04.04.2017 Mitten in der Nacht im Nirgendwo von Andreas Killat
vs.
SV Curslack-Neuengamme – VfL Pinneberg 1:3 (0:1)
SV Curslack-Neuengamme: Babuschkin – Wulff (74. Brudler), Spiewak, Schalitz, Keklikci – Radic (74. Papke), Wilhelm – Beldzik, Cetinkaya, Branco (74. von Hacht) – Landau VfL Pinneberg: Herrmann – Lüneburg, Ellerbrock, Zimmermann, D. Diaz – Kulicke, Dirksen (86. Knottnerus) – Borck, Ay (55. Dora) – L. Diaz, Boesten (66. Kwakye) Tore: 0:1 Zimmermann (36.), 1:1 Cetinkaya (48.), 1:2 Borck (59.), 1:3 Kwakye (73.) Gelb-Rot: D. Diaz (84.) Schiedsrichter: Marco Kulawiak (SC Teutonia 10): Souverän wie immer. Er gehört definitiv zu Hamburgs besten Referees. Nur sein Assistent muss noch noch mal nachlesen, dass es beim Einwurf kein Abseits gibt (42.) Beste Spieler: Keklikci – Herrmann, Borck, D. Diaz, Zimmermann Zuschauer: 81
„Kein schönes Spiel, aber erfolgreich – und das ist das, was zählt“, so VfL-Coach Thorben Reibe vor knapp 13 Monaten nach dem 1:0 in Curslack ( http://www.hafo.de/news/fullnews.php?id=5826). Ganz ähnlich sein Statement heute nach der Partie (siehe „Stimmen“ am Ende des Berichtes) – für die Pinneberger ist Curslack eben immer eine (weite) Reise wert.
Dabei stellt das Ergebnis den Spielverlauf und das Chancenverhältnis auf den Kopf, denn eigentlich spielten nur die Hausherren. Nach einer schönen Kombination über Jan Landau und Mike Beldzik, der das Leder in den Rückraum für Kutay Keklikci auflegte, hatten die Fans schon den Torschrei auf den Lippen, doch im letzten Moment war ein Pinneberger Abwehrbein dazwischen (2.). Das dickste Ding vergab aber „Schlange“ Landau, der völlig freistehend an Keeper Timo Herrmann scheiterte (22.). Und auch eine halbe Minute später gegen Cem Cetinkaya war Herrmann zur Stelle.
Vom VfL war bis dahin gar nichts zu sehen. Der erste Eckball für die Gäste erst nach 28 Minuten und im Anschluss daran auch der erste (!) Torschuss von Alexander Borck aus spitzem Winkel, den Babuschkin problemlos entschärfen konnte. Doch das änderte sich kurz danach: Einen harmlosen „Kullerball“ von Enis Ay ließ „Babu“ nach vorne abklatschen – Kapitän Jan Zimmermann sagte aus drei Metern „Danke“ und zimmerte die Kugel in den Giebel (36.). So kann es gehen.
Doch die Vierländer ließen die Köpfe (noch) nicht hängen. Direkt nach dem Wiederanpfiff startete Landau eines seiner unwiderstehlichen Dribblings, tanzte technisch stark auf engstem Raum drei Gegenspieler aus („Schlange“ eben!) und legte den Ball perfekt für den in der Mitte lauernden Centinkaya zum Ausgleich auf (48.). Da klatschte sogar fast Reibe Beifall: „Ein überragendes Tor. Für mich das Beste, was ich bisher in dieser Saison gesehen habe“.
Nun waren die „Blauen“ im Aufwind, kombinierten immer wieder ansehnlich bis vor den Strafraum. Aber eben nur bis an den Sechzehner heran. Die kompakte VfL-Abwehr machte ihre Sache nämlich sehr gut, ließ nun kaum noch etwas durchkommen. Im Gegensatz zur CN-Defensive. Die war von einem langen Ball aus dem Mittelfeld so überrascht, dass Borck im Strafraum mutterseelenallein das Leder annehmen, Keeper Babuschkin umkurven und zur erneuten Führung einschieben durfte (59.). „Klasse, Schlachter“, hallte es von der Pinneberger Bank. Schlachter? Ja, so lautet tatsächlich der Spitzname des Flügelstürmers, der am Saisonende wohl in die Regionalliga zum Lüneburger SK wechseln wird. Doch nicht etwa, weil er beruflich Metzger ist (sondern Fitnesstrainer!). Nein, den „Kosenamen“ bekam er für seine wenig filigrane Zweikampfführung verpasst. Passend dazu gibt es beim VfL übrigens auch noch einen „Henker“ (Hendrik Boesten)…
Auf den erneuten Rückstand fand die Henke-Elf keine Antwort mehr, zerrieb sich immer wieder am VfL-Beton und kassierte sogar noch den dritten Treffer: Luis Diaz eroberte im Zentrum den Ball, steckte durch auf den „Schlachter“ und der quer rüber zu Kwakye: 1:3 (73.). So ist Fußball. Die einen machen das Spiel, die anderen die Tore. Das räumte sogar Reibe hinterher ein. Freilich war es ihm ziemlich egal, wie die Punkte geholt wurden.
Die gesamte Mannschaft feierte nach dem Abpfiff im Kreis den Sieg mit lauten Gesängen wie: „Mitten in der Nacht im Nirgendwo“. Nach dem 1:6-Desaster Ende Februar beim FC Süderelbe wurde in den letzten drei Partien fleißig gepunktet (sieben Zähler) und endlich der Sprung aus den Abstiegsrängen geschafft. Und der nächste „Dreier“ am Sonntag gegen Schlusslicht Buxtehude ist schon fest eingeplant.
Für Curslack hingegen war es die dritte Niederlage in Folge – und am Samstag kommt Tabellenführer Altona! Mal sehen, wen Torsten Henke diesmal anruft. Vor der heutigen Partie hatte sich der 50jährige nämlich bei Christian Woike zum Gegner Pinneberg erkundigt. Doch da hatte sich „Henko“ wohl den falschen Gesprächspartner ausgesucht, schließlich gingen die Raubvögel vor zwei Tagen mit 1:4 baden…
Stimmen:
Thorben Reibe (Trainer VfL Pinneberg): Für mich nicht nachvollziehbar, dass ein Punktspiel wegen Futsal verlegt wird (Anmerkung der Redaktion: Jan Landau und Witalij Wilhelm waren am 25. März für den Verband unterwegs). Das ist doch eine ganz andere Sportart. Wo soll das noch hinführen? So mussten wir hier heute mitten in der Woche und direkt nach der Arbeit nach Curslack fahren und hatten zudem von Sonntag noch das schwere Spiel in den Knochen. Eigentlich ein Wunder, dass wir das kräftemäßig so gut verkraftet und überstanden haben. Wenn wir bisher gewonnen haben, war es auch immer ein überzeugendes Spiel von uns. Das war heute anders. Heute haben wir einen „dreckigen Sieg“ eingefahren, wo der Gegner besser war. Aber solche Spiele brauchst Du im Abstiegskampf. Wir hatten heute das nötige Glück und haben zum richtigen Zeitpunkt die Tore gemacht.
Torsten Henke (Trainer SV Curslack-Neuengamme): Wir haben heute gar nicht schlecht Fußball gespielt und ich kann meiner Mannschaft keinen großen Vorwurf machen. Unser Manko ist die mangelnde Chancenverwertung. In der ersten Halbzeit müssen wir mindestens ein Tor machen. Dann machen wir einen Fehler und der wird sofort bestraft. Wir sind dann super aus der Kabine gekommen und haben den Ausgleich erzielt, kassieren aber durch den nächsten Fehler gleich wieder einen Gegentreffer. Gegen Pinneberg ist es dann extrem schwer, wenn Du ständig einem Rückstand hinterherlaufen musst. Wir unterschätzen die Tabelle keinesfalls. Am Samstag gegen Altona wird es ja nicht einfacher. Der Blick geht jetzt erstmal wieder nach unten.
Punktspielstatistik (seit 1945) aus Sicht des Gastgebers: 24 Spiele: 7 Siege – 6 Remis – 11 Niederlagen, 33:46 Tore
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