08.09.2016 Oberliga-Vorschau: Überall Skandale! von Mirko Schneider
Schiedsrichter? Ja, es ist schlimm. Gar keine Frage. Ein heißes Thema. Immer noch stellen viele Vereine nicht ausreichend Unparteiische. Auch so ergibt sich ein klares Nachwuchsproblem. Das Thema Sperre für die fünfte Gelbe und für Gelb-Rote Karten als Testlauf in der Oberliga Hamburg, um die Autorität der Schiris (und die Gesundheit der Spieler) durch die Eindämmung von Frustfouls zu stärken, ist verschoben worden und soll nun erst auf dem Verbandstag 2017 erörtert werden. Die Bezahlung für die Spielleiter verharrt weiterhin selbst im Vergleich der Bundesländer im Hamburger Amateurbereich auf äußerst niedrigem Niveau. Schließlich und vor allem: Zigtausende Pfeifenmänner- und Frauen in Hamburg bringen jedes Wochenende (und in Nachholspielen an Werktagen) starke Leistungen, ihre Spiele vernünftig über die Bühne. Schlagzeilenträchtig sind diese guten Auftritte nicht. Leider ist aktuell im einstigen Leitmedium des Hamburger Amateurfußballs das Gegenteil der Fall. Doch HAFO macht da nicht mit – und grenzt sich in dieser Vorschau klar ab vom Skandalgetöse. Das Problem sind, es sei klar ausgesprochen, mitnichten die Schiedsrichter. Diese seien hier ausdrücklich gelobt.
Aber wo liegen die wahren Probleme in der Oberliga Hamburg? Erst jetzt schalten wir die von den Lesern wohl schon vermisste Ironie ein und gehen gnadenlos dem auf den Grund, was so alles schief läuft. Leidenschaftlich, investigativ und mit Augenzwinkern. Allerdings: Die Tipps wurden mit Hilfe einer internationalen Fachjury aus Ex-Oberligaspielern mit mindestens 500 Einsätzen in Hamburgs höchster Spielklasse erstellt. Sie sind total ernst gemeint.
Oberliga Hamburg, 7. Spieltag:
HSV Barmbek-Uhlenhorst (7) vs. TuS Osdorf (17)*** – Freitag, 19:30 Uhr (Vorsaison: --/--)
Dieselstraße, 22307 Hamburg
„So steigt man auf!“ Eine schöne Choreo mit feinem Humor inszenierte der "Barmbeker Pöbel" am zweiten Spieltag daheim an der Dieselstraße gegen Altona 93, als er 150 Ballons in Blaub und Gelb in die Lüfte steigen ließ. ABER: Was ist eigentlich aus den Ballons geworden? Bisher informierte uns die Fankurve nicht. Niemand hat Nachforschungen angestellt. Dabei könnte deren Schicksal (werden abgeschossen, landen im Paradies etc.) doch durchaus prophetische Wirkung für den Saisonverlauf haben. Wir bleiben am Thema dran. So wie Osdorf an seiner Hoffnung auf den ersten Sieg. Den ersten Auswärtspunkt gab es ja beim 2:2 in Buchholz. Auch gegen Dassendorf präsentierte sich das Team beim 1:1 mehr als respektabel. HAFO-Tipp: Aber bei BU holt dieTruppe nix. 4:0 für Barmbek.
Eine schwache Saison spielt bisher Concordia. Da wollte Diamantis Cholevas die Defensive stärken – und dann das. Sieben Gegentore kassierte Cordi in sechs Spielen. Hochgerechnet auf die Saison wären das 40 Stück. Der letzte Oberligameister mit einer solch horrenden Zahl an kassierten Buden war der SC Victoria im Jahr 2010. Die nachlässige Abwehrarbeit der Concorden sollte verschärft von Taktik-Analysten unter die Lupe genommen werden. Wahrscheinlich würden sie unglaubliches Enthüllungsmaterial über falsche Laufwege zutage fördern. Beim 6:0 gegen Curslack war es zwar etwas besser. Curslack hatte keine Torchance, soll sich aber HAFO-Spähern zufolge ein paar Mal mit Ball (!) in der gegnerischen Hälfte aufgehalten haben. Da ist also noch deutlich Luft nach oben. „Alle Spiele gewonnen“ ist eben eine arg oberflächliche Betrachtung. Diesem Satz würde Condors Trainer Christian Woike vermutlich zustimmen. Nach dem 5:0 gegen Niendorf im letzten Heimspiel zählte er alles auf, was noch nicht so läuft wie gewünscht – und gab dafür den Anstoss zu einer legendären Pressekonferenz, die die Beteiligten immer in guter Erinnerung behalten werden. Skandalös: Sky hat sich immer noch nicht die Rechte für den Berner Heerweg gesichert. Dabei besaß allein der Ausflug des Sportlichen Leiters Matthias Bub ins Reich der Sipmsons („HA!“ als Nelson-Gedächtnis-Reaktion auf Woike Behauptung, er habe die meisten der 1500 Condor-Tore selbst erzielt) TV-Total-Qualität. HAFO-Tipp: Cordi kriegt seine Abwehr einfach nicht dicht. Condor nutzt die zahlreichen Lücken und bringt dem Spitzenreiter mit 4:2 die erste Niederlage bei.
Traurig in Buxtehude: Franziska Merz ist immer noch nicht Präsidentin des Vereins. Die obersympathische Liga-Obfrau, deren Kampf mit dem Drucker um das Ausspucken der Ausstellungen für die Presse öfter epische Formen annimmt (Tipp: ungefähr eine Stunde vor Spielbeginn kommen und ihr dabei zusehen, um nichts zu verpassen), strebt wohl auch nicht nach dem Amt. Schade. Vielleicht würde eine entsprechende Kampagne helfen. Schlagzeilenträchtig wäre es zudem. Und vielleicht würde das Team mit „Franzi“ an der Spitze des Clubs wieder häufiger punkten. Wäre eine logische Verbindung: Eine vom Druckerärger befreite Präsidentin steckt die Spieler mit ihrer Freude darüber an und das führt zum Klassenerhalt. Diesen, den Klassenerhalt, wird Curslack diese Saison so sicher schaffen wie Bayern München die Meisterschaft in der Bundesliga. Aber wie viel mehr geht? Das 0:6 bei Cordi war ernüchternd. Kaum ist Trainer Torsten Henke wieder nach seinem Urlaub auf Mallorca in voller Verantwortung, läuft es nicht mehr. Vorteil des Problems: Nun wird niemand mehr Buxtehude unterschätzen. HAFO-Tipp: Und da Franziska Merz noch nicht Chefin ist, siegt Curslack mit 4:1.
Schiedsrichter: Tim Wöllmer (FC Süderelbe)
Altona 93 (4) vs. FC Süderelbe (16) – Sonntag, 14 Uhr (Vorsaison: 1:0/2:1)
Griegstraße 62, 22763 Hamburg
Seine Torjägerqualitäten trotz hoher Trefferquote bisher anscheinend immer noch versteckt hat Süderelbes Samuel Louca. 13 Treffer erzielte er in der abgelaufenen Saison. Und jetzt: sechs Stück in sechs Spielen. Unglaublich, was denkt sich der technisch beschlagene Mittelfeldspieler nur? Hätte schließlich schon längst Torschützenkönig sein können. Ob er auf der Adolf-Jäger-Kampfbahn so weitermacht? Mal sehen. Schließlich bot Altona nach schwachem Start gegen starke Gegner gute Ergebnisse gegen nicht mehr ganz so starke Gegner. Und in diese Kategorie fällt Süderelbe ja wohl auch. HAFO-Tipp: Das wird eine klare Kiste. Für Louca & Kollegen. 3:0 für Süderelbe.
Zu dieser Partie will uns nicht viel Skandalöses einfallen. Außer vielleicht: Ralf Palapies machte nach der Niederlage in Curslack seinerzeit die Ankündigung, „vielleicht auch mal in Urlaub zu fahren“, damit Co-Trainer Knut Assmann dann die nötigen Punkte holt. So wie es Currslack mit Torsten Henke und Matthias Wulff praktizierte. Nur klappen Kopien ja so selten – und Curslack hatte vorher schon einige Zähler auf dem Konto. Rugenbergen steht so langsam unter Druck, aber auch Pinneberg ist nicht vernünftig aus den Startlöchern gekommen. Dass HAFO so gar keine Vorstellung davon hat, was hier im Vorfeld zu sagen ist….schlägt sich im HAFO-TIPP nicht wieder. Die Fans freuen sich über ein 4:4!
Schiedsrichter: Philip Roedig (Altona 93)
TSV Buchholz 08 (8) vs. FK Klub Kosova (12) – Sonntag, 14 Uhr (Vorsaison: --/--)
Seppenser Mühlenweg 44, 21244 Buchholz
Bei Buchholz 08 herrscht die totale Harmonie in der Tabelle. Zwei Siege, zwei Remis, zwei Niederlagen, 12:12 Tore. Wer soll da Trainer Thorsten Schneider aus dem Gleichgewicht bringen? Die Antwort: Seine Mannschaft! „Es wäre schön, wenn wir den Torwart nicht ständig angeschossen, sondern auch mal an ihm vorbeigeschossen hätten“, ärgerte sich Schneider nach dem 2:3 bei Halstenbek in der Bild-Zeitung. Diese hob allerdings weniger die furchtbare Chancenverwertung der Buchholzer, sondern die Leistung von Halstenbeks Keeper Mirko Oest heraus. Mit Recht. Früher Schneider, jetzt Mirko. Halstenbek holt eben die richtigen Leute! Der Klub Kosova hat derweil ein spezielles Problem. „Rasen können wir nicht so richtig“, sagte Trainer Thorsten Beyer lächelnd nach dem verdienten 2:1-Sieg gegen Wedel auf heimischem Kunstrasen. Nur: Wie soll das dann in Buchholz funktionieren? Und überhaupt bei Auswärtsspielen? Soooo furchtbar viele Kunstrasenplätze gibt es ja nun auch nicht, um die Auswärtsbilanz aufzuhübschen. HAFO-TIPP: Buchholz hat die ganze Woche im Training geübt, am Torwart vorbei ins Tor zu schießen. Wirkt. 6:1!
Schiedsrichter: Christian Okun (BSV 19)
Wedeler TSV (10) vs. SC Victoria (3) – Sonntag, 14 Uhr (Vorsaison: --/--)
Schulauer Straße, 22880 Wedel
Im allgemeinen Getöse um das nicht gegebene Tor von Marius Ebbers beim 2:2 gegen Altona 93 wurde – es hat nur keiner mitbekommen – eine große Chance verpasst. „Sollen sie mich sperren, aber…“, begann Marius Ebbers seine kritischen Ausführungen gegen Schiedsrichter Björn Krüger nach der Partie. Der DFB ist bei solchen Fällen ja gerne mal ganz fix (mindestens an der Geldbörse), wenn jemand öffentlich losledert. Was aber machte der Hamburger Fußball-Verband? Nix. Ebbers durfte beim 3:0 an der Landesgrenze beim FC Türkiye vor zwei Tagen auflaufen. Unglaublich, nicht einmal eine öffentliche Debatte über eine Ebbers-Sperre hat es gegeben. Der Verdacht eines Promi-Bonus eines durch und durch laxen Verbandes liegt nahe. HAFO wird dieser schlimmen Vermutung mit allen für externe Recherchen in Jenfeld unter der Woche zur Verfügung stehenden Kräften (null) nachgehen. Tatsächlich vom Verband, genauer gesagt vom Sportgericht, falsch behandelt fühlt sich der Wedeler TSV. Doch die Frage, ob Halstenbeks Habib Zagre beim abgebrochenen Derby überhaupt spielberechtigt war, ist nicht der eigentliche Fauxpas. Viel mehr die Konsequenzen der Begründung des Sportgerichts, dass das Spiel gar nicht stattgefunden habe. Aber wer gibt den Zuschauern jetzt den Tag zurück, wenn sie offiziell gar nicht da waren? Und wer zieht das Gewicht auf der Waage ab, wenn jemand sich am Rande der Partie mit Genuss fünf Würstchen reingehauen hat, hinterher dicker wurde und dann traurig war? Fragen, die hoffentlich die mündliche Verhandlung beantwortet. HAFO-Tipp: Auf dem Feld beantwortet Ebbers Wedels Führung mit sechs Treffern. Zwei gelten. 2:1 für Vicky.
Schiedsrichter: Henry Wagner (GW Eimsbüttel)
FC Türkiye (9) vs. Niendorfer TSV (11) – Sonntag, 15 Uhr (Vorsaison: 0:2, 1:1)
Einen fast völlig untergegangenen Skandal erwähnte Niendorfs Trainer Ali Farhadi auf der Pressekonferenz nach dem 0:5 bei Condor. Seine Spieler sind nämlich in gewisser Weise Nummernfetischisten. Die üblichen 1-11 genügen ihnen nicht mehr. Sie wollen Zahlen als Trikotbeflockungen, „die kannst du gar nicht drucken“, so Farhadi damals. 132? 2615? 1111? Das wäre doch mal was und würde die Tür aufstoßen für eine ganz neue Dimension von Zahlenspielen in der Oberliga Hamburg. Beim FC Türkiye hat die zweite Mannschaft in der Bezirksliga abgemeldet. Bleibt aus Sicht des Vereins von der Landesgrenze zu hoffen, dass das erste Team sich bald an seinen Raketenstart erinnert – und die Fans wieder glücklich macht. HAFO-Tipp: Aber nicht gegen Niendorf. Nummer 77 setzt in Minute 83 Nummer 52 gekonnt in Szene, der auf 3520 – und 1:0 für die Gäste. Macht drei Punkte für den NTSV.
Schiedsrichter: Björn Lassen (Barsbütteler SV)
TuS Dassendorf (6) vs. SV Halstenbek-Rellingen (14)*** – Sonntag, 15 Uhr (Vorsaison: 1:0, 3:1)
Wendelweg, 21521 Dassendorf
Bisher kein Spiel verloren hat Meister TuS Dassendorf. Doch zufriedenstellend verläuft die Saison keineswegs. Doppelt so viele Remis (vier) wie Siege (zwei) sorgen nicht gerade für Glücksgefühle am Wendelweg. Zudem enthält der Titelträger den Fans seiner zweiten Mannschaft in der Kreisklasse durch die Re-Integration von Innenverteidiger Seyhmus Atug ins Oberligateam die Möglichkeit vor, Atug unten weiter zaubern zu sehen wie beim 14:1 gegen Bingöl (drei Treffer). Das dürfte aber nicht für besonderen Aufruhr sorgen. Eher schon die Verhandlung der Gäste vor dem Sportgericht zum Abbruch des Spiels in Wedel. Dazu wurde aber oben schon alles gesagt. HAFO-Tipp: Aber auf dem Feld wird was Besonderes gespielt, nämlich die Aufführung „Die Wende in Dassendorf“. Mit einem furiosen 5:0 beginnt die neue Siegesserie des Meisters, der die nächsten sechs Spiele allesamt mit mindestens drei Toren Unterschied gewinnen wird.
Schiedsrichter: Johannes Mayer-Lindenberg (Harburger TB)
Landesliga Hansa, 7. Spieltag:
Hamm United FC (13) vs. TSV Sasel (5)*** – Freitag, 19:30 Uhr (Vorsaison: 1:0/0:2)
Hammer Park, Hammer Steindamm 131, 20535 Hamburg
Ein Faible für fürchterliche Schlussphasen entwickelt zurzeit Hamm United. In den vergangenen beiden Partien (1:2 gegen Condor II, 2:2 bei Altengamme) verloren die „Geächteten“ ab der 83. Minute noch fünf Punkte (drei gegen Condor, zwei bei Altengamme) und drei Spieler per Platzverweis (bei Altengamme; und insgesamt vier, da Mahrt schon vorher vom Platz flog). Zum Eklat kam es zum Glück aber nicht auf dem Feld, sondern „nur“ in der Tabelle. Hamm ist 13. – und liegt aktuell damit hinter den eigenen Ansprüchen zurück. Von „weit“ kann aber keine Rede sein, zu ausgeglichen ist die Landesliga Hansa. Vielleicht kommt da der TSV Sasel gerade recht. Dieser besiegte Hamm Ende Mai/Anfang Juni, damals noch als Hammonia-Landesligist, in den Entscheidungsspielen um den Aufstieg – und scheiterte dann gemeinsam mit Altona 93 am 1. FC Germania Egestorf-Langreder. HAFO-Tipp: Hamm dreht den Spieß diesmal um und ein 0:2 in ein 3:2.
Schiedsrichter: Stephan Timm (SC Egenbüttel)
Regionalliga Nord, 7. Spieltag:
BSV Schwarz-Weiß Rehden (15) vs. Hamburger SV II (10) – Freitag, 19:30 Uhr (Vorsaison: 0:3, 2:3)
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