18.08.2019 Landesliga Hansa: Fußball ist mehr als eine Karte von Andreas Killat
Clubhaus FC Türkiye & Seweryn Malyk präsentieren
Foto: Hanno Bode
von Jan Schubert
vs.
FC Türkiye – SC Condor 2:3 (1:1)
FC Türkiye: Göbel – Türkad, Taflan, Son, Okur – C. Müller, Güraltunkeser (70. Suyer), Saaba – Rosenthal (64. Azizpoor), Zagre, Garcia (54. Hü. Karaca) SC Condor: Richter – Logemann, Owusu, Yücel, Streubier – Zazai, Hoti – Honig (84. Nurzai), Scheffel, Facklam (68. Xhelili) – Ebongo Tore: 1:0 Rosenthal (5.), 1:1 Scheffel (25.), 1:2 Ebongo (46.), 1:3 Honig (57.), 2:3 C. Müller (85., FE) Schiedsrichter: Omar Amarkhel (MSV Hamburg): Keine schwerwiegenden Fehler, aber: Viele Kollegen von ihm hätten im Spielverlauf Minimum vier (berechtigte) Gelbe Karten gezeigt. Und so wären nachvollziehbarerweise Simon-Riza Yücel und Cem Müller mit Ampelkarten in der Schlussphase vom Platz geflogen. Was den Spielverlauf definitiv hätte beeinflussen können... Beste Spieler: Son – Richter, Ebongo, Zazai Zuschauer: 53
Hatte der Mann in Gelb seine wichtigsten Utensilien etwa nicht dabei? «Doch, doch», insistierte Schiedsrichter-Assistent Vincent Blumauer im Vorbeilaufen, «ich habe sie vorhin gesehen.» Und in der Tat: In der 86. Minute geschah es – aber warum nur? Spielleiter Omar Amarkhel nestelte fast schüchtern an der eigenen Brusttasche herum, und hervor kam – ja, er hatte sie dabei – der carton jaune. Empfänger war Türkiyes Cem Müller, der was Unflätiges nach seinem verwandelten Foulelfmeter zum 2:3-Endstand von sich gegeben hatte.
Als Condors Dren Hoti in der Nachspielzeit ebenfalls von Amarkhel verwarnt wurde, wusste der geneigte Beobachter, dass er beim Duell der Ex-Oberligisten alles fürs Eintrittsgeld gesehen hat. Tore, Umschaltmomente, gelegentliche Hektik, Horden an Nacktschnecken neben dem Feld, riesige Köfte-Burger bei Bedarf – und Gott sei dank auch zwei Gelbe Karten! Dass viele wahrscheinlich dachten, der Referee vom MSV Hamburg hätte seine «Instrumente der Macht» zu Hause liegen lassen, lag daran, dass er im Spielverlauf Simon-Riza Yücel (55.) und Kevin-Uwe Son (66.) nach gelbwürdigen Attacken verschonte, zudem Türkiyes Frank Saaba und Müller aufgrund der Häufung ihrer Foulspiele hätte verwarnen müssen. «Vom Ansatz her finde ich es gar nicht schlecht, wenn einer ohne Karten auskommt», meinte Türkiye-Trainer Jörn Großkopf nach dem Spiel - wobei ihm nicht schmeckte, wie häufig sich die Gäste trikotzupfend und ungeahndet an seinem Sturmhünen Habib Zagre vergingen.
Fußball jedoch ist weit mehr als ein paar Karten, und weil die Kontrahenten keineswegs wie wild aufeinander eintraten, war’s ein ganz hübsches Spiel an der Landesgrenze. Zunächst etwa 20 Minuten lang nur von den Roten, die nicht nur folgerichtig durch Dennis Rosenthals Außenristschuss 1:0 führten (5.), sondern zwei weitere, gefährliche Fernschüsse von Osman Güraltunkeser, die Condors Torwächter Maximilian Richter jeweils entschärfte, vorweisen konnten (21./22.).
Doch dann flutschte es plötzlich auf der anderen Seite: Zunächst konnte Türkiyes Kapitano Sahin Taflan noch vor der Linie klären, nachdem Francisco Ebongo FCT-Tormann Daniel Göbel eigentlich schon überwunden hatte (24.). Der nächste Angriff saß aber, weil Terje Scheffel völlig unbelastet im Fünf-Meter-Raum zum 1:1 einköpfen konnte (25.). Türkiye comebackte vor der Pause, aber Zagre scheiterte erst an Richter (39.), dann an der Latte (42.).
Die zweite Hälfte verdeutlichte, dass die Raubvögel offenbar mit ihrem Reset vor der Saison aktuell weiter sind als die Wilhelmsburger Türken. Die nämlich verschliefen mindestens mal den Anfang des Wiederanpfiffs, kassierten erst durch den websigen Ebongo den zweiten Nackenschlag (46.) und durch Luis Honig gar das 1:3 (57.). Für Türkiye reichte es nur noch zum erwähnten 2:3-Anschluss nach Müller-Elfer (85.).
«20 Minuten waren gut, danach hatten wir zu viele Ausfälle», kritisiert Großkopf schonungslos und macht weiter, «einige Jungs sind taktisch nicht so geschult, und unser größtes Manko bleiben Ballverluste in Zonen, wo das tödlich ist.» Der SCC bleibt unter Coach Ralph Kainzberger weiter ungeschlagen und dem League-Leader ASV Hamburg auf den Fersen: «Bei so neu zusammengestellten Teams ist das auch sehr tagesformabhängig, wer die Oberhand behält. Aber ich weiß natürlich, wenn ich geholt habe», urteilt der «Condor-Kainzi» zufrieden, «wir sind in jedem Fall froh, Türkiye sowohl tabellarisch als auch vom Auswärtsspiel her betrachtet hinter uns zu haben.» Kainzberger sprach nach der Partie ausführlich mit dem Unparteiischen-Gespann – um zu wenig persönliche Strafen beim Gegner zu monieren? I wo: «Ich habe sie für ihre Leistung gelobt, denn das war kein einfaches Spiel. Ich akzeptiere die Entscheidung für ihre Linie ohne Karten.»
Statistik: Gesamt-Punktspiel-Bilanz aus Sicht des Gastgebers (seit Vereinsgründung 2006): 7 Spiele, 3 Siege, 1 Remis, 3 Niederlagen, 12:9 Tore
Sofern nicht anders gekennzeichnet, sind alle Texte, Grafiken, Videos und Fotos Eigentum von www.hafo.de. Anderweitige Verwendung nur mit vorheriger Genehmigung.