12.10.2018 Landesliga Hansa: Mehr Tore als Zweikämpfe - Hamm United bietet Spektakel von Andreas Killat
vs.
Hamm United FC – Rahlstedter SC 6:3 (3:0)
Hamm United FC: Graudenz – Kauth, Hartung (62. Simon), Schlichting, Weber – Schwarck, Kamalow – Landau, Schirosi, Patrin (66. Rahn) – Ayim (57. Märtens) Rahlstedter SC: Timm – Dose (79. Goldenbaum), Sabah, Ruddigkeit, Baake (66. Hirche) – Moss (46. Oschetzki) – Wolfgramm, Rasmussen, Pressel, Hess – Sosnowski Tore: 1:0 Kamalow (17.), 2:0 Schirosi (31.), 3:0 Weber (35.), 4:0 Kamalow (61.), 4:1 Rasmussen (67.), 4:2 Wolfgramm (67.), 4:3 Rasmussen (76.), 5:3 Simon (78.), 6:3 Märtens (80.) Besondere Vorkommnisse: Sabah (RSC) muss mit einer schweren Schulterverletzung verletzt vom Platz (81.), so dass die Gäste, die bereits dreimal gewechselt hatten, die letzten neun Minuten zu Zehnt beendeten. Schiedsrichter: Ben Henry Uhrig (SC Egenbüttel): Der erst 17jährige (!) machte seine Sache ausgesprochen gut und bekam während der Begegnung nicht nur viele aufmunternde Worte und Tipps vom SR-Beobachter Norbert Grudzinski, sondern nach dem Abpfiff völlig zu Recht auch viel Lob. Beste Spieler: Kamalow, Landau, Kauth, Weber – Wolfgramm, Rasmussen Zuschauer: 190
„So wenig Zweikämpfe habe ich ja noch nie notiert“, bemerkte Schiedsrichter-Beobachter Norbert Grudzinski (selbst in der Bundesliga als Assistent im Einsatz) Mitte der zweiten Halbzeit, „aber der Ben macht das richtig gut“. Gemeint war Referee Ben Henry Uhrig, die neue Nachwuchshoffnung im VSA. Tatsächlich bot der erst 17jährige Unparteiische eine exzellente Leistung, sowohl in der Ansprache der Spieler und Trainer, als auch mit seinem gesamten Auftreten auf dem Platz. Nur einmal wollte HUFC-Trainer Sidnei Marschall ein „klares Foul“ gesehen haben (63.), welches nicht geahndet wurde. „Einen (!) kleinen Fehler darf er machen“, antwortete Grudzinski lächelnd – und Marschall war zufrieden und lächelte ebenfalls.
Zu dem Zeitpunkt führte sein Team allerdings auch noch mit 4:0, hatte eine tolle erste Stunde gezeigt und schien auf dem Weg zu einem Kantersieg. Insbesondere Jan Landau und Raffael Kamalow sprühten vor Spiellaune und zauberten mit zum Teil doppelten Doppelpässen immer wieder die Gästeabwehr auseinander. Nach einem vom rechten Fünfmetereck „gechipten“ Landau-Ball köpfte Kamalow aus vier Metern zum 1:0 ein (17.), dann haute Alessandro Schirosi einen Freistoß aus 25 Metern satt unter die Latte (31.) und schließlich war es wieder Landau mit einem langen Ball auf den zweiten Pfosten, den Daniel Weber technisch perfekt mit der Brust „runterpflückte“ und knallhart zum 3:0 in die Maschen jagte (35.). Ausgerechnet Weber, der eigentlich gar nicht spielen sollte und erst durch eine Verletzung von Sebastian Gruhle beim Aufwärmen in die Startelf rückte. Direkt nach seinem Tor steuerte Weber Richtung Ersatzbank und umarmte Gruhle. Eine tolle Geste! Und fast hätte Weber nochmal jubelnd zur Bank laufen können, aber nach schönem Solo über die linke Seite strich sein Schuss aus 14 Metern knapp am rechten Giebel vorbei (45.).
Und die Gäste? Fanden nicht statt! Nach zuvor fünf Punkten aus drei ungeschlagenen Partien (1-2-0) hatte sich Coach Bastian Warning durchaus Hoffnungen gemacht, zumal Hamm United letzte Woche (durch einen Treffer in der Nachspielzeit) mit 1:2 bei SVNA verloren hatte. Doch der RSC, gegründet 1905 und somit genau 100 Jahre älter wie die Hausherren, sah auf dem Platz auch mindestens genau diese hundert Jahre älter aus! „Das war eine Katastrophe, da musste ich richtig laut werden“, so Warning.
Mit der Umstellung von Lukas Sosnowski, der im zweiten Durchgang nicht mehr vorne im Sturm, sondern auf der „Sechs“ agierte, bekamen die Rahlstedter plötzlich deutlich mehr Zugriff und zeigten eine starke zweite Halbzeit. Allerdings fiel mitten in die gute Anfangsviertelstunde das 4:0, als Kauth und Schirosi sich mit einem Doppelpass durch den Strafraum dribbelten und Letztgenannter perfekt für Kamalow auflegte, der erneut mit dem Kopf zur Stelle war (61.). Doch aus dem angestrebten Schützenfest wurde (vorerst) nichts. „Wir können offensichtlich nicht volle 90 Minuten konzentriert zu Ende spielen“, schimpfte Marschall nach dem Match.
Denn es folgten „die wilden neun Minuten im Hammer Park“. Zum Teil möglicherweise aber auch ein hausgemachtes Problem, da Marschall um das 4:0 herum dreimal wechselte (57./62./66.) und somit seiner Mannschaft signalisierte: Hier passiert heute nichts mehr. „Es stimmt, ich habe beim Stand von 4:0 sehr früh dreimal gewechselt. Kann sein, dass es auch daran gelegen hat. Wir haben aber eben einen sehr großen Kader und alle sollen Spielpraxis bekommen“, so Marschall. Doch das ging zunächst nach hinten los. Völlig unsortiert und ohne jeglichen Zweikampfeinsatz schenkten die „Geächteten“ das Match fast noch her. Marius Rasmussen machte mit einem Schlenzer in den Winkel den Anfang (67.), es folgten Paukenschläge von Hendrik Wolfgramm, der nach einem schönen Solo an Keeper Samuel Graudenz vorbei ins leere Tor zum 2:4 traf (70.) und erneut Rasmussen zum 3:4 (76.). Sekunden zuvor hatte Schirosi einen Latten-Knaller abgefeuert und das 5:2 verpasst, beim anschließenden Gäste-Konter pennte das gesamte HUFC-Team. „Sag mal, wollt ihr mich verarschen?“, sah Marschall die Früchte der guten ersten Stunde schon davonschwimmen.
Doch der in der Innenverteidigung so glücklose Florian Simon (war in der 62. Minute für Torsten Hartung gekommen) machte seine Patzer vorne wieder gut und drosch nur zwei Minuten nach dem Anschlusstor einen Volleykracher aus 20 Metern zum 5:3 in die Maschen (78.). „So trifft der den Ball nie wieder“, seufzte Warning später und sah dieses Gegentor „mitten in unsere euphorische Phase hinein“ als Knackpunkt. Matthias Märtens machte nur 100 Sekunden später mit dem sechsten Treffer alles klar (81.), zumal RSC-Verteidiger Samir Sabah beim Rettungsversuch unglücklich auf seiner Schulter landete und ins Krankenhaus gebracht werden musste. Gute Besserung! In Unterzahl war Rahlstedt nun nicht mehr in der Lage, nochmals ein Comeback zu schaffen, hatte aber im zweiten Durchgang gezeigt, dass die letzten drei ungeschlagenen Spiele offensichtlich kein Zufall waren.
Stimmen:
Bastian Warning (Trainer Rahlstedter SC): Die erste Halbzeit war eine komplette Katastrophe, da musste ich in der Pause sehr laut werden. In der zweiten Hälfte haben sich die Jungs den Arsch aufgerissen und ganz einfach Fußball gespielt. 1, 2, 3 Kontakte bis nach vorne und dann haben wir binnen neun Minuten mal eben den Anschluss auf 3:4 gemacht. Das sah mega-geil aus und ich habe gedacht, das wird noch was. Aber dann hat Flo Simon leider den Ball genau richtig getroffen. Damit war es dann entschieden, zumal unser Spieler sich noch verletzt hat und wir danach in Unterzahl waren. Der ganze Aufwand der zweiten Halbzeit war letztlich vergebens, aber wir nehmen die positiven Dinge mit in die nächsten Begegnungen.
Sidnei Marschall (Trainer Hamm United FC): Für die Zuschauer war das bestimmt ein Spektakel, wir haben es nochmal spannend gemacht. Eine Stunde lang war das ein richtig tolles Spiel von uns, aber auf einmal haben wir komplett aufgehört Fußball zu spielen. Keine Ahnung, was die Mannschaft da für Ideen hatte. Von mir kamen die jedenfalls nicht. Ich freu mich jetzt über den Sieg, aber ab Montag müssen wir das nochmal analysieren, warum wir in ein paar Minuten solche Tore kassieren. Ich wollte heute unbedingt mal über die gesamten 90 Minuten eine konzentrierte Leistung sehen, aber es sind wieder nur 60 Minuten geworden. Gut war, dass wir nach dem 3:4 direkt wieder den Schalter umlegen konnten und der Faden nicht komplett gerissen ist.
Statistik: Gesamt-Punktspielstatistik aus Sicht des Gastgebers (seit Vereinsgründung 2005): 11 Spiele, 8 Siege, 2 Remis, 1 Niederlage, 32:13 Tore
2009/10: 3:3 / 2:0 Landesliga Hansa 2010/11: 2:1 / 2:2 Landesliga Hansa 2011/12: 1:0 / 2:1 Landesliga Hansa 2012/13: 3:0 / 1:2 Landesliga Hansa 2013/14: 7:0 / 3:1 Landesliga Hansa 2018/19: 6:3 / --- Landesliga Hansa
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