02.04.2016 Historisches Buxtehude! von Andreas Killat
von Hanno Bode
vs.
TuS Dassendorf – Buxtehuder SV 1:1 (0:0)
TuS Dassendorf: Lenz – Thomas, Warmbier, S. Atug, Steinfeldt – Aust – Nägele, Dettmann, Möller, Kurczynski (66. Rikspun) – Agyemang (76. Zmijak) Buxtehuder SV: Bock – Maschmann, P. Inacio, Tshidibu (24. Faruke), Müller – Detje, Sousa da Silva – Msalemi (65. T. Schroeder), S. Aichaoui, Sama – Karaaslan (88. Zagre) Tore: 1:0 Kurczynski (49.), 1:1 Müller (78.) Schiedsrichter: Jan-Erik Sternke (SC Eilbek): Nicht herausragend, aber grundsolide (mit Luft nach oben). Beste Spieler: Dettmann, Aust – P. Inacio, Sama, Sousa da Silva, S. Aichaoui Zuschauer: 154
Seit der Saison 1949/50 nimmt TuS Dassendorf am Spielbetrieb teil und hatte bis heute vor dem Anpfiff 1.774 Punktspiele bestritten und dabei 2.652 Punkte eingesammelt (767 Siege, 351 Remis, 656 Niederlagen; die komplette Statistik finden Sie hier: http://www.tus-dassendorf-liga.de/historie). Im Laufe der 67 Jahre haben sich natürlich auch so etwas wie „Angstgegner“ (z.B. SC Victoria, V/W Billstedt, ASV Bergedorf 85) und Lieblingsgegner herauskristallisiert. Besonders gern gesehen war dabei bisher der Buxtehuder SV, gegen den gab es nämlich in sieben Duellen noch keinen einzigen Punktverlust zu verzeichnen (siehe Statistik am Ende des Berichtes). Bis heute, als Sascha Müller wahrhaft historisches für die Märchenstädter schaffte.
Mit dem achten Spiel in Folge ohne Niederlage (5-3-0) baute der amtierende Meister zwar zunächst seinen Vorsprung in der Tabelle auf sechs Punkte aus – allerdings hat Konkurrent Barmbek-Uhlenhorst noch drei Auswärts-Nachholpartien zu absolvieren (Türkiye, Rugenbergen, Lurup). Der Pokalsieger scheint im Titelkampf nun die besseren Karten zu haben. „Zumal BU auch 26 Spieler im Kader hat“, wie TuS-Coach Peter Martens mit etwas Neid in der Stimme anmerkte. Denn beim Champion stellt sich die Mannschaft nach diversen schweren Verletzungen im Saisonverlauf (André Ladendorf, Stefan Murrins, Mark Brudler und Beytullah Atug) inzwischen beinahe von alleine auf.
Gegen den BSV standen dem Trainerduo Martens/Thomas Hoffmann inklusive Ersatzkeeper Christian Gruhne lediglich 15 Akteure zur Verfügung. Beytullah Atug stand wenige Wochen nach seinem Kreuzbandriss zwar wieder auf dem Spielberichtsbogen. Doch eine Wunderheilung hatte es beim 25 Jahre alten Allrounder nicht gegeben. „Ich habe ihn im Spiel nach seiner Verletzung bei Condor auf den Bogen geschrieben. Da haben wir gewonnen. Seitdem mache ich das nun. Außerdem haben wir ja ein bisschen Platz auf der Bank“, erklärte Dassendorfs Pressesprecher Alexander Knull.
Diesmal aber brachte „Bey“ als Talisman kein Glück. Zudem fehlten den Hausherren seine Dynamik, Kopfballstärke und Raffinesse auf dem Platz. Die TuS agierte im ersten Abschnitt gegen die sehr tiefstehenden Gäste schwerfällig und ideenlos. Kaum einmal kam die TuS an die Grundlinie und konnte in den Rücken der Abwehr flanken. Stattdessen sahen die 154 Zuschauer am Wendelweg etliche Flanken des Meisters aus dem Halbfeld, die für die sehr gut harmonierende und aufmerksame BSV-Verteidigung leicht zu klären waren. „Scheiße ist das“, schimpfte Dassendorfs Keeper Stanislaw Lenz Mitte des ersten Abschnitts nach einem einmal mehr viel zu umständlich vorgetragenen Angriff seines Teams. Da konnte der 29-Jährige noch nicht ahnen, dass seine Mitspieler selbiges über eine Aktion von ihm später denken würden…
Zunächst aber blieb Lenz mit Ausnahme eines Kullerballs von Mustafa Karaaslan (5.) beschäftigungslos. Buxtehude hatte kein gesteigertes Interesse an eigenen Offensivaktionen. Der Abstiegskandidat fand seine Passion in der Abwehrarbeit sowie dem Gemecker in Richtung Schiedsrichter Jan-Erik Sternke. Insbesondere Manager René Klawon konnte sich mit der teils großzügigen Spielleitung des Referees nicht anfreunden. Fortwährend kritisierte der 49-Jährige Sternkes Entscheidungen. Beispiele gefällig? „Jetzt wird es langsam lächerlich“, meinte Klawon bereits nach rund 20 Minuten. Später gab er einem der Assistenten bei einem Einwurf von Pascal Nägele den „Tipp“: „Schauen sie mal auf die Einwürfe. Der ist immer mit beiden Beinen in der Luft.“ So langatmig und teilweise unansehnlich die Partie war, der tobende Buxtehude-Funktionär war allemal unterhaltsam. Seltsam nur, dass Sternke dem Treiben keinen Riegel vorschob und Klawon hinter die Balustrade schickte. So durfte der frühere Buxtehude-Coach auch im zweiten Abschnitt von der Bank aus wie ein Rohrspatz weiterschimpfen.
Und schon kurz nach dem Wiederanpfiff stieg Klawons Blutdruck in ungesunde Höhen, als der Referee nicht wie von ihm gefordert einen Freistoß für die Gäste pfiff. Kurz darauf wurde Henrik Dettmann schön in die Gasse geschickt, der Ex-HSVer scheiterte mit seinem Schuss ins lange Eck zwar noch an Keeper Dennis Bock, doch im Nachschuss war Kristof Kurczynski zur Stelle und traf zum 1:0 (49.). Im Anschluss gab es auf und neben der BSV-Bank kaum noch ein Halten. Die Buxtehuder Belegschaft „kommentierte“ beinahe jede Entscheidung des Schiedsrichters und entnervte damit sogar das eigene Personal. „Hört doch mal auf zu sabbeln und konzentriert euch auf das Wesentliche“, rief Bock Klawon und Co. zu. Auch TuS-Coach Hoffmann – selbst kein leiser Vertreter seiner Zunft – sah sich genötigt, seinem Kollegen Sven Timmermann durch „besonnene Worte“ den Wind aus den Segeln zu nehmen: „Sag mal, guckst du eigentlich bei einem anderen Spiel zu?“
Irgendwann Mitte der zweiten Hälfte stand dann tatsächlich wieder der Fußball in den Mittelpunkt. Dassendorf suchte die Entscheidung und hatte durch Pascal Nägele (71.) sowie Amando Aust (72.) zwei gute Gelegenheiten zum 2:0. Bock parierte jeweils gekonnt. Stattdessen fiel der Treffer auf der Gegenseite. Die Gegenseite? Ja, Buxtehude hatte sich tatsächlich einmal in die gegnerische Hälfte gewagt und 25 Meter vor dem TuS-Gehäuse in halbrechter Position einen Freistoß zugesprochen bekommen. Linksverteidiger Sascha Müller lief an, schlug den Standard hoch in den Strafraum und drehte dann ungläubig und jubelnd ab. Denn Lenz hatte den eigentlich völlig harmlosen Ball durch seine Hände gleiten lassen. „Das war eigentlich ein scheiß Freistoß“, bekam Müller nach dem Abpfiff dann auch von etlichen seiner Teamkameraden zu hören. Dem Schützen war’s ziemlich egal. Er strahlte mit der Sonne um die Wette und erhielt von Torwart-Trainer Vladimir Vydra ein (nicht ganz ernst gemeintes) Sonderlob: „Das ist der alte Müller: Keine Chance und er macht ein Tor draus.“
Flutsch – da ist er drin. Keeper Lenz sieht beim 1:1 ganz schlecht aus. Foto: Hanno Bode
Stimmen:
Sven Timmermann (Trainer Buxtehuder SV): Ich denke, wir haben das Optimum mitgenommen, nämlich einen Punkt. Und das eigentlich aus keiner Torchance. Ich denke, wir haben das trotzdem ganz gut gemacht. Wir haben in der ersten Halbzeit Kompaktheit hergestellt, auch kaum Chancen zugelassen. Gefahr kam natürlich immer wieder durch Standards, die sich nicht vermeiden ließen. In der zweiten Halbzeit, in der hektischen Phase, haben wir uns leider zu viel mit anderen Sachen befasst. In dieser Phase haben wir dann auch das 0:1 bekommen. Wir sind dann trotzdem nicht von unserer Linie abgegangen. Wir hatten heute mal das Glück, was wir in vielen, vielen Spielen nicht hatten. Wir sind natürlich glücklich, dass wir hier einen Punkt geholt haben
Peter Martens (Trainer TuS Dassendorf): Für uns natürlich ein ganz, ganz bitteres Unentschieden. Ich glaube, dass wir vornehmlich in der ersten Halbzeit versäumt haben, hier ein besseres Ergebnis zu erzielen. Wir waren in der ersten Halbzeit absolut nicht wach, haben viele Möglichkeiten liegen gelassen. Buxtehude hat das mit seinen Mitteln sehr gut verteidigt, sehr leidenschaftlich verteidigt. Sie haben sich in Bälle geschmissen, sind keinen Zweikampf aus dem Weg gegangen, das haben sie gut gemacht. Nichtsdestotrotz ist es natürlich unser Anspruch, in einem solchen Spiel klarer zu spielen, besser zu kombinieren, sich mehr Torchancen zu herauszuspielen. Das haben wir vornehmlich in der ersten Halbzeit nicht geschafft. In der zweiten Halbzeit wurde es ein bisschen besser, da haben wir auch die eine oder andere Möglichkeit gehabt, leider nur ein Tor gemacht. Im Endeffekt haben sie das Optimum erreicht: Ohne Torchance ein Tor gemacht. Dafür war auf unserer Seite ein individueller Fehler verantwortlich. Wir sind natürlich bitter enttäuscht. Aber wir haben nächste Woche das Spiel bei Altona 93, da können wir wieder ganz anders auftreten. Da treffen wir auch auf einen Gegner, der ein bisschen mehr Fußball spielt als der heute. Und ich glaube, dass wir dort eine andere Mannschaftsleistung sehen werden als heute.
Gesamt-Punktspiel-Bilanz aus Sicht des Gastgebers (seit 1949): 8 Spiele: 7 Siege – 1 Remis – 0 Niederlagen, 26:4 Tore
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