21.10.2017 Dassendorfer Spielglück gepaart mit Intensität und Leidenschaft von Andreas Killat
vs.
TuS Dassendorf – Niendorfer TSV 3:1 (0:0)
TuS Dassendorf: Gruhne – Warmbier, Karikari, Carolus – Thomas, Dettmann, Aust, Dittrich – Müller (75. Kurczynski), Nägele (89. Louca) – von Walsleben-Schied (84. Steinfeldt) Niendorfer TSV: Kindler – Benn, Krüger, Huneke, Agdan – Karow, Kukuk (86. Speck) – Afsin (84. Jeong), Wilhelm (75. Kutschke), Trenel – Hartwig Tore: 1:0 Müller (53.), 2:0 von Walsleben-Schied (83.), 2:1 Kutschke (86.), 3:1 Dittrich (90.+2, HE) Besondere Vorkommnisse: Benn (NTSV) scheitert mit FE an Keeper Gruhne (51.) Schiedsrichter: Murat Yilmaz (FC Türkiye): Über seine heutige Leistung könnte man ein ganzes Buch schreiben. Gefühlt war jede (!) seiner Entscheidungen falsch. So hätte er Karikari für das (durchaus zweifelhafte) Elfmeterfoul konsequenterweise auch mit Rot vom Platz stellen müssen (50.), gab aber nicht einmal Gelb! Auch Hartwig hätte für seine Attacke an Warmbier mit Gelb-Rot vom Feld gemusst (64.), ebenso der bereits verwarnte Tim Krüger für sein Handspiel (90.+2). Für die äußerst grenzwertige Grätsche von Schied an Agdan gab es nur Gelb (54.). Das anschließende Nachtreten des Niendorfers übersah er sogar komplett, verwarnte stattdessen den Niendorfer Auswechselspieler Ehrenberg (bei der nachfolgenden Rudelbildung mit 20 Akteuren). Beste Spieler: Gruhne, Carolus, Müller – Afsin, Kukuk, Huneke Zuschauer: 187
Spitzenspiel am Wendelweg! Und um es gleich vorweg zu nehmen: Die Partie hatte (insbesondere in der zweiten Hälfte) alles, was dazu gehört: Trubel, Tumulte, Torchancen, Leidenschaft – und zwar auf beiden Seiten! Der Beginn war allerdings noch etwas holprig. TuS-Coach Thomas Hoffmann: „Was wir in der ersten Viertelstunde gezeigt haben bzw. nicht gezeigt haben, das gab es in dieser Saison bisher noch nicht. Da hörte man noch das Schnarchen im Walde“. Aber das lag eben auch am Gegner. Denn Niendorf (acht Siege aus den letzten neun Partien) präsentierte sich richtig stark, lieferte dem Meister einen packenden Kampf.
So hätten die Gäste schon früh in Führung gehen können, wenn nicht sogar müssen: Nach einem Querschläger von Finn Thomas stand Nico Kukuk völlig frei vor Christian Gruhne, aber Dassendorfs Keeper konnte den gegen seine Laufrichtung gespielten Ball noch mit einem wahnsinnigen Reflex via Fußabwehr halten (9.). Bitter für Niendorf, denn das hätte dem Spiel sicher einen ganz anderen Verlauf gegeben. Und es sollte sogar noch schlimmer kommen, aber dazu später mehr.
Die Hausherren brauchten fast zwanzig Minuten, um sich aus ihrer Lethargie zu befreien. Nach Flanke von Schied köpfte Jeremy Karikari etwas zu mittig aufs Gehäuse (23.), dann verzog Henrik Dettmann nach feinem Solo (24.) und schließlich scheiterte Amando Aust nach einer schönen Kopfball-Stafette (Müller-Aust) am glänzend reagierenden Marcel Kindler (41.). Dieser Schlussspurt machte Appetit auf mehr – und es folgte eine grandiose zweite Halbzeit mit allem, was Fußball so faszinierend macht.
Und wieder waren es die Gäste, die den besseren Start hatten. Malte Wilhelm schickte Magnus Hartwig mit einem Traumpass auf die Reise. Der steuerte alleine auf Gruhne zu, wurde aber von Karikari zu Fall gebracht (50.). Die Gastgeber wollten das Foul zwar außerhalb des Strafraums gesehen haben, doch Schiri Yilmaz zeigte sofort auf den Punkt. Warum es für diese „Notbremse“ als letzter Mann (keine ballorientierte Aktion!) jedoch keine persönliche Strafe gab (nicht einmal Gelb!), bleibt wohl sein Geheimnis. Kapitän Adam Benn übernahm die Verantwortung, doch den halbhoch geschossenen Ball konnte Gruhne stark parieren (51.). „Wir haben einfach keinen sicheren Elfmeterschützen mehr“, haderte NTSV-Coach Ali Farhadi nach dem Spiel (siehe „Stimmen“).
Die zweite Schlüsselszene für Niendorf und auch für Thomas Hoffmann „der Knackpunkt des Spiels“. Nun war Feuer in der Partie! Niendorf war kurz geschockt und Dassendorf hatte das Momentum auf seiner Seite. Marcel von Walsleben-Schied brachte quasi im Gegenzug einen Freistoß auf den zweiten Pfosten, dort lauerte Lennart Müller und köpfte aus zwei Metern Kindler (der auf der Linie kleben blieb) durch die Beine zum 1:0 (53.). Wie eine Befreiung – Riesenjubel beim Meister!
Keine fünfzig Sekunden später der nächste Aufreger: Schied räumte (direkt vor der Dassendorfer Bank) mit einer sehr rustikalen Grätsche Agdan ab, der sich mit einem Tritt „bedankte“ (54.). Tumulte und Rudelbildung! Nahezu alle 22 Spieler nebst Ersatzbänken hatten sich zum Tête-à-Tête eingefunden, doch Yilmaz zückte letztlich nur zweimal Gelb. Auch zehn Minuten später, als der bereits gelbverwarnte Hartwig Joe Warmbier von hinten in die Hacken trat (64.), ließ der Referee die fällige (Gelb-)Rote Karte in der Hosentasche. Hoffmann dazu: „Ich halte Murat Yilmaz wirklich für einen hervorragenden Schiedsrichter, aber heute hat er auf beiden Seiten Entscheidungen getroffen, die habe ich überhaupt nicht verstanden“.
Bärenstark: Rinik Carolus (l.) trieb das Leder heute immer wieder dynamisch nach vorne. Foto: Alexander Knull
Aber Fußball wurde auch noch gespielt – und zwar richtig guter (von beiden Teams)! Mit der Führung im Rücken stellten die Gastgeber auf 4-2-3-1 um, aber der NTSV blieb gefährlich. Nach einem Konter über Wilhelm zog Ilyas Afsin aus spitzem Winkel ab – Gruhne erneut zur Stelle (71.). Knisternde Spannung und Dramatik pur, die sich sogar noch steigern sollte. Für „Entspannung“ sorgte kurzfristig das zweite Tor: Keeper Gruhne mit einem Abschlag auf Kurczynski, der direkt in den Lauf von Dittrich verlängert und dessen Flanke von der linken Seite verwertet Schied in Profi-Manier im Fünfmeterraum zum 2:0 (83.). Da sah die sonst so sichere Hintermannschaft der Gäste nicht gut aus.
Doch Niendorf steckte nicht auf. Eine Co-Produktion der eingewechselten Hunu Jeong und Ante Kutschke nutzte Letzterer (leicht abgefälscht von der TuS-Abwehr) zum 1:2-Anschlusstreffer aus zehn Metern (86.). Vollalarm am Wendelweg! Die tolle Serie (12 Siege) drohte zu reißen, denn nun schien die Farhadi-Elf das Momentum auf ihrer Seite zu haben. Doch der dritte Einwechselspieler, Lennard Speck, hatte weniger Glück, verzog seinen Freistoß aus gut 20 Metern am langen Pfosten vorbei (90.+1). Im Gegenzug die endgültige Entscheidung: Eine Hereingabe von Dittrich wehrte Krüger mit dem Ellenbogen auf Kopfhöhe ab. Klare Sache: Elfmeter! Der „Maximiser“ schnappte sich die Kugel und verwandelte sicher zum 3:1 (90.+2). Durchatmen. Was für ein Fight, was für ein Match.
Niendorf ist definitiv „keine graue Maus mehr“ (O-Ton Farhadi) und auch Sportchef Jan Schönteich zollte anerkennend Respekt: „Niendorf war das Beste, was hier bisher zu Gast war“. Versöhnliche Worte auch hinterher auf der Pressekonferenz, beide Klubs wollen ihre alten Streitigkeiten nun endgültig begraben. So soll das sein!
Stimmen:
Ali Farhadi (Trainer Niendorfer TSV): Das war wirklich mit Abstand das beste Spiel bisher. Es ist nur schade, dass wir hier keine Punkte mitnehmen. Wir haben unsere Tore nicht gemacht und dann gehst Du eben verdient als Verlierer vom Platz. Einige Spieler haben sich zu lange mit Themen beschäftigt, die nicht funktioniert haben. Der Elfmeter für uns war absolut gerechtfertigt, aber leider haben wir diese Saison keine Qualität für die Verwandlung auf dem Platz. Da fehlt uns unser Ex-Kapitän Kocadal sehr. Natürlich kann man darüber diskutieren, ob es nicht auch eine Karte für das Foul geben muss. Man hat sofort gemerkt, dass dieser gehaltene Elfmeter Dassendorf Auftrieb gegeben hat und im Gegenzug fällt dann das 1:0. Da hat die Abstimmung zwischen Huneke und Kindler nicht funktioniert. Aber wir haben vernünftig weitergespielt. Richtig sauer bin ich über das 2:0. Da sind wir mit sechs Leuten im Strafraum, aber keiner ist aktiv. Das war wie bei der Blau-Helm-Truppe, die nicht schießen dürfen, sondern nur mitlaufen und gucken, was passiert. Nach dem 1:2 habe ich gehofft, dass Dassendorf nervös wird und wir das nutzen können. Aber war leider nicht so. Kein schlechter Auftritt von uns. Das Spiel hat Spaß gemacht. Nur das Ergebnis ist schlecht.
Thomas Hoffmann (Trainer TuS Dassendorf): Wir haben heute in einigen Situationen Glück gehabt. Für mich war das zwar kein Elfmeter, sondern außerhalb, aber da unser Spieler deutlich letzter Mann war, hätte es auch Rot geben können. Der gehaltene Elfmeter war der Knackpunkt. Da ging ein Ruck durch die Mannschaft. Wir können uns bei Chris Gruhne bedanken. Es war ein Spiel auf Augenhöhe. Niendorf hat sich klasse präsentiert, da wird nachgesetzt und Fußball gespielt. Und zwar qualitativ hervorragend. Endlich mal ein Gegner, der sich nicht mit 11 Mann hinten reinstellt. Es war ein ganz harter Gang heute. Wir hatten das Spielglück auf unserer Seite, die Tore sind zum richtigen Zeitpunkt gefallen. Ansonsten hätte das Ergebnis definitiv auch anders aussehen können.
Statistik: Gesamt-Punktspiel-Bilanz aus Sicht des Gastgebers (seit 1949): 9 Spiele, 5 Siege, 2 Remis, 2 Niederlagen, 14:10 Tore
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