07.11.2017 Pokal: Es gibt schöne Siege und es gibt solche Siege von Andreas Killat
Dieses Heimspiel des Niendorfer TSV wird präsentiert von Marcus Scholz
Achtelfinale
vs.
Niendorfer TSV – FC Türkiye 2:0 (0:0)
Niendorfer TSV: Kindler – Benn, Krüger, Huneke, Speck – Kukuk (46. Hartwig), Agdan, Tafese – Jeong (80. Nadler), Afsin (56. Streubier), Trenel FC Türkiye: Braun – Pettersson, Mustafov, Taflan, Zakerwal – Yapici, Beckmann – Gencel, de la Cuesta, Kaya (46. Stefanovic) – Tüter Tore: 1:0 Trenel (59.), 2:0 Streubier (90.+1) Schiedsrichter: Alexander Teuscher (SC Eilbek): Versuchte immer, Ruhe reinzubringen und den Ball laufen zu lassen. Ahndete viele kleine taktische Fouls nicht sofort mit Gelb, was insbesondere der Gästetrainer beklagte. Beste Spieler: Benn, Trenel – Mustafov, Yapici Zuschauer: 85
„Ich habe heute keinen Neuner“, seufzte NTSV-Coach Ali Farhadi vor dem Anpfiff. Denn Magnus Hartwig war angeschlagen und Ante Kutschke nicht spielberechtigt (da schon für Norderstedt im Pokaleinsatz). „Daher probieren wir heute mal 4-3-3“. Doch nach einer schwachen ersten Hälfte änderte Farhadi das umgehend. „Nico Kukuk und Tevin Tafese haben heute nicht so funktioniert. Ilyas Afsin hat kaum Bälle bekommen, so dass wir total ungefährlich waren“.
Dem kann man nur uneingeschränkt zustimmen. Denn die erste Halbzeit bot den (wenigen) Zuschauern bei frostigen Temperaturen lediglich vorweihnachtliche Magerkost. Die Gäste waren vor allem auf die Defensive bedacht und lauerten auf schnelle Gegenstöße. Niendorf tat den Wilhelmsburgern den Gefallen und verzettelte sich immer wieder in der vielbeinigen Abwehr, so dass die Truppe von Klaus Klock zu einigen vielversprechenden Aktionen mit schnellem Umschaltspiel kam. Doch weder Tolga Tüter mit einem Schuss übers Tor (11.), noch Serhat Yapici (18.), oder Sascha de la Cuesta aus halbrechter Position (27.) konnten etwas Zählbares erreichen. Glück hatte Medeni Kaya, der früh Gelb gesehen hatte und nach einem ziemlich rüden Foul an Adam Benn mit einer Ermahnung (statt mit Gelb-Rot) davon kam (30.).
Nach dem Seitenwechsel brachte Farhadi den leicht angeschlagenen Magnus Hartwig und stellte auf 4-4-2 um. „Da sind wir einfach gefährlicher und effektiver“. Ganz genau. Nach der müden ersten Hälfte mit quasi nur einer Halbchance (Afsin am zweiten Pfosten nach langgezogener Flanke von Benn, 20.) wurde es nun deutlich munterer. Nach einer Ecke von Lennard Speck köpfte Benn schulbuchmäßig aufs Tor, doch Keeper Tobias Braun konnte reflexartig (wohl mit der Schulter?!) klären (49.).
Doch auch die Gäste blieben gefährlich: Der eingewechselte Ex-Profi Nikola Stefanovic mit Dampf über die linke Seite, schöne Flanke auf den zweiten Pfosten und Gencel mit der Riesenchance zum 1:0. Aber Marcel Kindler hielt sein Team im Rennen (53.). Und endlich wurden die frierenden Zuschauer belohnt: Tafese aus dem Mittelkreis mit einem feinen Zuspiel in die Spitze auf Trenel, der mit viel Tempo an dem zu zögerlichen Braun (Klock: „Da geht er erst vor, dann zurück, dann wieder nach vorne und rutscht dann auch noch aus“) vorbeizieht und schließlich ins verlassene Tor einschiebt (59.).
Nun hatte der NTSV das Spiel, was er haben wollte. Die Gäste mussten kommen – taten sich aber sehr schwer dabei. Es läuft momentan nicht wirklich etwas zusammen an der Landesgrenze, was auch Klock hinterher beklagte (siehe „Stimmen“). Bis auf einen Schuss von de la Cuesta aus dem Rückraum (69.) gab es keine einzige ernsthafte Ausgleichschance mehr. Dafür konterte Niendorf in der Nachspielzeit noch zum 2:0: Nach einem verunglückten Abschlag von Braun genau in die Beine von Björn Nadler steckt dieser blitzschnell durch auf Dario Streubier, der die Kugel aus 17 Metern satt unter die Latte in die Maschen drosch (90.+1).
Über weite Strecken keine besonders ansehnliche Partie, aber im Pokal zählt ja nur das Weiterkommen. „Es gibt schöne Siege – und es gibt solche Siege“, brachte es Liga-Manager Marcus Scholz auf den Punkt. Nach zwei Jahren Achtelfinalaus hintereinander endlich wieder das Viertelfinale erreicht. Genau das hat der FC Türkiye in seiner (kurzen) Vereinsgeschichte zum Beispiel noch nie geschafft (siehe Statistik am Ende des Berichtes).
Stimmen:
Klaus Klock (Trainer FC Türkiye): Wir haben rund 30 Minuten vernünftig gespielt, nämlich so, wie wir uns das vorgenommen hatten. Bei Ballverlusten des Gegners haben wir uns einige Chancen erarbeitet. Dann sind wir wieder ins alte Schema verfallen: Die Mannschaftsteile zu weit auseinander und mit drei Mann vorne raufgegangen. Das wollten wir gar nicht. Eigentlich war es ein Spiel auf Augenhöhe, aber momentan ist es halt so, dass wir solche Spiele verlieren. Wir machen vorne einfach keine Tore und bei beiden Gegentoren sieht unser Torwart schlecht aus. Niendorf spielt ein ganz einfaches System: Alle nach vorne und bei Ballverlust Foulspiel und alle wieder zurück. Trotzdem bekommen wir sechs Gelbe Karten und Niendorf nur eine. Das will mir nicht in den Kopf. Erschreckend war für mich dabei, dass sich der Schiedsrichter mit Herrn Farhadi duzt. Der Schiedsrichter hat sicherlich nicht das Spiel entschieden, aber das war schon extrem heute. Die Niederlage ist sehr enttäuschend, weil wir mindestens gleichwertig waren. Aber wir haben das Spiel durch dumme Fehler hergeschenkt. Nun müssen wir uns überlegen, was wir trainieren müssen, damit wir mal wieder Tore schießen.
Ali Farhadi (Trainer Niendorfer TSV): Das war eine schwere Geburt. Was wir in der ersten Halbzeit abgeliefert haben, das war „nicht schlau“. Wir haben hier versucht, Fußball zu spielen, was auf diesem Platz nicht möglich ist. Türkiye hat das clever gemacht, haben uns das Spiel überlassen und sich weit zurückgezogen, um dann mit schnellen Kontern nach vorne zu stoßen. Bei uns hatten einige Spieler keine Normalform, so dass wir zur Halbzeit reagiert haben. Wir haben eine gute Ersatzbank und können da immer noch nachschieben. Ich freu mich insbesondere für Björn Nadler. Nach seiner Einwechslung hatten wir sofort ein ganz anderes Spiel, das hat mir sehr gefallen. Am Ende war Türkiye platt, das hat man gemerkt. Aber das ist eine saustarke Truppe, die werden nicht lange da unten in der Tabelle rumhängen. Mit ein bisschen Pech hätten wir das heute auch verlieren können.
Statistik: Pflichtspiel-Bilanz aus Sicht des Gastgebers (seit 2000): 6 Spiele, 4 Siege, 1 Remis, 1 Niederlage, 11:5 Tore
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