenschlag“ trägt.
„Es war mir daran gelegen, das Publikum durch etwas Neues zu überraschen, und auf eine brillante Art zu debütieren“, verriet Haydn seinem Biografen Georg August Griesinger. Der Paukenschlag reißt die Zuhörer aus einem gemütlich beginnenden zweiten Satz; die Sinfonie gehört zu den Dauerbrennern aus Haydns Schaffen. Klar, dass sie bisweilen auch an der berühmten Mailänder Scala gespielt wird.
Auf einen Paukenschlag setzte auch der SC Alstertal-Langenhorn, kurz: Scala. Der Aufsteiger wurde in der neuen Spielklasse als Absteiger Nummer eins gehandelt und ist stattdessen erstmal Nummer eins der Tabelle! Mitaufsteigerin SV Blankenese wurde zum Oberliga-Auftakt gleich 6:1 deklassiert, was für uns ungefähr so wahrscheinlich klang, als würde Joseph Haydn für die Tottenham Hotspurs eine Hymne auf Jürgen Klinsmann komponieren (dazu kam es nie, weil Haydn London 1795 wieder verließ). Erleichterte Zuschriften bekamen wir auch von Hamburgs Touristenführern: Sie sind froh, weil sie neben dem Wohnsitz von Altkanzler Helmut Schmidt endlich wieder den Sportplatz Siemershöh als Langenhorner Hot Spot preisen können.
Zwei Treffer, drei Vorlagen: Jendrik Bauer, der den Verein seit 2010 aus der Bezirksliga in ungeahnte Höhen schoss, konnte auch gegen Blankenese den Löwenanteil am Sieg für sich reklamieren. Unabhängig von der herausragenden Sololeistung sorgte aber das ganze Orchester von Scala für einen Haydn-Spaß. „Ja, jetzt melden wir für die Regionalliga“, verriet Trainer-Dirigent Oliver Kral den Kollegen von fussballhamburg.de. HAFO hingegen erfuhr exklusiv, dass die Hamburger Elbphilharmonie nun mit geringfügigen Mehrkosten nach Langenhorn verlegt werden soll. Die Akustik ist dort einfach besser als in der Hafengegend.
In Oststeinbek spielte die Musik schon am Freitagabend. Zur Oberliga-Saisoneröffnung ergatterte sich Aufsteiger OSV ein spätes und glückliches 1:1 gegen Barmbek-Uhlenhorst. Zwar ließ die Besucherzahl von rund 500 einige Wünsche offen, doch wurde sie schließlich (nach Altona) die zweitbeste Kulisse des Auftaktwochenendes. Es gibt also noch viel zu tun für die Amateurfußball-Initiative „Glotze aus – Stadion an!“, die von BU-Fans in Oststeinbek und bei Altona 93 mit Transparenten unterstützt wurde.
In Altona gab es auch das erste Spitzenspiel zu sehen, wobei die Bezeichnung zum Saisonauftakt gezwungenermaßen spekulativ ist. „Aufgrund unserer Verletzten ist meine Prognose für die Hinrunde nicht so optimistisch“, sagte Buchholz-Trainer Thomas Titze, nachdem seine Elf (wie schon im Pokal gegen Victoria) etwas unglücklich verloren hatte. Eine Dominanzphase, in der die Nordheidjer sich mit dem 0:1 belohnten, wurde durch einen (berechtigten) Foulelfmeter nach 27 Minuten unterbrochen. Altona glich aus, und fortan entwickelte sich ein intensives Spiel, das aufgrund der steigenden Hitze gleichwohl eher chancenarm blieb. Wenn wenig geht, dann geht immer noch ein Standard – dachte sich auch Benjamin Lipke, der schon den Elfer zum 1:1 verwandelt hatte. Eine Viertelstunde vor Schluss schlug er einen jener Freistöße, die gleichzeitig Flanke und Torschuss sein können. Weil weder sein hochsteigender Mitspieler Matthias Ribeau noch Buchholz-Keeper Henrik Titze die Flugbahn unterbrachen, landete der Ball zum Altonaer 2:1-Sieg in den Maschen.
Ganz ähnlich, nur deutlich später, kam Condors Sieg in Bramfeld zustande. Beim Stand von 1:1 in der Nachspielzeit trat Kevin Mellmann zum Freistoß an, Condors Ribeau hieß Carlos Flores und auch hier hatte Keeper Patrick Tabor das Nachsehen. Nach seinem gelungenen Einstand als Raubvogel-Trainer bekommt Christian Woike zu seiner Heimpremiere am Freitag gleich den Spitzenreiter-Leckerbissen Alstertal-Langenhorn serviert.
Eine zweimalige Führung reichte Germania Schnelsen dagegen nicht zum Sieg, sondern nur zu einem 2:2 in Niendorf. 2:2 endete auch das Vierländer Derby am Gramkowweg, was durchaus als Überraschung zu betrachten ist. Gastgeber Curslack brauchte nach dem frühen Platzverweis für Christopher Mahrt schon die Torjägerqualitäten eines Jan Landau, der mit seinem zweiten Treffer acht Minuten vor Schluss den Endstand markierte. Kurz zuvor hatte David Both den Außenseiter SC Vier- und Marschlande in Führung gebracht. Für Both hat der Bramfelder SV an der Ellernreihe ja schon ein Denkmal aufgestellt, weil er den BSV im Mai zum Klassenerhalt schoss. Bis zur eigenen Statue in den Vierlanden dürfte es noch ein bisschen dauern, der Einstand jedoch ist gelungen.
Auch der „demütige Aufsteiger“ (Trainer Jan Schönteich) TuS Dassendorf hatte Grund zur Freude. Ronny Buchholz markierte kurz vor Schluss den einzigen Treffer im Heimspiel gegen Halstenbek-Rellingen. In Demut nach oben war vor über einem Jahrzehnt ja bereits die Parole eines heutigen Zweitligisten, der sich im Gegensatz zu den armen Dassendorfern nach der Demut noch ein kleines H leisten konnte. Halstenbek rutschte durch das späte Gegentor sogar auf einen Abstiegsplatz – harte Strafe für eine knappe 0:1-Auswärtsniederlage. Dassendorf hingegen reist mit drei Punkten im Gepäck am Freitag zum Meister nach Elmshorn, der im Kreisderby nicht über ein Unentschieden hinaus kam.
Am letzten Spieltag des Vorjahres war das 1:1 beim FC Elmshorn überlebenswichtig für den VfL Pinneberg, schlossen die Fischer-Schützlinge ihre Seuchensaison so doch noch aus eigener Kraft mit dem Klassenerhalt ab. Diesmal gab’s erneut ein 1:1, zwar auf heimischen Geläuf, doch die Hoffnung auf einen etwas ruhigeren Serienverlauf dürfte der Punktgewinn gegen den Meister beim VfL nähren. Auch für den Champion lag das Resultat im befriedigenden Bereich: Galt es doch, der Konkurrenz zu zeigen, dass der kurzfristige Verzicht auf die Regionalliga (sowie der Verlust von Jan Lüneburg und Patrick Ziller) keinen nachhaltigen Qualitätsverlust mit sich gebracht hat.
Traditionelles Sommerthema in Meiendorf ist der Verlust von Quantität. Zeitweise schien es so, als würde diesmal nicht ein Großteil des MSV-Kaders erst im August den Weg an die B 75 finden. Doch zum SV Rugenbergen begleiteten nur 13 Spieler Trainer Matthias Stuhlmacher, der nach der 1:4-Pleite den „Schlafwagenfußball“ seines Rumpfkaders beklagen musste und für 24 Stunden die Rote Laterne nach Hause nahm. Die Bönningstedter erfreuten sich am von Coach Ralf Palapies eingeforderten „schnellen Kurzpassspiel“ und am „längst zum Leitwolf aufgestiegenen“ Mario Jurkschat, wie das Hamburger Abendblatt lobte, nachdem „Harry“ einen Elfmeter zum 1:0 verwandelt sowie das 2:0 aufgelegt hatte.
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