24.05.2018 Vorschau: Es geht immer um etwas von Mirko Schneider
Die schlimmste Spezies unter den Fußballfans sind die „PP“. Die Professionellen Prognostiker. Vornehmlich gegen Saisonende treiben sie ihr Unwesen. Anhand des Eindrucks eines Spiels sagen sie so sicher wie das Amen in der Kirche voraus, was passieren wird. Wer Meister wird, absteigt, wer keinen Punkt mehr holt, wer alles gewinnen wird und wo schlechte Stimmung herrscht. Mindestens 50 Prozent ihrer Prognosen treffen niemals ein, womit selbst ein Münzwurf eine höhere Trefferquote aufweist. Was im Gewusel der digitalisierten Hyperaufgereghtheitsgesellschaft natürlich eine Woche später schon alle vergessen haben. Die „PP“ stützen ihre Ankündigungen nicht nur auf das Geschehen im Rasenrechteck. Als Krücke benutzen sie noch eine Menge Halbwissen, verpackt in viertelgare Thesen. Die schlimmste davon kommt janusköpfig in zwei Ausprägungen daher. Version 1: „Die werden verlieren/Gegen die wird es einfach. Für die geht es doch um nix mehr.“ Version 2: „Die werden gewinnen/Gegen die wird es sauschwer. Für die geht es noch um was.“ Die Logik? Der Fußballer an sich strengt sich mehr oder überhaupt nur an, wenn die Tabelle ihm die Peitsche gibt. Eine derart verkürzte Sichtweise – in unserem geliebten Sport schon millionenfach widerlegt durch Teams, die von allen Zwängen erlöst befreit aufspielten, während andere Teams sehr wohl mussten, aber offensichtlich nicht konnten – ringt kompetenten Psychologen nur ein müdes Lächeln ab. Außerdem geht es geht immer um etwas! Es gibt überhaupt kein Pflichtspiel im Fußball, in welchem nichts auf dem Spiel steht. Und wenn man nur der Freundin ein paar hübsche Tricks mit Ball zum Posen auf der Außenbahn zeigen will. Ginge es nach den „PP“ würde dieser letzte Spieltag der Oberliga Hamburg nur laue Sommerkicks bieten. Geht ja um nix mehr. Erfreulicherweise geht es nicht nach ihnen. Mögen Sie in ihrer Parallelwelt vor sich hinsabbeln. Es wird ganz anders kommen, als sie glauben. HAFO deckt auf, was an diesem letzten Spieltag, vor dem nur scheinbar alle Entscheidungen schon gefallen sind, auf dem Spiel steht. Und nimmt in Kampfeshaltung gegen die „PP“ seine Stellung als realistischstes Orakel direkt hinter dem von Delphi selbstbewusst ein.
Oberliga Hamburg, 34. Spieltag:
TuS Dassendorf (1) vs. Concordia (9)*** – Freitag, 19 Uhr (Hinrunde: 3:2)
Wendelweg, 21521 Dassendorf
Der Double-Sieger vom Wendelweg möchte sich für die große Saisonabschlussfeier inklusive Barkassenfahrt und Doppeldecker-Bus-Tour mit drei Punkten stärken – und den Saisonrekord für die Ewigkeit ausbauen. Mit einem Sieg hätte die TuS 40 Pflichtspielerfolge auf dem Konto – und stattliche 96 Punkte. Das wäre nicht nur erst recht nie wieder von irgendeinem anderen Team in der Zukunft einzuholen, sondern zudem mathematisch recht hübsch, da die TuS 1948 gegründet wurde. 48 mal 2 = 96. Dazu fällt Medienguru Alex Knull bestimmt ein Slogan ein. Hat ja noch zwei Tage Zeit. Concordia war im Hinspiel nahe dran, den Dassendorfern die perfekte Hinrunde mit 17 Siegen zu vermiesen. Nach 2:0-Führung war aber die Luft raus, Sven Möller schoss mit der letzten Aktion das 3:2 für „Dasse“. Cordi will also die Geschichte umzudrehen. Erst 0:2 hinten liegen, Gegner in Sicherheit wiegen, dann zuschlagen und einen völlig überraschenden Auswärtsdreier am Schluss dieser mittelmäßigen Saison einfahren. HAFO-Tipp: Teil eins des Cordi-Plans geht auf, Teil zwei nicht. 6:0 für Dassendorf.
Eine Legende tritt ab. Nach 16 Jahren verabschiedet sich Torsten Henke als Trainer vom Gramkowweg. Viel ist bereits darüber geschrieben worden. Doch noch ist „Henko“ nicht weg. Ein Spiel steht aus. Der Auftrag ist klar: Dem sympathischen und höchst erfolgreichen Trainer einen würdigen, emotionalen und erfolgreichen Abgang bescheren. Wir sind schon gespannt, was sich der der Verein und die Mannschaft des SVCN alles haben einfallen lassen, um Henke zu ehren. Auf dem Feld geben hoffentlich alle richtig Gas. Buchholz unseretwegen auch. Trotzdem hoffen wir, dass die Jungs aus der Nordheide von ihrem Unbewusstsein dazu gesteuert werden, ihren vielen Titeln als fairste Mannschaft der Oberliga Rechnung zu tragen und die drei Punkte letztlich am Gramkowweg zu lassen. Henkos letzte drei Punkte *schluchz*. HAFO-Tipp: Ein packender Schlagabtausch mit zwei Dutzend Torchancen. Jan Landau trifft per Fallrückzieher zum 6:5 in der Nachspielzeit, nachdem er Henke 90 Minuten lang mit vergebenen Möglichkeiten wahnsinnig gemacht hat. Ja, so muss ein Abschied aussehen.
Schiedsrichter: Martin Pfefferkorn (SC Urania)
FC Türkiye (17) vs. TuS Osdorf (11) – Freitag, 19 Uhr (Hinrunde: 1:5)
Georg-Wilhelm-Straße 6, 21107 Hamburg
Nicht zu allem schimmen Überfluss schlechtestes Heimteam werden will der FC Türkiye. Wäre aber der Fall, wenn Billstedt gewinnt und man selbst nicht. Nur 13 Punkte sammelte die wohl größte Enttäuschung der Saison an der Landesgrenze. Osdorf dagegen kann den Titel „Bester Aufsteiger ohne Großsponsor“ (siehe unten in der Sasel-Vorschau) zumindest auswärts holen. Ein Sieg – und die Wiehle-Equipe hat 25 Zähler auf fremden Plätzen eingeheimst. Einen mehr als Sasel. HAFO-Tipp: Und das klappt fast mühelos. 4:0 für Osdorf.
Schiedsrichter: Markus von Glischinski (SC Eilbek)
SV Rugenbergen (5) vs. HSV III (16) – Freitag, 19 Uhr (Hinrunde: 5:1)
Ellerbeker Straße 29-31, 25474 Bönningstedt
„Vielleicht machen wir alle zusammen eine Skatrunde auf“, verkündete Ralf Palapies, als die vielen Rückzüge langgedienter Trainer am Saisonende feststanden. Bei so vielen gewieften Taktikern am Tisch baucht „Pala“ viel Ruhe. Das letzte Prozentchen inneren Frieden könne ihm ein Remis oder Sieg gegen den HSV III verschaffen. Fest steht ja bereits: Palapies verabschiedet sich mit der besten Saisonplatzierung seit dem Aufstieg 2011 (bisher dreimal Rang acht). Nur die Frage der höchsten Punktzahl wartet auf finale Klärung. In der Spielzeit 2013/14 wurden es 55. So viele stehen jetzt wieder auf der Habenseite. Vorsicht ist jedoch geboten: Absteiger HSV III kämpft um den Klassenerhalt in der Auswärtstabelle, hat dort bei jeweils 13 Zählern nur sieben Tore Vorsprung auf Wedel. HAFO-Tipp: Wedels früh absehbares 1:9 in Niendorf entspannt die HSVer, die lässig mit 2:8 untergehen.
Schiedsrichter: Martin Ghafury (HSV Barnbek-Uhlenhorst)
Für Wedel steht ganz klar die Revanche auf dem Programm. Für die enttäuschende Saison. Für das 1:3 im Pokal-Halbfinale in Niendorf. Und für das Pokalfinale. Nun kann Wedel mit einem überzeugenden Sieg beweisen, dass es der TuS Dassendorf an der Hoheluft weitaus mehr abverlangt hätte als der mutlose NTSV. Für den geht es darum, mit einem positiven Gefühl aus der wirklich überragenden Saison herauszukommen. Und mit ein paar Torchancen (möglichst verwandelten), die es an der Hoheluft ja leider nicht gab. HAFO-Tipp: Wedel versagt erneut und verliert mit 1:10. Nicht schlimm. Denn Niendorf wird dadurch in Freundschafz aufgebaut – und die eigenen Defizite ein letztes Mal so schonungslos offengelegt, dass sich Dassendorf in der nächsten Saison warm anziehen muss.
Schiedsrichter: Konrad Oldhafer (SC Poppenbüttel)
TSV Sasel (6) vs. FC Süderelbe (12) – Freitag, 19 Uhr (Hinrunde: 4:0)
Saseler Parkweg 14, 22393 Hamburg
Keinen Punkte- sondern einen Torerekord brechen will bestimmt der FC Süderelbe bei der Begegnung in Sasel. Mit einem 6:8 verwöhnten die Süderelber torhungrige Fans daheim gegen den HSV III und boten gemeinsam mit den Rothosen die Teilnahme an der torreichsten Partie der Saison. Da die Gastgeber ebenfalls als torhungrige Mannschaft bekannt sind, dürfte einer neuen Höchstmarke eigentlich nichts im Wege stehen. Außerdem wollen sich Danny Zankl des Titels „Bester Aufsteiger“ würdig erweisen (in Anbetracht von Teutonias Leistung herabgestuft zu „Bester Aufsteiger ohne Großsponsor“). Wie die Osdorfer vor exakt einem Jahr liegt Sasel auf Rang sechs. HAFO-Tipp: Und bleibt dort. Am Torrekord rauchen die beiden Teams allerdings ganz knapp vorbei. Ein unterhaltsames 10:3 für Sasel. Da könnten wir fast drauf wetten.
Schiedsrichter: Jorrit Friedrich Eckstein-Staben (SC Wentorf)
Am Öjendorfer Weg winkt die Chance zur Geschichtsklitterung. Angeblich ist Billstedt ja zu schlecht für die Oberliga und darum zurecht abgestiegen. Falsch! Es lag an der bösen Konkurrenz. Denn in der Saison 2014/15 reichten 16 Punkte (!) und ein Torverhältnis von -53 zum Klassenerhalt. Buxtehude machte sogar 23 Punkte – rettete sich also geradezu souverän. Ähnliche Behauptungen können in Billstedt – das Torverhältnis liegt leider schon bei minus 68 – bei einem Sieg aufgestellt werden. „Hätten die anderen weniger gepunktet…“, wird die Legende vom unverdienten Abstieg beginnen. Dafür muss Condor ohne Punkte heim geschickt werden. Trainer Christian Woike wird die Chance nutzen, endlich frei von allen taktischen Fesseln alle kreuz und quer aufzustellen. Einfach nur, um seiner irrational-chatoische Seite, oft verborgen bei seinen ausgeklügelten taktischen Überlegungen, die dringend benötigte Luft zum Atmen zu geben. Wir freuen uns also auf Michel Blunck im Tor, auf Carlos Flores als Libero vor der Abwehr im Sergej Barbarez-Style, auf Jannick Martens als eisenharten Manndecker, auf Sascha Kleinschmidt auf der Zehn, auf Thomas Lohner als vorderste Sturmspitze – und auf alles, was „Crille“ sonst noch einfällt. HAFO-Tipp: Als Woike die Anlange nach einem 5:0-Sieg verlässt, ist er etwas traurig. „Hätte ich das nur eher gewusst“, murmelt er – und nimmt sich vor, bei seiner nächsten Station einen Tick chaotischer zu werden.
Ein letztes Mal den zeitlich längsten Siegerkreis der Oberliga Hamburg samt Ewig-Ansprache zelebrieren möchte der VfL Pinneberg. Bei drei Punkten gegen BU könnte eine neue Bestmarke aufgestellt werden. Schließlich zerstreut sich die Mannschaft in alle Winde, da dürfte eine zehnminütige Ansprache locker drin sein. Die Barmbeker möchten noch die 50-Punkte-Marke knacken. War die eigentlich das Saisonziel? Oder 52 Punkte? Oder 53? HAFO ist vergesslich. Frank Pieper-von Valtier wird`s lesen und uns nachher pflichtbewusst die Info per SMS nachreichen. HAFO-Tipp: Im Gegenzug gratulieren wir ihm schon vorher zum 3:1 in Pinneberg.
Schiedsrichter: Florian Schwarze (MSV Hamburg)
Landesliga Hammonia, 30. Spieltag:
USC Paloma (4) vs. Niendorfer TSV II (3)*** – Sonntag, 15 Uhr (Hinrunde: 2:1)
Brucknerstraße 24, 22083 Hamburg
Ein „Was wäre wenn?“-Spielchen spielt die zweite Mannschaft des Niendorfer TSV beim USC Paloma. Aufsteigen darf sie ja nicht, da die erste Mannschaft in der Oberliga spielt. Wäre trotzdem schön, Rang zwei zu schaffen. Voraussetzung: Ein eigener Sieg und eine Niederlage von HR bei SCALA. Dann wüssten sie am Sachsenweg, dass sie die Nachfolge von Farhadis Mannen antreten können, falls die sich 2019 Richtung Regionalliga Nord verabschieden. Paloma seinerseits kann noch Dritter werden bei einem Erfolg über Niendorf II. Dann käme die Zahl „3“, die sich auch im Drei-Jahres-Plan zum Aufstieg findet, schon mal in der Tabelle vor. Ein gutes Omen also für die nächste Saison, in der der langersehnte Sprung ins Hamburger Oberhaus endlich klappen soll. HAFO-Tipp: Paloma spielt so, wie leider zu selten in dieser Saison. 90 Minuten voll konzentriert. 5:0!.
Schiedsrichter: Björn Krüger (SV Börnsen)
Aufstiegsrunde zur Regionalliga Nord, 2. Spieltag:
FC Teutonia 05 (Dritter der Oberliga Hamburg) vs. Brinkumer SV (Meister der Bremen-Liga) – Sonnabend, 15 Uhr
Kehdinger Stadion, Am Sportplatz 19, 21706 Drochtersen
Zusammen 0:12 Tore vereinen die beiden Aufstiegsaspiranten auf ihren prall gefüllten Minuskonten nach dem ersten Spieltag der Aufstiegsrunde zur Regionalliga Nord. Teutonia kassierte ein 0:5 beim VfL Oldenburg, Brinkum wurde gar mit 0:7 beim bei Holstein Kiel II verprügelt. Das Ziel ist für beide Teams klar: Nicht nur der Aufstieg, sondern beweisen, dass man besser ist als der erste Auftritt. HAFO-Tipp: Was Teutonia etwas mühevoll gelingt. 1:0.
Schiedsrichter: Robert Schröder (Hannoverscher SC)
"***" HAFO ist vor Ort und transportiert die ganz großen Gefühle in wunderschönen Berichten kostenlos auf ihren Computerbildschirm – ist das nicht toll?
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