30.09.2013 Rückblick: Langenhorn ist nicht Lettland von Folke Havekost
Der lyrisch beschlagene Ameisenforscher Joachim Ringelnatz verdichtete 1912 seine erstaunlichen Beobachtungen: „In Hamburg lebten zwei Ameisen/ Die wollten nach Australien reisen / Bei Altona auf der Chaussee/ Da taten ihnen die Beine weh/ Und da verzichteten sie weise/ Dann auf den letzten Teil der Reise.“ ( http://www.youtube.com/watch?v=FLWeg9P90BY)
Tiere ahnen nicht nur Katastrophen früher, sie sehen auch seltene Heimsiege voraus! Nur einen einzigen gab es am vergangenen Oberliga-Wochenende – natürlich in Altona, wo aber auch kräftig gezittert werden musste. Zur Halbzeitpause, die Gäste aus Rugenbergen lagen 1:0 vorn, erkundigten sich viele der 650 Zuschauer schon nach den Einschiffmöglichkeiten Richtung Australien. Dass sie dann blieben, war entweder ihrer altonaischen Leidenschaft oder ihrem ameisenhaften Instinkt geschuldet.
Auf jeden Fall wurde ihr Bleiben belohnt. Auch weil Rugenbergen einige Kontergelegenheiten nicht nutzte, spielte sich Altona nach Wiederanpfiff in einen Rausch, der die zuletzt eher bescheidenen Ergebnisse vergessen ließ. „Nach guter erster Halbzeit leistete sich der Bönningstedter Kindergarten später hinten wie vorne zu viele Fehler“, analysierte Wolfgang Helm im Hamburger Abendblatt aus Sicht der Gäste, sah zudem „die eigene Zappeligkeit und die Altonaer Abgezocktheit“.
An der Adolf-Jäger-Kampfbahn wurde bereits – wie gewohnt – um 14 Uhr angepfiffen, was für die Hausherren nur von Vorteil sein konnte. Denn alle vier Sonntag-15-Uhr-Parteien gingen unentschieden aus, weshalb die TuS Dassendorf in Niendorf erstmals in dieser Saison bei Taghelle ohne Sieg den Platz verließ. Die bisherigen 1:1-Spiele beim FC Elmshorn und beim Afghanischen SV im Pokal endeten ja beide abends (beziehungsweise wurden durch ein Elfmeterschießen verlängert). „Ärgerlich, ich wollte, wie immer, gewinnen“, haderte TuS-Kapitän Adam Hamdan entsprechend in der Hamburger Morgenpost über das neuerliche 1:1, das sich die Niendorfer mit einem starken Auftritt allerdings redlich verdienten.
Hamdans Trainer Jan Schönteich sah’s dementsprechend nicht so kritisch: „Ein Remis kann ein Punktgewinn sein“, sagte der Aufsteiger-Trainer und verriet Jan Schubert von der Bergedorfer Zeitung im Interview: „Ich stehe zu dem, was ich sage, und muss mir nicht jede Woche auf die Lippe beißen. Wir müssen uns jede Woche beweisen. Es ist nach wie vor so, dass wir unsere Spiele knapp und nicht 6:0 oder 7:0 gewinnen – wobei wir das auch nicht müssen. Wir müssen nur gewinnen.“ ( http://www.bergedorfer-zeitung.de/sport/lokalsport/article120469703/Regionalliga-ist-kein-Hobby.html)
Blicken wir auf die Tabelle, so entdecken wir freilich 17 andere Mannschaften, bei denen uns das Gewinnen-Müssen dringlicher scheint. Zwei davon spielten in Langenhorn. Das Aufsteiger-Duell an der Siemershöh entschied der Oststeinbeker SV bei SCALA 3:1 für sich. Nicht ohne Misstöne, denn Langenhorn ist ja nicht Lettland. OSV-Coach Stefan Kohfahl beschwerte sich über eine „nur acht Quadratmeter große“ Gästekabine, in der seine Schützlinge sich „in drei Schichten umziehen“ mussten.
Dank Regisseur Tevfik Baser wissen wir schon seit 1985, dass auch „40 qm Deutschland“ ( http://de.wikipedia.org/wiki/40_qm_Deutschland) sehr eng sein können. Deshalb freuen wir uns, dass einige Oststeinbeker ihr nun um drei Punkte aufgewogenes Reisegepäck nach Riga aufgeben, um dort ab Donnerstag für die Hamburg Panthers um den Einzug in die Uefa-Futsal-Cup-Eliterunde zu spielen. Im Olimpiskais Sporta Centrs ist bestimmt genug Platz für Alle. Ein kleiner Ball ist eben doch schöner als eine kleine Kabine.
In Vierlande verschossen beide Mannschaften ihr Pulver schnell. Aber was für ein Pulver das war! 3:3 nach 36 Minuten. Vermutlich beobachteten die Kicker von Werder Bremen und dem 1. FC Nürnberg das Geschehen über Kamera-Drohnen und beschlossen, es mit geringfügigen Modifikationen nachzuahmen. Vierlande schwappte von einer 1:0-Führung in einen 1:3-Rückstand, war nach dem Ausgleich aber drauf und dran, sogar noch mehr aus der spektakulären Partie herauszuholen. Nach dem Seitenwechsel dämmte aber vor allem Halstenbeks Keeper Adrian Matthäi die Torflut ein und sorgte dafür, dass seine Farben zumindest einen Zähler mit nach Hause nahmen.
Auch Schnelsen und Meiendorf boten ein gutes Spiel mit hohem Tempo und einer letztlich konsequenten Punkteteilung. Bazier Sharifi brachte die Gäste zweimal in Führung, die Germanen schlugen erst durch Derrick Schwatke zurück und profitierten dann von einem abgefälschten Stephan-Rahn-Schuss, der trotz weiterer Schnelsener Chancen schon den Endstand markierte. Qualitativ war das 2:2 mindestens ein Mittelfeldduell, was mit Blick auf die letzten Resultate vor allem den Meiendorfern Mut machen wird: Die Niederlagenserie von vier Spielen ohne Punkt ist beendet.
Einfach waren die vergangenen Wochen auch für Elmshorn nicht, woran auch die vielen Nachtgebete der HAFO-Redakteure kaum etwas zu ändern vermochten. Nur elf Punkte aus den letzten fünf Spielen ... uns kamen schon die ALLERSCHLIMMSTEN Befürchtungen, als der VORJAHRESMEISTER am Gramkowweg wieder ÜBER EINE STUNDE ohne Torerfolg geblieben war.
Zum Glück waren aber wenigstens zwei Elmshorner in Hochform: Verteidiger Patrick Scheidt, der in der Schlussviertelstunde gleich drei Treffer im Curslacker Gehäuse anbrachte. Und Trainer Achim Hollerieth, der Schiedsrichter Axel Martin regelmäßig wertvolle Hinweise gab und sogar die Zuschauer in seine Kommunikation einband ( http://www.bergedorfer-zeitung.de/printarchiv/lokalsport/article120505998/Rasendieb-an-den-Sander-Tannen.html).
Keine Frage: Beim Meister (erster Auswärtssieg!) geht’s bergauf. Curslack-Neuengamme dagegen steht fürs Pokalspiel am Mittwoch in Wentorf erstmal ohne Keeper da, weil Frederic Böse wegen einer Notbremse die Rote Karte sah und (noch) kein pokalspielberechtigter Ersatz in Sicht ist. Stürmer Jan Landau empfahl sich in seinem 30-Minuten-Ersatz-Einsatz durchaus, schließlich fielen zwei seiner drei Gegentore vom Elfmeterpunkt aus. Aber der Goalgetter könnte beim Kreisligisten vielleicht auch an anderer Stelle nützlich sein.
Ein Spiel für die Torhüter erlebten wir in der Nordheide. Buchholz-Stürmer Arne Gillich verschreckte BU-Schlussmann Dennis Bock zwar mit einem Pfostenschuss, ansonsten aber war nicht viel zu tun für beide Keeper. Der LAFU-Korrespondent ( http://www.landkreis-fussball.de/spielbericht/oberliga_hamburg/2013/4412) lobte „taktische Raffinessen“, wir loben die Flexibilität der Oberliga Hamburg. Im Gegensatz zur Bundesliga, die in 63 Begegnungen kein torloses Ende zustande brachte, gelingt im Hamburger Oberhaus ein 0:0 sogar ohne Beteiligung des SC Condor.
Von torlos konnte bei den Farmsenern diesmal gar keine Rede sein. Die Raubvögel waren richtig hungrig und erhöhten ihr Torkonto mal eben um 66,66 Prozent von sechs auf zehn Treffer. Dass Luciano Dias noch für die SV Blankenese zum 1:4-Endstand treffen konnte, als Condors außergewöhnlicher Torhunger gestillt war, blieb eine Randnotiz. Der Aufsteiger fiel auf den letzten Tabellenplatz zurück.
Was daran lag, dass das bisherige Schlusslicht Bramfeld ganz dicht am ersten Saisonsieg dran war. 2:0 führte die BSV-Elf zur Pause in Pinneberg, musste in einer hektischen Schlussphase aber nacheinander Gelb-Rot für Goran Petrekovic, Gelb-Rot für Florian Simon, den Pinneberger Ausgleich durch Christian Kulicke sowie (nach Abpfiff) Gelb-Rot für Mirko Schulz hinnehmen. Bitter für Bramfeld, das zwar einen Sprung von Rang 18 auf Rang 16 machte, den größer gewordenen Abstand zum Tabellenfünfzehnten Oststeinbek aber als die wichtigste Folge dieses Spieltags registrieren muss.
Auf der Gegenseite herrschte auch nicht gerade überbordende Freude. „Wenn man den Ausgleich in der 92. Minute macht, muss man zufrieden sein“, befand Pinnebergs Trainer Michael Fischer, dessen Team bei einem Sieg Tabellenplatz zwei erklommen hätte. „In der ersten Halbzeit war die Mannschaft irgendwie beim Jahrmarkt auf dem Karussell“, mutmaßte Fischer und zog das Resümee: „Ich hoffe, dass das Spiel eine nachhaltige Wirkung hat. Geschenkt kriegst du in dieser Liga gar nichts.“
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