17.11.2016 Vorschau: Weiter geht’s unterm Wandelstern von Folke Havekost
Stockholm, das zurzeit drei Grad Celsius und wechselhafte Böen verzeichnet, muss auf Bob Dylan verzichten. Der Barde, der sich seit 1988 auf einer „Never Ending Tour“ mit bislang 2812 Auftritten befindet, wird nicht an der Verleihung des Literaturnobelpreises am 10. Dezember teilnehmen. Er habe „andere Verpflichtungen“, teilte Dylan kurz und knapp mit, was ihm angesichts der zeitgleichen Pokalauftritte von Dassendorf in Neuenfelde und Norderstedt beim Klub Kosova wohl niemand verdenken kann. Ob der Preisträger seine Klampfe dann am Arp-Schnitger-Stieg oder an der Dratelnstraße auspackt, blieb offen. Manchmal neigt er ja ein wenig zur Rätselhaftigkeit. Aber ist nicht auch der Fußball eine Never Ending Tour, von kleineren Unterbrechungen wie Sommerpausen, Spielausfällen oder Futsal-Wettbewerben mal abgesehen? Nun, die Hinrunde der Oberliga Hamburg geht jedenfalls, von Nachholspielen mal abgesehen, an diesem Wochenende zu Ende. Und das Wochenende beginnt schon am heutigen Donnerstag an der Hoheluft, während Bob Dylan durch Florida tourt und am Freitag in Jacksonville (24 Grad Celsius, Regenwahrscheinlichkeit bei Null) auftritt.
Einen wahren Lazarus-Auftritt legte Victoria in Niendorf hin. 75 Minuten Unterlegenheit, 0:1-Rückstand und noch Unterzahl nach einem Platzverweis. Klingt nicht nach einer Geschichte, nach der man in der Suchmaske mit „fuhren mit einem Dreier im Gepäck fröhlich nach Hause“ sucht, oder? Doch die Zitronengelben nutzten in den letzten zehn Minuten zwei Fehler des bis dahin so starken Gegners aus und drehten das Geschehen. „Meine Mannschaft hat Charakter gezeigt“, freute sich Trainer Jasmin Bajramovic nach dem Comeback. Wenn jetzt auch noch gute Leistungen hinzukommen, wird die alte Dame wie in alten Tagen zu einer Titelkandidatin ... Denn der Gast aus Rugenbergen zeigt ja selbst, wie schnell es in Hamburgs höchster Liga gehen kann. Vor Wochen noch im Keller, katapultierten sich die Bönningstedter mit einem souveränen 3:0 gegen Kosova in die obere Tabellenhälfte. „Jeder ihrer Schritte auf dem tiefen Rasen war einer raus aus dem Schlamassel“, beschrieb Wolfgang Helm im Hamburger Abendblatt den vierten SVR-Sieg in Folge. Zumindest zeitweilig gelingt „Vicky“ der Sprung auf Platz zwei. HAFO-Tipp: 2:1
Das 0:0 der Osdorfer in Curslack war sogar noch etwas unterhaltsamer als die freundschaftliche Begegnung von Italien und Deutschland, die vier Tage später mit demselben Resultat endete. „Wir hätten 6:4 gewinnen können“, staunte Osdorfs Trainer Piet Wiehle ob der vergebenen Chancen auf beiden Seiten. Insbesondere Routinier Antonio Ude ließ einige Gelegenheiten liegen. Auch Condor spielte Remis, gar zum ersten Mal in der nicht mehr ganz so taufrischen Saison. Mit dem 1:1 gegen BU konnten die Raubvögel durchaus zufrieden sein, denn ein unglücklich verschuldeter Elfmeter hatte sie zunächst auf die Verliererstraße gebracht, ehe Raffael Kamalow zehn Minuten vor Schluss mit einem ungewöhnlichen Sitzkopfball egalisierte. Diesmal trifft Ude (wenn auch nicht per Sitzkopfball), aber ans Unentschieden gewöhnen sich beide Mannschaften. HAFO-Tipp: 2:2
In der berüchtigten Live-Tabelle lagen am Sonntag um 15:30 Uhr satte acht Punkte zwischen Niendorf (20) und Süderelbe (12). Doch Niendorf verlor nach 1:0-Führung, während Süderelbe nach 0:1-Rückstand in Buxtehude noch 3:1 gewann und seinen Rückstand auf den nächsten Gegner auf zwei Zähler verringerte. Welch eine Bewegung in einer Viertelstunde! Ein Gestirn, das in relativ kurzer Zeit seine Position verändert, wird Wandelstern genannt, und so kam HAFO-Korrespondent André Matz wohl nicht nur aufgrund der Reibeisenstimme von Niendorfs Co-Trainer Jörg Steinbach darauf, dass Lee Marvins „I was born under a wan’drin’ star“ die geeignete musikalische Untermalung für den entronnenen Heimsieg gegen Victoria bot. Für alle Fußballer, die sich in diesen Tagen über schlechte Platzverhältnisse beklagen, hält Marvin in seinem Klassiker aus dem Film „Paint your wagon/Westwärts zieht der Wind“ übrigens die Warnung bereit, dass schon der nächste Gegenspieler viel schlimmer sein kann als alle Unbilden der Natur: „Mud can make you prisoner, and the plains can make you dry. Snow can burn your eyes, but only people make you cry.“ Anstrengend wird’s, aber Niendorf muss nicht weinen. HAFO-Tipp: 2:3
Schiedsrichter: Martin Pfefferkorn (SC Urania)
TuS Dassendorf (5) – FC Türkiye (6)*** – Sonnabend, 13.30 Uhr (Vorsaison: 4:1/1:1)
Wendelweg, 21521 Dassendorf
Wer diese Mittnovember-Begegnung vor Saisonstart als Tabellennachbarschaftsduell eingestuft hat, ist wohl eher für einen extrem optimistischen Türkiye-Anhänger als für einen Experten gehalten worden. Doch während die Wilhelmsburger Gäste ihr zweites Oberliga-Jahr hervorragend bestreiten, drückte beim Serienmeister zumindest der Sommerschuh. Am Wendelweg wird sich zeigen, ob mit dem Thermometer auch der Dassendorfer Rückstand zur Spitze sinkt. Für ihr Aufeinandertreffen haben sich beide Mannschaften eine Pause genommen, ihre Spiele am vorigen Wochenende fielen dem Kälteeinbruch zum Opfer. Dassendorf ist die heimstärkste Mannschaft der Liga – und bleibt das auch. HAFO-Tipp: 2:1
Schiedsrichter: Philip Roedig (Altona 93)
Klub Kosova (16) – WTSV Concordia (1)*** – Sonntag, 12 Uhr (Vorsaison: --/ --)
Dratelnstraße 21, 21109 Hamburg
Ein Sieg beim Aufsteiger, und die Concorden krönen ihre Hinrunde mit der Herbstmeisterschaft. Eine reine Formsache? „Cordi“ distanzierte Halstenbek mit 5:0 und hat schon über 50 Prozent mehr Tore geschossen als die Verfolger Altona, Buchholz und Victoria. Bei Kosova hingegen ist die Starteuphorie verflogen, an der Dratelnstraße ist nicht nur kalendarisch der Herbst eingezogen. Vier Niederlagen in Serie, die letzten drei jeweils ohne eigenen Treffer, ließen die Wilhelmsburger auf einen Abstiegsplatz rutschen. In den bislang letzten 45 Oberliga-Minuten war nicht einmal ein Besuch des Strafraums von Gegner Rugenbergen zu verzeichnen. „Zurzeit sind wir nicht wettbewerbsfähig“, räumte Trainer Thorsten Beyer ein. Fraglich, ob dieser Trend gegen den Spitzenreiter gebrochen werden kann. Aber es klappt mal wieder mit einem Tor. HAFO-Tipp: 1:4
Wo ist sie geblieben, die gnadenlose Effizienz, mit der Barmbek-Uhlenhorst gleich zweimal am Hamburger Meistertitel schnupperte? „Wir brauchen zu viele Torchancen“, resümierte BU-Coach Frank Pieper-von Valtier nach dem 1:1 bei Condor. Pinneberg hingegen besticht mit Konstanz: Falls in der Metropolregion Hamburg tatsächlich mal Winter ist, kann beim VfL nicht gespielt werden – bei der Absage des Spiels gegen Dassendorf wunderte allenfalls, dass sie vergleichsweise spät erfolgte. Chancen gibt es wieder ein paar, Tore aber wie in der Vorsaison nicht. HAFO-Tipp: 0:0
Über „Fehler ohne Ende im Spielaufbau“, ärgerte sich HR-Obmann Thomas Berg nach dem chancenlosen 0:5-Ausflug zur Tabellenführerin Concordia. Nicht das Tore- oder Punktkonto der Halstenbeker wuchs an, sondern der Verletztenstand: Mittelfeldspieler Niklas Siebert verdrehte sich das Knie. Besser geht’s den Gästen „Drei Spiele ohne Niederlage tun gut, und jeder Punkt zählt“, bewertete Curslack-Coach Torsten Henke das Heim-0:0 gegen Osdorf, nach dem beide Vereine allerdings wüste Beschwerdebriefe an ihre herkömmlichen Zielwasserlieferanten verfassten. Jeder Punkt zählt, aber Halstenbek kommt mit dem Zählen nicht recht voran. HAFO-Tipp: 1:1
Schiedsrichter: Torben Kunde (SC Alstertal-Langenhorn)
Nach dem 2:5 im Derby bei Altona 93 befand Wedel-Coach Daniel Domingo, seine Elf sei mit dem Ergebnis noch „gut davongekommen“. Zumindest wurde der WTSV seinem Ruf als Atlantic City des Elbfußballs gerecht: Wenn Wedel wuselt, fallen die Tore schneller als die Kirschen an den Spielautomaten (Glücksspiel kann süchtig machen. Weitere Informationen erhalten Sie kostenfrei bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Telefon 0800-1372700). In 15 Spielen mit Wedeler Beteiligung fielen 75 Tore, eine sagenhafte Quote von 5,0 pro Begegnung. Okay, Lurup brachte es in der vorigen Saison sogar auf 7,94 Treffer pro Spiel, aber die Gewinnausschüttung konnte uns nicht überzeugen. Wedel hingegen hat 18 Punkte, empfängt den Tabellenletzten und hält noch ein Heim-Nachholspiel gegen den Vorletzten Halstenbek in der Hinterhand. Luxuriös im Vergleich zum Gegner. „Wer realistisch ist, muss an die Landesliga denken“, sagte Buxtehudes Fußballchef Karl-Heinz auf’m Kampe nach dem bitteren 1:3 nach langer 1:0-Führung im Duell mit Süderelbe – es war wohl die berühmte vorletzte Chance, sich noch einmal dem rettenden Ufer zu nähern. „Aufgeben werden wir nicht“, macht auf’m Kampe sich und seinen Schützlingen für den weiten Sonntagsausflug Mut. Liebe wird aus Mut gemacht. Wusste Nena. Siege nicht. HAFO-Tipp: 4:2
Sage und schreibe sieben Siege in Serie sicherten sich die Nordheidjer, bevor der geplante Gastauftritt beim FC Türkiye wegen vereister Bühne abgesagt wurde. „Alle hoffen darauf, dass das Wetter bis zum Wochenende mitspielen wird“, fiebert das Nordheide-Wochenblatt der Spitzenpaarung entgegen. Altona 93 reist mit dem langjährigen Buchholzer Milaim Buzhala an – und der Empfehlung eines dominant eingefahrenen 5:2-Heimsiegs gegen Wedel, der den AFC auf den zweiten Tabellenplatz vorrücken ließ. Petrus müsste Fußball hassen, wenn er dieses Spiel nicht sehen will. Zumal auch noch vier Tore fallen. HAFO-Tipp: 2:2
Schiedsrichter: Markus von Glischinski (SC Eilbek)
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