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31.03.2018
Weiße Ostern: Der Lenz ist da von Andreas Killat




vs.


SV Curslack-Neuengamme – VfL Pinneberg 2:2 (2:2)

SV Curslack-Neuengamme: Lucassen – Brudler, Spiewak, Yücel, Wilhelm – Rogge, Papke (29. Hoffmann) – Beldzik, Radic, Landau (60. Sousa) – Lenz (73. Klein)
VfL Pinneberg: Albracht – Walter, Knottnerus, Werning – Albry, Kulicke, Dora, Schlumbohm – Sarpong – Uitz (79. Oudjouadj), Koyro (73. Ivanko)
Tore: 1:0/2:0 Lenz (9./16.), 2:1 Kulicke (19.), 2:2 Koyro (40.)
Besondere Vorkommnisse: Landau scheitert per Foulelfmeter an Keeper Albracht (48.)
Schiedsrichter: Benjamin Stello (SC Egenbüttel): Der zum Saisonende aus dem VSA ausscheidende Schiri machte seine Sache gut. Trotz der schwierigen Bodenverhältnisse fast immer mit der richtigen Zweikampfbeurteilung.
Beste Spieler: Radic, Lenz (beide 1. Hz) – Albracht, Knottnerus, Kulicke
Zuschauer: 105

“Der Lenz ist da“ titelte die Curslacker Stadionzeitung „Vereinsbrille“ heute (mit geradezu seherischen Fähigkeiten für diese Partie), dazu ein großes Foto von Stürmer Timo Lenz auf dem Cover. Doch was sich ab der 46. Minute am Gramkowweg abspielte, ließ die frierenden Zuschauer eher an Weihnachten, als an den Frühling bzw. Ostern denken (siehe Foto).

Dafür erwärmte allerdings der starke Beginn der Hausherren die Fans und ließ so etwas wie Frühlingsgefühle aufkommen. Hauptverantwortlicher Akteur dabei (Nomen est omen): Timo Lenz. Nachdem Simon Yücel, der heute für den verletzten Marvin Schalitz in die Innenverteidigung rückte, eine Landau-Ecke übers Tor köpfte (5.) und Jan Landau nach einem Ausflug von Keeper Lucas Albracht aus 30 Metern das leere Tor verfehlte (8.), schlug der „Frühlings-Bote“ eiskalt zu. Die „MB’s“ (Mike Beldzik und Mark Brudler) spielten sich herrlich über die rechte Seite bis in den Strafraum durch und den perfekten Querpass musste Lenz nur noch über die Linie drücken (9.). „Toll gespielt, Männer“, war auch Coach Torsten Henke begeistert. Und weiter ging die wilde Fahrt: Stjepan Radic setzt sich im Zentrum erst klasse gegen Sven Kulicke durch und steckt dann das Leder durch die Schnittstelle in den freien Raum auf Lenz durch. Doch dem versagten völlig frei vorm Tor die Nerven (14.). Aber aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben – und so erzielte der letztjährige Neuzugang vom Lauenburger SV eben einen Angriff später seinen zweiten Treffer: Ecke Witalij Wilhelm, Kopfballgeschoss Lenz: 2:0 (16.)!

Nun hatte VfL-Coach Thorben Reibe genug gesehen und korrigierte seinen Versuch, hier mit einer Dreierkette zum Erfolg zu kommen, und stellte auf die bewährte Vierer-Abwehrformation um. „Das hat dann wesentlich besser geklappt“, so Reibe später: „Die Lücken im Zentrum waren danach nicht mehr so groß“. Mit der so neu gewonnenen Stabilität in der Defensive ging nun plötzlich auch nach vorne etwas für die Gäste. Madjid Albry hatte auf dem rechten Flügel freie Bahn und dessen Zuspiel schlenzte Kulicke zum 1:2-Anschlusstor in die Maschen (19.). Man sah und spürte es deutlich: Nun war der VfL am Drücker – und der Ausgleich wohl nur noch eine Frage der Zeit.

Vorher allerdings gab es noch einen großen Schock zu verdauen: Kulicke und Patrik Papke, der vor der Partie für seinen 250. Einsatz bei den „Blauen“ mit einem gerahmten Trikot geehrt wurde (siehe Foto), rasselten im Mittelfeld mit den Köpfen zusammen (24.). Sofort bestürzte Gesichter bei den Mitspielern und große Hektik brach aus. Während Kulicke mit einem leichten Brummschädel davon kam und weitermachen konnte, blieb „Paddy“ blutüberströmt auf dem Platz liegen. Erste Diagnose: Platzwunden am Schädel und unterhalb des Auges. Ob es zugleich ein Jochbeinbruch ist, konnte da noch nicht abschließend gesagt werden. Die zuerst herbeigerufene Feuerwehr (mit 6 Mann Besatzung) bzw. der kurz danach eingetroffene RTW brachten den Jubilar (was für ein denkwürdiger Tag!) sofort zur Untersuchung ins Krankenhaus. HAFO wünscht gute Besserung!


Trikotgeschenk für “Paddy“ Papke

Nach fünfminütiger Unterbrechung ging es schließlich weiter. Doch für die Vierländer war dieser Vorfall ganz offenbar nicht so leicht zu verdauen. „Wir haben ab da aufgehört Fußball zu spielen“, meinte Henke hinterher. Tatsächlich war nun eine Stunde lang nur noch der VfL zu sehen. Und so kam es, wie es aus Sicht der Heimelf wohl kommen musste: Schlafmütziges (weil völlig passives) Abwehrverhalten im Zentrum (Papke fehlte!), Knottnerus bediente Kulicke und der legte am Elfmeterpunkt mit der Hacke (!) auf Kevin Koyro ab. Dessen gefühlvoller Schuss schlug unhaltbar für Lucassen im langen Eck zum Ausgleich ein (40.).

Mit dem Pausenpfiff setzte dann der große Schneefall ein – und der vorher grüne und gut bespielbare Kunstrasen verwandelte sich in eine rutschige Winterlandschaft (siehe Foto). „Damit waren unsere leichten spielerischen Vorteile natürlich passé“, so Henke. Sein Team allerdings konnte er trotz aller Zurufe von der Seitenlinie aus nicht davon abbringen, es weiter mit klein-klein und Kurzpassspiel zu versuchen. „Das war natürlich Unsinn auf dem Boden“.


Winterimpressionen zu Ostern: Die zweite Halbzeit war eine Rutschpartie

Die Pinneberger profitierten so immer wieder von leichten Curslacker Ballverlusten und hatten reihenweise Chancen zum 3:2. Vorher allerdings waren es die Vierländer, die der Partie eine andere Richtung hätten geben können. Nach einem ungestümen Foul von Knottnerus an Niklas Hoffmann gab es völlig zu Recht Elfmeter. Doch Landaus kläglicher Versuch wurde für Albracht zur leichten Beute (48.). Dabei hätte Landau gar nicht schießen sollen (Hoffmann hatte sich schon das Leder geschnappt) – und musste sich nun entsprechende Kommentare seiner Mitspieler anhören. Und auch Henke war hinterher bedient: „Das muss ich vielleicht auch mit auf meine Kappe nehmen. Niki Hoffmann war als Elfmeterschütze vorgesehen und wollte ja auch schießen. Da hätte ich von außen Einfluss nehmen müssen“.

Dem VfL wars natürlich egal. Und nun rollte ein Angriff nach dem anderen Richtung CN-Tor. Lennart Dora verstolpert aus 12 Metern, den abprallenden Ball feuert Koyro übers Gebälk (52.). Marcel Uitz steht nach feinem Zuspiel von Frederic Sarpong völlig blank am Elfmeterpunkt, setzt die Kugel aber tatsächlich neben (!) das Tor (73.). Felix Schlumbohm zirkelt einen Freistoß herrlich auf den zweiten Pfosten, wo von hinten Max Walter angerauscht kommt und in Lucassen seinen Meister findet (78.). Was für Riesenchancen für die ums Überleben kämpfenden Pinneberger.

Und die Gastgeber? Wie schon erwähnt, eine Stunde lang quasi gar nicht zu sehen (bis auf den Elfmeter und zwei von Adrian Sousa hoch in den Schneehimmel geschossenen Freistößen). Aber mit dem eingewechselten Florian Klein (73.) kam doch noch mal Schwung in die Vierländer Bude. In den letzten zehn Minuten sahen sich nun plötzlich wieder die Pinneberger, wie schon zu Beginn der Partie, mächtig unter Druck gesetzt.

Klein schien der schneebedeckte Boden nichts auszumachen, leichtfüßig „tanzte“ er mehrfach über die linke Seite an allen VfLern vorbei. Doch weder seine scharfe Hereingabe (von Knottnerus in letzter Sekunde vorm einschussbereiten Sousa zur Ecke geklärt, 81.), noch seinen Knaller aus 10 Metern (vom Keeper klasse gehalten, 88.) brachten den erhofften Siegtreffer. Als dann auch Hoffmann völlig freistehend aus wenigen Metern an Albracht scheiterte (90.), war das Remis irgendwie doch das gerechte Endergebnis.

„Das war heute moralisch top. Ich hoffe, dass es bei uns jetzt bergauf geht. Zuletzt hatten wir nur 12 Spieler beim Training, nach Ostern sind es wieder um die 20“, sieht Gäste-Coach Reibe dem Restprogramm optimistisch entgegen: „Da hat man dann ganz andere Möglichkeiten. Wir haben uns noch nicht aufgegeben und werden dagegen halten“.

Solche Sorgen hat Torsten Henke nicht (mehr). Nach zuletzt fünf ungeschlagenen Partien (3-2-0), alle seit Fabian Lucassen im Tor steht, ist das Saisonziel (Platz 5-7) wieder machbar.

Stimmen:

Thorben Reibe (Trainer VfL Pinneberg):
Das war ein katastrophaler Beginn für uns. Die Dreierkette hat überhaupt nicht funktioniert, wir hatten keine Zuordnung und Curslack konnte immer wieder ganz einfach die Bälle in die Spitze durchstecken. Nach der Umstellung auf Viererkette hatten wir wieder etwas mehr Zugriff und nach dem 1:2 ging ein Ruck durch die Mannschaft. Ab da haben wir ein richtig gutes Spiel gemacht. Bis zur 80. Minute habe ich uns besser gesehen und wir hätten eigentlich gewinnen müssen. Aber in den letzten zehn Minuten können wir froh sein, dass es Unentschieden ausgegangen ist. Ein Punkt, den wir gerne mitnehmen. Vor allem für die Moral war es ganz wichtig, nach dem 0:2 nochmal zurück zu kommen.

Torsten Henke (Trainer SV Curslack-Neuengamme):
Wir sind logischerweise mit dem, was hier heute passiert ist, nicht zufrieden. 2:0-Führung verspielt und zwei wichtige Spieler durch Verletzung verloren. Ganz bitter für uns. Paddy Papke haben wir ja heute gerade für 250 Spiele geehrt und Adrian Sousa konnte diese Woche endlich erstmals wieder regelmäßig trainieren und fällt nun wohl gleich wieder aus. Von daher wirklich kein positiver Tag heute. Wir wollten das Spiel unbedingt gewinnen und sind auch hervorragend gestartet. Dann haben wir leider aufgehört Fußball zu spielen und haben den Gegner stark gemacht. Bei beiden Gegentoren ein ganz schwaches Zweikampf- und Abwehrverhalten von uns. Noch mehr geärgert habe ich mich über den verschossenen Elfmeter direkt nach der Pause. Das muss ich vielleicht auch mit auf meine Kappe nehmen. Danach war Pinneberg dem 3:2 sehr nahe. Auf diesem Boden war es nur noch ein Glücksspiel. Da musst du tiefer stehen und mit langen Bällen operieren, aber wir wollten es immer weiter spielerisch lösen. Zum Ende hin hatten wir noch richtig gute Chancen, aber über 90 Minuten gesehen geht das Unentschieden in Ordnung.

Statistik:
Gesamt-Punktspielstatistik aus Sicht des Gastgebers (seit 1945): 26 Spiele: 7 Siege – 8 Remis – 11 Niederlagen, 35:48 Tore

1974/75: 3:2 / 1:0 Landesliga Hamburg (= Verbands-/Oberliga-Level; 6. / 21. Spieltag)
1975/76: 2:2 / 2:2 Landesliga Hamburg (14. / 28. Spieltag)
1976/77: 1:4 / 1:2 Landesliga Hamburg (9. / 24. Spieltag)
1978/79: 2:2 / 1:3 Verbandsliga Hamburg (27 /. 12. Spieltag)
2006/07: 1:1 / 1:3 Hamburg-Liga (33. / 16. Spieltag)
2007/08: 3:1 / 1:0 Hamburg-Liga (1. / 18. Spieltag)
2011/12: 0:4 / 0:2 Oberliga Hamburg (18. / 1. Spieltag)
2012/13: 2:0 / 2:2 Oberliga Hamburg (5. / 22. Spieltag)
2013/14: 2:0 / 1:3 Oberliga Hamburg (17. / 34. Spieltag)
2014/15: 2:2 / 1:3 Oberliga Hamburg (1. / 18. Spieltag)
2015/16: 0:1 / 3:1 Oberliga Hamburg (24. / 7. Spieltag)
2016/17: 1:3 / 0:3 Oberliga Hamburg (26. / 9. Spieltag)
2017/18: 2:2 / 0:0 Oberliga Hamburg (27. / 10. Spieltag)

Historie:
Das erste Duell zwischen beiden Klubs gab es am 22.09.1974 am 6. Spieltag in der Landesliga Hamburg (heutige Oberliga). Es war ein echtes Spitzenspiel (Erster vs. Zweiter) vor toller Kulisse (800 Zuschauer). Nach einem 0:2-Pausenrückstand stürmten die Vierländer noch zu einem 3:2-Sieg (das Siegtor erzielte „Legende“ Peter Kurschildgen in der 87. Minute) und verteidigten die Tabellenführung (siehe Abendblatt-Artikel).

Auch das Rückspiel gewannen die Curslacker in letzter Minute (1:0 durch Lutz Bendler in der 89.) – doch am Saisonende jubelten die Pinneberger: Landesliga-Meister 1975 (nach einem dramatischen Endscheidungsspiel um die Meisterschaft mit 7:6 nach Elfmeterschießen gegen Altona 93). Diese Saison droht nun allerdings der Abstieg.

Für den SVCN folgten nach den beiden Siegen 1974/75 eher magere 43 Jahre mit insgesamt nur noch fünf Erfolgen gegen die Kreisstädter. So liegt der letzte Heimsieg inzwischen auch schon fünf Jahre zurück (2:0 am 23.11.2013) und in den letzten neun direkten Duellen (inkl. heute) konnte nur einmal auswärts gejubelt werden (1-3-5).


Hamburger Abendblatt vom 23. September 1974


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