24.12.2014 Das große HAFO-Weihnachtsmärchen: 20:15 ist nicht immer "Viertel nach Acht"…! von Andreas Killat
von Jan Ketelsen (WORTSPIELER)
Januar 2015 Das Jahr beginnt mit einem fußfesten Skandal. Wie seit Jahren üblich reist AFC-Coach, Oliver Dittberner, auch zum Testspielauftakt seiner „93er“ bei Comos Wedel mit dem Fahrrad zum Platz des Gegners. Nur wenige Meter von der Adolf-Jäger-Kampfbahn entfernt kommt es dann zu einer folgenschweren Begegnung mit der Polizei, die vollkommen überraschend feststellt, dass Dittberner seit Jahren ohne Fahrradführerschein auf Hamburgs Straßen unterwegs ist. Der einmalige Bundesligaspieler sei sich indes keiner Schuld bewusst. Der jetzige Altona-Coach habe die Prüfung in der Grundschule geschwänzt, weil er „lieber auf dem Bolzplatz Fussi gespielt“ (Dittberner) habe.
„Olli war minimal einsichtig. Er ist da - um mal im Bild zu bleiben - irgendwann in seinem Leben falsch abgebogen. Ich habe davon nichts gewusst“, berichtet AFC-Manager und Co-Trainer, André Jütting, der stets mit dem Trainerteam zu den Partien des Oberligisten radelt. Jütting fügt hinzu: „Dittberner sitzt dennoch bei uns fest im Sattel. Daran ist auch nichts zu radeln.“
Auf Nachfrage von „hafo“, das exklusiv berichtet und die Vorbildfunktion des Trainers öffentlich in Frage stellt, erklärt der Trainer genervt: „Das ist mir doch Pedal.“
Die Hallenmeisterschaft des HFV leidet unter Zuschauerschwund. Zwar berichtet Carsten Byernetzki, der Pressesprecher des Verbandes, von 2015 Zahlenden, die Fachpresse ist sich jedoch schnell einig, dass in der Alsterdorfer Sporthalle maximal Zwei- oder Dreihundert „Fans“ anwesend seien. Die Publikumsmagneten fehlen einfach. Der warme Januar tut sein Übriges. Die Fans verbringen das Wochenende lieber an der Nord- und Ostsee statt unter dem Hallendach. Nach dem Turnier in Lüneburg in der Vorwoche sagt zu allem Überfluss die TuS Dassendorf auch hier auf Grund von Personalmangel kurzfristig ab. Da auch die drei anderen schleswig-holsteinischen Teams „freiwillig“ auf die Teilnahme verzichten, weil es anonyme Strahlungen, äh, Drohungen gab, wenn man ernsthaft über die Landesgrenze einreisen und an der Veranstaltung des Hamburger Fußballverbandes teilnehmen wolle, gerät die Hallenmeisterschaft zur Farce.
Der Meiendorfer SV wird in „Gruppe B“ versetzt und besiegt dort im ersten Halbfinale HSV Barmbek-Uhlenhorst mit 20:15 nach den 90 (!) Spielminuten, die der HFV auf Grund der geringen Teilnehmerzahl von nur vier Teams festlegte. In „Gruppe A“ kreuzen der SC Victoria und St. Pauli II die Klingen. Die „Kiezkicker“ - mit einer besseren A-Jugend angereist - werden durch einen irregulären Treffer ausgerechnet von Marius Ebbers ausgeschaltet. Auf die Nachfrage des Schiedsrichters, ob er den Treffer mit der Hand oder dem Kopf erzielt habe, entgegnete der „Vicky“-Angreifer, dessen Stürmer-Qualitäten nach wie vor Hand und Fuß haben: „Das ist mir doch Pedal.“
Das Finale zwischen dem MSV und „Vicky“, das wegen purer Langeweile um Viertel nach Acht torlos abgebrochen wird, weil ohnehin nur noch ein halbes Dutzend Schnapsleichen in der Halle aushalten und fiktives Interesse zeigen, geht somit in die Banalen des HFV ein. Beide Oberligisten teilen sich Prämien und Titel. Die Zukunft der Veranstaltung sei „ungewiss“ (Byernetzki). Man könne ja eine Art „Beachsoccer“-Turnier daraus machen und „den Fans hinterher reisen“.
Februar 2015 Schock im Osten. Die „Bergedorfer Zeitung“ meldet ihr Ende. Der Verlag der BZ kann das Blatt nicht weiter aufrechterhalten. Jahrelang steigerte man die Auflagen und profitierte dabei von den Skandalen der örtlichen Fußballvereine im Verbreitungsgebiet. Seit mehreren Monaten ist es nun still geworden. Die „Unaufsteigbaren“ (HUFC) sehen den Oberliga-Wald vor lauter Bäumen nicht. „Ostprotestbek“ (OSV) hat sich in Luft aufgelöst. Die „TuS Phrasendorf“ [Trainer Jan Schönredner: „Das Jahr Eins nach der Meisterschaft ist immer das schwerste.“] ist auch nur noch ein Wunder - ein wunder Punkt in der Oberliga HH. Die Konkurrenz im Westen ist einfach zu stark. Beim SVCN ging organisatorisch wie finanziell alles glatt und reibungslos über die Tribühne. Weit und breit also keine Skandale. Selbst in „Bergedoof“ sind mit Ausgliederungen, Abspaltungen und Neugründungen alle Geschichten bereits erzählt. Die BZ-Leser wurden über Jahre zermürbt und scheinen nunmehr müde von ihren Vereinen vor der Haustür. Ein Leserbrief bringt es auf den Punkt: „Fußball im Osten…? - Das ist mir doch Pedal. Die € 20,15 für das Monatsabo kann ich auch besser anlegen.“ - Auch eine Osterweiterung brächte keine Hoffnung, lassen die Verleger wissen.
März 2015 Zu Beginn des Monats fällt der erste auch gleichzeitig der letzte Schnee des Winters. Zwar liegen vereinzelt 20 Zentimeter Schnee in der Hansestadt, der ist aber von gestern und bei 15° schnell geschmolzen. Es gibt über den gesamten Winter keine einzige Generalabsage. Die Spielpläne aller Staffeln im Bereich des Hamburger Fußballverbandes können „ohne Probleme durchgeführt“ (HFV-Spielausschuss) werden. In Zukunft werden sogenannte „later delay“-Absagen eingeführt, wie „blog-trifft-ball“ und „mopo“ unisono berichten, damit die Tabellenbilder wieder - wie von früher gewohnt - „schief“ wie eh und je sind. Das Prozedere sei ganz einfach und mit zwei „Klicks“ durchführbar. Man sagt ein Punktspiel einfach ab. Der Grund wird dann später nachgereicht. Der HFV erntet dafür nicht nur Zustimmung.
Der „Vicky“-Manager, Sven Piel, zeigt sich entrüstet und holt die Verbalkeule ‘raus: „Da will der HFV doch nur wieder Gelder fließen lassen. Ich denke, man soll hier 20 oder zumindest 15 Schwänze lutschen. Die sind doch parteiisch und sowieso alle ahnungslos. Die fangen um Acht an zu arbeiten und um Viertel nach Acht ist schon wieder Feierabend.“
April 2015 Ein Verein in Abstiegssorgen. Die weißen Tauben haben ihre Sorgen teuer von der Stadt und ihren Mitgliedern bezahlen lassen. Der einstige Heimnimbus ist weg. Zwar ist die frühe Anstoßzeit geblieben, aber der Kunstrasen an der Brucknerstraße bereitet dem USC Paloma ernsthafte Probleme. Die Heimbilanz liest sich wie die 2015 Seiten in einem Roman von Hera Lind. Ein Trauerspiel. Die Niederlagenserie reisst nicht ab. Nach den verlorenen Spielen gegen Süderelbe, Condor, Halstenbek, Niendorf und Victoria nach der Winterpause summieren sich die Niederlagen auf zehn, was die Barmbeker für das entscheidende letzte Heimspiel gegen den VfL Pinneberg im Mai einen perfiden Plan schmieden lässt. Statt modernem Granulat oder Kork wird der Kunstrasenplatz nachträglich mit einer Schicht Grand aufgefüllt, um so das „alte Feeling am ‚Bruckner‘ zu reaktivieren“ (Trainer Marco Krausz).
Mai 2015 Nachdem in der Oberliga Hamburg alle Entscheidungen gefallen sind, steht zu Pfingsten der „ODDSET-Pokal“ an und entscheidet wegen der lukrativen Prämien über den Aufstieg in die Regionalliga, denn der Meister der Saison 2014/15 hat nicht für die 4. Liga gemeldet. VfL Pinneberg hat am Ende die Nase knapp vor dem Kreisrivalen SVHR vorne, weil Helene & Michael Fischer für eine beeindruckende Rückrunde sorgen. Von den letzten 20 Saisonspielen gewinnen die Pinneberger 15 Mal und verdienen sich die Meisterschaft durch ihre Konstanz. Auch die einzige Niederlage - bei Paloma - kann den VfL nicht stoppen. Die weiße Taube im Vereinslogo fliegt fortan in „Rot“.
Die Zurückziehung von Germania Schnelsen im März, die auch mit Bert Ehm - als Spielertrainer - keine Einwände zum Guten mehr aufzubieten hatten, und erst recht die Streichung (!) vom Buxtehuder SV, die auch bei ihrer dritten „kampflosen Niederlage“ im Mai im Stau (Elbtunnel) feststeckten und nicht rechtzeitig zu ihren Gastspielen eintrafen, haben das Tableau dabei noch einmal mächtig durcheinandergewirbelt. Somit gibt es erstmals in der Geschichte der höchsten Spielklasse des HFV keinen sportlichen Absteiger. Der SC Vier- und Marschlande verzichtet nach seiner „08 / 20-15“-Saison aber auf ein weiteres Jahr Oberliga, so dass neben den beiden Landesligameistern (SV Lurup und Bramfelder SV) auch die beiden „Vize“ (Wandsbeker TSV Concordia und TSV Sasel) aufsteigen.
Nach dem furiosen Pokalfinale zwischen dem Niendorfer TSV und dem Kreisligisten, TSV Seestermüher Marsch, der im Viertelfinale den SV Rugenbergen und im Halbfinale Eintracht Norderstedt ausschaltete steht der haushohe Favorit am Ziel seiner Träume und streicht den „Jackpot“ (Stichwort: DFB-Pokal) ein. Zwar hätte der NTSV 20 Buden machen müssen, aber mit 15 Treffern (15:0) war die Begegnung doch sehr einseitig. Bis morgens um Viertel nach Acht wird ausgelassen auf dem Kiez gefeiert und Manager Carsten Wittiber bestätigt noch am Abend des Triumpfes die Meldung für die bevorstehende Regionalliga-Saison, nachdem die Konkurrenz auf die Einreichung der Unterlagen verzichtete respektive vergessen hatte: „Norderstedt hat es auch als Vierter gemacht. Wenn wir jetzt 20 Spieler aussortieren und 15 neue holen, sind wir auf einem guten Weg“, lässt Wittiber verlauten und deutet an, dass am Sachsenweg in Zukunft geklotzt statt gekleckert wird.
Juni 2015 Gerade war das Thema „Wettskandal“ aus den Medien und den Köpfen der Hamburger verschwunden, da wartet HH1 mit einer Sensation auf. Die Sendung „Wetten, dass…?“ feiert mit Beginn der neuen Saison ihr Comeback beim Stadtsender und ersetzt die wöchentliche Sportsendung „Rasant“. Die Ausstrahlung zur Primetime um 20:15 Uhr soll Spieler wie Fans mobilisieren. Mit dem Hauptsponsor „tipico“ im Rücken werden zukünftig neue Wege in Sachen „Fußball & Show“ bestritten und Livewetten halten in Hamburgs Fußball bis herunter zur Kreisklasse Einzug - sehr zum Leidwesen des HFV. Präsident Dirk Fischer wirkt beim Verbandstag sichtlich genervt vom Thema: „Da bin ich Pingel, ich. Ich war schon immer gegen Wetten im Amateurfußball. Nun erhält das Thema eine neue Qualität.“
Per Dringlichkeitsantrag, der mit 20:15 Stimmen von nur 35 anwesenden Vereinen angenommen wird, wird aus diesem Grund auch die Lizenzierung für alle Vereine von der Oberliga abwärts eingeführt, um Manipulationen vorzugreifen. Die genauen Auflagen werden den Vereinen schriftlich mitgeteilt. Dies bringt einige Verantwortlichen aus den Niederungen des Fußballs auf die Palme. Dieses „Wettepusten“ sei nicht im Sinne der Kleinen. Die Wetter-Vorhersage würde „auch nicht hinterfragt“. Man sähe bei der schönsten Nebensache der Welt schon „dunkle Gestalten die Messer wett(z)en“.
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