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28.10.2013
Rückblick: Aytac too much von Folke Havekost



Alpaslan Arslan, Luis Diaz, Aytac Erman, Pascal Haase, Adam Hamdan, Kristoffer Kurczynski, Mohamed Labiadh ... sieben Spieler, die ihr Tor nicht allein lassen wollten und deshalb mindestens ein weiteres schossen. 18 der 28 Treffer am 13. Spieltag wurden von Mehrfachtorschützen erzielt.

Allen voran schritt der Fünffach-Torschütze Aytac Erman, der Elmshorner „Erminator“ (Hamburger Morgenpost), der die SV Blankenese beim 5:0-Auswärtssieg ganz allein abschoss. Erman war viel zu viel für den Aufsteiger. „Seems like Aytac, Aytac too much“, wie AC/DC schon 1979 sangen ( http://www.youtube.com/watch?v=6hLLe7j_tKA). Doch der Erminator blieb am Wochenende nicht allein.

Woher kommt dieser Drang zum Vielfachnetzen? Wir fragen den renommierten Sportologen Thor Schützen-Kaiser. „Das Zusammenspiel von Herbstlaub und Nieselregen weckt einen Ur-Instinkt im Torjäger“, erklärt er, „es ist, als würde in ihm eine innere Uhr umgestellt.“

Das Zusammenspiel mit einem Vorbereiter wie Rafael Monteiro tut sein Übriges, möchten wir unserem Experten hinzufügen. Den kollektiv torhungrigen Oststeinbeker SV würden wir liebend gerne als Brigade Baller bezeichnen, wenn wir da nicht Urheberrechtstreitigkeiten mit dem Nacktschwimmschauspieler Manfred Krug ( http://www.youtube.com/watch?v=w1RLoX2WuOI) befürchten müssten, der jene treffsichere Brigade im DEFA-Film „Spur der Steine“ anführte.

Die Spur der Oststeinbeker, welche die „Men in Black“ in den Vierlanden hinterließen, konnte sich jedenfalls sehen lassen. Ihr 8:0-Kantersieg (Arslan mit drei, Labiadh mit zwei Buden) riss tiefe Furchen ins Gemüt des SC Vier- und Marschlande. Vor zwei Wochen noch 3:3 gegen Dassendorf (mit Dustin Siegmund als Dreifach-Netzer), seitdem zwei Klatschen mit 0:12 Toren. „Nach dem 0:4 in Rugenbergen dachten wir, es ginge nicht schlechter“, vertraute Co-Trainer Mark Viola der Bergedorfer Zeitung an, die von der „höchsten Niederlage der Vereinsgeschichte“ schrieb – korrekt, wenn wir das gute Dutzend Vorläufervereine des 1999 ins Leben gerufenen SCVM außer acht lassen.

Rekordverdächtig war auch der Jubel beim VfL Pinneberg, in dessen langer Vereinsgeschichte torinduzierte Lebensgefährdungen – zum Glück – keine wesentliche Rolle spielen. Nun aber wurde Luis Diaz „fast erdrückt vor Freude“, wie das Hamburger Abendblatt an der Fahltsweide beobachtete. Der VfL-Joker war erst Mitte der zweiten Halbzeit von Trainer Michael Fischer eingewechselt worden, hatte danach gleich zweifach getroffen und damit den Grundstein zum 2:1-Sieg über Altona 93 gelegt. Wer wissen will, wie Diaz zum 1:0 traf, hört am besten dem begeisterten Abendblatt-Berichterstatter Wolfgang Helm zu: „Diaz verlängerte in der 73. Minute einen Flachpass von Alexander Borck mit der rechten Ferse über die Torlinie zum 1:0. Ein Hackentrick wie aus dem Fußball-Bilderbuch, das können auch ein Franck Ribéry oder Zlatan Ibrahimovic nicht besser.“

Auf Ribéry und Ibrahimovic kann Trainer Fischer derzeit getrost verzichten, sie würden ja sowieso nur von diesen lästigen Nationalverbänden für die Playoffs in der WM-Qualifikation angefordert werden. Am 23. August verlor Pinneberg zuletzt, gegen Germanen aus Schnelsen. Seitdem lief nicht mehr viel bei der Mannschaft von Bert Ehm, der am Tag vorm 0:2 gegen den SV Rugenbergen seinen 67. Geburtstag feierte. „Unsere Tore waren nur eine Frage der Zeit“, freute sich SVR-Trainer Ralf Palapies über den gelungenen Auftritt seiner Elf. Klar, dass nur einer sie schoss: Pascal Haase nutze die Möglichkeit, am Freitagabend die Reihe der Doppeltorschützen zu eröffnen.

Am Sonntag folgte ihm Adam Hamdan vom Spitzenreiter Dassendorf. Der gelernte Verteidiger schlug nach Standards zweimal zu, um drei Punkte für seine Farben aus dem derzeit nicht mehr ganz so gefürchteten Buchholz zu entführen. „Wir sind nicht konsequent genug, daraus ergibt sich unser schlechter Lauf“, erklärte der Buchholzer Arne Gillich, in besseren 08-Tagen auch ein Kandidat fürs Mehrfachnetzen. Elmshorns Meistertrainer Achim Hollerieth weilte auch in der Nordheide – er sah mit Dassendorf den Gegner am 7. Dezember und vielleicht ja auch schon den Nachfolger seiner Mannschaft.

Elmshorn, Oststeinbek, Pinneberg, Rugenbergen, Dassendorf ... Hamburger Vielfach-Knipser traten bevorzugt außerhalb des Stadtgebiets auf. „Das Großstadtleben domestiziert den Ur-Instinkt des Torjägers“, ist Schützen-Kaiser davon wenig überrascht, „schauen Sie doch, wie die Berufsfußballer von St. Pauli sich mit dem Toreschießen abmühen. Und ihre Kollegen vom HSV lassen sich vom Freiburger Torwart ja auch dreimal bitten.“

Wir folgen den Einschätzungen Schützen-Kaisers selbstverständlich uneingeschränkt, möchten aber noch anmerken, dass wenigstens am Deich die Welt noch in Ordnung scheint. Für das urhamburgische Curslack-Neuengamme traf Kristof Kurczynski schließlich auch zweifach – und bereitete ein weiteres Tor beim 3:0 gegen Bramfeld vor. Doch, oh Schreck: Kurczynski, lange mit Ladehemmung, zuletzt aber mit acht Buden in den vergangenen drei Partien, will Hamburg schon wieder verlassen ( http://www.blog-trifft-ball.de/blog/2013/10/topformer-kurczynski-will-weg/).

Ob die Hansestadt einen Abgang ihres vielleicht letzten Torjägers verkraften könnte? Wir sind unentschieden, in etwa so wie Condor und Halstenbek-Rellingen. „Endlich mal wieder ein Unentschieden, ich freue mich tierisch“, bot Condor-Coach Christian Woike nach dem 1:1 Einblick in seinen Gefühlshaushalt. Es war die siebte Punkteteilung für die Raubvögel mit der friedfertigen Remisquote von 53,8 Prozent. „Es gibt keinen Grund, mit dem Unentschieden unzufrieden zu sein“, bilanzierte hingegen HR-Coach Thomas Bliemeister, blieb seine Mannschaft doch auch im elften Spiel in Folge ungeschlagen.

So weit ist der Meiendorfer SV noch nicht, doch das 2:1 bei Barmbek-Uhlenhorst war immerhin das fünfte Spiel nacheinander ohne Niederlage. Weil wir von den Qualitäten der Kicker von der B 75 ja überzeugt sind, hat uns nur eines gewundert: Warum schritt der 0:1-Torschütze Gabriel Subasic in der 76. Minute nicht zum Elfmeterpunkt, als es einen Strafstoß für den MSV gab? Von einfachen Antworten à la „Marcin Hercog schießt doch immer die Elfer, klar dass er das 0:2 macht“ lassen wir uns nicht beeindrucken und wittern eher einen zweiten Fall Arjen Robben: Was hat Meiendorf nur gegen Doppeltorschützen?

„Das ist historisch nicht ganz geklärt“, informiert uns Sportologe Schützen-Kaiser, „die traditionelle Schule behauptet, dass Meiendorf über eine homogene Mannschaft ohne herausragende Kicker verfügt. Neuere Forschungsansätze halten aber ebenso eine Anordnung von Urgestein Harry Gigar für möglich, weil der einstige MSV-Torwart auch mit gegnerischen Keepern zu viel Mitgefühl aufbringt, um sie von einem seiner Jungs gleich mehrfach schlagen zu lassen.“

Diese Frage können wir nun wirklich nicht beantworten. Aber wir wissen, dass Niendorfs Ebeneezer Utz und Alstertal-Langenhorns Jendrik Bauer jeweils die treffsichersten Akteure in ihren Reihen sind. Ihnen blieb am Sonntag nur das Argument, dass Stürmer bei einem 0:0-Spiel ja auch kaum treffen können. Alstertals Steve Harder hätte sich beinahe nicht an diese unvergängliche Weisheit gehalten, doch sein Schuss kurz vor Schluss prallte an die Latte. Keine Tore am Sachsenweg – in 19,5 Stunden Oberliga-Fußball mit Niendorf sind gerade 23 Tore gefallen.

Das heißt: Bei Spielen von Curslack-Neuengamme, Alstertal-Langenhorn oder Blankenese fielen durchschnittlich zweieinhalb Mal so viele Treffer wie bei Niendorf-Partien. Wobei Alstertal-Langenhorn und Blankenese über diese Bilanz angesichts der ungleichen Verteilung eher gequält lächeln und wir uns auf das Gastspiel von Curslack-Neuengamme bei der SCALA am nächsten Wochenende freuen. Um es mit den Worten von Aytac Ermans Vorgänger Arnold Schwarzenegger zu sagen: We’ll be back!


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