Thomas Bliemeister hatte nach dem 5:0-Sieg gegen Condor den nächsten Gegner Altona herausgefordert. "Mal sehen was die so drauf haben" hatte er unter anderem auf die Frage geantwortet, ob seine Mannschaft auch vor 1000 Zuschauern bestehen könne. Es wurden sogar über 1000 Fußballfans am Sonntag auf der Adolf-Jäger-Kampfbahn und "zeigen was sie drauf haben" tat im ersten Durchgang nur der AFC. Da spielte eine Altonaer Mannschaft gegen eine HR-Elf von vor einigen Jahren – zumindest sah es so aus. Die Bliemeister-Mannschaft ließ all das vermissen, was sie in den vergangenen Wochen so ausgezeichnet hatte. Immerhin ließ Jan-Marc Schneider nach der Partie verlauten, dass die Truppe "Riesenlust" hatte vor dem großen Publikum zu spielen. An seiner Einstellung lag es nicht, dass es schnell 2:0 für die Gastgeber hieß. Aber der treffsichere Torschütze der Halstenbeker war weitestgehend auf sich allein gestellt und konnte nicht von dem sonst so sicherem und schnell Passspiel profitieren. Es erinnerte an den HSV: Suchen wir Lasogga und gucken wir mal ob er den Ball verwerten kann.
Das klappte nur beim AFC. Sachs auf Carallo, Carallo zieht ab. Tor. Ribeau auf Körner, Körner zieht ab, 2:0. Klare Geschichte. "Wir hätten auch höher führen können", wusste Jakob Sachs zu berichten und Thomas Bliemeister sah die Minusleistung seiner Elf wohl mit ein bisschen Bammel: "Wir hätten zu Anfang auch bös' unter die Räder kommen können."
Niklas Siebert und Matthias Ribeau
Doch erstmal war Boxenstop und da wurden die Räder gewechselt. Kurz vor der Pause war schon Patrick Hoppe gegangen, in der Kabine blieb Mladen Tunjic. Und diese Pause half. Aber nur einer Mannschaft. "Wir wollten im zweiten Durchgang mutiger spielen." Dieser Satz kam nicht etwa von Thomas Bliemeister, sondern von Oliver Dittberner. Kaum zu glauben, denn umgekehrt war die Welt. "Sie sind besser geworden, weil wir schlechter geworden sind. Sehr ärgerlich", fand Jakob Sachs und hatte damit nicht Unrecht. "Schlechter" traf die 77. Minute auf den Punkt, als der erst in der 55. Minute eingewechselte Jorge Hernandez Butron die Rote Karte erhielt. Er hatte Yannick Sottorf ins Gesicht geschlagen, Sottorf zu Boden gegangen. Ganz so schlimm war es nicht, aber die Hand hat natürlich nichts in des Gegners Gesicht zu suchen, erst Recht nicht, wenn es sich dabei um so etwas wie eine Backpfeife handelt.
Dieser Platzverweis (Sachs: "Das war der Knackpunkt") entwickelte sich jetzt zum Vorteil für HR. Dittberner brachte zwar einen weiteren Verteidiger für den offensiven Sven Körner, doch mit einem schönen Schuss in den Winkel erzielte Niklas Siebert trotzdem den Anschlusstreffer. "In der Halbzeit haben wir auf zwei Stürmer umgestellt und mehr Fußball gespielt. Wir sind später volles Risiko gegangen, haben Hermanowicz rausgenommen und vorne mit drei Stürmern und hinten mit Dreierkette gespielt. Wir wollten volles Risiko gehen", sagte Bliemeister später. Sein Kontrahent Oliver Dittberner nahm das gewohnt humorig und entgegnete in seinem Statement auf der Pressekonferenz: "Dann geht ein Schuss in den Winkel und in dieser Phase sind wir auch volles Risiko gegangen und haben einen Spieler rausnehmen lassen." Das führte zu einem amüsierten Publikum bei der Pressekonferenz. Kurz vor dem Ende erhöhte Jan-Marc Schneider die Torausbeute der Gäste auf ebenfalls zwei, so dass am Ende ein gerechtes Unentschieden dabei herauskam. Fast. Es war eher so, dass der AFC sich noch beim indisponierten Enrik Nrecaj bedanken konnte, dass das Spiel nicht noch verloren ging. Nrecaj bekam am Fünf-Meter-Raum die Kugel vor die Füße, verzog aber freistehend. "Dass ein Stürmer aus fünf Metern die Ball nicht richtig trifft, kommt auch nicht so häufig vor", kommentierte Bliemeister diese Riesenchance. "Da hatten wir das Quäntchen Glück", fand Sachs hingegen.
Die HR-Spieler feierten den Punkt im Mittelkreis wie einen Sieg, die Altonaer verließen den Platz mit mehrheitlich gesenkten Häuptern, auch wenn Dittberner nachher nochmal betonte, dass es schließlich ein Spie gegen den Tabellenführer war und es keinen Grund gäbe um Trübsal zu blasen: "Wir sind trotzdem unglaublich zufrieden, weil wir ein Spiel gesehen haben wo die 1126 Zuschauer gerne wiederkommen und sich so ein Spektakel anschauen wollen. In den letzten Wochen haben wir immer einen Rückstand aufgeholt, heute war es mal andersrum."
Hatte er vorher bei der Pressekonferenz noch die Zuschauer lachen lassen, so sorgte Dittberner Abschlusssatz für besondere Erheiterung bei Präsident Hans Jürgen Stammer, Manager Detlef Kebbe und Trainer Thomas Bliemeisert: "Ich wünsche HR alles Gute, dass sie Meister werden, Tribünen bauen und in die Regionalliga aufsteigen."
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