28.09.2018 Landesliga Hansa: Alle neune! Hamm United siegt und siegt und siegt von Andreas Killat
von Hanno Bode
vs.
Hamm United FC – SV Altengamme 4:1 (2:0)
Hamm United FC: Graudenz – Kauth, Simon (57. Hartung), Schlichting, Gruhle (46. Rahn) – Schwarck, Schirosi – Kamalow – Asante, Ayim, Märtens (46. Landau) SV Altengamme: Golinske – Behr, Scheu, Schulz - Czech (74. Obrembalska), Bierwagen (80. Putfarcken) – Reinhardt, Alpen, Böttcher (60. Voß) – Schraub, P. Heitmann Tore: 1:0 Ayim (2.), 2:0 Asante (38.), 2:1 Reinhardt (62.), 3:1 Ayim (73.), 4:1 Kamalow (84.) Schiedsrichter: Thomas Bauer (Rahlstedter SC): Hätte dem HUFC nach einem sehr grenzwertigen Einsteigen von Marvin Behr gegen Matthias Märtens einen Strafstoß geben können/müssen (31.). Ansonsten bei kniffligen Entscheidungen eher pro Hamm. Die Gäste äußerten mehrfach Kritik am Unparteiischen, dem in einer nicht sonderlich schwer zu leitenden Partie aber keine spielentscheidenden Fehler unterliefen. "An ihm lag es nicht", wollte dann auch Altengammes Co-Trainer Jan Krey Bauer dem Referee keine Mitschuld an der Niederlage geben. Beste Spieler: Asante (1. HZ), Graudenz, Kauth, Ayim - Bierwagen, P. Heitmann Zuschauer: 80
Sidnei Marschall schimpfte wie ein Rohrspatz: "Spielt Fußball!", forderte der Trainer von Hamm United in der 72. Minute des Duells mit dem SV Altengamme lautstark von seinem Team. Dann wendete sich der 38-Jährige ob des zu diesem Zeitpunkt konfusen Auftritts der "Geächteten" ab und brüllte ein verzweifeltes: "Man, wieso können wir kein Fußball spielen?" heraus. Während der Brasilianer noch frustriert gen nur spärlich gefüllter Zuschauerränge blickte, brandete auf der anderen Seite des Spielfelds plötzlich Jubel auf.
Marschall schaute sichtlich verdutzt hinüber. Zu diesem in grün gekleideten Menschenknäuel, das sich für den Treffer zum 3:1 beglückwünschte. Christian Ayim hatte es nach einem langen Pass aus der eigenen Hälfte erzielt. Jener Stürmer also, bei dem Genie und Wahnsinn immer recht nahe beieinanderliegen. "Er ist nicht der beste Fußballer", sagte Marschall über den Mann, der im Sommer "einfach vor der Tür stand und bei uns mittrainieren wollte", wie der Coach erzählt. Seine technischen Defizite macht der 21-Jährige, der zuvor beim Bezirksligisten Kummerfelder SV kickte, jedoch mit ganz viel Einsatzbereitschaft und Leidenschaft wett. "Der Junge hat sich alles erarbeitet. Ich bin froh, dass er da ist", sagte Marschall über Ayim, der beim etwas zu hoch ausgefallenen 4:1-Erfolg gegen die Vierländer bereits seinen dritten Doppelpack in dieser Serie schnürte.
Einen wie ihn, der zwar mit der Kugel hin und wieder auf Kriegsfuß steht, aber immer alles reinwirft, hätten die Hammer ganz gut gebrauchen können vor zwei Jahren, als es für sie bis dato letztmals gegen die unbequem zu bespielenden Altengammer ging (0:0/2:2). Es war die Zeit, als der HUFC sich den Oberliga-Aufstieg zum Ziel gesetzt hatte, aber mit einem ebenso namhaften wie nicht austarierten Kader (sowohl menschlich als auch fußballerisch) auf der Nase landete. "Die waren ja so zerstritten, das war ja nicht mehr zu kitten", erinnerte sich der langjährige Hamm-Coach Uli Schulz mit Schrecken an die Abstiegssaison zurück. Auch die darauffolgende Spielzeit in der Bezirksliga Süd fand die Trainerlegende der "Geächteten" wenig prickelnd: "Da konnte man ja nicht hinschauen".
Immerhin nutzte der Klub das Jahr in der Siebtklassigkeit aber dazu, sich neu aufzustellen. Und mit weniger Getöse und dafür mehr Mentalität gelang ja auch der sofortige Wiederaufstieg. Hernach folgte ein notwendiger und sachlicher Umbau des Meister-Aufgebots. Lediglich zehn Spieler aus der Vorsaison blieben - das Gerüst des Teams. Sportlich verstärkt und menschlich bereichert wurde es durch erfahrene Akteure wie Stephan Rahn, Raffael Kamalow oder Jan Landau, die jahrelang in Hamburgs Beletage zu den Besten gehörten. Dass sie nicht nur tolle Individualisten, sondern auch absolute Teamplayer sind, zeigte die Begegnung gegen den SVA.
Denn Rahn, Landau und auch der einst beim Karlsruher SC in der Jugend aktive Verteidiger Torsten Hartung fanden sich zunächst auf der Bank wieder. Unmutsbekundungen gab es deswegen von den betroffenen "Stars" nicht. "Ich musste arbeiten, insofern ist das verständlich", sagte Landau. "Ich war die Woche krank und nicht beim Training", erklärte Rahn verständnisvoll seine Nichtnominierung für Startelf.
Gekränkte Eitelkeiten, die einst ein erheblicher Faktor für den Abstieg waren, scheinen für den HUFC in dieser Spielzeit also zu keinem Problem zu werden. Die Gefahr für den nun neun Mal in Serie siegreichen Tabellenführer liegt wohl eher in einer vielleicht schleichend einkehrenden Sorglosigkeit. Einem Hauch Überheblichkeit möglicherweise. So ließen es die Hausherren nach ihrem raschen 1:0 durch Ayim, der nach eineinhalb Minuten per Abstauber erfolgreich war, in den Zweikämpfen teilweise zu gemächlich angehen. Addiert mit ein paar leichtsinnigen Ballverlusten ergab das eine durchwachsene, nicht schön anzusehende Performance des Klassenprimus.
Die wie eigentlich fast immer mit ganz viel Herz auftretenden Altengammer suchten indes den "Nahkampf" und waren spätestens ab Mitte des ersten Abschnitts auf Augenhöhe mit dem Favoriten. "Sehr gut 'Alpi', jetzt sind wir drin", sagte Coach Jörn Geffert zu seinem Offensivmann Philip Alpen in der 25. Minute. "Wir müssen ihnen mehr wehtun. Die daddeln", lautete dessen Replik. Doch dies gelang nicht nachhaltig genug. Zudem mangelte es dem Dorfklub in der Vorwärtsbewegung an Ideen. Kaum einmal fand ein Zuspiel in der "Box" einen Abnehmer. Und als der SVA dann einmal viel zu weit aufrückte, wurde er sofort dafür bestraft. Geburtstagskind Ronn Asante - wurde am Spieltag 22 Jahre alt - umkurvte nach einem tollen Pass aus der Tiefe Keeper Alexander Golinske und vollendete zum 2:0 (38.).
Dass Marschall trotz der Führung nicht ganz einverstanden mit dem Auftritt seiner Equipe war, zeigten zwei Wechsel zum zweiten Abschnitt. Landau kam für den wirkungslosen Matthias Märtens in die Partie und Rahn ersetzte Linksverteidiger Sebastian Gruhle. Das Ganze hatte eine Systemumstellung zur Folge. Der zuvor als Rechtsaußen agierende Asante rückte nun links in die Vierer-Abwehrkette, Rahn nahm den Platz von Alessandro Schirosi auf der "Sechs" ein, der dafür in den Sturm ging, und Landau bekleidete den Posten rechts im Angriffstrio.
Die Maßnahmen schienen zu greifen. Die Gastgeber kamen elanvoll aus der Kabine und besaßen durch Lucas Kauth (50.) und Landau (55.) zwei "Riesen". Statt 3:0 stand es dann aber nur noch 2:1, weil Jannis Reinhardt den ansonsten tadellosen Keeper Samuel Graudenz mit einem abgefälschten Schuss überwand (61.). Nun wackelte Hamm. Patrick Bierwagen prüfte Graudenz mit einem fulminanten Versuch aus der Distanz (68.) und sorgte damit für Zuversicht bei seinem Coach. "Jetzt sind wir dran, großartig", entfuhr es Geffert, der extra wegen des Spiels seinen Urlaub in St. Peter-Ording unterbrochen hatte.
Dass er sich wenige Minuten nach dem Abpfiff in seinen Flitzer setzte und mit einer Niederlage im Gepäck die Rückreise in das Seebad antrat, gründete auf jener 72. Minute, in der Ayim seine zweite Großchance abgeklärt genutzt hatte. "Das 3:1 war für uns der Genickbruch", resümierte Altengammes Co-Trainer Jan Krey. "Aber den Mannschaftsabend lassen wir uns durch die Niederlage nicht verderben. Wir haben ein gutes Spiel gemacht. Schade, dass wir uns für unseren Aufwand nicht belohnt haben", ergänzte der Geffert-Assistent, bevor er mit seinen Kickern ein paar Kaltgetränke vor Ort testete und im Anschluss mit ihnen gen Reeperbahn weiterzog.
Dass die Vierländer wenige Minuten vor Ultimo durch Raffael Kamalow noch den vierten Gegentreffer hatten hinnehmen müssen (84.), konnte ihre nach wie vor gute Stimmung nicht mehr trüben. Sie waren zufrieden mit ihrem Auftritt im Hammer Park, während die Hausherren nach dem Schlusspfiff kaum Glücksgefühle nach außen ließen. "Das Spiel müssen sie mir erst einmal erklären. Das war ja mal Welt- und mal Kreisklasse", sagte Marschall. Nicht einmal "80 Prozent" ihrer Leistungsfähigkeit habe seine Mannschaft abgerufen, bemängelte der 38-Jährige.
Eine Aussage, die der Konkurrenz um den Titel eigentlich Angst machen müsste. Denn wenn in diesem Team noch mindestens 20 Prozent mehr Potenzial schlummert, dürfte die Meisterschaft eigentlich nur über den HUFC führen. Doch nach den bitteren Erfahrungen der Vergangenheit ist Demut bei den "Geächteten" eingekehrt. Sehr viel Demut. "Unser Ziel war vor Saisonbeginn ein einstelliger Tabellenplatz. Und das hat sich nicht geändert. Wenn wir am Ende unter den ersten Fünf sind, bin ich zufrieden", sagte Marschall. Bescheidenheit ist eine Zier. Nun auch dort, wo einst die Bäume schon in den Himmel wuchsen, bevor das Saatgut auf seine Qualität überprüft wurde...
Statistik: Gesamt-Punktspielstatistik aus Sicht des Gastgebers (seit Vereinsgründung 2005): 9 Spiele, 4 Siege, 4 Remis, 1 Niederlage, 15:12 Tore
2013/14: 1:1 / 1:0 Landesliga Hansa 2014/15: 4:0 / 1:1 Landesliga Hansa 2015/16: 0:6 / 2:1 Landesliga Hansa 2016/17: 0:0 / 2:2 Landesliga Hansa 2018/19: 4:1 / --- Landesliga Hansa
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