24.03.2017 Landesliga Hansa: Beim HUFC knirscht es im Gebälk – bei Ohe wackeln die Wände von Andreas Killat
von Hanno Bode
vs.
Hamm United FC – FC Voran Ohe 1:4 (0:2)
Hamm United FC: Graudenz – Ronn Asante, Harrsen, Weber, Goldgraebe – Hoppe (77. Ludin), Suntic (54. Kunkel) – Mahrt, Schirosi (46. Honig), Varela Monteiro – Kucukovic FC Voran Ohe: Hebbeler – Schenkenberg, Sulinski, Schipper, Gläser – Kaufmann (77. Aletfrohne), René Seibert (52. Walek) – Anton, Pflug, Johnsen – Fischer (46. Bressel) Tore: 0:1 Fischer (19.), 0:2 Pflug (35.), 1:2 Kunkel (64.), 1:3, 1:4 Walek (74./90.) Schiedsrichter: Alexander Nehls (SC Eilbek): Fiel eigentlich nur einmal auf, als er Mitte des zweiten Abschnitts Kopf an Kopf mit Hamms Mahrt stand, um den aufbrausenden Offensivmann zu disziplinieren (siehe Foto im Bericht). Und wenn ein Unparteiischer nicht auffällt, ist das immer ein gutes Zeichen: souveräne Leistung! Beste Spieler: Kunkel – Hebbeler, Schipper, Anton, Walek Zuschauer: 120
Da stand Uli Schulz nun im Dunkel der Nacht, während sich seine Spieler in der Kabine die Köpfe heiß redeten. Der Trainer von Hamm United FC hatte es vorgezogen, diesem Halbzeit-Pläuschen fernzubleiben: „Ich bin rausgegangen. Das ist doch eine Schande, was hier passiert. Hinten machen wir leichte Fehler und vorne passiert nichts. Kein Wunder, dass die unten stehen“, motzte der 70-Jährige.
Seine Elf hatte in den ersten 45 Minuten des Duells mit dem FC Voran Ohe so ziemlich alles vermissen lassen, was im Abstiegskampf gefragt ist: Einsatzwillen, Körpersprache und Leidenschaft. Das Resultat eines indiskutablen Auftritts war ein 0:2-Rückstand gegen einen Kontrahenten, der all diese Attribute zeigte, obgleich er sich seinerseits eigentlich gar nicht mehr um den Klassenverbleib sorgen muss.
Nach dem Seitenwechsel wussten sich die „Geächteten“ zwar leicht zu steigern. Doch am Ende schlug eine 1:4-Pleite für den HUFC zu Buche, „der von seinen Einzelspielern her doch eigentlich über uns in der Tabelle stehen müsste“, wie Ohe-Coach Rainer Seibert meinte. Wie aber belieben Fußballlehrer so gerne zu sagen: „Mentalität schlägt Qualität.“ Und eben jene Weisheit traf an diesem kühlen Freitagabend im Hammer Park einmal mehr zu.
Während der Gast über die gesamte Distanz als eingeschworene Einheit auftrat, jeden Zentimeter des Rasens im Hammer Park beackerte und keinen Zweikampf scheute, versuchten die Hausherren, sich der vermeintlichen Pflichtaufgabe spielerisch zu entledigen. „Mehr Körperspannung“, forderte Keeper Samuel Graudenz bereits nach 20 Minuten. „Wir müssen die Zweikämpfe kommen“, brachte Linksverteidiger Andreas Goldgraebe das HUFC-Dilemma kurz vor der Pause auf den Punkt. Zu diesem Zeitpunkt lag die Schulz-Elf bereits mit 0:2 in Rückstand. Zunächst hatte Philipp Fischer Graudenz mit einem Schuss aus rund 20 Metern bezwungen (19.), später vollendete Marco Pflug eine feine Kombination über mehrere Stationen zum 2:0 (35.). Bei beiden Gegentreffern war Hamms Defensivverbund durch eine große Passivität aufgefallen.
Schiedsrichter Nehls geigt Mahrt die Meinung. Foto: Hanno Bode
Vielleicht hätte Schulz dennoch zur Pause nicht im Dunkel der Nacht sich den Kopf zerbrochen, wenn Daniel Suntic zumindest eine seiner beiden großen Gelegenheiten (15./20.) nicht so kläglich vergeben hätte. „Dann wäre die Partie vielleicht anders gelaufen“, sagte Hamms „Joker“ Oliver Kunkel später. Aber weder Suntic noch der vor wenigen Wochen als vermeintlicher Heilsbringer vom Lüneburger SK transferierte Mustafa Kucukovic konnten Ohes herausragendes Torwart-Talent Leo Hebbeler vor dem Seitenwechsel bezwingen. Mit seinen gerade einmal 19 Jahren zeigte der Schlussmann zum wiederholten Male in dieser Serie eine bemerkenswert abgeklärte Leistung.
Selbiges ist von Kucukovic nicht zu behaupten. Der vor über einer Dekade als eines der größten Versprechen im deutschen Fußball gehandelte Stürmer blieb bei seinem Heimdebüt für die „Geächteten“ blass. Ein paar Mal blitzte zwar die Erfahrung und die Qualität des 30-Jährigen auf, wenn er sich gekonnt in seine Gegenspieler hineindrehte oder die Pille geschickt abprallen ließ. Die Abschlüsse des nicht ganz austrainiert wirkenden früheren HSV-Profis hatten aber wenn überhaupt das Niveau, auf dem der ehemalige U21-Nationalspieler nun kickt. „Mucki“, wie der Fußball-Nomade (spielte in Deutschland, Dänemark, Frankreich und auf Zypern) gerufen wird, war kein nennenswerter Faktor für den HUFC.
Mustafa Kucukovic ist ratlos. Foto: Hanno Bode
Der ziemlich einzige Trost für die Gastgeber an diesem für sie so miesen Abend war, dass ihre Leistung nach der Halbzeit nicht noch schlechter wurde. Sie steigerten sich sozusagen von körperlich anwesend zu bemüht. Und als der auf dem Spielberichtsbogen als Ersatztorwart aufgeführte Stürmer Kunkel mit einem strammen Rechtsschuss verkürzte (64.), keimte sogar noch einmal Hoffnung auf beim Schulz-Ensemble. Nun war für ein paar Minuten die Leidenschaft beim Abstiegskandidaten erkennbar, die doch eigentlich über 90 Minuten vonnöten gewesen wäre.
Als Artur Hoppe dann jedoch einen Voran-Eckstoß unterlief, Timo Bressel so auf Daniel Walek passen konnte und Ohes „Joker“ zum 3:1 traf (74.), war Hamms Feuer mehr oder minder wieder erloschen. Jener Walek war es schließlich auch, der in der Schlussminute eine weitere schöne Kombination der Stormarner zum Endstand abschloss.
Daniel Walek (Bildmitte) jubelt über das 3:1. Foto: Hanno Bode
Dass er mindestens einen Doppelpack schnüren würde, war dem Mittelfeldmann bereits bei seiner Einwechslung klar gewesen. „Hey Walek, wenn Du ein Tor machst, gibt es eine Kiste“, rief ein Voran-Fan dem 23-Jährigen zu. Waleks trockene Replik lautete: „Eins?“ Während der wegen eines grippalen Infekts zunächst auf der Bank sitzende Matchwinner nach dem Spiel den Kollegen von „Elbkick-TV“ seine Heldentaten erklären musste und im Anschluss in Ohes Umkleideraum die Wände wackelten, stand HUFC-Boss Jörn Heinemann zerknittert im Dunkel der Nacht und suchte nach Erklärungen. „Wenn wir wüssten, woran es liegt, würden wir handeln. Das heute ist ja nicht mehr schönzureden“, motzte der Vereinsvorsitzende.
Stimmen:
Rainer Seibert (Trainer FC Voran Ohe): Aufgrund des Spielverlaufs hätte man heute auch mit einem Punkt zufrieden sein können. Das 4:1 klingt souverän, entspricht aber nicht dem Spielverlauf. Hamm hatte ja einige sehr gute Chancen. Was Leo Hebbeler heute gehalten hat, war Wahnsinn. Unser Ziel ist jetzt ein einstelliger Tabellenplatz. Mit unten werden wir nun nichts mehr zu tun haben.
Oliver Kunkel (Spieler Hamm United FC): Wenn Daniel Suntic eine seiner beiden Chancen reinmacht, läuft das Spiel vielleicht anders. Aber wir haben danach ein schlechtes Spiel gemacht – insbesondere in der Abwehr. Der Gegner kommt viel zu leicht zu Torchancen, während wir für unsere viel tun müssen. Mit einer besseren Chancenverwertung wäre es vielleicht enger geworden heute. Aber es war eine verdiente Niederlage, wenn auch ein wenig zu hoch.
Gesamt-Punktspielstatistik aus Sicht des Gastgebers (seit 2006): 10 Spiele, 5 Siege, 2 Remis, 3 Niederlagen, 16:14 Tore
2009/10: 0:0 / 2:0 Landesliga Hansa 2010/11: 3:2 / 1:1 Landesliga Hansa 2014/15: 3:0* / 0:4 Landesliga Hansa (*Sportgericht-Wertung, w/Nichtantritt Ohe) 2015/16: 3:1 / 3:0 Landesliga Hansa 2016/17: 1:4 / 0:2 Landesliga Hansa
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