31.05.2019 Holsten-Pokal: Emotionen pur - Niendorf holt sich den Cup von Andreas Killat
präsentiert:
Pokal-Finale
vs.
Niendorfer TSV II (LL) – Concordia II (KL) 5:1 (2:1)
Niendorfer TSV II: Lustermann – Reese (32. Demirtag), Schlechtweg, Blumauer, Baafi – Molder (85. Moukoko), Niemann – Flandrin, Danzer (73. Pollner), Afsin – Merkle Concordia II: Kern – John, Pump, Schmidke, Zebrowski – Pliszka (46. Mürz), Weiß – Seidel-Whitelaw (81. Blazevic), Gyaase, Calik (85. Jäckel) – Müller Tore: 0:1 Gyaase (13.), 1:1 Blumauer (17.), 2:1 Afsin (23.), 3:1 Niemann (59., FE), 4:1 Niemann (84.), 5:1 Flandrin (86.) Schiedsrichter: Christoph Albrecht (FTSV Komet Blankenese): Altersbedingt konnte er dem hohen Tempo (vor allem in der ersten Halbzeit) nicht folgen, stand dadurch oft schlecht zum Ball und traf viele fragwürdige Entscheidungen. Beste Spieler: Niemann, Merkle, Afsin, Baafi – Müller, Gyaase, Seidel-Whitelaw Zuschauer: 338
Beide Vereine konnten den Pokal bisher je zweimal gewinnen: Niendorf II in den Jahren 2005 und 2011 und Concordia II blieb 1998 und 2003 siegreich (siehe Übersicht am Ende des Berichtes). Außerdem holte sich 2014 die dritte Mannschaft des NTSV den Cup. Aber in den Köpfen des NTSV schwirrte vor allem die Finalniederlage von 2016 umher (siehe "Stimmen"). Sogar als Zuschauer konnte man daher heute die Energie der Niendorfer Truppe spüren: Jeder einzelne Spieler, von denen viele den Verein verlassen (inkl. Trainer Matthias Jobmann, der bekanntlich zum Wedeler TSV in die Oberliga wechselt), wollte mit jeder Faser seines Körpers diesen Pokalsieg!
Entsprechend furios ging es los: Ilyas Afsin hatte nach Vorarbeit von Lennart Merkle nur noch Keeper Henry Kern vor sich, scheiterte aber an dessen ausgefahrenen Armen – und setzte den Abpraller dann aus fünf Metern an die Latte (4.). Die nächste Chance folgte gleich hinterher: Eckball Afsin, den Kopfball von NTSV-Kapitän Moritz Niemann kann aber wieder Kern entschärfen (7.). Der Zweiklassenunterschied (Landesliga vs. Kreisliga) machte sich offensichtlich schon zu Beginn bemerkbar. Aber mit Matthais „Mücke“ Müller (früher lange Bramfelder SV) hat Cordi einen echten Goalgetter in seinen Reihen (im laufenden Wettbewerb schon acht Treffer). Müller „tanzte“ am rechten Fünfmetereck erst Torhüter Julius Lustermann aus, verzögerte aber zu lange, zog an drei Abwehrspielern vorbei und scheiterte dann mit links am heranfliegenden Lustermann (10.). Ein sofortiger Abschluss mit rechts wäre hier wohl die bessere Alternative gewesen. Doch diese Szene war der Weckruf für den Außenseiter: Einen langen Cordi-Ball in die Spitze unterschätzt Innenverteidiger Colin Blumauer, rutscht zudem leicht weg und wird schließlich von Ibrahim Gyaase ausgespielt, der ohne Mühe zum 0:1 vollendet (13., siehe Foto).
Ibrahim Gyaase erzielt das 1:0 für den Außenseiter. Foto: Olaf Both
Doch im Gegensatz zu 2016 blockierte diesmal nicht der Kopf beim Team Niendorf. Sofort wurde nachgesetzt und Afsin hätte sozusagen postwendend ausgleichen können, scheiterte jedoch freistehend an Kern (14.). Fast jeder Niendorfer Angriff endete nun mit einer Torchance, man kam kaum mit dem Notieren hinterher. Den hochverdienten Ausgleich leitete Niemann ein, der zur neuen Saison zum Oberliga-Aufsteiger USC Paloma wechselt und heute an der Brucknerstraße schon mal eine Kostprobe seines Könnens ablieferte: Seinen gefühlvollen Freistoß (mehr „gechipt“, wie hart geflankt) verlängerte Colin Blumauer, eben noch Unglücksrabe beim Gegentor, mit seinem Scheitel zum 1:1-Ausgleich in die Maschen (17.). Cordi hatte dem Angriffswirbel kaum etwas entgegenzusetzen: Einwurf Carlos Reese, Merkle verlängert und Afsin mit einem traumhaften Fallrückzieher aus 14 Metern in den rechten Giebel zum 2:1 (23.). Einfach herrlich anzusehen!
Danach nahmen die Weiß-Blauen allerdings etwas den Fuß vom Gas, hatten das Geschehen bis zum Halbzeitpfiff aber jederzeit im Griff. Doch die Pause tat dem NTSV offensichtlich nicht sehr gut, vor allem mental. Man spürte quasi, wie sich die Spieler selbst blockierten: „Bloß nichts mehr anbrennen lassen“, war das Motto – und von Offensivbemühungen war eine Viertelstunde lang nichts mehr zu sehen. Genau in dieser Phase hätte Cordi den Ausgleich erzwingen müssen, was auch Coach Rainer Pump hinterher bedauerte (siehe „Stimmen“). Doch trotz deutlicher, optischer Überlegenheit sprangen nur zwei Minichancen durch Müller heraus (52./56.). Bitter für den Kreisligisten: Ein strittiger Elfmeterpfiff von Schiedsrichter Albrecht sorgte für das Ende der kleinen Hochphase. Zunächst wurde Afsin zu Boden geschickt (NTSV-Manager Marcus Scholz: „Ein klarer Elfmeter!“), das Spiel lief aber weiter und Innenverteidiger Thomas Schmidke ging mit leicht gestrecktem Bein gegen Merkle zu Werke: Elfmeter! Große Proteste der gesamten Cordi-Mannschaft und der Ersatzbank – aber es nutzte nichts. Niemann verwandelte sicher (59., siehe Foto).
Moritz Niemann erzielte in seinem letzten Spiel für Niendorf II zwei Treffer. Hier der Elfmeter zum 3:1. Foto: Olaf Both
Das war der „Genickbruch“ für die tapferen Concorden, die die Partie bis dahin spannend gehalten hatten. Mit dem Gefühl der „Ungerechtigkeit“ gingen die Köpfe nun verständlicherweise nach unten – und auch läuferisch wurde nun der Zweiklassenunterschied sichtbar. Niendorf ließ nun Ball und Gegner laufen und spätestens nach dem tollem Freistoßtor von Niemann aus 24 Metern in den rechten Winkel war die Partie entschieden – und das ganze Team feierte jubelnd mit Tränen in den Augen (84.). Den Schlusspunkt setzte Simon Flandrin, der nach einem weiten Pass des überragenden Niemann auf und davon war und flach unten links zum 5:1 einnetzte (86.). Danach war Party angesagt (siehe Fotos)…
Direkt nach Abpfiff gab es eine Sektdusche für den scheidenden Coach Matthias Jobmann. Foto: Olaf Both
Kapitän Moritz Niemann (Nr. 6) stemmt den Pokal in die Luft. Der Rest ist grenzenloser Jubel. Foto: Olaf Both
Stimmen:
Rainer Pump (Trainer Concordia II): Ich kann meiner Mannschaft überhaupt keinen Vorwurf machen. Wir haben eine super Saison gespielt, sind als Aufsteiger Dritter in der Kreisliga geworden und standen heute im Finale. Was wollen wir noch mehr? Leider haben wir unsere Möglichkeiten in den entscheidenden Phasen nicht genutzt. Niendorf hat es dann clever runtergespielt und den Ball gut laufen lassen. Zu Beginn der zweiten Halbzeit waren wir besser, aber da musst Du eben eine von den Chancen reinmachen. Niendorf hatte da deutlich nachgelassen und wollte das Spiel nur noch kontrollieren. Die Szene vor dem 3:1 war niemals ein Elfmeter. Aber mich wundert nichts mehr. Er hat gepfiffen und ich akzeptiere das. Das Zeitalter für untere Mannschaften im Pokalwettbewerb ist wohl vorbei, sehr schade. Der Wettbewerb war jedenfalls mal ganz anders gedacht. Wir haben alles gegeben, aber es sollte heute nicht sein.
Matthias Jobmann (Trainer Niendorfer TSV II): Nach sieben Jahren hier in Niendorf ist das heute ein riesiges Erlebnis zum Abschluss. 2016 haben wir das Finale trotz vieler Chancen verloren, deswegen waren meine Jungs nach dem 0:1 kurz ein bisschen nervös, weil wir zuvor die Führung verpasst haben. Cordi hat das da aber auch sehr gut gespielt, da ziehe ich meinen Hut. Tolle Leistung, ein würdiger Finalgegner! Wir sind dann aber immer besser in die Partie gekommen und sind zu Recht in Führung gegangen. Nach der Pause waren wir etwas verhalten, meine Spieler wollten diesen Sieg unbedingt und da blockiert manchmal der Kopf. Es verlassen ja einige den Klub, alle wollten deswegen unbedingt diesen Pokal. Am Ende waren wir aber sehr abgeklärt. Wenn es eine zweite Mannschaft verdient hat, dann sind wir es meiner Meinung nach. Wir haben ein ganz tolles Team, die Mannschaft, die Trainer, die Betreuer, alles drum herum. Das ist heute der Lohn für die harte Arbeit der letzten Jahre. Der Pokalsieg und Platz 4 in der Landesliga – was gibt es besseres? Ich gehe jetzt über viele Jahre mit diesen Jungs, die sind mir alle ans Herz gewachsen. Die Beziehung ist viel mehr, als nur Trainer und Spieler, das war daher sehr emotional heute.
Moritz Niemann (Kapitän Niendorfer TSV II): Das war heute ein ganz besonderes Spiel. Wenn wir wieder (wie 2016) verloren hätten – das mag ich mir gar nicht vorstellen. Wir alle wollten die guten letzten Jahre unbedingt mit dem Pokalsieg beenden. Da kamen mir schon ein bisschen die Tränen. Ein richtig geiles Gefühl. Wir waren wie eine kleine Familie, nur deswegen sind über vier Jahre auch fast alle dageblieben. Es herrscht ein ganzer toller Zusammenhalt in der Truppe, auch gerade mit dem Trainer. Das war eine kleine Vater-Sohn-Geschichte. Nach meinem Freistoß-Tor zum 4:1 war es sehr emotional, da mussten viele mit den Tränen kämpfen. Es war eine ganz tolle Zeit für mich in Niendorf und es tut sehr weh – aber ich freue mich andererseits auch sehr auf die Oberliga mit Paloma. Jetzt werden wir die Nacht zum Tag machen und gebührend feiern.
Sieger „Holsten-Pokal“: 2014 Niendorfer TSV III 2015 HEBC II 2016 SC Sternschanze II 2017 RW Wilhelmsburg II 2018 SC Condor II 2019 Niendorfer TSV II
Sieger „2. Liga-Pokal“: 1995 Meiendorfer SV II 1996 ASV Bergedorf II 1997 SV Rönneburg II 1998 SC Concordia II 1999 VfL Lohbrügge II 2000 SV Börnsen II 2001 1. SC Norderstedt II 2002 TuS Germania Schnelsen II 2003 SC Concordia II 2004 SV Rugenbergen II 2005 Niendorfer TSV II 2006 GSK Bergedorf II 2007 Bramfelder SV II 2008 FTSV Altenwerder II 2009 Eimsbütteler TV II 2010 SC V/W Billstedt II 2011 Niendorfer TSV II 2012 Bramfelder SV II 2013 FC Süderelbe II
Der Weg für den Niendorfer TSV II ins Finale: 1. Runde: 22.07. (A) 1:0 SV Bergstedt II Tor: Kollotzek (86.)
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