26.08.2018 Niendorfs falsche Strümpfe, Osdorfs starke Trümpfe von Andreas Killat
präsentiert:
vs.
Niendorfer TSV – TuS Osdorf 1:2 (0:0)
Niendorfer TSV: Kindler – Agdan (72. Afsin), Krüger, Doege, Brückner – Karow – Fernandes, Ercetin, Wilhelm (64. Streubier), Meyer (64. Utcke) – Hartwig TuS Osdorf: Hencke – Schmidt, Wesling, Jobmann, Spranger – B. Krause (74. Hüttner), V. Eren – Weiß (87. Herbrand), M. Eren (64. Vetterlein), Schlumbohm – Wachter Tore: 0:1 M. Eren (54.), 0:2 Wachter (70.), 1:2 Ercetin (79.) Besondere Vorkommnisse: M. Eren scheitert mit einem Foulelfmeter an Kindler (54.), trifft aber im Nachschuss Schiedsrichter: Adrian Höhns (TuS Dassendorf): Einfarbige Socken waren ihm wichtig, bei den vielen Fouls und Nickeligkeiten hingegen war er deutlich großzügiger. Diese Linie nutzten vor allem die Gäste (B. Krause hätte vom Platz gehört!) konsequent aus. Die drei Gelben Karten in der Nachspielzeit (!) kamen viel zu spät. Beste Spieler: Keiner – Schmidt, Jobmann Zuschauer: 170
„So ein Spiel darfst Du niemals verlieren, da kann man sich nur selbst schlagen – und das haben wir dann ja auch gemacht“, war NTSV-Manager Marcus Scholz nach dem Abpfiff bedient: „Das war nach Süderelbe und Pinneberg jetzt das dritte schlechte Spiel hintereinander von uns. Es wird sich momentan zu viel mit Nebensächlichkeiten beschäftigt“. In die gleiche Kerbe schlug auch Trainer Ali Farhadi: „Vor dem Spiel mussten unsere Spieler die Strümpfe wechseln, damit haben sie sich dann fast die gesamten 90 Minuten auf dem Platz beschäftigt“. Hintergrund: Schiedsrichter Adrian Höhns hatte bei den Gastgebern moniert, dass bei den schwarzen Stutzen am unteren Ende weiße Socken zu sehen waren (Farhadi: „Unsere Spieler schneiden die Stutzen neuerdings selbst ab. Ich weiß auch nicht, was das soll. Künftig müssen die Jungs dann halt schwarze Socken anziehen“). Deshalb musste Niendorf von schwarz auf weiß wechseln – und in Folge dessen mussten auch die Gäste kurz vor dem Anpfiff von weiß auf rot umziehen.
„Die Vorbereitung auf ein Spiel ist das Wichtigste überhaupt“, so Farhadi, „und die war heute extrem gestört. In der Bundesliga laufen die auch alle so rum, da traut sich kein Schiedsrichter zu Boateng zu sagen mit den Socken darfst Du nicht spielen. Da kam in der Kabine gleich Missstimmung auf. Der eine Teil der Mannschaft fragte sich, was das mit dem Schneiden der Stutzen soll usw. - da sind sie dann alle wieder kleine Kinder“. Diese „innere Unruhe“ (Farhadi: „Klugscheißerei“) übertrug sich bei den Hausherren komplett auf den Rasen.
Die erste Halbzeit war „das passivste Fußballspiel, das ich je gesehen habe“, so Farhadi – und brachte es damit auf den Punkt. Osdorf wollte nicht, Niendorf konnte nicht. Nicht ein vernünftiger Spielzug gelang dem NTSV im ersten Durchgang und zwei aussichtsreiche Standards wurden durch Malte Wilhelm leichtfertig „verschenkt“ (32./39.). Kurz vor dem Halbzeitpfiff dann aber doch so etwas wie eine Chance, als Wilhelm perfekt für Magnus Hartwig durchsteckt, der jedoch aus 20 Metern neben das Tor zielt (40.).
Mehmet Eren (r.) gewinnt das Duell gegen Magnus Hartwig. Foto: André Matz
Eigentlich konnte die zweite Hälfte nur besser werden. Eigentlich. Doch die Hausherren haderten nun mit jeder Entscheidung des Schiedsrichters und kamen vor allem mit der robusten Spielweise der Osdorfer nicht zu Recht. Insbesondere „Gelb-König“ Bennet Krause (letzte Saison 16 Verwarnungen!) übertrieb es dabei kräftig, ließ sich erst (deutlich erkennbar absichtlich) mit Wucht auf seinen am Boden liegenden Gegenspieler Mustafa Ercetin fallen und in einer anderen Szene trat er von hinten nach. Leider ahndete Schiri Höhns dies nicht konsequent mit zweimal Gelb (bzw. mit glatt Rot). So schaukelte sich die Stimmung auf dem Platz immer mehr hoch.
Völlig korrekt aber die nächste Entscheidung vom Referee, als Leon Meyer den von hinten anbrausenden Robin Schmidt zu Fall bringt: Elfmeter! Mehmet Eren scheitert mit seinem Flachschuss zwar unten rechts an Keeper Marcel Kindler, kann jedoch den nach vorne springenden Ball im Nachschuss via Innenpfosten zum 0:1 in die Maschen knallen (54.).
Das sorgte natürlich nicht gerade für mehr Ruhe und Konzentration aufs Spiel beim Gastgeber. Auch drei Wechsel innerhalb weniger Minuten brachten kaum Veränderung. Im Gegenteil: Plötzlich stand Jeremy Wachter frei vor Kindler und bugsierte das Leder aus 14 Metern zum 0:2 ins Gehäuse (70.). Riesenjubel bei der TuS, die schon letzte Saison dem NTSV zweimal in die Suppe spucken konnte (3:0/2:2).
Auch hier bleibt Osdorf Zweikampfsieger. Foto: André Matz
Sportlich tat sich bis auf den Anschlusstreffer von Ercetin aus halbrechter Position (79.) nicht mehr viel (also keine Veränderung zu den vorherigen 78 Minuten). Es gab weiter viel Gemecker und Gezeter. In der hektischen Schlussphase war die Partie zudem geprägt von zahlreichen Unterbrechungen, so dass sich Dario Streubier sogar veranlasst sah, den „verletzten“ Felix Spranger eigenhändig „vom Platz zu ziehen“! Sieht man auch nicht alle Tage und wurde natürlich mit Gelb bestraft (90.+2). Die letzte Aktion des Spiels hatte Prince Hüttner, der einen Konter über 60 Meter aber nicht erfolgreich abschließen konnte (90.+5). Dann war Schluss – und Farhadi fand deutliche Worte (siehe „Stimmen“).
Stimmen:
Piet Wiehle (Trainer TuS Osdorf): Wir hatten heute einen guten Matchplan und haben die Mannschaft sehr gut eingestellt. Wir waren sehr präsent und griffig, haben Niendorf nicht zur Entfaltung kommen lassen, mit viel Herz und Leidenschaft agiert und uns mit den beiden Toren belohnt. Hinten haben wir im Prinzip nichts anbrennen lassen. Deshalb ist der Sieg auch völlig verdient.
Ali Farhadi (Trainer Niendorfer TSV): Die geforderte deutliche Leistungssteigerung gegenüber dem Pinneberg-Spiel war heute deutlich nicht zu erkennen. Osdorf hat hier verdient gewonnen. Es war einfach schlecht. Ich weiß auch nicht, was hier los ist. Aktuell haben wir einige Spieler, die mit ihrer Rolle wohl überfordert sind. Wir haben einen guten Kader und müssen sehen, dass wir die elf Leute bringen, die in der Lage sind, so ein Spiel erfolgreich zu gestalten. In der ersten Halbzeit war es wohl das passivste Fußballspiel, was ich je gesehen habe. Wir hatten intern einige kleine Reiberein mit „Klugscheißerei“ untereinander. Das kannte ich bisher so nicht und hängt vielleicht auch damit zusammen, dass einige Spezialisten zu lange und zum falschen Zeitpunkt im Urlaub sind. Das war schon in der Vorbereitung extrem. Die Jungs sind jetzt gefordert, müssen künftig ordentlich Gas geben. Es wäre heute sogar „ärgerlich“ gewesen, wenn Du mit so einer Leistung am Ende noch einen Punkt holst. Eine absolut verdiente Niederlage. Nach vorne haben wir gar nicht stattgefunden, jeder Ball ist verloren gegangen. Das war willenlos und nicht oberligareif. Da müssen wir jetzt dringend was machen. Das war das dritte schlechte Spiel hintereinander. Die Jungs müssen einfach wieder mehr Feuer mitbringen.
Statistik: Gesamt-Punktspiel-Bilanz aus Sicht des Gastgebers (seit 1947): 19 Spiele: 11 Siege, 2 Remis, 6 Niederlagen, 52:28 Tore
Historie: Der TuS Osdorf wurde 1907 im Rahmen der Arbeitersportbewegung als „Freie Turnerschaft“ gegründet, 1933 von den Nationalsozialisten verboten, 1946 wiedergegründet und nimmt seit 1947/48 am Spielbetrieb teil.
1971 fusionierte Osdorf mit dem 1. FC Winsberg von 1950 eV (die heute nur noch durch einen Kleingartenverein in der Nähe des Volksparkstadions bekannt sind). Für ein paar Jahre nannte sich der Klub TuS Osdorf-Winsberg, bevor am 20.02.1987 die Umbenennung in TuS Osdorf erfolgte.
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