10.10.2016 Rückblick: Mit einem historischen Ereignis in Wedel von Peter Strahl
Beim näherer Betrachtung des Oberliga-Spielplans für das vergangene Wochenende kam der eigentlich nur für gelegentliche Vorschauen in Frage kommende Schreiber zum Ergebnis, sich vom Freitag bis Sonntag nahezu fussiabstinent verhalten zu wollen. Eine Viertelstunde auf der Rückfahrt aus dem Wandsbeker Raum am Freitagabend zwischen dem neuen b+b-Hotel an der Ecke Bramfelder Chaussee und dem weitgehend, aber nicht gänzlich, mit Planen verdeckten, Zaun gegenüber der eindrucksvolle Tribüne an der Dieselstraße sollte ihm reichen. So bekam er dann auch noch zwei durchaus ansprechende Treffer zum 1:2 von Max Hartmann in der 81. Minute und wenig später zum Ausgleich durch den Barmbeker Qendrim Bajraktaraj zu sehen und überdies die Erkenntnis, dass die bisherige Tabellensituation der Süderelbischen ihren weitgehend ordentlichen Leistungen irgendwie nicht so richtig gerecht wurde. Das Remis jedenfalls und damit verbunden der Sprung über den Grenzpfad zum fünften Drittel des Tabulariums widerspricht jedenfalls diesem Gefühl nicht.
Zur gleichen Zeit blieb Vicky ihrer Gewohnheit treu, in dieser Spielzeit nur Punkte gegen Widersacher aus der oberen Hälfte des Tableaus abzugeben. Die Osdorfer erfreuten zwar ihr Publikum durch einen schnellen Treffer von Germain Hounsiagama (7.), doch Aike Strömer, dessen Vertrag just verlängert wurde, besorgte bereits sechs Minuten später den Einstand. In einer insgesamt ausgeglichenen Partie hatten die Platzherren zwar etliche gute Chancen, doch für die zwei spielentscheidenden Tore sorgten der eingewechselte Marius Ebbers sowie der gleichfalls gelb-blaue Sergej Schulz zwischen der 79. und 82. Minute.
Für den frühen Sonnabend-Nachmittag hatte die Liga nur mit einer Begegnung in Dassendorf aufzuwarten und die wurde wie stets vom HAFO-Kollegen Andreas Killat ausführlich bedient. http://www.hafo.de/news/fullnews.php?id=5959 Der Schreiber jedenfalls, durch örtliche Nähe den Niendorfern ein wenig verbunden, hatte beim Verfolgen des HAFO-Tickers bis zur 85. Minute Hoffnung, dass es bei einem 1:1 bleiben würde. Allein der Kopf von Marcel Lenz zu diesem Zeitpunkt ließ die NTSVer in die tabellarische Unterwelt abdriften.
Ein Anpfiff hingegen erst zweieinhalb Stunden später ist für die Oberliga recht ungewöhnlich. So dürfte so mancher Fußballfreund das 1:1 zwischen Halstenbek-Rellingen und dem Klub Kosova bestenfalls peripher zur Kenntnis genommen haben. Zwei Torschüsse der Kosovaren durch Abdullah Farahi (23.) sowie Amir Ukshini (52., Eigentor) ließen die Baumschuler ohne eigenes Zutun um zwei Tabellenplätze nach oben schnellen.
Doch dann kam der Sonntagnachmittag. Beim gemütlichen Kaffeeklatsch lag das Smartphone neben der Tasse und ein gelegentlicher Blick darauf zeigte bei den drei laufenden Partien nahezu eine halbe Stunde lang rein gar nichts. Doch dann ging es urplötzlich Schlag auf Schlag. In Wedel brachte Jorma Eggers seine Farben gegen den derzeitigen Ligaprimus WTSV Concordia nach 28 Minuten in Führung, eine Minute später in Buxtehude tat es ihm Hendrik Boesten für seine auswärtslos noch punktelosen Pinneberger nach. Auch der Altonaer Nick Brisevac ließ sich nicht lumpen und piekte nach genau einer halben Stunde die Curslack-Neuengammer ins Hintertreffen. Drei Minuten länger bedurfte es hingegen in Buchholz, bis der Mann aus Rugenbergen Steven Tegeler offenbar seiner Rückennummer gerecht werden wollte und erfolgreich ins eigene Gehäuse zielte.
Danach konnten die jeweils führenden Teams im Buxtehuder Jahnstadion, der Adolf-Jäger- sowie der Otto-Koch-Kampfbahn (welch kriegerische Bezeichnungen immer noch bei den 08ern und 93ern) ihre Führung nach und nach ausbauen respektive festigen. Doch im Elbestadion geschah Unglaubliches. Zwei weiteren Treffern der Platzherren, folgten bis zum Pausenpfiff zwei Anschlusstore der Gäste und nach 50 Minuten deren Ausgleich. Danach wieder zweimal die Wedeler und schließlich fünf Zähler inklusive eines Eigentors zu Gunsten des Spitzenreiters. "Fünf zu Acht" lautete schließlich das Endergebnis und ließ den Rückblickenden sogleich vermuten, dass es ein solch hohes Resultat, bei dem sich auch der Unterlegene fünfmal freuen konnte, seit 1945 auf Hamburgs höchstem Level noch niemals gegeben habe. Nun nach Durchforsten seines mehr als siebzigjährigen Erinnerungsvermögens und einer umfangreichen Tabellensammlung scheint sich diese Vermutung zu bestätigen. Selbstverständlich gab es über die Jahrzehnte torreichere Spiele, aber eben keins, bei dem auch der Unterlegene fünfmal erfolgreich war, wie gestern in Wedel. Das Resultat, das dem 5:8 von gestern am nächsten kommt, datiert vom 22. November 1981 und ließ den SC Urania (Trainer: Eugen Igel) beim TSV Reinbek mit 6:5 gewinnen. So lief die Chose vor 500 Zuschauern: 0:1 Güclü (17.), 1:1 Dobberkau (20.), 1:2 Tranum (35., FE), 2:2 Böse (40.), 2:3 Frische (43.), 2:4 Duve (44.), 2:5 Dämmich (49.), 2:6 Tranum (54., FE), 3:6 Schwarz (58.),4:6 Dobberkau (78.), 5:6 Schmidt (81.).
Ebenfalls jeweils fünf Buden für das die Partie nicht siegreich beendende Team finden sich in den Spielzeiten 1955/1956 sowie 1961/62. Am 15. Oktober 1955 gab es zwischen den Rasensportlern aus Harburg und Elmshorn (heute HSC und FC) ein 5:5 mit dieser Torfolge: 1:0 Horn (ET), 2:0 Stegmann, 2:1 Gutowski, 3:1 Beth (FE), 3:2 Stockfleth (FE), 3:3 Uwe Cordts, 4:3 Westmann, 4:4 Alfred Cordts, 4:5 Dürkopp, 5:5 Beth (FE). Mit dem gleichen Ergebnis trennten sich am 10. September 1961 auf dem Platz am Rothenbaum die Amateure des HSV sowie Viktoria Harburg. 3:1 führten die Eisenbahner zur Halbzeit. Danach 4:3 innerhalb von fünf Minuten für die Rothosen. Abwehrfehler der HSVer brachten wieder Viktoria nach vorne, ehe fünf Minuten vor dem Abpfiff der Endstand manifestiert wurde, da der Harburger Karger drei Minuten später einen Strafstoß nicht verwandeln konnte.
Zuschriften aus dem Leserkreis zu meinem sonntäglichen Beitrag im Forum zeigen mir, dass es doch etliche HAFO-Leser gibt, die nicht nur am aktuellen Geschehen interessiert sind, sondern auch an der historischen Statistik. Selbstverständlich kann ich nach dem Durchforsten von 70 Spielzeiten mit rund 10.000 Ergebnissen keine Garantie übernehmen, dass meine Feststellungen wirklich der Weisheit letzter Schluss sind. Sollte es Besucher dieser Seiten geben, die es besser wissen, wäre ich für eine entsprechende Mitteilung durchaus dankbar (strahl@hafo.de).
Fast könnte über diesen Exkurs in die Statistik die neunte und letzte Begegnung der elften Spielrunde in Vergessenheit geraten, deren Anpfiff erst eine Stunde später erfolgte als die übrigen sonntäglichen vier. Als die Gefolgschaft von Christian Woike, Trainer des SC Condor, an der Georg-Wilhelm-Straße beim FC Türkiye vermutlich noch beim Schnüren ihrer Schuhe war, dürfte sie bereits von der 3:0-Führung derer vom anderen Elbufer erfahren haben. Ein unveränderter Spielstand am anderen Elbufer und ein eigenen Sieg an diesem Nachmittag hätte folglich Punktegleichheit mit den Concorden bedeuten können, ein 12:0 der Gelb-Schwarzen gar die Tabellenführung. Doch die Semitürken spielten nicht mit und ließen den Oldenfeldern keine bessere Behandlung zukommen als unlängst den Jenfeldern, die nun über einen respektablen Abstand von sechs Punkten zum "runners up" verfügen.
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