03.10.2016 Rückblick: Condor fast allein zuhaus von Folke Havekost
Vier Tage Oberliga, drei Tage Oddset-Pokal … Hamburgs Fußballfreunde kommen aus dem Gucken kaum noch heraus – zumal das Geschehen meist spannender ist als in der regelmäßig auftauchenden „Week of football“, einer Erfindung des geschassten UEFA-Bosses Michel Platini. Englands Kurzzeit-Nationalcoach Sam Allardyce würde stattdessen die hamburgische „Week vun Football“ wählen. Vertrauen Sie ihm!
Im Oddset-Pokal liegen die meisten Spiele noch vor uns, in der Oberliga lässt sich ein Fazit ziehen: Spitzenmannschaften sind die Teams, die sich auch vom Heimnachteil nicht schrecken lassen. In neun Aufeinandertreffen gewannen sechsmal die Gäste, eines endete Remis, und nur Concordia und Condor bewältigten die Belastung, vor eigenem Publikum anzutreten.
Den beiden Oberliga-Topteams gelang dies auf sehr unterschiedliche Weise: der SC Condor ging früh in Führung und spielte das 1:0 gegen den VfL Pinneberg dann gelassen herunter. „Wir sind besser und intelligenter geworden“, freute sich Trainer Christian Woike nach dem Knappsieg und stellte zufrieden fest: „Cleverness kannst du nicht trainieren.“
Concordia dagegen gewann nicht ruhig und abgeklärt, sondern rauschhaft und dramatisch. Mindestens in der ersten Hälfte war die Begegnung mit Altona 93 das beste Oberliga-Spiel der Saison. Zur Pause führten die Gäste 2:1, und es sah so aus, als sollte Condor allein zuhaus bleiben. Doch nach dem Wechsel verpasste Altona den K.o.-Schlag, und dann setzte sich die enorme Offensivqualität der Wandsbeker durch: Benjamin Bambur und Lennart Müller trafen noch zum Sieg. Statt drei Punkten Vorsprung auf den Regionalligaaufstiegsrundenmeldungskonkurrenten Altona wie in der Live-Tabelle zur Halbzeitpause liegt Cordi nun neun Punkte vor dem AFC. "Das war eine Ansage an die Liga", erklärte Müller: "Wir wollen Meister werden!"
Concordia Erster, Condor Zweiter … nach unserer Rechnung müsste der FC Süderelbe eigentlich auf Platz drei stehen, denn er rang Dassendorf auf heimischen Gelände immerhin ein 1:1 ab. Tatsächlich steht nur Platz 17 zu Buche, aber über den Punkt gegen den Meister freute man sich trotzdem. "Gefühlt stehen wir fünfmal allein vorm Tor, treffen aber nicht", haderte Dassendorfs Sportchef Jan Schönteich jedenfalls mit der Chancenverwertung. Das sprach gleichzeitig aber auch für Süderelbe-Schlussmann Dennis Lohmann, der mit einigen Paraden glänzte. Von den letzten sechs Partien hat Süderelbe nur eine verloren – klingt für den „falschen Dritten“ nicht so schlecht im Abstiegskampf.
Echter Dritter ist der FC Türkiye, der aus seinen letzten vier Spielen zehn Punkte gesammelt hat. Das 2:1 bei Curslack-Neuengamme gelang, obwohl Torwart Tobias Braun noch vor der Pause vom Platz flog, weil er seine Hände auch außerhalb des Strafraums an den Ball brachte.
Schlusslicht Buxtehude gelang am Auswärtsspieltag der erste Saisonsieg. Selbst ein Eigentor zum zwischenzeitlichen Ausgleich warf den BSV in Halstenbek nicht aus der Bahn, weil Salim Achaoui kurz darauf den Lapsus mit seinem zweiten Treffer korrigierte. 3:1 – jetzt kann die Saison in Buxtehude anfangen. Zumal auch Tante Trude spätestens jetzt weiß: Der Dreier wurde gegen einen direkten Konkurrenten im Abstiegskampf errungen – HR wird sich gehörig strecken müssen.
Während Buxtehude den ersten Saisonsieg einfuhr, feierte der TuS Osdorf den ersten Oberliga-Auswärtssieg der Vereinsgeschichte – und gleichzeitig den dritten Dreier in Folge! Ihren Blomkamp-Boost exportierten die Kicker von Piet Wiehle erfolgreich zum Aufsteigerduell nach Wilhelmsburg, wo der Klub Kosova beim 0:3 nicht den Hauch einer Chance besaß.
Der dritte Neuling, Wedel, nutzte seine Chance. Beim angeschlagenen SV Rugenbergen gelang ein 2:0 - und Eric Agyemang der Führungstreffer. Gerade noch rechtzeitig, sonst hätten die Macher des gerade laufenden Filmfests sicher noch den Cantona-Streifen "Looking for Eric" ins Programm gehoben. Rugenbergen tröstete sich am Feiertag mit einem überraschenden 1:0-Pokalsieg in Buchholz - was angesichts der Form der Nordheidjer, die schon am Donnerstag ihr regnerisches Punktspiel in Niendorf 3:2 gewonnen hatten, durchaus überrascht.
In der vorigen Saison hätten wir schon Tage zuvor an kaum etwas anderes denken können als eine bevorstehende Begegnung zwischen dem SC Victoria und Barmbek-Uhlenhorst. Die verhaltenen Anfangsresultate der beiden Spitzenteams minderten das Interesse etwas, dennoch sahen knapp 400 Zuschauer, wie BU durch einen Treffer von Nico Schluchtmann 1:0 gewann. "Wir werden die Niederlage schnell verarbeiten", kündigte Vicky-Coach Jasmin Bajramovic an - und er und seine Mannschaft hielten Wort. In einem Feiertagsvormittagspokaldrama an der Kreuzkirche setzten sich die Hohelufter nach Elfmeterschießen beim baldigen Oberligakonkurrenten Teutonia 05 durch - nach Cordis Sieg im Oberliga-Spitzenspiel der zweite Höhepunkt unserer Week vun Football.
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