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30.06.2016
Interview mit Thorsten Beyer (Klub Kosova) - wir haben aus einem Zahnputzbecher einen Binnensee gemacht von Olaf Both

Hallo Thorsten,

zur fast identischen Zeit führten wir im letzten Sommer ein Interview. Da Fußballer ja angeblich oft abergläubisch sind und ich anscheinend seit zwei Jahren so etwas wie ein „Glücksbringer“ bin, will ich diese kleine Tradition gerne fortsetzen.


Unbedingt. Glück können wir in großen Portionen gebrauchen. Ich denke, wir alle wissen noch gar nicht, was für ein Quantensprung da auf uns zukommt.


Zunächst einmal Glückwunsch zum Aufstieg in die Oberliga. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich vor der Saison niemals damit gerechnet hätte. Ich verfolge ja mittlerweile seit drei Jahren die Entwicklung deiner/eurer Truppe und kann nur den Hut ziehen. Hättest du selbst nach dem erfolgreichen Saisonstart (fünf Siege in Folge) damit gerechnet, am Ende ganz weit oben zu stehen?

Danke für den Glückwunsch. Und nein, ich hatte nach dem Spielplan aber auf einen guten Start gehofft. Das sich daraus ein derart positive Eigendynamik entwickelt, war nicht vorhersehbar und hat unglaublich geholfen, aus einem Zahnputzbecher an Selbstvertrauen einen kleinen Binnensee zu machen.


Das Hinspiel gegen Poppenbüttel war das wahrscheinlich beste Landesligaspiel, das ich je gesehen habe. Es fand auf einem hohen Oberliga-Niveau statt. Wie sind deine Erinnerungen an das Spiel?

Erst mal das Gefühl vorher von großem Respekt vor dem Gegner mit der Einstellung: „Zu verlieren haben wir nix, gar nichts!“. Und dann ging sie los, die wildeste Achterbahnfahrt der Serie 15/16 für uns. Führung, Gegentor, unglaubliches Tempo. Hoffen und Bangen. Stolz, bei so einem Spiel an der Linie dabei sein zu können. Unglaubliche Freude beim 2:1, kneifen, stimmt das wirklich? Smereka trifft zum 3:1, wenn das kein Traum ist, dann war das die Sahne auf dem Kuchen an einem Abend, an dem alles passte. Feiern mit Mannschaft, Weg auf den Kiez, eine schlaflose Nacht im besten Sinne.

Hast du auch schmerzliche Erinnerungen an die vergangene Saison?

Ja, der November 2015 war düster, trübe, punktearm. Wenig Stimmung in der Mannschaft, das Schiff schien zu dieser Zeit nicht ganz seetüchtig. Die Niederlage gegen Lohbrügge war mehr als verdient und stellte den - frei nach Rudi Völler - tiefsten Tiefpunkt mit allen Begleitumständen dar.


Du hast dich beim letzten Spieltag der Regionalliga dafür entschieden, in Goslar für Norderstedt mitzufiebern. Obwohl du dort enttäuscht wurdest, klappte der Aufstieg dank des Sieges von St. Pauli II. gegen Havelse. Wie groß war der Aufschrei danach?

Goslar war die Reise wert. Schöne Stadt, tolles Stadion. Aber auch Norderstedt war ja nur zum Sightseeing gekommen, es war nach einer Viertelstunde klar, dass die nichts mitnehmen. Pauli kommt in Rückstand, na dann eben Entscheidungsspiele… Nee, an der Hoheluft wehrt man sich, die ersten erfreulichen whatsApp gehen ein, Spieler, die mitfiebern, Ende aus und…… aufgestiegen. Wirklich? Dieses Mal kein Aufschrei: „Das war nicht schön, aber verdient!!“ (lacht laut) Das war nur schön!! Eine Reise von Goslar nach Hamburg lang Zeit, das zu realisieren. Und dann ist das Klubheim voll und es wird gefeiert. Es war einen Tag nach meinem Geburtstag, das nehme dann auch als überragendes Geschenk.


Der Aufstieg wurde ja scheinbar gebührend gefeiert. Es waren sogar Minister/Botschafter des Kosovo anwesend. Danach gab es noch eine Abschlussfahrt nach Dänemark. Wie lange ging die Party und wann startete der Ernst der Saisonvorbereitung?

Wieder eine Feier eine Woche später. Dabei bin ich nicht unbedingt so ein Feierbiest. Der Verein hat sich unglaublich reingehängt in die Veranstaltung mit Planung und Durchführung. Keine Ahnung, wie lange das ging, habe mittlerweile die Orientierung bei der Freude etwas verloren. Aber das sind Momente für ein ganzes restliches Leben. Abschlussfahrt mit zu wenigen Spielern. Mit denen, die dabei waren, war das aber für drei Tage Erlebnis pur. Herausragende Szenen, wenn man vom Strand nicht wieder ins Haus findet, der Kühlschrank umgegrätscht wird oder das Schwimmbecken für die eine oder andere NASE doch etwas zu kurz war (lacht). Los ging es am 22. Juni, Frühstarter der Liga, aber wir brauchen eigentlich noch zwei bis drei Wochen mehr.


Du hattest mit Ingo Brussolo einen kongenialen Trainerpartner. Doch er verkündete aus dem Urlaub seinen Abschied. Hattest du dies erwartet und wie schwer wiegt der Abgang?

Zu dem Thema ist mittlerweile alles gesagt. Er wird seine Gründe gehabt haben. Ingo hat in der letzten Serie seinen Anteil am Erfolg gehabt.


Mit Ahmet Kücükler und Kai Oder hast du nun gleich zwei Co-Trainer an deiner Seite, dazu auch eine neue Physiotherapeutin. Der Klub Kosova scheint damit gerüstet zu sein für die kommende Oberliga-Saison. Dennoch geht ihr trotz sieben Spielern mit Oberliga-Erfahrung (Menzel, Smereka, Kaba, Galica, Streib, Zawada, Murtezani) eher als Außenseiter in die Saison. Wie lauter euer Saisonziel?

Ich kenne das, dass Neulinge gerade in der Liga ihre Zeit brauchen. Curslack fing schon vor zehn Jahren als Aufsteiger mit fünf Niederlagen an. Ich kann nur hoffen, dass wir das möglichst schnell hinbekommen. Die ersten Zeichen aus der Mannschaft waren jetzt nicht unbedingt von Verständnis geprägt. Aber es gab in diesem Sommer ja auch schon andere Gewitter!! So ist das Prinzip Hoffnung und harte Arbeit in den Teilen 10 zu 90 unser Leitmotiv für die kommenden Wochen. Es kann also nur darum gehen, noch mal einen Aufstieg im Sommer zu feiern……………

wenn man in der Oberliga bleibt, den Klassenerhalt schafft.

Thorsten, vielen Dank für die Zeit, die du dir genommen hast. HAFO wünscht euch eine erfolgreiche Saison.

Gerne, wir können es ja die kürzeste Tradition im Hamburger Amateurfußball nennen (lacht).



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