28.08.2017 Rückblick: Klasse beweisen? Lässt sich auf Reisen! von Folke Havekost
HAFO lobt sich bekanntlich ungern selbst, aber mit der Vorschau auf den Spieltag, der jetzt hinter uns liegt, haben wir Kühne und Nagel auf den Kopf getroffen. ( http://www.hafo.de/news/fullnews.php?id=6108) Der Profifußball liegt darnieder und muss die absurdesten Geschichten produzieren, um sich vor dem Aussterben zu retten. Die Oberliga Hamburg kann sich dagegen sogar luxuriöse Langeweile im Meisterrennen leisten.
Bester Beweis: Die Bundesliga packt in ihrer Verzweiflung sogar einen Dinosaurier unter die ersten Drei, um ihre Märkte in Asien und Altenbeken ( https://hsv-eggedinos.jimdo.com) zu pflegen. Und was macht die Oberliga? Da zieht Dassendorf wie seit Urzeiten gelassen seine Kreise. Die Breite an der Spitze ist enger geworden. Die Dassendorfer Dominanz dauert gefühlt schon länger als die Oberkreidezeit, in der die Dinosaurier erst immer trauriger wurden und dann ausstarben. Und die dauerte immerhin gut 34 Millionen Jahre, auch ohne Videobeweis und Nachspielzeit.
In der Oberkreide gab es noch kein Pinneberg, über das die Dinosaurier stolpern konnten. Heute gibt es Pinneberg, aber die Dassendorfer stolpern einfach nicht. „Wir könnten momentan ohne Probleme 15 Top-Spieler aufstellen und es würde keinen Leistungsabfall geben“, sagte Trainer Thomas Hoffmann nach dem souveränen 4:1: „Das ist ganz selten, aber wir haben trotzdem eine richtig gute Stimmung in der Mannschaft.“ ( http://www.hafo.de/news/fullnews.php?id=6112)
Die Pinneberger rutschten durch ihre Niederlage auf einen Abstiegsplatz. „Mit solchen Mannschaften können wir uns nicht messen, das war uns bewusst“, konstatierte Coach Thorben Reibe: „Dassendorf ist der FC Bayern der Oberliga.“
Nur eben, dass die Bayern gar nicht Erste sind und neben den Dortmundern auch den heißen Atem der norddeutschen HSV-Konkurrenz aus Hamburg und Hannover fürchten müssen. In der Oberliga dagegen? Allein ein Newcomer hält bei drei Punkten Rückstand mühsam mit: Teutonia 05. Die Ottenser ließen sich eine halbe Ewigkeit Zeit, um mal wieder im Hamburger Oberhaus ihre Spuren zu hinterlassen. Beim 3:1 gegen Mitaufsteiger Sasel gelang Aytac Erman dies mit zwei Treffern besonders gut. „Ich habe schon in der Trainingswoche gemerkt, dass eigentlich kaum etwas schief gehen kann“, war Teutonen-Trainer Sören Titze zufrieden. ( http://www.amateur-fussball-hamburg.de/t05-erman-knipst-sasel-das-licht-aus/)
Schon fünf Punkte zurück, aber auf Rang drei überrascht der Niendorfer TSV, obwohl die junge Elf vom Sachsenweg mit ihren Torchancen sehr generös umging, gegen das Schlusslicht HSV III sogar in Rückstand geriet und den 2:1-Sieg durch Leon Meyer erst in der 89. Minute sicherstellte. ( http://www.hafo.de/news/fullnews.php?id=6110)
Da die Gästefans stark vertreten waren, durfte sich Niendorfs Kassierer über 170 verkaufte Eintrittskarten freuen. Auf seine Anhänger kann sich der Aufsteiger also verlassen. Ansonsten gilt: So düster und wacklig wie beim HSV III sieht Fußball im Moment nur auf Eurosport aus.
4:1, 3:1, 2:1 .. das neue Führungstrio fuhr also standesgemäß unterschiedlich hohe Erfolge ein. Mit einem 1:1 begnügten sich dagegen Vorwärts-Wacker und Rugenbergen, wobei die Gäste dem Sieg näher kamen: Konstantinos Kordistos, der sich am besten fühlte, legte den Ball auf die Strafstoßmarke, scheiterte von dort aber an VW-Keeper Tim Wiegand. „In Zukunft werde ich wieder die Elfmeterschützen bestimmen“, erklärte Rugenbergens Trainer Ralf Palapies als Konsequenz. ( https://www.abendblatt.de/region/pinneberg/sport_137/article211730831/SVR-spielt-nur-1-1-beim-Remiskoenig.html)
Dank Wiegands Abwehr bleiben die Billstedter das Dassendorf des Unentschiedens: Fünf Spiele, fünf Remis – beachtlich für den höchstgewetteten Abstiegskandidaten, aber ob 34 Unentschieden zum Klassenerhalt reichen?
„Unsere Anhänger fahren inzwischen auch auswärts, das ist in solchen Spielen wichtig“, freute sich Osdorfs Torschütze Jeremy Wachter über die mitreisenden TuS-Fans. Überhaupt ist auswärts das neue zu Hause: Nach fünf Oberliga Runden stehen 16 Heimsiege 17 Auswärtserfolgen gegenüber. Klasse beweisen? Lässt sich auf Reisen!
Diesen Trend perfektioniert hat der SC Victoria, der aufgrund der verzögerten Umbauarbeiten im Stadion Hoheluft seine ersten 14 Punktspiele auswärts bestreitet. In Buchholz war mehr drin als ein 1:1, denn wie Rugenbergen in Billstedt vergab auch „Vicky“ eine Elfmeter-Chance: Luca David Ernst scheiterte an Philip Wilke im Kasten der Nordheidjer, die ihr schweres Auftaktprogramm dadurch oberhalb der Abstiegsplätze abschließen konnten. ( http://www.kreiszeitung-wochenblatt.de/buchholz/sport/buchholz-erkaempft-sich-ein-11-remis-d97263.html)
Ob die Zitronengelben jemals wieder an die Hoheluft zurückkehren werden? Ehe die Vicky-Kicker jetzt Frank Zanders „Nur nach Hause geh’n wir nicht“ anstimmen, sei ihnen lieber Rufus Wainwright empfohlen, der die Konzertbesucher am Freitag in der Elbphilharmonie mit den Worten begrüßte: „Ich weiß, viele Fans sind heute hier ¬– aber auch viele, die das Innere dieses Gebäudes sehen wollen.“ ( http://www.haz.de/Nachrichten/Kultur/Uebersicht/Ein-gutes-Paar-Rufus-Wainwright-und-die-Elbphilharmonie)
Und das würde Victorias Kassierer bestimmt auch freuen: Scharen, die an die Hoheluft pilgern, nur um dem neuen Kunstrasen beim Wachsen zuzuschauen.
Barmbek-Uhlenhorst nennt bereits einen Plastikplatz sein Eigen, tritt derzeit aber auch lieber auswärts an: Beim zuvor noch ungeschlagenen Curslack-Neuengamme trumpfte BU mit einem 4:1-Auswärtssieg auf. Null Punkte und Platz 17 in der Heimtabelle, sieben Zähler und Platz zwei in der Auswärts-Rangliste – ergibt zusammen laut Trainer Frank Pieper-von Valtier „komplett im Soll“. Während sich der BU-Coach über zwei Treffer des 20-jährigen Zugangs Chris Heuermann freute, ärgerten ihn die zwei späten Platzverweise für Tolga Odabas und Niklas Müller-Leitloff. ( http://www.hafo.de/news/fullnews.php?id=6109)
Das ausgekonterte Curslack konnte sich nur mit zwei Dingen trösten: Erstens traf Adrian Sousa schon zum sechsten Mal und liegt in der Oberliga-Torschützenliste weiter vorn. Und zweitens ist der ausbrechenden Spielfreunde der schlagkräftigen Barmbeker in der Fremde ja sowieso wenig entgegenzusetzen.
Apropos schlagkräftig und ausbrechend: Meteoriten und Vulkane verhinderten zwar, dass die Dinosaurier ihren Heimplatz auf der Erde behielten, aber ganz ausgestorben sind sie ja doch nicht. Nein, es geht jetzt nicht um den kulturellen Fortbestand in Filmen wie „Jurassic Park“ und auch nicht um ein Stadion im Altonaer Volkspark. Wir reden vom Sportpark Oldenfelde. Da sich Vögel ja aus Flugsauriern entwickelt haben, ist der SC Condor zweifellos der Dino der Oberliga. Und auch der fühlt sich auswärts wohler: Mit dem 2:1 bei Concordia gelang endlich der erste Sieg der Spielzeit. Jannick Martens und Ibrahim Özalp sorgten mit ihren Treffern schon vor der Pause für ein erleichtertes Yabadabadoo bei Dino-Dompteur Christian Woike.
Für „Cordi“ traf Jan Kämpfer, viel zu spät. Der Herbstmeister 2016 hat in diesem Kalenderjahr von 20 Punktspielen zehn verloren und nur fünf gewonnen. Es braucht keine Hilfslinien, um zu erkennen, dass diese Bilanz abseits der Erwartungen steht. Als nächstes geht’s am Freitag ins heimschwache Barmbek, vielleicht klappt es ja wenigstens auswärts.
Entgegen dem Trend zur fröhlichen Auswärtsfahrt kündigte der FC Türkiye vor der Saison an, ausgerechnet zu Hause eine Macht werden zu wollen. Nun, so sehr Wilhelmsburg seinen eigenen Charme besitzt – die Grundregeln der Hamburger Oberliga sind auch dort nicht außer Kraft gesetzt. Und so ließ der FC Süderelbe die Gastgeber bei seinem 3:0-Erfolg ganz alt aussehen.
Was auch am Belag gelegen haben könnte. Zumindest ging Türkiye-Trainer Dennis Kreutzer auf den Heimnachteil Naturrasen ein, der seine fußballerisch starke Mannschaft hemmen würde: „Wir brauchen hier immer einen Tick länger, bis wir die Bälle richtig verarbeitet haben. Für die Mannschaften, die robuster sind und eher über das Körperliche kommen, ist es natürlich einfacher.“ Wo die Dinosaurier schon nicht robust genug waren, um in der Evolution zu überleben, dürfte es eine Mammut-Aufgabe für Kreutzer werden, seine Spieler auf das gewachsene Grün einzustellen. ( http://www.fussifreunde.de/artikel/buhrufe-als-motivation-sobby-schaedelt-und-straft-ex-klub-ab/)
Auf der Gegenseite war die Stimmung heiter. „Wir haben eine gute Chemie und sind ein Team“, sagte Süderelbes Coach Markus Walek nach dem Erfolg am Freitagabend – und arbeitete sofort an der nächsten Überraschung: „Ich fahre gleich rund 500 Kilometer nach Siegen. Ein Freund von mir wohnt dort und feiert in seinen 30. Geburtstag rein. Da bin ich so etwas wie der Überraschungsgast.“
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