30.11.2018 Landesliga Hansa: Hamm United holt sich den zweiten "Titel" von Mirko Schneider
vs.
Hamm United FC – SV Bergstedt 4:0 (3:0)
Hamm United FC: Meyer-Wersinger – Kauth, Gruhle, Schlichting (70. Seifert), Weber (63. Märtens) – Rahn, Schirosi – Asante, Kamalow, Patrin (46. Kazmierczak) – Ayim SV Bergstedt: Eisenhardt – Selch, Limberg, Beyrau, Lazarides – Weise (46. Deniz), Bergmann, Ramöller (72. Chitan), Schenk (46. Roß) – Hübner – Christodoulos Tore: 1:0 Kamalow (10., Vorarbeit Ayim), 2:0 Ayim (13., Asante), 3:0 Patrin (19., Gruhle), 4:0 Ayim (73., Kamalow). Besonderes Vorkommnis: Schiedsrichter-Assistent Moritz Hermann knickte um (24.) und musste in der Pause die Partie vorzeitig beenden. Ein Kollege mit Schiedsrichter-Schein aus dem Publikum sprang für ihn ein und winkte fehlerlos. Schiedsrichter: Björn Struckmann (FC St. Pauli): gute Leistung in einer leicht zu leitenden Partie mit einem Schönheitsfehler: Hätte Schirosi für sein zweites Foul mit gestrecktem Bein (63.) zwingend Gelb zeigen müssen. Beste Spieler: Schirosi, Rahn, Kamalow, Gruhle, Ayim – geschlossen tapfere Mannschaftsleistung in der zweiten Hälfte Zuschauer: 90
Grob gesagt gibt es zwei Arten von Titeln. Bei Kategorie eins stemmt die erfolgreiche Mannschaft am Saisonende einen mehr oder minder bedeutenden Pokal (Europapokal, Oddset-Pokal, Telekom-Cup), eine hässliche Salatschüssel (Bundesliga-Meister), eine Radkappe (Zweitliga-Meister) oder überhaupt nichts in die Luft, wobei das Team in diesem Fall mit einer spürbaren Adelung der eigenen Verdienste (Aufstieg) entschädigt wird. Die zweite Art von Titeln werden nur in Ausnahmefällen („Meister der Herzen“) nach Saisonende vergeben, um die zeitweilige Bösartigkeit des Fußballgotts in einen moralischen Sieg zu verwandeln. Doch meistens (Weltpokalsiegerbesieger, Derbysieger, Stadtmeister) werden diese Titel mitten in der Saison vergeben. Der Verein erhält dafür dafür allerdings weder einen Pokal noch springt er eine Spielklasse höher.
Die zweite Auszeichnung dieser Art in dieser Spielzeit sicherte sich am heutigen Abend Hamm United mit einem 4:0 gegen den SV Bergstedt. Herbstmeister waren die „Geächteten aus dem Hammer Park“ schon, Wintermeister sind sie nun. Und auch wenn sie sich dafür nichts kaufen können, wertvoll ist die imaginäre Trophäe irgendwie schon. Bestätigt sie schließlich, welch starke Mannschaft sie am Hammer-Park-Stadion zusammengestellt haben. Ein Team, das Lust auf mehr weckt.
Weil es selbst Lust hat und selbst die Altstars hungrig wirken. Den unbedingten Willen, auf Rang eins zu überwintern, konnten die Zuschauer ab der ersten Minute bis unters Tribünendach bei ihren Lieblingen spüren. Hamm drückte Bergstedt umgehend in die eigene Hälfte – und nutzte die erste fette Chance zur Führung aus dem Fußball-Lehrbuch. Einen langen Ball von Lucas Kauth behauptete Christain Ayim geschickt im Zweikampf und legte auf Raffael Kamalow ab. Der Supertechniker zog auf der rechten Seite in den Strafraum, wackelte drei Gegenspieler – pardon – geschickt mit diversen Arschwacklern aus und versenkte cool per Flachschuss im rechten unteren Eck (10.). Ein Sahnestart, auf den die Hammer gleich die erste Kirsche setzten. Nach einer Kombination übers ganze Feld spielte Kamalow den Ball rechts raus, Ronn Asante passte flach auf den zweiten Pfosten und Ayim schob lässig zum 2:0 ein (13.). Die Vorentscheidung vergaben bald darauf nach einem schönen langen Ball des in Hälfte eins offensiv sehr agilen Innenverteidigers Sebastian Gruhle Alessandro Schirosi sowie Ayim und Kamalow im Verbund, die aus kurzer Distanz am Bergstedter Keeper Pascal Eisenhardt scheiterten (15.). Der omnipräsente Schirosi – heute wieder auf der Sechs statt wie beim 13:0 gegen Elazig Spor im Angriff – sorgte drei Minuten drauf auf der anderen Seite für die einizigen paar Sekunden Spannung des Spiels. Sein fataler Rückpass fand nur den Bergstedter Andre Weise, der versetzte seinen Hammer Gegenspieler und zog aus 16 Metern ab. Hamms Keeper Maik Meyer-Wersinger (ersetzte den urlaubenden Samuel Graudenz) hielt den Flachschuss mit gutem Reflex fest (18.). Das allerdings war sie, die einzige Bergstedter Chance in der gesamten Partie! Und statt 1:2 stand es aus Sicht der Gäste, ehe sie sich versahen, 0:3. Wieder mal ein langer Gruhle-Ball, Dimitri Patrin lupfte ihn über Eisenhardt an den Pfosten, setzte nach und lochte ein (19.).
Erinnerungen an die Partie vor zwei Wochen wurden wach – aber Bergstedt ist nicht Elazig Spor. Die bis dato fast körperlos und sehr naiv agierenden Gäste rissen sich am Riemen, stellten sich tiefer und fanden zumindest defensiv ein wenig besser in die Partie, die an ein einseitiges Pokalspiel mit Zwei-Klassen-Unterschied erinnerte. Bergstedt durfte sich freuen, wenn die Mittellinie überschritten wurde. Häufig befanden sich abzüglich Meyer-Wersinger 21 Spieler in der Hälfte der Gäste. Hamm agierte noch eine Weile gefällig, nun aber mit weniger klaren Torchancen. Einzig Ayim, von Schirosi geschickt, zielte aus 18 Metern aus gefährlicher Position über den Kasten (33.).
Nach der Pause verflachte das Spiel weiter. Hamm blieb deutlich überlegen, doch gegen diesen Gegner reichte der Schongang. So waren Rahns Fernschuss nach guter Kombination über links (58.) und Asantes über das Gehäuse rauschende Direktabnahme vom Elferpunkt nach ebensolcher über rechts (60.) fast schon die einzigen Gelegenheiten in Hälfte zwei. Wäre da nicht noch das 4:0 gewesen. Ein wirklich schickes Tor! Kamalow passte zu Ayim, der sich wie Kamalow beim 1:0 durchdribbelte (mit mehr Wucht und weniger Hintern!) und den Ball mit der Picke resolut aus 14 Metern ins kurze Ecke knallte (73.). Kamalows Fernschuss knapp am Kasten vorbei war schließlich die letzte Aktion des Spiels (90.).
Die Hammer Spieler feierten mit ihren Fans die Wintermeisterschaft – und freuten sich auf die morgige Weihnachtsfeier im Alten Land. Passt irgendwie, denn bis Hamm United Neuland betritt, dauert es bei optimalem Verlauf der letzten elf Spiele noch ein halbes Jahr. Dann endet die Saison am 26. Mai mit einem Heimspiel gegen Düneberg – und als Meister der Landesliga Hansa zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte von Hamm United in der Oberliga Hamburg? Es wäre ein Titel, an den sich alle im Hammer Park für immer erinnern würden.
Stimmen:
Christian Dittmar (Trainer SV Bergstedt): Das Spiel spricht für sich. Wir waren guter Dinge, als wir hierhergekommen sind und haben anfangs versucht mitzuspielen. Das hat sich gleich gerächt. Nach 20 Minuten lagen wir 0:3 hinten. Wir waren dann nur noch um Schadensbegrenzung bemüht. Natürlich haben wir mitbekommen, wie es Elazig hier vor zwei Wochen mit 13:0 erwischt hat. Es war also in der Halbzeit unsere einzige Intention, möglichst kein Gegentor mehr zu bekommen. Eins fiel noch, so ging es 4:0 aus. Hamm United ist die beste Mannschaft, gegen die wir bisher gespielt haben. Sie stehen zu Recht da oben, sind zu Recht Weihnachtsmeister. Hut ab!
Sidnei Marschall (Trainer Hamm United FC): Mit den ersten 20 Minuten war ich sehr zufrieden. Wir haben sehr gut angefangen und gleich die Tore gemacht. Dann haben wir aufgehört Fußball zu spielen und der Gegner hat besser verteidigt. Chancen hatten wir trotzdem genug. Ich bin stolz auf die Mannschaft. Einen besseren Abschluss hätten wir nicht haben können. (auf die Frage zur Wintermeisterschaft) Ich habe mir vieles gewünscht, aber dass das eingetreten ist… besser geht’s nicht. Das zeigt dass wir gut gearbeitet haben. Wir coachen uns gut untereinander auf dem Platz, einer ist für den anderen da. So zum Beispiel unser Torwart, als Schirosi in der ersten Halbzeit den einen Fehler gemacht hat. Dass man dann mal ein, zwei Gänge rausnimmt, wenn man 3:0 führt, ist auch klar. Wir spielen mal weiter und gucken, was es am Schluss wird. So weit, dass unser Präsident Jörn Heinemann einen Business-Plan für die Oberliga schreiben muss, wie ich gelesen habe, sind wir aber noch nicht. (lacht) An elf Spieltagen kann noch vieles passieren. Aber das Ziel ist nun, dass wir am Schluss unter den ersten drei Teams sind. Ganz klar.
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