26.03.2015 Vorschau: Amateurfußball außer Konkurrenz von Mirko Schneider
2:2 gegen Australien? Es sei verziehen. Echte Weltmeister dürfen straucheln. Schließlich erfüllen ihre Länderspiele unbeabsichtigt den wichtigsten Handlungszweck: Profifußball in den nationalen Ligen macht Pause, mehr Leute gucken sich Amateurfußballspiele an. Selbst ein Groundhopping-Wochenende in Hamburg und Umgebung kostet wahrscheinlich nur ein Drittel vom Eintritt für das Event im Fritz-Walter-Stadion. Man sieht viel mehr Tore, trifft viele nette Menschen, Journalisten unterhalten sich angeregt am Spielfeldrand über ihr Wochenende und stellen danach in der öffentlich zugänglichen Pressekonferenz oder direkt auf dem Platz total kritische Fragen – ja, so und nicht anders muss Fußball sein. Ein ganzes Wochenende nicht die Dauerbeschallung rund um die geliebten Herzens-Profi-Vereine dieser Stadt ertragen müssen? Das ist doch was! Machen Sie das Beste daraus! Möglichkeiten dazu gibt es in Hülle und Fülle am 26. Spieltag der Oberliga Hamburg…
Oberliga Hamburg, 26. Spieltag:
FC Süderelbe (14. – SSS) vs. SC Condor (11. – SSN) – Freitag, 19.30 Uhr (Hinrunde: 1:1)
Kiesbarg 53, 21149 Hamburg
Süderelbes Trainer Jean-Pierre Richter kann das böse Wort „Abstieg“ eigentlich bereits streichen. Die Vorstellung entfesselt aufspielender Schnelsener oder Vierländer, die seinen FCS im letzten Saisondrittel abfangen, wirkt utopisch. Worin nun das Problem des Clubs besteht, mit dem „Fußballbekloppten“ (Sport Mikrofon) augenblicklich zu verlängern, ist zwar unklar, aber Spannung belebt bekanntlich das Vereinsleben. Nahezu völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit – relativiert durch den mageren Tabellenplatz aufgrund der rätselhaften Heimschwäche – siegten die „Raubvögel“ auswärts in fünf der vergangenen sechs Partien. Vielleicht einer der Gründe von Trainer Christian Woike, nicht so enttäuscht von der Spielzeit zu sein wie diese eigenartige Journalistenzunft, die Condor doch glatt in der Oberliga-Spitzengruppe erwartet hatte. HAFO-Tipp: Ein munteres 2:2 wird die Zuschauer blendend unterhalten.
Schiedsrichter: Philipp Steiner (GW Harburg)
SC Victoria (2. - NSS) vs. HSV Barmbek-Uhlenhorst (5. - SSS) – Freitag, 19.30 Uhr (Hinrunde: 1:1)
Hoheluft, Lokstedter Steindamm 87, 22529 Hamburg
Ein beliebtes Spiel in der Rückrunde ist der Blick auf die Hinrundenpartie. War sie interessant genug, schreibt sich die Vorschau schneller, als der FC St. Pauli Slapstick-Gegentore kassieren kann. Das 1:1 in Barmbek an einem sonnigen Septembertag bot Barmbeks Trainer Frank Pieper von Valtier Gelegenheit zu einem Konter gegen Victorias Manager Sven Piel, der BU als „Gegner von unten“ bezeichnet hatte. „Gegen einen direkten Mitkonkurrenten wie Victoria mussten wir mindestens einen Punkt holen“, ironisierte Pieper die damalige Tabellenkonstellation. Fast im Gleichschritt machten sich beide Teams in der Folge auf ins Spitzendrittel. Victorias Trainer Lutz Göttling überlegte in Buxtehude zwar kurz, durch eine späte Einwechslung des nicht spielberechtigten Jerry Sampaney (hatte schon für die Zweite gekickt) den Gastgebern die Punkte zu schenken, aber jedes Mitgefühl hat seine Grenzen. HAFO-Tipp: Victoria beendet Barmbeks Siegesserie mit einem 3:1.
Für die Gäste läuft die Saison oberflächlich betrachtet im Niemandsland aus. Die Truppe von Ralf Palapies tummelt sich im Mittelfeld. Ohne Chancen nach oben, ohne Gefahr von unten. Na, da lässt es sich doch frei aufspielen und den Pinnebergern gehörig in die Meisterschaftssuppe spucken. Derby bleibt Derby und so ganz arg befreundet sind manche Akteure der beiden Clubs ja nicht. Wie es geht, wissen sie in Bönningstedt. In der zweiten Oddset-Pokalrunde am 7. August 2014 glückte ein glattes 3:0 in Pinneberg. Der seinerzeit besiegte VfL ist gefühlter Tabellenerster, da die Nachholpartie gegen Altona einen möglichen Vorsprung von drei Punkten vor der Konkurrenz verheißt. Jetzt heißt es dranbleiben, will man das „Wunder von der löchrigen Fahltsweide“ (die Verantwortlichen bemängelten nach dem 2:0 gegen Meiendorf den katastrophalen Rasen) tatsächlich schreiben. HAFO-Tipp: Rugenbergen zieht alle Derby-Register und fährt einen 3:1-Auswärtssieg ein.
Curslack verbucht diese Spielzeit als Lehrjahr für seine im Umbruch befindliche neue Mannschaft. Der erste Sieg im Fußballjahr 2015, durch den selbst die pessimistischsten Pessimisten keine Horrorrechnungen in Sachen Abstieg mehr anstellen können, gelang mit 2:0 beim SC Condor. Viel wurde danach über Schiedsrichter Michael Zibull gesprochen und geschrieben, etwas zu wenig über Jan Landau. Den Ball aus 30 Metern ins leere Tor zu schießen schafft schließlich nicht jeder. Der HSV ist ja manchmal schon froh, wenn er sich mit Ball unfallfrei über die Mittellinie kombiniert. Ob Landau gegen Altona 93 wieder zuschlägt? Wir wissen es nicht. Sicher ist nur: Altonas Trainer Oliver Dittberner wird nach dem Spiel von der „Entwicklung meiner Mannschaft“ reden. Tut er immer. Nur funktioniert das sympathisch offensive 4-3-3 diese Saison viel zu selten. Folglich darf die Spielzeit tabellarisch als verpatzt gelten. HAFO-Tipp: Altona reißt sich am Riemen und siegt mit 2:0.
Alarm in Niendorf! Es steht kein Heimspiel gegen einen Spitzenreiter an. Ja, wenn Halstenbek oder Victoria oder Pinneberg an den Sachsenweg kämen, wäre klar, wer gewinnt. Niendorf nämlich, von Kollege Peter Strahl zu Recht zum „Spitzenreiter-Killer“ ernannt. Fußballerisch ausgebufft und mit einem tollen Gemeinschaftssinn im Team. Die bittere Verletzung ihres Torwarts Rene Melzer nahmen die Niendorfer als Ansporn, erkämpften in Unterzahl im Schlussspurt ein 2:0 für „Melle“. So gestärkt reisen sie nun zum USC Paloma, für den zu null in diesem Fußballjahr das Stichwort ist. Ist der USC mit von der Partie, traf stets nur eine Mannschaft. In der Oberliga bei drei Siegen und drei Niederlagen, im Pokal-Achtelfinale beim 0:3 bei Condor. Um den so gut wie sicheren Klassenerhalt endgültig einzutüten, muss das Team von Marco Krausz also nur noch ein paarmal in Führung gehen. HAFO-Tipp: Als kleine Steigerung trifft diesmal überhaupt keiner. 0:0.
Seppenser Mühlenweg 44, 21244 Buchholz in der Nordheide
Was mag sich der Buchholzer Torwart Henrik Titze für diese Begegnung ausdenken? Ein Fernschuss aus 30 Metern in den Winkel? Einen Treffer per Fallrückzieher? Spätestens nach seinem Husarenstreich in Halstenbek, als er mit einem Freistoß in der Nachspielzeit zum 1:1 traf, ist Titze (jetzt schon mit sechs Saisontoren) alles zuzutrauen. Vielleicht wird sein offensives Können wieder benötigt, denn sein Vater und Trainer Thomas Titze will auf seiner Abschiedstournee unbedingt den Oddset-Pokal holen, lässt angeschlagene Akteure in der Oberliga pausieren. „Das ist eine Riesenchance für uns. Wir sind pokalfixiert“, verkündete Titze nach der Partie bei HR. Völlig unfokussiert tritt derweil der Meiendorfer SV auf. Enttäuschende Auftritte werden überboten von extraschlimmen Darbietungen. Die schöne Saisonbilanz wackelt bedenklich. HAFO-Tipp: Buchholz zeigt sich überraschend oberligafixiert und gewinnt durch Henrik Titzes sechsten Strafstoß mit 2:1.
Schiedsrichter: Thorsten Bliesch (Niendorfer TSV)
Germania Schnelsen (17 - NNN) vs. SV Halstenbek-Rellingen (4. - NSU) – Sonntag, 14 Uhr (Hinrunde: 0:4)
Riekbornweg 5, 22457 Hamburg
Durchhalteparolen prägen das Bild am Riekbornweg. Wer jetzt noch an den Klassenerhalt der Germanen glaubt, hält wahrscheinlich auch den Weltfrieden ab nächsten Montag für ein realistisches Ziel. Andererseits: Was sollen sie sagen in Schnelsen? „Wir geben auf und ziehen hiermit zurück“? Wäre nicht originell, hat Elmshorn schon gemacht. Und immerhin: Das letzte Heimspiel gegen Condor (2:4) war in der ersten Hälfte passabel, wenngleich Trainer Eugen Helmel weit übers Ziel hinausschoss. Nur seine Mannschaft wollte er am Drücker gesehen haben. Da war der Wunsch der Vater der Analyse. Die Gäste aus Halstenbek haben theoretisch weiterhin mit der Meisterschaft zu tun. Praktisch glaubt daran so gut wie niemand. Zu sehr ist die Mannschaft geschwächt durch Verletzungen, zu stabil zeigt sich die wiedererstarkte Konkurrenz. HAFO-Tipp: Für Schnelsen langt Halstenbeks Können locker. 5:1 für HR.
Schiedsrichter: Philip Roedig (Altona 93)
SC Vier- und Marschlande (16. - UNN) vs. Buxtehuder SV (15. - SNN)*** – Sonntag, 15 Uhr (Hinrunde: 0:3)
Sporthallenweg 7, 21037 Hamburg
Geradezu untröstlich war Buxtehudes Trainer René Klawon im Anschluss an das 1:2 daheim gegen Victoria. „Wir haben fünf hundertprozentige Chancen vergeben und machen hinten wieder dumme Fehler. Außerdem kriegen wir den x-ten klaren Elfmeter nicht, diesmal war es ein Handspiel von Vicky in der 10. Minute im Strafraum. Ich möchte echt wissen, warum für uns da nie gepfiffen wird?“, fragte ein leidender Klawon. Als Marschroute für die Auswärtsaufgabe beim SCVM gab er einen Sieg aus. „Dann wären wir fast durch“, rechnet der Coach. Genau das will der SCVM verhindern. Wenn für die Vierländer weiter eine einigermaßen realistische Chance auf den Klassenerhalt bestehen soll – ein Wunder, dass man den Satz nach 11 Punkten in 24 Partien so beginnen kann – muss ein Sieg in diesem Neun-Punkte-Spiel (Steigerung von Sechs-Punkte-Spiel: wirkt dramatischer!) her. HAFO-Tipp: Buxtehude entscheidet mit 3:1 einen kaum existenten Abstiegskampf endgültig.
Schiedsrichter: Daniel Gawron (TuS Osdorf)
Landesliga Hansa (25. Spieltag):
Hamm United FC (7. - SNU) – SC V/W Billstedt (3. - UNN)*** – Freitag, 19.30 Uhr (Hinspiel: 3:4)
Snitgerreihe, 22111 Hamburg
Die „Geächteten“ haben ihren schwachen Saisonstart längst wettgemacht, doch für einen Angriff auf die Tabellenspitze reicht es nicht mehr. Der Traum von der Oberliga muss mindestens eine weitere Saison verschoben werden. Da kommen die Billstedter gerade richtig. Das Derby der beiden nur durch vier U-Bahn-Stationen voneinander entfernten Clubs bietet die Gelegenheit, sich mit einem Dreier in der nächsten Saison weitere Derbys zu verschaffen. Sonst steigt der Nachbar aus Billstedt womöglich gar auf. Ähnlich wie die Hammer startete die Truppe von Dennis Kreutzer schlecht – und rollte dann das Feld von hinten auf. Kreutzers stets wiederholtes Saisonziel („Wir wollen unter die ersten Fünf“) ist nicht mehr gefährdet. Nun wäre die Kirsche auf der schmackhaften Saisontorte der Aufstieg. Mit einem Erfolg in Hamm bliebe die Außenseiterchance gewahrt. HAFO-Tipp: Hamm verhindert weitere Billstedter Oberliga-Hoffnungen und erspielt sich ein 1:1.
Schiedsrichter: Konrad Oldhafer (SC Poppenbüttel)
Regionalliga Nord (27. Spieltag):
Eintracht Norderstedt (9. – SNN) vs. Lüneburger SK Hansa (12. – NUN) – Sonntag, 14 Uhr (Hinspiel: 0:2)
Ochsenzoller Straße 58, 22848 Norderstedt
Die beiden Prügelknaben des letzten Spieltages treffen aufeinander. Norderstedt verlor bei Wolfsburg II 0:6, die Lüneburger unterlagen Goslar daheim 0:8. Die ganze Aufmerksamkeit des regionalligaaffinen Hamburger Publikums liegt auf diesem Duell, da die Zweitvertretungen des HSV und des FC St. Pauli nicht aktiv sind. Das für diesen Spieltag vorgesehene Derby fand am 7. März statt (3:1 für St. Pauli II). Mit einem Dreier hätten die Garstedter nach 26 Spielen 42 Punkte – nur einen weniger als nach Ablauf der vergangenen Saison. Die Gäste wollen nicht wieder in den Abstiegssumpf rutschen. Mit Auswärtsspielen in Hamburg machten sie gemischte Erfahrungen. Bei St. Pauli II setzte es ein 0:3, nur eine Woche später, am ersten Advent, gelang ein 2:0 an der Hoheluft gegen Hannover 96 II (das Spiel war aus Sicherheitsgründen dorthin verlegt worden). HAFO-Tipp: Da Norderstedt zwar im Hamburger Fußball-Verband spielt, aber überhaupt nicht in Hamburg liegt, kann das Spiel nur 4:4 ausgehen.
Schiedsrichter: Lennart Dornieden (DJK Eintracht Papenburg)
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