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25.05.2019
Der früheste Pokalsieg aller Zeiten - Dassendorf ist früh wach und trifft ganz spät von Andreas Killat





Finale


vs.


FC Eintracht 03 Norderstedt – TuS Dassendorf 1:2 (1:0)

FC Eintracht 03 Norderstedt: Höcker – Marxen (90.+4 Lüneburg), Coffie, Mandic, Marcos – Koch – Brown, Meien (69. Nyarko), Knebel, Brüning (83. Facklam) – Veselinovic
TuS Dassendorf: Gruhne – K. Carolus, Aust, Lenz – Dittrich, Dettmann, Hinze, R. Carolus (80. Kurczynski) – Nägele, Möller – Maggio
Tore: 1:0 Brown (14.), 1:1 Dettmann (68.), 1:2 Kurczynski (90.+3)
Schiedsrichter: Stephan Timm (SC Egenbüttel): Das war gut! Bewies sehr viel Fingerspitzengefühl, als er Aust für den Schubser an Veselinovic mit Gelb davonkommen ließ (45.+2). Sehr aufmerksame Spielleitung, immer auf Ballhöhe.
Beste Spieler: Knebel, Brown – Dittrich, Dettmann, Lenz
Zuschauer: 2.936

Beide Teams hatten bisher jedes Finale in dem sie standen auch gewonnen. Eine Serie musste heute also reißen – und es „erwischte“ den Regionalligisten Norderstedt, weil der sich ab der 60. Minute offensichtlich nur noch auf sein sprichwörtliches Pokalglück verlassen wollte. Doch im Gegensatz zu den Finals 2016 und 2017, wo die Eintracht jeweils sehr spät zum Ausgleich gekommen war, zeigte der „Fußballgott“ heute sein anderes Gesicht.

Vor knapp 3.000 Zuschauern, die trotz der ungewöhnlichen 10.30 Uhr-Anstoßzeit den Weg ins Stadion Hoheluft gefunden hatten und für gute Stimmung sorgten, setzte Dassendorf die ersten Akzente: Rinik Carolus (2.) und Sven Möller aus 25 Metern (5.) zwangen Keeper Johannes Höcker sofort zu starken Paraden. Doch dann berappelte sich der Favorit. Nach einem Stellungsfehler von Amando Aust konnte Jordan Brown ungehindert in den Strafraum ziehen, doch seine scharfe Hereingabe schnappte Christian Gruhne Sinisa Veselinovic im letzten Moment weg (6.). Aber die TuS zeigte sich beeindruckt, kam minutenlang kaum noch aus der eigenen Hälfte. Bei einem Lattenkracher von Johann Knebel (13.) konnte man noch durchatmen, doch nur Sekunden später klingelte es: Aust verliert das Kopfballduell gegen Veselinovic, Knebel kann Kerim Carolus im (!) Strafraum locker abschütteln, legt quer für den völlig freistehenden Brown und der trifft aus sieben Metern zum 1:0 (14.).

Der Treffer zeigte Wirkung, der Titelverteidiger wankte. Aber Norderstedt verpasste durch Brüning (20.) und zweimal Knebel (27./38.) die Vorentscheidung. Stattdessen fast der Ausgleich, als Mattia Maggio butterweich und zentimetergenau auf den zweiten Pfosten flankt. Dort steigt Rinik Carolus zum Kopfball hoch, verfehlt aber aus zwei Metern das Tor (36.). Was für eine riesen Gelegenheit. Große Aufregung dann in der Nachspielzeit der ersten Hälfte: Veselinovic kommt viel zu spät und trifft (bzw. tritt) den am Boden liegenden Gruhne. Sofort stürmt Kapitän Aust heran und schubst den Übeltäter kräftig auf den Kunstrasen (45.+2). Nach einigen Sekunden der Ungewissheit zeigte der gute Referee Stephan Timm beiden Akteuren „Gelb“ – durchaus glücklich für Dassendorfs Spielführer.

Nach dem Seitenwechsel schaltete Norderstedt unverständlicherweise zwei Gänge zurück und wollte die Partie wohl mit der Routine eines Regionalligisten über die Bühne schaukeln. Nur einmal noch blitzte Torgefahr auf: Nach einem abgeblockten Schuss von Brown fiel das Leder im Fünfmeterraum Veselinovic vor die Füße. Der „tunnelt“ Gruhne und bejubelt am Fan-Zaun schon frenetisch das vermeintliche 2:0 – bis er die Abseitsfahne des Assistenten sieht (63.). Das war knapp. Für EN-Coach Jens Martens die Schlüsselszene: „Ob das wirklich Abseits war? Ein 2:0 hätten wir uns jedenfalls nicht mehr nehmen lassen“.

Trotzdem muss die Frage gestattet sein, warum man nun den Gegner kommen ließ, statt weiter zu pressen und selbst Druck auszuüben. Die Blau-Weißen glaubten nun plötzlich wieder an sich. Maggio wurde als taktischer Schachzug weiter nach hinten gezogen und über Standards kam die Wende. Einwurf Pascal Nägele, Kerim Carolus zimmert die Kugel Richtung Elfmeterpunkt, die fällt dort Henrik Dettmann vor die Füße, der staubtrocken flach ins linke untere Eck zum 1:1 trifft (68.). Was für ein Jubel (siehe Foto).


Henrik Dettmann (r.) bejubelt seinen Ausgleichstreffer. Foto: Olaf Both

Die Reaktion der Eintracht? Keine! Wie in den siegreichen Jahren 2016 und 2017 wollte man es wohl in der Verlängerung erzwingen. Aber dann kam die 93. Minute. „Jetzt sind wir dran“ übte sich Finn Thomas auf der Ersatzbank als Prophet. „Wir sind in solchen Situationen einfach da“, so der Rekonvaleszente – und sollte Recht behalten! Wieder Einwurf Nägele, großes Durcheinander am Elfmeterpunkt, wo erst Amando Aust und Sven Möller mit dem Kopf dran sind, dann Marcel Lenz einen ordentlichen Kracher aus 16 Metern loslässt, den Höcker mit einer Glanzparade zur Seite abwehren kann. Aber Dassendorf will es jetzt, setzt energisch nach, während EN schon abschaltet (Martens: „Da haben wir nicht auf den zweiten Ball geachtet“). Der eingewechselte Kristof Kurczynski dreht sich am rechten Fünfmetereck blitzschnell um seine eigene Achse und zimmert den Ball gedankenschnell in den linken Giebel (93.). Ein Traumtor! Und was für ein Jubelorkan der gesamten Dassendorfer Bank (Schönteich holte sich eine Zerrung, siehe „Stimmen“ – und auch Gruhne bereute den Sprint nach vorne: „Ich war völlig am Ende“).


Kristof Kurczynski (Nr. 10) dreht nach seinem Tor in der 93. Minute jubelnd ab. im Foto: Olaf Both


Henrik Dettmann (vorne sitzend) freut sich trotz Krämpfen mit den im Hintergrund feiernden Teamkameraden. Foto: Olaf Both

Die ursprünglich angezeigte Nachspielzeit von drei Minuten war zu Ende, doch wegen der lang anhaltenden Jubelorgie gab es noch einen dreiminütigen „Nachschlag“. Und Joker Jan Lüneburg, eigentlich verletzt und gar nicht einsatzfähig, aber dennoch direkt nach dem Gegentreffer von Coach Martens ins Rennen geschickt, hatte nach einer Ecke tatsächlich noch die Kopfballchance, bekam aber keinen ausreichenden Druck auf den Ball (90.+6). Abpfiff, Ende. Und jetzt geht die Party erst richtig los…

Glücklichster Mensch der Welt war in dem Moment TuS-Trainer Jean-Pierre Richter, der hier an der Hoheluft beim SCV im Winter so unsanft „abrasiert“ wurde – und jetzt jede Sekunde genoss! Der erste große Titel für den 32jährigen, der zudem gerade erst erfolgreich die Prüfung zur DFB-Elite-Jugend-Lizenz absolviert hat. „Wir hatten nach dem Ausgleich so einen guten Lauf, da wollte ich eigentlich gar keine Wechsel vornehmen. Aber Rinik (Carolus) war verletzt, konnte nicht mehr. Das dann ausgerechnet Kristof (Kurczynski) das Tor macht – solche Geschichten schreibt nur der Fußball“, war „Jonny“ überglücklich.


Jean-Pierre Richter (Mitte) freut sich über seinen ersten Pokaltriumph und hält Siegtorschützen Kristof Kurczynski (r.) im Arm. Foto: Olaf Both


Stimmen:

Jens Martens (Trainer FC Eintracht 03 Norderstedt):
Wie ich schon vorher vermutet hatte: Es war ein Spiel auf Augenhöhe, mit dem glücklichen Ende für Dassendorf. Zuletzt hatte Norderstedt Glück im Finale habe ich mir berichten lassen, heute haben wir in der 94. Minute das Gegentor bekommen. Das ist sehr bitter für uns. Wir hatten uns schon auf die Verlängerung eingestellt und uns Gedanken gemacht, was wir verändern müssen, um dem Spiel wieder unseren Stempel aufzudrücken. Beim 1:2 haben wir überhaupt nicht auf den zweiten Ball geachtet, das müssen wir uns ankreiden. Und dann kriegst Du eben so ein Traumtor, das ist Fußball. Nach den gemeinsamen acht Wochen Abstiegskampf in der Regionalliga, der von ganz großem Engagement und einem tollen Wir-Gefühl geprägt war, wollten wir heute natürlich die Krönung. Das haben wir leider nicht geschafft und das bedrückt uns sehr. Die Jungs sind kaum ansprechbar und auch mir fällt das Lachen extrem schwer. Trotzdem bin ich sehr stolz auf die Truppe.

Jean-Pierre Richter (Trainer TuS Dassendorf):
Wir sind natürlich mega-happy. Nach dem Ausgleich habe auch ich mit einer Verlängerung gerechnet. Kleinigkeiten konnten das Spiel entscheiden – und Kleinigkeiten haben das Spiel entschieden. Toll, wie wir nach der Standardsituation mit dem weiten Einwurf den zweiten Ball gewinnen und uns mit dem Tor belohnen. Diese Geschichte hätte man vorher nicht besser schreiben können: Wir sind nach einem Rückstand zurückgekommen, der eingewechselte Spieler macht das goldene Tor und der Gegner hat kaum noch Zeit zu antworten. Da machen wir einen riesen Haken hinter!

Olufemi Smith (Co-Trainer FC Eintracht 03 Norderstedt):
Wir hatten zwei, drei Gelegenheiten zum 2:0, die hätten wir besser zu Ende spielen müssen. Leider haben wir dann ab der 70. Minute die Spielkontrolle verloren. Wir konnten den Druck von unserem Tor nicht mehr fernhalten. Dassendorf hatte viele Standards – und genau über diese Dinger kriegen wir dann auch die Gegentore. Es ist sehr sehr bitter, in der 93. Minute den KO-Schlag zu bekommen. Es sollte heute wohl nicht sein.

Michael Funk (Sponsor TuS Dassendorf):
Heute hatte ich zum ersten Mal ein schlechtes Gefühl. Das habe ich über SMS auch allen in unserer Gruppe geschrieben. Zwar habe ich unsere Chancen bei 60:40 gesehen, aber das war mehr Galgenhumor. Aber als das 1:1 gefallen ist, habe ich gedacht, jetzt gewinnen wir! Ich dachte aber eigentlich, dass „Kuczy“ erst in der Verlängerung kommt und da kurz vor Schluss das Tor macht. Er hat vorher dreimal keinen Ball gestoppt bekommen – und dann haut er das Ding so rein. Überragend. Ohne Verlängerung ist es natürlich noch viel schöner. Jetzt wird kräftig gefeiert. Erst heute Abend in Dassendorf zusammen mit unserer zweiten Mannschaft (Meister Kreisklasse) und dann morgen eine Barkassenfahrt. Das übliche halt (lacht).

Jan Schönteich (Sportchef TuS Dassendorf):
Diese Gefühlsexplosion im Bauch, im ganzen Körper, dieser Gänsehautmoment – unbeschreiblich! Beim Jubellauf habe ich mir glaube ich in beiden Oberschenkeln einen Muskelfaserriss geholt. Ich wollte gerne eine Minute früher bei Kuczy sein, habe es aber nicht schneller geschafft.

Dirk Fischer (HFV-Präsident):
Neben dem Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg war auch die Bürgermeisterin aus Dassendorf heute voller Leidenschaft dabei. Das war insgesamt ein tolles Ereignis. Mit 3.000 Zuschauern hatten wir wegen der frühen Anstoßzeit zwar etwas weniger wie sonst, hatten dafür aber deutlich mehr TV-Anteile in der ARD. Auch mit „nur“ 3.000 Zuschauern war es ein tolles Ereignis und der Hamburger Fußballverband gratuliert dem Oddset-Pokalsieger TuS Dassendorf sehr herzlich. Wir wünschen uns für die 1. DFB-Pokalrunde Bayern München im Billtalstadion. Norderstedt hatte einen Glückstag (Klassenerhalt) und einen Trauertag (Finale), nun hoffen wir auf Altona, so dass wir nächste Saison vier Hamburger Klubs in der Regionalliga haben. Ein Dankeschön geht auch an den SC Victoria als Gastgeber, an Lotto Hamburg für die großartige Unterstützung und an den Spielausschuss für die reibungslose Durchführung des Wettbewerbs.

Statistik:
Gesamt-Pflichtspiel-Bilanz aus Sicht des „Gastgebers“ EN (seit 1949): 5 Spiele: 1 Sieg, 3 Remis, 1 Niederlage, 8:7 Tore

2000/01: 1:1 / 2:2 Oberliga HH/SH (1. SC Norderstedt)
2005/06: 1:1 / 3:1 Landesliga Hansa
25.05.19 Finale Oddset-Pokal: Norderstedt (RL) - Dassendorf (OL) 1:2

Der Weg für Norderstedt ins Finale:
1. Runde: 22.07. (H) 4:1 NCG FC Hamburg (KK)
Tore: 2x Lüneburg (4./81.), Rose (23.), Knebel (38.)

2. Runde: 08.08. (A) 4:1 SC Poppenbüttel (BL)
Tore: Lüneburg (48.), Stannis (76.), Facklam (86.), Drinkuth (90.+1)

3. Runde: 21.08. (A) 6:1 FC Alsterbrüder (BL)
Tore: Facklam (22.), 2x Drinkuth (34./58.), Lüneburg (53.), Knebel (81.), Meien (86.)

4. Runde: 03.10. (A) 7:0 FC Elmshorn (LL)
Tore: 3x Veselinovic (7./24./43.), Toksöz (59.), Marxen (73.), 2x Brisevac (82./84.)

1/8-Finale: 17.02. (A) 5:1 TSV Buchholz 08 (OL)
Tore: Koch (11.), 2x Knebel (29./90.+2), ET (44.), Brüning (90.+3)

1/4-Finale: 03.04. (A) 3:1 Wedeler TSV (OL)
Tore: Veselinovic (42.), 2x Brüning (77./87.)

1/2-Finale: 19.04. (A) 3:0 TuS Osdorf (OL)
Tore: 2x Lüneburg (47./59.), Meien (90.)


Der Weg für Dassendorf ins Finale:
1. Runde: 22.07. (A) 25:0 FC Lauenburg (KL)
Tore: 9x Louca (31./36./39./55./58./78./79./88./90.), 5x Maggio (5./40./41./45./48.), 3x Dittrich (9./37./43.), 3x Kurczynski (60./74./82.), 2x Nägele (26./76.), Möller (4.), Warmbier (67.), Koops (87.)

2. Runde: 31.07. (A) 2:0 SC Wentorf (BL)
Tore: 2x von Walsleben-Schied (11./22.)

3. Runde: 07.08. (A) 2:1 Hamm United FC (LL)
Tore: 2x Maggio (49./59.)

4. Runde: 02.10. (A) 8:0 SV Börnsen (BL)
Tore: Maggio (41.), 2x Saqib (45./60.), Nägele (56.), Dittrich (61.), Möller (70.), von Walsleben-Schied (78.), Hinze (87.)

1/8-Finale: 08.12. (H) 2:0 TSV Sasel (OL)
Tore: von Walsleben-Schied (3.), Nägele (56.)

1/4-Finale: 30.03. (A) 4:1 SV Altengamme (LL)
Tore: Maggio (48.), Dittrich (68.), Dettmann (85.), Saqib (90.+2)

1/2-Finale: 20.04. (H) 1:0 SC Victoria (OL)
Tor: Möller (89.)


Poaklsieger 2019: TuS Dassendorf! Foto: Olaf Both


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