30.04.2019 Titel verloren, Freunde gewonnen von Andreas Killat
vs.
TuS Dassendorf – Niendorfer TSV 1:3 (0:1)
TuS Dassendorf: Gruhne – Büchler (59. Kurczynski), Aust, Lenz (90.+1 Louca) – Dittrich, Dettmann, Hinze, R. Carolus – Möller, Nägele – Maggio (70. von Walsleben-Schied) Niendorfer TSV: Kindler – Agdan, Krüger, Benn, Speck (83. Merkle) – Karow, Thiessen – Meyer, Doege, Afsin (57. Stannis) – Utcke (71. Fernandes) Tore: 0:1 Utcke (31.), 1:1 Möller (60.), 1:2 Meyer (64.), 1:3 Fernandes (78.) Gelb-Rot: Kurczynski (90.+6), Foul/Meckern Schiedsrichter: Lasse Holst (FC Türkiye): Hätte Doege für das üble Foul an Lenz auch Rot zeigen können (89.), während die Hinausstellung für Kurczynski zehn Sekunden vor dem Abpfiff (!) wegen Meckerns völlig unnötig war (da kann man auch mal weghören). Beste Spieler: Möller, Lenz, Nägele – Kindler, Meyer, Thiessen, Krüger Zuschauer: 139
Was waren das in der Vergangenheit für „giftige“ Duelle zwischen den beiden Klubs (vor allem neben dem Platz)! Und heute? Friede, Freude, Eierkuchen! „Wir haben natürlich sehr gerne der Spielverlegung zugestimmt“, so NTSV-Chefcoach Ali Farhadi - „Herzlichen Dank dafür, das war wirklich ganz toll“, bedankte sich TuS-Sportchef Jan Schönteich artig und legte auf der Pressekonferenz seinen Arm um die Schulter von Farhadi (wie vor dem Match schon Jean-Pierre Richter, siehe Foto): „Wir sind ab jetzt die besten Freunde“. Eine Kiste Bier für die Niendorfer Mannschaft gab es noch obendrauf.
Gute Freunde kann niemand trennen... Ali Farhadi (l.) und "Jonny" Richter. Foto: Olaf Both
Auch im Spiel selbst zeigten sich die Hausherren heute generös. Auf dem frisch gemähten Rasen (viele Spieler legten eine Rutschpartie hin) kreierte die TuS über 90 Minuten gesehen so an die 15 Top-Chancen, aber auch die Gäste spielten munter mit und sorgten so für ein äußerst unterhaltsames Spiel. „Für den neutralen Zuschauer war das ein geiler Kick“, stellte Schönteich zutreffend fest.
Gerade in der Anfangsviertelstunde schien der (noch) amtierende Meister die Gäste überrollen zu wollen, war aber sowohl im Abschluss, als auch bei vielen Zuspielen in die Spitze zu unpräzise. Niendorf verteidigte sehr hoch und hatte Glück, dass der SR-Assistent häufiger mal nach dem Motto „Im Zweifelsfall gegen den Angreifer“ auf Abseits entschied. Und immer, wenn es kein Abseits war, dann war Keeper Marcel Kindler zur Stelle, oder die TuS-Kicker ballerten neben das Tor. So wie Rinik Carolus, dem nach toller Vorarbeit von Maxi Dittrich am zweiten Pfosten aus drei Metern freistehend (!) die Nerven versagten (12., siehe Foto).
Rinik Carolus vergibt die große Chance auf das 1:0. Foto: Olaf Both
Oder Mattia Maggio, der mit dem Ball am Fuß ins Aus stolperte (30.). Pech hingegen für Sven Möller, der einen Freistoß von der Mittellinie schnell ausführte und Kindler damit fast überrascht hätte (13.). Aber eben nur „fast“. Kindler rettete mit seiner ganzen Routine und Klasse im Rückwärtslaufen. Nur eine von gefühlt zehn Weltklasseparaden am heutigen Tag.
Marcel Kindler hatte heute immer alles fest im Griff. Foto: Olaf Both
Für Farhadi war es „die schlechteste erste Halbzeit der Saison“ (siehe „Stimmen“ am Ende des Berichtes), dennoch reichte es zur Halbzeitführung: Ein Schussversuch von Marvin Karow wurde von Henrik Dettmann geblockt, aber die Kugel fiel Kilian Utcke genau vor die Füße. Der machte ein paar Meter, umkurvte Torhüter Christian Gruhne und schob zum völlig unverdienten 0:1 ein (31.). Doch was heißt schon „unverdient“? Wer seine Chancen nicht nutzt, hat letztlich eben selbst Schuld…
Nach der Pause war es dann von beiden Seiten ein offener Schlagabtausch. Marcel Lenz hatte die dicke Doppelchance zum Ausgleich: Nach einem weiten Einwurf von Nägele quer durch den Strafraum zimmert „Cello“ das Leder aus fünf Metern in die Maschen – dachten zumindest alle. Aber plötzlich kam da Kindler mit einem Wahnsinns-Reflex angeflogen (47.). Die nachfolgende Ecke von Möller schädelt wieder Lenz nur an die Latte (48.). Verrückt. Doch wie schon erwähnt: Auch Niendorf nun im Dauer-Vorwärtsgang. Der Lenz von Niendorf hieß dabei Meyer. Denn auch Meyer hatte binnen weniger Minuten die doppelte Gelegenheit, die Führung auszubauen: Erst mit einem hammerharten Schuss aus 16 Metern halbrechter Position (52.), dann völlig alleingelassen mit dem Kopf (56.). Beide Male reagierte Gruhne glänzend.
Schließlich doch noch der verdiente Ausgleich: Eine Kombination über Kurczynski, Dittrich und Maggio landet bei Möller, der im Fünfmeterraum stehend mit seinem 20. Saisontor zum 1:1 einnetzt (60.). „Drei Meter Abseits“, schimpfte NTSV-Manager Marcus Scholz, was aber nur vier Minuten später schon wieder vergessen war: Oliver Doege spitzelt im Fallen gedankenschnell den Ball durch die Dassendorfer Dreierkette, Meyer startet durch und trifft zum 1:2 (64.). Was für ein Jubelsprung (siehe Foto)!
Leon Meyer bejubelt seinen Treffer zum 1:2. Foto: Olaf Both
Aber die Hausherren steckten nicht auf. Nägele aus acht und Schied aus zehn Metern (69./74.)…doch Kindler war überall! Deutlich effektiver hingegen der NTSV: Ecke Speck, Kopfball Fernandes: 1:3 (78.)! „Der sollte eigentlich ein Tor schießen, nicht köpfen“, lachte Farhadi und freute sich über die gelungene Einwechselung. Damit war die Meisterschaft futsch, nach fünf Jahren Dominanz bekommt Hamburg also einen neuen Meister.
Zwar hätten Nägele mit einem Rechtsschuss (von Krüger stark geklärt) und Schied aus elf Metern (Kindler wieder mit einem unglaublichem Reflex) noch zum Ausgleich treffen können (86./90.+3), doch selbst ein Remis wäre ja zu wenig gewesen, da Altona am Sonntag mit einem Sieg uneinholbar davonziehen kann. Unschöner Abschluss einer packenden und dramatischen Partie: Doege kommt am Mittelkreis deutlich zu spät gegen Lenz und trifft diesen ziemlich übel am Knöchel/Sprunggelenk (89.). Mit „Gelb“ war er da noch sehr gut bedient, „Cello“ musste von zwei Kollegen vom Platz getragen und am Knöchel bandagiert werden. Gute Besserung an dieser Stelle!
Stimmen:
Ali Farhadi (Trainer Niendorfer TSV): Wow. Das war ein ziemlich anstrengendes Spiel. Es war sehr schwierig, binnen 48 Stunden nochmal so frisch zu werden. Sehr traurig, dass Condor keiner Verlegung zugestimmt hat. Unseren Co-Trainer Jörg Steinbach haben wir ein bisschen leiser gestellt, dafür habe ich das heute übernommen. Es war ein sehr interessantes und aufregendes Spiel. Die erste Halbzeit ging dabei komplett an Dassendorf, aber sie haben alle Torchancen liegen gelassen. Unterm Strich haben wir die schlechteste erste Halbzeit der Saison gespielt, was ich auf unser Spiel am Sonntag schiebe und deswegen den Jungs auch entschuldige, gehen aber trotzdem mit 1:0 in die Pause. Was die Jungs dann aber im zweiten Durchgang gezeigt haben, diese Ordnung, diesen Willen gewinnen zu wollen, das war unser großer Trumpf. Wir freuen uns sehr, nun können wir noch unter die Top Fünf der Tabelle kommen. Damit hat nach der Hinrunde kein Mensch gerechnet. Jetzt wartet mit Teutonia das nächste große Kaliber auf uns.
Jean-Pierre Richter (Trainer TuS Dassendorf): Bei Niendorf hat heute vieles geklappt, bei uns nicht. Ich glaube, wir haben das Spiel mehr verloren, als dass Niendorf es gewonnen hat. Vor allem in der ersten Halbzeit haben wir es nicht verstanden, die Tiefe und die Räume hinter der Viererkette, die uns Niendorf angeboten hat, zu nutzen. Da waren wir viel zu ungenau. Direkt nach der Pause hätten wir mit der Doppelchance aber das ganze Spiel auf links drehen können und hatten auch danach noch genug Möglichkeiten. Wir konnten unsere Qualität aber leider nicht umsetzen. Wir haben heute aber nicht nur drei Punkte verloren, sondern auch noch Marcel Lenz durch Verletzung und Kurczynski mit Gelb-Rot. Das ist in dieser intensiven Phase mit so vielen Spielen sehr kritisch.
Statistik: Gesamt-Punktspiel-Bilanz aus Sicht des Gastgebers (seit 1949): 12 Spiele, 7 Siege, 2 Remis, 3 Niederlagen, 19:13 Tore
Sofern nicht anders gekennzeichnet, sind alle Texte, Grafiken, Videos und Fotos Eigentum von www.hafo.de. Anderweitige Verwendung nur mit vorheriger Genehmigung.