29.02.2016 Rückblick: Oscar oder Oberliga? Eine alternative Preisverleihung am 22. Spieltag von Gerd Schreiner
Was ist das da für eine Welt in Hollywood? Immer wieder steht das Millionengeschäft um Illusionen im Ruf, rassistisch zu sein – aktuell waren einmal wieder nur weiße Darsteller nominiert und die Quote der Frauen beträgt in ganz Hollywood auch nur 24 %. Gut, da liegt sogar die Oberliga noch darunter, aber mit Hautfarben haben wir an der Elbe keine Probleme. Auch nicht mit dem Erscheinungsbild, denn was sind denn schon die völlig überteuerten, total unpraktischen und für den Alltag völlig ungeeigneten Designer-Fetzen von Brie Larsen oder Alicia Vikander (Wer sind die beiden denn überhaupt???), Kate Winslet oder Sofia Vergara wert im Vergleich zu den schicken, praktischen, bunten – und!!! – waschbaren Trikots unserer Oberligisten? Vom traurig-schwarzen Bestattungs-Outfit der Di Caprio & Co. mal ganz zu schweigen… Und dann die Preise! Das können wir in Hamburg auch und in gleichen Kategorien! Damit wir nicht etwa mit Hollywood verwechselt werden – der Boulevard liest und klaut ja fleißig mit – haben wir uns einen eigenen Namen gesucht und vergeben heute erstmals den HOLOS, den Hamburger Oberliga-Oscar!
Am Freitagabend wurde an der Hoheluft der erste HOLOS in seiner noch jungen Geschichte verliehen und zwar in der Rubrik Bester Dokumentarfilm. And the HOLOS goes… an den SV Lurup. Der haushohe Abstiegsfavorit zeigte auch beim 0:9 gegen den SC Victoria wieder, wie man ohne jegliches Oberliga-Niveau, dafür aber mit Anstand und Fairness Demütigungen entgegennimmt und am Ende des Abends doch noch fröhlich gestimmt in das Wochenende geht. Allerdings lag das vor der Pause nicht am Meisterschafts-Mitfavoriten von der Martinistraße, der gerade einmal mit einem 2:0 in die Kabine ging. Erst drei Wechsel in der Halbzeit brachte dem sehr verärgerten Vicky-Neu-Coach Jasko Bajramovic noch eine späte Nominierung in der Kategorie Bester Kurzfilm ein, das standesgemäße Endergebnis entwickelte sich nämlich erst durch vier Treffer in den letzten zehn Minuten. Jeder fängt mal kurz an…, Bajramovic ist ja noch neu in dem Geschäft und mit dem richten Drehbuch und der richtigen Besetzung könnte der Vicky-Regisseur in den Hoheluft-Studios demnächst vielleicht ja auch einmal einen Neunzigminüter drehen.
Am Wendelweg empfing Titelverteidiger Dassendorf mit Concordia einen spiel- und offensivstarken Aufsteiger, der kurz vor Weihnachten mit einem 3:0 im Pokal dem Meister die Grenzen bereits deutlich aufzeigte. Das Drehbuch für dieses Liga-Spiel schrieb allerdings nicht Erfolgsregisseur Aki Cholevas, sondern die reanimierte Trainerlegende Peter Martens. Das 1:0 nach 90 Minuten war hart umkämpft und nicht nur für „Aki“ wäre ein Remis bei Abpfiff der bessere „cliffhanger“ für die nächste Folge der Meisterschaft gewesen. Wie er das begründet, ist u. a. diesem Film zu entnehmen: https://www.youtube.com/watch?v=gGKiNV4puUg. Und für die präzise Beschreibung dieser dramaturgisch essentiellen Spielsituation erhält er den HOLOS in der Kategorie Bestes Szenenbild. Ein Kandidat auf den HOLOS für sein Lebenswerk ist Peter Martens. Der Dassendorfer Neu-Coach sah diese Szene natürlich anders, dennoch dürfte ihm die Preisverleihung im Mai auch lieben sein – nämlich dann, wenn er seinen Verein erneut zum Meister macht. Warten wir mal ab…
Der SV Rugenbergen empfing am Sonnabend den Niendorfer TSV, dessen Trainer Ali Farhadi vor Wochenfrist mit der Einstellung einiger seiner Spieler überhaupt nicht einverstanden war. Auch in Rugenbergen stimmte das Ergebnis nicht, aber die Leistung bei der 2:3-Pleite in Bönningstedt. Erst kurz vor Abpfiff gelang Matchwinner Pascal Haase – er traf auch schon zum zwischenzeitlichen 2:1 – der Siegtreffer für den SVR, der mit zwei Nachholspielen in der Hinterhand virtuell dicht an der Tabellenspitze dran ist – jedenfalls dichter als 36 Punkte und ein fünfter Platz es aussagen. Aber heute geht es ja um Preise und so erhält besagter Haase den HOLOS in der Kategorie Bester Nebendarsteller, schließlich hielt mit seinen beiden Toren seine Mannschaft ja auf dem Schleichweg zu höheren Zielen…
Am Gramkowweg trafen der SV Curslack-Neuengamme und der Meiendorfer SV aufeinander (siehe Spielbericht: http://www.hafo.de/news/fullnews.php?id=5815) – und gingen nach 90 Minuten und mit deutlich unterschiedlichen Gemütslagen wieder auseinander. SVCN-Coach Torsten Henke stilisierte das MSV-Match als richtungsweisend recht hoch – und überforderte damit möglichweise seine Mannschaft. Kollege Fatih Ergün versprach zunächst, den hochverdienten 3:1-Erfolg mit zwei Worten zusammenzufassen („Verdienter Sieg!“), legte dann aber doch noch nach und räumte ein, trotz Führung immer mal wieder an das Lurup-Debakel vom 1. November gedacht zu haben, als eine 2:0-Führung noch in einem 2:2 endete. Abgesehen davon, das dem Meiendorfer SV für diese Leistung nachträglich noch der aufgrund dieses Ereignisses ins Leben gerufene Nobelpreis für Humanität im Leistungssport verliehen werden sollte, bestand die Gefahr einer erneuten Enttäuschung diesmal nicht, denn im Gegensatz zu Lurup stemmte sich die Henke-Truppe nicht wirklich gegen die drohende Niederlage. Dafür gebührt Torsten Henke der HOLOS in der Kategorie Bester fremdsprachiger Film, schließlich wurde überdeutlich, das seine Spiele ihn an diesem Sonntag nicht verstanden haben…
Am Sonntagmorgen wichen der SC Condor und die Wilhelmsburger Gäste vom FC Türkiye (siehe Spielbericht: http://www.hafo.de/news/fullnews.php?id=5816) am Berner Heerweg von Rasen auf Kunstrasen aus – und rutschen oft auf dem sehr nassen Geläuf. Während sich die Gäste an ein gutes Oberliga-Spiel mit einem am Ende doch recht glücklichen 3:1-Erfolg erinnern werden, ist für den SCC damit eine Serie zu Ende: Das war die erste Heimniederlage dieser Saison für das Team von „Crille“ Woike. Entscheidend für den Endstand war ein Debütant, der in seinem ersten Film gleich den HOLOS in der Kategorie Bester Hauptdarsteller gewann: Türkiyes 18-jähirger Keeper Christian Kroner avancierte zum absoluten Helden – so sein Trainer Matthias Stuhlmacher. SCC-Coach Woike erwiderte in Filmsprache, bezeichnete das 0:1 als Slapstick“ , kritisierte die vielen langen Bälle aus der Abwehr und vor allem die Effektivität vor des Gegners Tor. Von Chancen sprach er nicht, er sah nur Hochkaräter, die allerdings – bis auf einen – vom HOLOS-Sieger Kroner entwertet wurden. Während die Condoren am kommenden Wochenende zu den Concorden müssen und da offensive Effektivität fast immer gelebt wird, darf sich Türkiye auf Vicky freuen – und Kroner auf Ebbers, dem der junge Torsteher vielleicht auch so manchen Zahn ziehen wird…
Altona 93 flogen am Sonntag die ersten 2016er Punkte förmlich aufs Konto, allerdings nicht per Luftpost sondern die Barmbeker Brief-Tauben lieferten selbst und in den Trikots des USC Paloma. Die Barmbeker erwiesen sich als guter Gast und so als genau der Richtige für das erste Punktspiel des AFC in 2016! Die Serie der ungeschlagenen Spiele wurde nach dem ungefährdeten 3:0 auf zehn erhöht. Hätten die Westler nicht einen so besch… Saisonstart hingelegt, würde wohl viele den souveränen Auftritt des Algan-Ensembles als eines Titelaspiranten würdig bezeichnen. Die Leistung der Barmbeker erinnerte dagegen allzu oft an die eines Absteigers. Frühe Gegentore in beiden Halbzeiten, nur wenig Gegenwehr und frühes Resignieren sprechen nicht für eine Wende an der Brucknerstraße und Olufemi Smith brachte die Körpersprache seiner Mannshaft nach dem 0:2 auf den Punkt: „…die Moral meiner Mannschaft brach und der Glaube, noch einmal zurückzukommen, fehlte.“ Da diese Einschätzung symptomatisch zu sein scheint für die Paloma-Saison, erhält der USC-Trainer dafür den HOLOS in der Kategorie Bester (O)-Ton, denn er wird damit auch am Saisonende Recht behalten… Aber ein Preis geht auch an die Gastgeber: Immerhin waren deutlich über 600 Zuschauer einmal mehr beleg dafür, das nur dem Altonaer FC von 1893 der HOLOS in der Kategorie Bester Schnitt gebührt!
Im Lütten Hall wurde diesmal kein großes Kino geboten, obwohl der Auftritt zweier als spielstark bekannter Mannschaften eigentlich mehr versprochen hatte. Das goldene Tor für den SV Halstenbek-Rellingen fiel bereits kurz vor der Halbzeit, Enrik Nrecaj zeichnete dafür verantwortlich. Das dem FC Süderelbe nicht wenigstens ein Punktgewinn gelang und damit die Serie von elf niederlagenlosen Spielen (acht Siege, drei Unentschieden) riss, war in der Pause aber noch nicht zu erwarten. Bezeichnend aber: Es gab nicht einmal Gelbe Karten – was einerseits für ein faires Spiel spricht, andererseits aber mangelnde Leidenschaft und geringen Kampfgeist vermuten lässt. Aus diesem Grund vergeben wir den HOLOS in der Kategorie Bestes Make-up/beste Frisuren an beide Mannschaften, denn eines ist sicher: Nach dem Spiel zählt auch für junge Talente und ligaerfahrene Haudegen nur noch das Erscheinungsbild…
Nicht viel Neues aus der Dieselstraße: Auch im Punktspiel konnte der HSV Barmbek-Uhlenhorst gegen den TSV Buchholz 08 nicht gewinnen, allerdings kam es in der Liga zu einer torlosen Punkteteilung – anders als bei der 1:4-Pokalpleite vor zwei Wochen. Nach dem fairen aber auch über weite Strecken ereignisarmen Spiel wurde TSV-Trainer Thorsten Schneider der HOLOS in der Kategorie Beste Regie verliehen. Der Titze-Nachfolger macht seine Sache sehr gut – und besser, als viele vermuteten – und hält die beiden wichtigsten Hamburger Wettbewerbe spannend. Im Oddset-Pokal wird es einen neuen Sieger geben und in der Oberliga bleibt der virtuelle Tabellenführer BU zwar im Titelrennen, liegt nun aber definitiv hinter Dassendorf – auch wenn die Nachholspiele beim FC Türkiye und in Rugenbergen gewonnen werden. Trotzdem geht auch BU nicht leer aus: Zwar wirkt die neue Heimat des Traditionsklubs noch ein wenig unpersönlich und steril und auch die Mannschaft scheint sich dort noch nicht wirklich heimisch zu fühlen, dennoch: Für die neue Anfield gebührt den Barmbekern der HOLOS in der Kategorie Beste visuelle Effekte.
Kommen wir – endlich – zum wichtigsten HOLOS überhaupt: Die Partie Buxtehuder SV – VfL Pinneberg erhält den Preis in der Kategorie Bester Film und war ziemlich konkurrenzlos. Der Spiel-Film in diesem Sechspunkte-Abstiegsduell konnte dramaturgisch kaum besser inszeniert werden: Die Gäste gingen durch Fabian Knottnerus in der 15. Minute in Führung, doch Mustafa Karaaslan glich wenig später aus und schließlich gelang Tobias Schroeder mit Beginn der spannenden Schluss-Viertelstunde der Siegtreffer der Gastgeber, die damit nach dem 4:3 beim USC Paloma vor Wochenfrist den nächsten wichtigen Sieg feiern konnten. Und auch die nähere Zukunft spricht nicht gegen die Märchenstädter: Am kommenden Wochenede geht es zu Karaaslans Ex-Club nach Süderelbe und danach steht ein Pflicht-Dreier gegen den SV Lurup auf dem Programm. Der VfL, dessen Neu-Coach Thorsten Reibe seiner Mannschaft nach dem Spiel unterstellte, „… nicht realisiert zu haben, dass sie mitten im Abstiegskampf steckt …“ hat mit dem Heimspiel gegen Altona, der Reise nach Curslack und dem Spiel gegen den Titelkandidaten BU dagegen ziemlich hohe Hürden vor sich, die in der zuletzt gezeigten Verfassung wohl nicht genommen werden.
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