17.09.2017 Über (Victoria) Hamburg tobt ein Gewitter - in Dassendorf lacht die Sonne von Andreas Killat
vs.
TuS Dassendorf – SC Victoria 4:2 (3:0)
TuS Dassendorf: Gruhne – Warmbier, Aust, Carolus – Thomas, Dettmann, Louca (62. Karikari), Dittrich – Nägele (46. Kurczynski), Möller – von Walsleben-Schied (72. Müller) SC Victoria: Lohmann – Petzschke, M. Bergmann, Ermisch – Nikroo (64. D. Bergmann), Branco, Ernst (64. Hacker), Schmid – Strömer, Kohpeiß – Scharkowski Tore: 1:0/2:0 von Walsleben-Schied (15./30.), 3:0 Dittrich (44.), 3:1 Kohpeiß (59.), 3:2 Branco (86.), 4:2 Dittrich (89.) Schiedsrichter: Falah Abed Saad (VfL 93): Der FIFA-Schiedsrichter leitete sehr gestenreich. Die erste Gelbe Karte für Schied (17.) für ein harmloses Foul in der gegnerischen Hälfte war übertrieben. Insgesamt aber eine ordentliche Vorstellung. Beste Spieler: Nägele, Dettmann, Warmbier, Dittrich, von Walsleben-Schied (alle 1.Hz) – Strömer, Schmid, Kohpeiß (alle 2. Hz) Zuschauer: 248
In der Halbzeitpause trudelten übers Handy (bzw. die Wetter-App) die Meldungen am Sachsenwald ein: Schwere Gewitter über Hamburg (die dann ja auch zu einigen Spielabbrüchen führten). Am Wendelweg hingegen herrschten allerbeste Fußballbedingungen: Um die 18 Grad, sonnig (bzw. leicht bewölkt) und trocken – perfekt! Dafür erlebte allerdings der SCV sein ganz persönliches „Gewitter“.
Denn die Gastgeber zeigten Vicky deutlich die Grenzen auf, spielten die Blau-Gelben 45 Minuten lang regelrecht an die Wand. „Das war von Anfang an eine Topleistung“, schwärmte TuS-Coach Thomas Hoffmann nach dem Spiel zu Recht. Alle Blau-Weißen waren ständig in Bewegung, jedem Ball wurde nachgesetzt und spielerisch geradezu brilliert. Da fielen die Tore fast zwangsläufig: Flanke Pascal Nägele von der rechten Eckfahne und in der Mitte köpft Marcel von Walsleben-Schied aus neun Metern sträflich frei zum 1:0 ein (15.).
Sinnbildlich für die Dassendorfer „Unterbeschäftigung“ in der Abwehr: Beim nächsten Treffer waren zwei Mann aus der Dreierkette aktiv (und tief in Vickys Hälfte) am Tor beteiligt. Joe Warmbier aus dem linken Halbfeld (direkt vor der SCV-Bank) mit einem Zuckerpass auf den Elfmeterpunkt, dort lässt Rinik Carolus das Leder kurz abtropfen und „Schiedi“ markiert aus acht Metern das 2:0 (30.). Herrlich anzusehen. Und auch hinten ist der Torjäger wertvoll: Fast im Gegenzug holte Kohpeiß an der Strafraumgrenze schon zum Torschuss aus, wurde aber von „MvWS“ noch eingeholt, der ihm dann das Leder vom Fuß spitzelte (31.). Ein Beleg für die unheimliche Laufleistung aller Dassendorfer heute.
Kurios der dritte Treffer: Nägele mit einem seiner bekannt weiten Einwürfe direkt in den Fünfmeterraum, Keeper Dennis Lohmann ist irritiert, „pritscht“ den Ball nach vorne ab und Maxi Dittrich kann aus drei Metern locker vollstrecken (44.).
Dassendorfer Jubel nach dem 3:0: Dittrich (m.) lässt sich feiern. Foto: André Matz
Und Vicky? Schaute nur zu. Bis auf eine Aktion von Julian Schmid, der sich über links gut durchtankte und den Ball scharf vors Tor brachte, wo Kohpeiß am Leder vorbei rauschte (12.), war es eine enttäuschend und erschreckend erste Halbzeit des Rekordmeisters. Doch wie das häufig im Fußball so ist: Dem einen tut die Pause gut, dem anderen weniger.
Denn nach der fast zwanzigminütigen Unterbrechung stand plötzlich eine ganz andere Victoria-Elf auf dem Rasen (und zwar ohne Wechsel). Auf einmal wurden die Zweikämpfe angenommen (und auch mal gewonnen) und endlich aktiv der Weg zum Tor gesucht. Kohpeiß gab erst noch einen ersten Warnschuss knapp neben das Tor ab (56.), machte dann nach Vorlage von Strömer tatsächlich das 1:3 (59.). Geht da etwa noch was? Vielleicht. Denn als Schied das „sichere“ 4:1 verpasste (völlig frei aus sechs Metern an den Pfosten, 66.) witterte die Richter-Elf ihre Chance.
Petzschke (l.) im Duell mit Marcel von Walsleben-Schied. Foto: André Matz
Freistoß Mirco Bergmann zu Schmid, der gefühlvoll auf den zweiten Pfosten, doch den Kopfball von Kohpeiß kratzt Lennart Müller für seinen schon geschlagenen Keeper von der Linie (75.). „In die Räume rein“, rief Hoffmann verzweifelt, doch seine Truppe konnte nicht mehr annähernd die Leistung von der ersten Halbzeit abrufen. Der Anschlusstreffer fiel dennoch etwas überraschend: André Branco zog aus fast 25 Metern einfach mal ab, Christian Gruhne patzte und schon war das Ding drin (86.). Gruhne hinterher ehrlich: „Ich sehe den Ball zwar sehr spät, aber ganz klar mein Fehler“.
„Jonny“ Richter wollte nun mehr. „Wir haben in der Halbzeit vom großen Comeback geträumt“, so der 30jährige, doch statt den Ausgleich zu markieren, kassierten die aufgerückten Gäste den endgültigen KO. Müller aus dem Mittelfeld heraus mit einem Traumpass in die Tiefe, Dittrich startet durch, umkurvt auch noch Lohmann und schiebt ins leere Tor zum 4:2 ein (89.). In der Nachspielzeit sogar fast noch der fünfte Treffer, aber Petzschke konnte den Schuss von Kapitän Amando Aust auf der Linie klären. Jubel der Erleichterung bei den Hausherren nach dem Abpfiff und auch die Gäste konnten sich nach katastrophaler erster Halbzeit am Ende wieder in die Augen sehen.
So macht Fußball Spaß. Und alles könnte so schön sein. Gäbe es da nicht die Spielverderber vom Futsal. Denn das absolute Topspiel am kommenden Wochenende gegen den Tabellenzweiten Teutonia 05 steht auf der Kippe. Grund: Das sowieso schon „zwangsweise“ auf Freitag vorverlegte Spiel (auf der Trainingswiese unter Funzellicht) könnte noch ganz ausfallen, wenn die Teutonen-Futsaler schon am Freitag zum Länderspiel nach Slowenien anreisen müssen.
Stimmen:
Jean-Pierre Richter (Trainer SC Victoria): Dassendorf hat das Spiel verdient gewonnen. In der ersten Halbzeit waren wir weit weg von einer Performance, die das Prädikat Spitzenspiel verdient gehabt hätte. Wir waren viel zu passiv, aber Dassendorf hat auch einen sehr guten Ball gespielt und uns die Grenzen aufgezeigt. Wir haben einfach zu viel falsch gemacht. In der Pause haben wir uns geschworen, dass wir hier keine Klatsche kriegen und wir uns ein bisschen Respekt zurückholen. Wir haben gezeigt, dass wir auch ganz ordentlich spielen können. Nach dem 2:3 waren wir dicht vor der erhofften Schlagzeile „Das Vicky-Comeback“, aber kurz vor dem Ende ist der Traum von der coolen Story geplatzt.
Thomas Hoffmann (Trainer TuS Dassendorf): Das war eine Granaten erste Halbzeit. Die Beste, die wir bisher gespielt haben. Das war ganz starker Fußball. Toll herausgespielte Tore und bis auf eine Kontersituation hinten nichts zugelassen. Wirklich hervorragend. Aber dann passiert es, wie es schon acht Millionen Mal im Fußball passiert ist: Du redest in der Pause auf die Mannschaft ein, dass wir die Konzentration und Anspannung hochhalten und weiter druckvoll spielen wollen – aber schon drei Minuten nach Wiederanpfiff war klar: Die Konzentration ist weg und der Gegner kommt ins Spiel. Da war es unheimlich schwer, den Schalter wieder umzulegen. Wenn Schiedi seine Hunderterprozentige zum 4:1 nutzt (66.) ist wohl alles klar. Aber plötzlich steht es nur noch 3:2 und Du fängst noch an zu zittern. Und das nach so einer ersten Halbzeit. Irgendwann wird das mal bestraft – heute glücklicherweise nicht. Wir sind hochzufrieden, gegen so ein Topteam wie Vicky gewonnen zu haben
Statistik: Gesamt-Punktspielstatistik aus Sicht des Gastgebers (seit 1949): 15 Spiele, 4 Siege, 5 Remis, 6 Niederlagen, 26:24 Tore
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