26.04.2019 Landesliga Hansa: Matchplan schlägt Marschall-Plan von Andreas Killat
von Jan Schubert
vs.
Hamm United FC – SV Nettelnburg/Allermöhe 1:3 (0:2)
Hamm United FC: Graudenz – Kauth, Hartung, Schlichting, Balzis (63. Klein) – Schwarck – Patrin, Seifert (63. R. Asante), Kamalow, Eröksüz (86. Ayim) – Landau SVNA: Erschens – Feilke, Spiewak, Milke – Lubinski, Franz, Seibert, Schewa – Öztürk (56. Ebadi) – Schindler (86. A. Herrmann), D. Siegmund (56. Wischnewski) Tore: 0:1 Öztürk (15.), 0:2 D. Siegmund (42.), 0:3 Franz (68.), 1:3 Patrin (74.) Rote Karte: Franz (78.), Beleidigung Gelb-Rot: Seibert (82.), wdh. Foul Schiedsrichter: Dominik Kopmann (FC Eintracht Norderstedt): Die Rote Karte gegen Oliver Franz (78.) war überzogen, sonst ordentlich. Beste Spieler: Patrin – Lubinski, Milke, Feilke, Franz Zuschauer:119
Vielleicht ging das alles doch ein bisschen schnell. Vielleicht braucht diese hochgelobte Truppe aus dem Hammer Park noch etwas Zeit. Und vielleicht hat der Trainer einfach mal recht, wenn er sagt: „Vielleicht ist es ganz gut, wenn wir noch ein Jahr Landesliga spielen.“
Das hört sich ernüchtert, desillusioniert, realistisch an, was Sidnei Marschall da von sich gibt. Seine tollen Hammer Fußballer, ja genau die, die sportlich damit drohten, von der Bezirksliga mal schnurstracks ins Hamburger Oberstübchen durchzurauschen, leisten sich eine 1:3-Heimschlappe gegen den SV Nettelnburg/Allermöhe. Ein Gegner also, der zuletzt auch selten die Sterne vom Himmel spielte.
Dabei wirkt der 39-jährige Marschall keineswegs vergrätzt, super-verärgert oder gar böse über den faden bis uninspirierten Aufgalopp seiner „Geächteten“. Dabei waren genau die Kicker von Hamm United es, die als starker Aufsteiger nach 19 Partien als Wintermeister (46 Punkte) vor dem Bramfelder SV (43) und dem VfL Lohbrügge (39) gewendet hatten. Alles andere als unverdient, wohlgemerkt. Sechs Partien später hat der HUFC diesen Vorsprung verspielt, muss zu Bramfeld möglicherweise abreißen und die Lohbrügger aufschließen lassen. Der HUFC-Coach hatte das bereits im Winter vorausgeahnt.
Marschall hat ganz gewiss immer einen Plan, „wir wollen Fußball spielen, das macht uns aus“, sagt er selbstbewusst – doch gegen den SVNA zeigten seine Jungs davon im Grunde nichts bis gar nichts. Was wiederum herrührt aus der weitestgehend taktischen Meisterleistung des Gastes: Wie die Männer von Trainer Daniel Andrade Passwege insbesondere von HUFC-Regisseur Marcel Schwarck zustellten, gefährliche Ballverluste schon weit in des Gegners Hälfte provozierten, Zweikämpfe zu Ende führten, richtig schmerzhafte Nadelstiche setzten - formidabel. Matchplan schlägt Marschall-Plan. „Ich bin unglaublich stolz auf meine Mannschaft, auf ihre Reaktion auf unsere zuletzt nicht so guten Spiele und auf unsere Torquote“, jubelt Andrade, „das haben wir uns zu 110 Prozent verdient". Der SVNA-Coach setzte auf einen blutjungen Unbekannten: Mit welcher Finesse und Abgebrühtheit Dennis Öztürk, seit Mittwoch 18 Jahre jung, den Nettelnburger Führungstreffer per Chip über Keeper Samuel Graudenz hinlegte, war faszinierend (15.).
Kollektiver Jubel beim SVNA nach dem 0:1 durch Dennis Öztürk, der seinen ersten Treffer im allerersten Spiel im Herrenbereich markieren konnte. Foto: Olaf Both
Den Hausherren fiel gar nichts ein, plötzlich jedoch lag Sturm-Anführer Jan Landau flach im gegnerischen Strafraum – seine Schwalbe enträtselte Referee Dominik Kopmann korrekterweise mit Gelb (27.). Wesentlich standhafter zeigte sich indes Dustin Siegmund auf der anderen Seite, der nach langem Zuspiel Graudenz und Torsten Hartung narrte und überlegt ins verwaiste Tor zum 0:2 versenkte (42.).
Dustin Siegmund bejubelt seinen Treffer zum 0:2. Foto: Olaf Both
Vielleicht hätte sich das Blatt doch noch in Richtung der nach der Pause marginal verbesserten „Geächteten“ gewandt, wenn Landau nach einer Ecke aus sechs Metern nicht nur die Latte getroffen hätte – ein Zufallsprodukt (55.). Besser machte es der Gast, der gleich den nächsten Aussetzer bestrafte: Einen Freistoß von Elyas Ebadi ließ HUFC-Goalie Graudenz nach vorn abprallen, Oliver Franz bedankte sich mit dem dritten SVNA-Treffer (68.). Dmitri Patrin gelang zumindest mit dem 1:3 Schadensbegrenzung (74.).
Doch die eigentliche, aktuelle Hammer Misere folgte ja erst noch: Plötzlich flogen bei den Gästen der bockstarke Franz (78.) und sein Nebenmann aus der Mittelfeldzentrale René Seibert (82.) vom Platz, wobei glatt Rot für den SVNA-Kapitano offenbar ein Wahrnehmungsproblem innerhalb des Schiedsrichtergespanns vorausgegangen war (Franz soll verbal vom genervten Schwarck angemacht worden sein und zurückgeschimpft haben, letzteres hörte offenbar einer der Assistenten – eher eine Banalität).
Oliver Franz grätscht hier Eren Eröksüz den Ball weg. Foto: Olaf Both
Doch wie kläglich der Noch-Tabellenzweite diese nummerische Überlegenheit verdaddelte, war beispiellos. Mehr Torgefahr? Mitnichten, eher noch mehr Fehlpässe, Einfallslosigkeiten, Offenbarungen und gute Abwehraktionen der Andrade-Arbeiter. „Wir hätten noch 20 Minuten mit zwei Mann mehr weiterspielen können und kein Tor geschossen, in so einer Phase musst du es auch mal erzwingen. Wir haben uns aber stets für das Schwierige und Falsche entschieden“, schließt Sidnei Marschall seine ehrliche Analyse. Vielleicht spielt Hamm United nächste Saison noch in der Landesliga. Wäre gut so.
Statistik: Gesamt-Punktspielstatistik aus Sicht des Gastgebers (seit Vereinsgründung 2005): 8 Spiele, 4 Siege, 1 Remis, 3 Niederlagen, 20:14 Tore
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