28.04.2018 "Merkwürdige" Niendorfer beenden Sieglosserie von Andreas Killat
vs.
SV Curslack-Neuengamme – Niendorfer TSV 1:3 (1:1)
SV Curslack-Neuengamme: Lucassen – Brudler, Spiewak (69. Yücel), Papke, Wilhelm – Rogge, Radic – Beldzik (76. Lenz), Hoffmann, Landau – Sousa (86. Velija) Niendorfer TSV: Melzer – Agdan, Huneke, Benn (21. Vinberg), Speck – Karow – Afsin, Tafese (66. Ercetin), Hartwig, Streubier (71. Schröder) – Kutschke Tore: 0:1 Kutschke (3.), 1:1 Hoffmann (17., FE), 1:2 Huneke (47.), 1:3 Hartwig (54.) Rote Karte: Hoffmann (78., grobes Foul) Schiedsrichter: Kevin Rosin (SV Lieth): Zog zu viel und zu schnell Gelb (vor allem gegen Niendorf) und die Rote Karte war sehr sehr hart (die Grätsche kam zwar von hinten, aber Hoffmann traf Karow nur ganz leicht). Beste Spieler: Brudler, Rogge – Melzer, Huneke, Hartwig Zuschauer: 114
„Andi, wir haben keine Krise“, witzelte NTSV-Coach Ali Farhadi vor dem Anpfiff in Anspielung auf die HAFO-Vorschau ( http://www.hafo.de/news/fullnews.php?id=6225). Natürlich war das auch eher spaßig gemeint. Allerdings war die Situation mit drei sieglosen Spielen in Folge (0-2-1) tatsächlich neu für die erfolgsverwöhnten Niendorfer. Aber davon war vom Anpfiff weg nichts zu sehen. Die Gäste dominierten das Geschehen nach Belieben, zeigten tolle Kombinationen, hatten deutlich mehr Ballbesitz und erspielten sich sofort gute Chancen. Gleich die erste landete – unter gütiger Mithilfe der Curslacker Hintermannschaft - im Netz: nach einem Freistoß von Lennard Speck bekommen drei „Blaue“ das Leder im eigenen Strafraum nicht unter Kontrolle und Ante Kutschke kann aus kurzer Distanz zum 0:1 einköpfen (3.).
Es war schon toll anzusehen, wie die Gäste danach Ball und Gegner laufen ließen und alles unter Kontrolle hatten. Doch am Fußball-Stammtisch gibt es dafür eine Redewendung: „Wir sind in Schönheit gestorben“. Natürlich gab es keinen Todesfall zu verzeichnen, aber die vielen schönen Angriffe und Kombinationen führten zu …. NICHTS. Vor dem Gehäuse war das einfach zu harmlos. Und so kam es, wie es im Fußball so häufig kommt: Mit wirklich der allerersten Aktion nach vorne war Curslack zurück im Match. Einen langen Ball von Sebastian Spiewak („Für meinen Trainer mache ich alles. Eigentlich dürfte ich heute gar nicht spielen“) nahm Mike Beldzik schön mit, sprintete in den Sechzehner – und wurde dort von Adam Benn (heute durch die Sperre von Tim Krüger auf der ungewohnten Innenverteidigerposition) mit einem halben Kung-Fu-Stoß auf Brusthöhe niedergestreckt (15.). Klare Sache: Elfmeter! Der Niendorfer Kapitän verletzte sich bei seinem Foulspiel allerdings selber (u.a. weil sein Gegenspieler ihm auf das Bein fiel) und wurde minutenlang behandelt. Als er wieder aufstehen konnte, gab es „Gelb“ - und Niklas Hoffmann konnte endlich zum Elfmeter antreten. Den verwandelte er mit einem satten Schuss ganz sicher halbhoch in die Maschen (17.).
Jetzt war Niendorf plötzlich völlig raus aus dem Match. „Beginnend mit der Gelben Karte für Marvin Karow (10. Minute) ging bei uns etwas Merkwürdiges durch die Truppe“, stellte NTSV-Coach Ali Farhadi hinterher fest (siehe „Stimmen“) und ergänzte auf Nachfrage: „Das war eine unnötige Arroganz. Das kenne ich von meiner Mannschaft gar nicht. Das brauchen wir überhaupt nicht. Du musst jede Situation und jedes Spiel ernst nehmen. Die Jungs haben viel zu viel mit dem Schiedsrichter diskutiert und waren viel zu lässig. Das hat mich geärgert und das gehört sich nicht“.
Diese Phase nutzten die bis dahin völlig leblosen Gastgeber, um wieder zurück ins Match zu kommen - und „profitierten“ dabei auch von der Konfusion durch das verletzungsbedingte Ausscheiden von Benn. Der hielt nach dem Elfmeter nämlich nur noch drei Minuten lang durch, musste dann runter und wurde auf dem Rasen neben der Ersatzbank liegend fast eine halbe Stunde lang behandelt. Pokaleinsatz am Dienstag gegen Wedel offen.
Die Vierländer erkannten die Unsortiertheit beim Gegner und hätten durch Jan Landau (31.) und Adrian Sousa, der nur den Pfosten traf (39.), die Partie drehen können. Taten sie aber – genau wie Niendorf in der ersten Viertelstunde – nicht. „In der Halbzeit wurde das arrogante Auftreten klar und deutlich angesprochen. Das hat glaube ich gewirkt“, sprach Farhadi wie immer Klartext. Und tatsächlich war nun wieder die Niendorfer Mannschaft der ersten Minuten auf dem Platz.
Eckball Speck, Keeper Fabian Lucassen mit seinem ersten dicken Patzer in dieser Saison (er ließ den Ball durch die Finger flutschen) und am zweiten Pfosten sagte Fynn „Hüne“ Huneke Danke und schädelte zum 1:2 ein (47.). Witalij Wilhelm kam bei seinem Klärungsversuch zu spät und drosch die Kugel, die aber schon die Linie überschritten hatte, hoch unter die Latte in die Maschen. Diesmal machten es die Gäste besser, setzten sofort zielstrebig nach: Schnell ausgeführter Freistoß Speck, aber Ilyas Afsin knapp am langen Pfosten vorbei (49.). Nur fünf Minuten später hatte Karow auf der rechten Seite (viel zu) leichtes Spiel mit Papke und Wilhelm, setzte sich mit einer Körpertäuschung durch und brachte den Ball fast von der Eckfahne in den Fünfmeterraum. Wieder sah Keeper Lucassen ganz schlecht aus, blieb auf der Linie kleben und musste das Gegentor durch Magnus Hartwig schlucken, der zusätzlich noch davon profitierte, dass Spiewak nicht energisch genug dazwischen ging (54.).
Damit war die Partie eigentlich gelaufen – dachten sich wohl auch die NTSV-Spieler und schalteten wieder zwei Gänge zurück. Und so erlebte Curslack sein zweites Comeback. Vor allem Mark Brudler hätte es nochmal spannend machen können: Erst setzte er einen Kopfballaufsetzer neben den Kasten (68.), dann kratzte Torhüter René Melzer seinen Schuss aus dem kurzen Eck (74.). Noch sensationeller die nächste Parade des Kindler-Ersatzes: Nach einer Ecke von Wilhelm köpfte Simon Yücel freistehend aus sechs Metern aufs Tor. Aber irgendwie bekam Melzer noch seine Finger dran (75.). Was für eine Heldentat! „Da hätte das Spiel nochmal kippen können“, so Henke, der dann aber ungläubig die Rote Karte für Hoffmann mit ansehen musste (78.). „Niki“ hatte im Mittelfeld eine Grätsche von hinten gegen Karow angesetzt, diesen aber nur leicht touchiert. Natürlich ist auch allein der Versuch strafbar, doch in diesem harmlosen Spiel hätte es auch eine Gelbe Karte getan.
„Das war natürlich der endgültige KO für uns. Eine viel zu harte Entscheidung“, seufzte Henke. In Überzahl spielte es Niendorf nun gut und sicher runter – und konnte schon den zwanzigsten (!) Saisonsieg bejubeln (jeweils zehn zu Hause und auswärts). Was für eine Saison für die Farhadi-Elf, die jetzt das Pokalhalbfinale gegen Wedel vor der Brust hat. „Das ist wirklich das erste Mal seit ich Trainer bin, dass ich richtig nervös bin“, so der sympathische Übungsleiter.
Und auch vom scheidenden Curslacker Coach Torsten Henke gab es noch eine interessante Neuigkeit: „Ich habe vor ein paar Tagen in einem zweitägigen Lehrgang beim Verband meine Trainer-Lizenz um drei Jahre verlängert“. Ups! Sollte „Henko“ also etwa doch schon bald wieder mit einer Rückkehr auf die Trainerbank liebäugeln? „Man weiß ja nie, was passiert“, so der HSV-Fan (Riesenjubel nach der PK über den 3:1-Sieg in Wolfsburg!) vielsagend. Nun hat nicht nur der HSV wieder Hoffnung, sondern auch der HAFO-Redakteur, der den „Kult-Trainer“ ansonsten definitiv vermissen würde.
Stimmen:
Ali Farhadi (Trainer Niendorfer TSV): In der ersten Viertelstunde sind wir richtig stark aufgetreten. Mutig und zielstrebig. Diese Phase haben wir auch mit einem Tor veredelt, es hätten aber vielleicht sogar zwei sein müssen. Aber beginnend mit der Gelben Karte für Marvin Karow ging bei uns etwas Merkwürdiges durch die Truppe. Mit der ersten richtigen Möglichkeit kriegt Curslack dann einen ganz klaren Elfmeter, der war völlig unstrittig. Nach der Pause waren wir sofort wieder griffig. Das ist eine neue Qualität von uns, so etwas hatten wir in den letzten Jahren nicht. Klar hatten wir bei den beiden Toren dann auch etwas Glück, dass der Torwart da nicht rauskommt. Aber schlussendlich waren es zwei schöne Tore und unser bärenstarker Torwart René Melzer hat uns im Spiel gehalten. Kein ganz unverdienter Sieg für uns, aber gerade mit Blick auf das Ende der ersten Halbzeit hätte es auch andersherum ausgehen können.
Torsten Henke (Trainer SV Curslack-Neuengamme): Ich bin ziemlich enttäuscht und es ärgert mich sehr, dass wir dieses Spiel hier heute verloren haben. In der Anfangsphase waren wir gar nicht auf dem Platz, da war Niendorf klar besser und ist verdient in Führung gegangen. Da hätte es auch 2:0 stehen können. Aber so ist das ja im Fußball: Mit unserer ersten Aktion nach vorne machen wir durch den Elfmeter das 1:1 und sind auf einmal im Spiel. Da hatten mehrfach das 2:1 oder 3:1 auf dem Fuß, nutzen aber unsere Chancen nicht. Dann kommen wir wieder schlecht aus der Pause, beide Tore waren absolut vermeidbar. Doch auch bei 1:3 haben wir noch zweimal sehr gute Möglichkeiten, wo der Torwart überragend hält. Die Rote Karte war ganz brutal für uns. Diese Entscheidung vom Schiedsrichter kann ich nur ganz schwer nachvollziehen. Es war ein total faires Spiel und Gelb hätte es auch getan. Danach war das Spiel dann entschieden. Wir haben heute aber auch gegen eine sehr gute Niendorfer Mannschaft gespielt. Umso ärgerlicher, wenn man dann verliert. Ich wünsche Niendorf alles Gute, gerade im Hinblick auf das Pokalspiel. Viel Glück!
Statistik: Gesamt-Punktspiel-Bilanz aus Sicht des Gastgebers (seit 1945): 26 Spiele, 12 Siege, 6 Remis, 8 Niederlagen, 41:36 Tore
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