12.08.2018 Raubvögel weiter ohne (Punkte-)Beute von Andreas Killat
vs.
SC Condor – HSV Barmbek-Uhlenhorst 2:3 (1:2)
SC Condor: Lenz – Vinberg, Niederstadt, Grablewski, M. Cholevas (74. Sousa) – Iscan, Pahl – Choi, Ilic, Bulut (46. Löw) – Weiser (77. Bonewald) HSV Barmbek-Uhlenhorst: Gaedtke – Musbau, Ladendorf, Sabas – Hoeft (74. Buchholz), Hosseini – Hathat, Pfeifer (82. Eggers), Mandel – Heuermann (69. Jeske), Claus Tore: 0:1 Hathat (34.), 0:2 Claus (36.), 1:2 Bulut (39.), 1:3 Heuermann (50.), 2:3 Ilic (55.) Schiedsrichter: Adrian Höhns (TuS Dassendorf): Einer von Hamburgs guten Schiris! Heute mit zwei, drei Freistoßsituationen, wo man wohl auch andersherum hätte entscheiden können. Kurios, dass er von jeder Mannschaft einen Spieler wegen andersfarbiger Unterziehhose vom Feld schickte (Iscan, Ladendorf). Beste Spieler: Iscan – Pfeifer, Claus, Hathat Zuschauer: 220
Bestes Fußballwetter (Sonnig, 22 Grad) lockte immerhin stolze 220 Zuschauer am Sonntagvormittag an den Berner Heerweg. Davon bestimmt rd. 50 Fans des „Barmbeker Pöbels“, die gewohnt laut, sangesfreudig und kreativ agierten („Ey, Du Bio-Schiedsrichter“ – weil Höhns im grünen Dress auflief). Um es vorweg zu nehmen: Sein Kommen musste niemand bereuen, es war eine jederzeit unterhaltsame Partie mit unzähligen Gelegenheiten auf beiden Seiten.
Vor allem die Gäste (mit interessanter 3-2-3-2 Taktik) wirbelten die hinten vogelwilde Abwehr der Hausherren immer wieder gehörig durcheinander. Insbesondere die beiden Außenverteidiger Matthias Cholevas und Sean Vinberg bekamen ihre Gegenspieler (Claus und Mandel) überhaupt nicht in den Griff. Zum großen Glück für den SCC verpufften allerdings viele brandgefährliche Szenen, weil die Gäste entweder zu eigensinnig selbst den Abschluss suchten (insbesondere der mehrmals völlig blank stehende Louis Mandel wurde quasi dreißig Minuten lang komplett „ignoriert“), oder andererseits das Abspiel suchten, wo ein Torschuss angesagt gewesen wäre. „Da haben wir oft die falschen Entscheidungen getroffen“, raufte sich BU’s neuer Trainer Marco Stier die Haare: „Wir müssen zur Halbzeit mindestens fünf Tore machen“.
In der Tat gab es schon vor dem ersten Treffer vier dicke Gelegenheiten für die Gäste. So vergab Ian Prescott Claus viel zu überhastet (19.), Chris Pfeifer übersah Mandel und pikte nebens Tor (21.), Abdel Hathat scheiterte an Keeper Stani Lenz (23., wieder war Mandel völlig blank) und Mandel (endlich mal angespielt und nicht ignoriert!) zögerte einen Tick zu lange und Lenz konnte mit Fußabwehr klären (30.). Laut Fußball-Lexikon wird so ein Chancenwucher ja normalerweise meist bitter bestraft. Aber die Barmbeker gaben einfach weiter Gas und belohnten sich auch endlich: Niklas Sabas von hinten mit einem Pass zu Pfeifer ins Zentrum, der behält die Übersicht und bedient Mandel auf dem linken Flügel. Der Neuzugang vom Rahlstedter SC wählt eine scharfe und flache Hereingabe, die Hathat (was für ein Name!) aus sechs Metern zum 0:1 veredelt (34.). „Guter Fußball Jungs, geil gespielt“, freute sich BU-Coach Stier völlig zu Recht über diese tolle Kombination.
Condor hinten weiter im „Schwimmmodus“, es konnte einem Angst und Bange werden. Nächster Angriff, nächstes Tor: Jon Hoeft aus dem Mittelfeld auf die rechte Bahn zu Claus, der hat alle Zeit der Welt (wo war Cholevas?) und zimmert die Kugel mit exzellenter Schusstechnik aus 18 Metern zum 0:2 ins lange Eck (36.). Gefühlt war es (bzw. drohte) ein Debakel – aber wie einst der Phönix, entstieg auch der Raubvogel aus der Asche. Gökhan Iscan mit einem schönen Zuspiel auf Damian Ilic, der umgehend zu Incheol Choi weiterleitet. „Inchi“ dribbelt gekonnt über links in den Sechzehner und findet schließlich in der Mitte Özgür Bulut, der ohne Mühe zum Anschlusstreffer verkürzt (39.). Verrückte Fußballwelt, statt 0:5 also 1:2 zur Halbzeit!
Auch nach dem Seitenwechsel zunächst keine Verschnaufpause – weder für die Zuschauer, noch für die Condor-Abwehr. Mandel auf Claus, der steht erneut völlig ungedeckt vor dem viel zu weit vor seinem Tor herumlavierenden Lenz, aber „IPC7“ versucht es mit einem lässigen Lupfer – vorbei (49.). „Unfassbar, der achte Hundertprozenter“ schimpfte Stier, konnte aber vierzig Sekunden später schon wieder jubeln: Hathat von links mit einer Flanke auf den zweiten Pfosten, diesmal steht Chris Heuermann sträflich frei und köpft aus sieben Metern zum 1:3 in die Maschen (50.). Der Autor dieser Zeilen wiederholt sich: Gefühlt war es (bzw. drohte) ein Debakel – aber Condor bewies trotz totaler Chancenlosigkeit Moral. Ecke Cholevas (nach vorne durchaus mit guten Aktionen!), Niederstadt verlängert und Ilic im Tiefflug via Kopf postwendend zum 2:3 (55.). Verrückte Fußballwelt! Oder schrieb ich das schon? :-)
Jetzt bekam die Partie plötzlich eine völlig unerwartete Wendung. Zwar brannten die Hausherren nicht gerade ein Chancenfeuerwerk ab oder veranstalteten einen Sturmlauf auf das BU-Gehäuse, aber zumindest hinten wurden die Räume endlich zugemacht. BU hatte sein Pulver sprichwörtlich verschossen, kam in der letzten halben Stunde zu keiner einzigen Torchance mehr! Zum Sieg reichte es aber trotzdem – weil die Gastgeber Pech mit ihren Standards hatten. So traf Cholevas mit einem Freistoß nur den linken Außenpfosten (54.), Choi zimmerte einen selbigen an die Latte (68.) und Vinberg (nach Ecke Iscan) mit dem Kopf ans Außengestänge (81.). Als dann auch noch „Joker“ Adrian Sousa (noch nicht zu 100% fit) völlig freistehend neben das Tor ballerte (88.) war die Niederlage besiegelt.
Doppelt schlimm für Femi Smith & Co: Kurz vor Schluss verdrehte sich Nico Weiser das rechte Knie (77.), es droht der dritte (!) Kreuzbandriss binnen kürzester Zeit. „Unfassbar bitter für uns. Der Junge hat wirklich unglaubliches Pech. Hoffentlich ist es nichts schlimmes, vielleicht nur eine Zerrung und er wird schnell wieder gesund“, so Smith, der auch auf die Verletzten Ibo Özalp (bei Cordi) und Bulut (musste zur Halbzeit mit Platzwunde ausgewechselt werden) hinwies: „Wir sind wirklich arg gebeutelt. Aber da müssen wir durch“. Und zwar mit null Punkten aus drei Spielen. Gegen die ebenfalls schlecht gestarteten Curslacker (1 Punkt) und danach gegen Wedel (0) stehen die Raubvögel schon fast unter Zugzwang – aber die Gegner eben auch.
Stimmen:
Marco Stier (Trainer HSV Barmbek-Uhlenhorst): Jeder, der heute zugeschaut hat, konnte glaube ich sehen, dass wir das Spiel total für uns entscheiden müssen. Die ersten 50 Minuten haben wir eine richtig starke Leistung gezeigt und uns glaube ich acht tausendprozentige Chancen rausgespielt, machen sie aber nicht. Da haben wir oft die falschen Entscheidungen getroffen, Abschluss statt Querpass oder umgekehrt. Wir müssen hier eigentlich 8:3 gewinnen, sind aber oft zu lässig. Condor macht aus zwei Chancen zwei Tore und so wurde es zum Ende völlig unnötig nochmal spannend. Condor hat es dann nur noch mit Standards, Standards, Standards versucht. Da waren wir oft nicht clever genug, haben unnötige Ecken und Freistöße verursacht. Unterm Strich aber eine sehr sehr gute Leistung von uns, vor allem fußballerisch sehr ansehnlich mit toll herausgespielten Chancen. Auf diese Entwicklung meiner Mannschaft bin ich sehr stolz. Wir haben jetzt 7 Punkte, das ist im Hinblick auf den fast komplett neuen Kader wirklich sehr gut.
Olufemi Smith (Trainer SC Condor): Es ist wirklich sehr ärgerlich, dass wir uns heute nicht mit mindestens einem Punkt belohnt haben. Ich finde, das hätten wir heute mehr als verdient gehabt. Hinten hatten wir leider zwei, drei Situationen, wo wir für Unkonzentriertheiten bestraft worden sind, hatten aber auch Glück, dass BU einige Szenen nicht gut zu Ende gespielt hat. Das haben wir zur Halbzeit angesprochen und korrigiert, haben ab da vor allem die Außenbahnen gut zugestellt. Ich kann meinen Jungs überhaupt keinen Vorwurf machen. Wir haben eine gute Moral bewiesen, sind immer wieder zurückgekommen und waren dem 3:3 sehr nahe. Da hatten wir mit Latte, Pfosten viel Pech. Das war schon bei Concordia so. Wir haben in jedem Spiel gut mitgehalten, stehen aber ohne Punkte da. Das ist sehr bitter.
Gesamt-Punktspielstatistik aus Sicht des Gastgebers (seit 1956): 43 Spiele, 14 Siege, 14 Remis, 15 Niederlagen, 68:68 Tore
Sofern nicht anders gekennzeichnet, sind alle Texte, Grafiken, Videos und Fotos Eigentum von www.hafo.de. Anderweitige Verwendung nur mit vorheriger Genehmigung.