22.04.2019 Sorry Wedel, das langt nicht von Andreas Killat
von Jan Schubert
vs.
Wedeler TSV – SV Curslack-Neuengamme 2:2 (1:2)
Wedeler TSV: Alves Lopes – D. Diaz (46. Jo. Eggers), Vollmer, Wilckens, Ellerbrock, L. Diaz – Dirksen, Steinecke, Rodrigues de Oliveira – Richter, Simon (65. Uitz) SV Curslack-Neuengamme: Babuschkin – Spiewak, Papke, Schalitz – Beldzik, Bannasch, Iscan (90.+2 Mokhlis), Wilhelm – Lenz (46. Hoffmann), Radic (75. Kerschke), Rogge Tore: 0:1 Rogge (10.), 0:2 Lenz (14.), 1:2 Ellerbrock (38., FE), 2:2 Steinecke (50.) Gelb-Rot: Spiewak (88., wdh. Foul) Schiedsrichter: Martin Ghafury (HSV Barmbek-Uhlenhorst): 80 Minuten auf Spur. Absolut richtig, keinen weiteren Strafstoß für den WTSV zu geben, als Witalij Wilhelm der Ball unbeabsichtigt an die Hand sprang (60.). Aber die Endphase: Unglücklich, als der Referee Wedels Marlo Steinecke auf dem Weg in den Sechszehner den Vorteil abpfiff (83.) und den SVCN möglicherweise in zwei Abseitssituationen benachteiligte. Wenn das Regelwerk bei der rücksichtlosen Attacke von Steinecke gegen Rogge derart gedehnt werden kann, dass Gelb in Ordnung sein soll (90.), ist in diesem Kontext die Ampelkarte für Sebastian Spiewak wiederum ein schlechter Scherz (88.). Beste Spieler: Steinecke – Schalitz, Lenz Zuschauer: 132
Ein Schuss Masochismus ist dabei. Muss auch so sein. Da macht der Mann hinter der verspiegelten Sonnenbrille überhaupt keinen Hehl daraus. Als Andjelko Ivanko zu Jahresbeginn das Kommando vom glücklosen Vorgänger Daniel Domingo auf dem Wedeler Cheftrainerstuhl übernahm, da hatte der TSV ganze elf Pünktchen nach 20 Partien, gleichbedeutend mit Rang 17 im Oberliga-Klassement, auf der Habenseite und galt nach dem VfL Pinneberg als zweiter sicherer Abstiegstipp.
Ivanko hat nur die Hälfte an Spielen gebraucht, um die Punktzahl mehr als zu verdoppeln (23). Doch der Kroate weiß nach dem 2:2-Remis gegen den SV Curslack-Neuengamme, dass diese Punkteteilung wohl zu wenig für die Elbestädter ist: „Es ist ein Kampf ums Überleben. Manchmal kann man es gar nicht mehr aushalten, nachts nicht mehr richtig schlafen“, gesteht der 52-Jährige, „aber ich bin in diesem Überlebenskampf auch stolz auf meine Jungs. Das ist andererseits auch ein Stück Lebensqualität.“
Aha. Ein „Stück Lebensqualität“ also. Sucht Ivanko an dieser Stelle vielleicht das richtige Wort? „Leidenschaft“ müsste besser passen – wobei darin ja „Leiden“ inkludiert ist. Und nichts anderes mussten alle, die es mit den Wedelern halten, in den Anfangsminuten. Und ganz besonders in jener 89. Minute: Da hüpfte das runde Glück durch den Strafraum des Gastes nach einem der zahlreichen guten Jannick-Wilckens-Freistöße, so dass alle Curslacker inklusive Torsteher Gianluca Babuschkin aus dem Spiel genommen waren. Jacques Rodrigues musste das hoppelnde Ding aus gefühlt 1,48 Meter nur noch reindrücken, so mancher der WTSV-Anhänger machte die Bewegung mit – doch Rodrigues schaffte es nicht, weil Babuschkin mit einer Irrsinnstat den Ball wegwischte!
Abstiegskampf, der Lebensqualität schenkt? Ivanko hatte die Aktion aufgrund von vielen Körpern im Sichtfeld gar nicht richtig gesehen: „Es würde uns gut tun, wenn mal einer aus dem Nichts reinfallen würde. Wir müssen für alles schwer arbeiten.“ Es ist offenkundig: Der WTSV-Coach erhofft sich Unterstützung vom Fußballgott.
Wobei: Ein bisschen war diese kaum greifbare Instanz am österlichen Montag in den ersten 20 Minuten dann doch ein Grün-Weißer. Eigentlich hätten die Gäste vorentscheidender als mit zwei Treffern führen müssen. Bei den Torerfolgen zeigten die Curslacker Geist, Spielwitz und Tordrang, die Gegenseite eher Schlafmützigkeit: Gökhan Iscan spielte beim 0:1 einfach einen 25-Meter-Freistoß flach an der Mauer vorbei, Florian Rogge vollendete gekonnt mit links (10.). Das 0:2 legte Rogge dann für Timo Lenz auf (14.). „Wir sind extrem gut reingekommen“, erklärte SVCN-Coach Matthias Wulff „wollten Wedel gleich überfallen und überraschen, was sehr gut geklappt hat. Wenn wir auf 3:0 stellen, dann wäre es vorbei gewesen.“ Lenz hatte weitere Hochkaräter auf den Füßen, scheiterte aber jeweils an Keeper Andre Alves Lopes (13., 16.)
Wie gesagt: 20 Minuten war der Wedeler Auftritt mitleidenserregend, danach besser, bisweilen – welch großes Wort - leidenschaftlicher. Daniel Diaz – verlor vor dem 0:2 die Kugel an Rogge – gab erste Warnschüsse ab (23., 30.). Der nicht immer glückliche, aber hart rackernde Marcus Richter holte dann gegen Witalij Wilhelm den Elfmeter zum 1:2-Anschluss heraus, den Kjell Ellerbrock verwandelte (38.). In einer intensiven, aber eher chancenarmen zweiten Hälfte gab es dann das Wedeler Highlight: Abwurf, Pass, Bumm! Keeper Alves Lopes schickte nach einer gegnerischen Ecke Richter auf die Reise, der wiederum den 2:2-Ausgleichsschützen Marlo Steinecke bediente (50.). „Beim Strafstoß bewegt sich der Stürmer raus aus dem Strafraum, der Ausgleich fällt nach unserer Ecke. Völlig unnötige Gegentore“, kritisierte Wulff seine Mannen, der lieber „einen guten Saisonendspurt als Sommerfußball“ von den Vierländern sehen möchte.
Was aber kommt beim WTSV noch? Und vor allem: Kommt es noch rechtzeitig? Sicher, beim Derby gegen Liga-Lachnummer Pinneberg muss ein Schützenfest her. „Irgendwann“, meint Ivanko zu wissen, „kommt so ein Spiel, das läuft für uns.“ Problem nur: Nach Pinneberg ist dafür nur noch drei Spiele Zeit…
Statistik: Gesamt-Punktspiel-Bilanz aus Sicht des Gastgebers (seit 1945): 12 Spiele: 5 Siege, 3 Remis, 4 Niederlagen, 21:19 Tore
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