17.02.2019 Frühlingsgefühle in Wedel von Andreas Killat
vs.
Wedeler TSV – SC Condor 2:0 (0:0)
Wedeler TSV: Alves Lopes – D. Diaz, Vollmer, Wilckens, Ellerbrock, Eggers – Steinecke, Dirksen – Richert (54. Rodrigues Oliveira), L. Diaz – Richter (32. Uitz, 73. Rörström) SC Condor: Richter – Grablewski, Vinberg, Niederstadt, Lahmann-Lammert – Bonewald (70. Löw), Dikenli – Ilic (65. Vass), Choi, Bulut – Sousa Tore: 1:0 Dirksen (56.), 2:0 D. Diaz (60.) Gelb-Rot: Dirksen (71.), Lahmann-Lammert (90.) Schiedsrichter: Daniel Gawron (TuS Osdorf): Blieb unauffällig und lag mit seinen Entscheidungen meistens richtig (z.B. die beiden Hinausstellungen). Beste Spieler: Wilckens, D. Diaz – Keiner Zuschauer: 140
Bisher nur zwei Saisonsiege (gegen HEBC und Pinneberg), elf Punkte Rückstand auf das rettende Ufer und in den letzten 15 Jahren nur ein Heimsieg gegen Condor (am 22.11.2009)…besonders viel sprach heute wirklich nicht für den Wedeler TSV. Doch Neu-Trainer Andelko Ivanko (nach dem Abpfiff fast mit Tränen der Rührung in den Augen) hat es ganz offensichtlich geschafft, die Pokalmentalität (dort steht der WTSV im Viertelfinale) auf den Punktspielbetrieb zu übertragen.
Vom Anpfiff weg legten die „Grün-Schwarzen“ einen engagierten Auftritt an den Tag, mit Leidenschaft, Wille und Einsatz – wie sich das für den Abstiegskampf gehört. Davon hatten die „Raubvögel“ jedoch offensichtlich noch nie etwas gehört. Die Vorstellung der Farmsener glich jedenfalls einem sportlichen Offenbarungseid – und das in so einem wichtigen Spiel. Null Torgefahr (erster „Torschuss“ fünf Meter drüber nach 74 Minuten) und eine Körpersprache, die Mannschaftskapitän Cassian Klammer, der kurz vor dem Anpfiff verletzungsbedingt aus der Startelf gestrichen werden musste, nach dem Match zu drastischen Worten an seine Teamkollegen veranlasste: „Ich habe keinen Bock mehr auf diese Scheiße – und ich will, dass ihr auch keinen Bock mehr darauf habt“.
Ganz anders hingegen die Gastgeber, die bei 15 Grad und herrlichem Sonnenschein schon nach wenigen Minuten an der Führung(frühlingsluft) schnupperten, doch der Freistoß von Sascha Richert klatschte an die Oberkante der Latte (4.). Weitere Chancen durch Marlo Steinecke (23.) und Jannick Wilckens (25.) folgten, das torlose Remis zur Halbzeit war für die Gäste schmeichelhaft. Nach der Pause das gleiche Bild: Wedel am Drücker, Condor „unsichtbar“. Jorma Eggers mit dem nächsten Lattenkracher, diesmal an die Unterkante (55.). Das war schon dicht dran – und vierzig Sekunden später war der Ball dann drin: Einen Freistoß von Wilckens köpft Vollmer mit Wucht an die Latte, aber den Abpraller verwandelt Dirksen zum 1:0 (56., siehe Foto).
Christian Dierksen (ganz rechts, Nr. 18) köpft...
...und jubelt mit Kjell Ellerbrock (Nr. 4) nach dem Einschlag zum 1:0. Fotos: Olaf Both
Nun lief es wie befreit bei den Hausherren: Flanke Rodrigues Oliveira, am Elfmeterpunkt setzt sich Daniel Diaz gegen drei (!) Condor-Spieler mit dribbeln und stochern durch und schiebt unten links zum 2:0 ein (60.). Damit war die Partie entschieden, zu willenlos der Auftritt der Gäste. Das änderte sich auch nicht nach der Hinausstellung von Dirksen (71.). Trotz Überzahl fiel der Neumann-Elf bis auf zwei harmlose Weitschüsse weit übers Tor (74./80.) weiterhin nichts ein. Erst Michael Löw sorgte aus spitzem Winkel eine Minute vor dem regulären Spielende für den ersten (!) ernsthaften Torschuss, den Keeper André Alves Lopes stark zur Ecke parierte.
Wedel darf nach diesem Erfolg wieder ein bisschen hoffen, mit einem Sieg im Nachholspiel gegen Rugenbergen wären es plötzlich nur noch fünf Punkte Rückstand. Beim SC Condor hingegen sollten sich die Spieler hinterfragen, ob das heute wirklich oberligareif war. Coach Florian Neumann jedenfalls wählte erfrischend ehrliche Worte (siehe „Stimmen“).
Stimmen:
Florian Neumann (Trainer SC Condor): Das einzige, was heute schön ist, ist das Wetter. Ich bin gar nicht sauer, sondern vielmehr echt richtig enttäuscht. Das ist noch viel schlimmer. Wenn man so auftritt, dann steigt man ab. Wedel hat ja wirklich nicht überragend gespielt, haben uns aber mit Mentalität und Kampf schon nach fünf Minuten den Schneid abgekauft. Das war ein immens wichtiges Spiel heute und das haben wir auch mehrfach besprochen. Aber ich glaube nicht, dass das bei jedem Einzelnen angekommen ist. Wir haben hier quasi abgeschenkt und null Mentalität gezeigt. Ganz ehrlich: Gegen wen willst du denn punkten? Der Abstiegskampf wurde zwar heute noch nicht entschieden, aber mit dieser Bocklosigkeit….das hat der ein oder andere wohl nicht richtig verstanden.
Andelko Ivanko (Trainer Wedeler TSV): Das ist emotional kaum zu beschreiben, da ist alles hochgekommen. Man möchte natürlich als Trainer mit einem Sieg einen guten Einstand haben. Das war überragend heute. Emotionen, Kampfgeist und Laufbereitschaft – die Jungs haben alles abgerufen und von Anfang an an den Sieg geglaubt. Wir waren total dominant, das Ergebnis spiegelt das nur unzureichend wieder. Sogar die frühe Verletzung von Richter, der ganz wichtig für uns ist, hat uns nicht zurückgeworfen. Das zeigt die Mentalität und Moral der Truppe, da ist ganz viel Fußballverständnis vorhanden. Für uns war natürlich vor dem Anpfiff klar: Mit einer Niederlage heute wäre es das gewesen. Dann hätte ich die Truppe wohl kaum noch für das Training motivieren können. Aber diese Leistung heute hilft uns für die nächsten Aufgaben. Der Kopf speichert so etwas, das wird uns Antrieb und Motivation geben. Wenn wir immer so einen Einsatz gezeigt hätten, stünden wir jetzt ganz locker im Mittelfeld der Tabelle.
Statistik: Gesamt-Punktspiel-Bilanz aus Sicht des Gastgebers (seit 1956): 32 Spiele, 9 Siege, 5 Remis, 18 Niederlagen, 55:75 Tore
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