22.08.2019 Die FC St. Pauli-Vorschau! von Mirko Schneider
Wenig Werbung vor dem Spiel. Kein albern rumhüpfendes Maskottchen, das Klatschpappen-Atmosphäre verbreitet. Das Vereinslied der Gäste wird wie selbstverständlich nach deren freundlicher Begrüßung gespielt. Das eigene Vereinslied von den eigenen Anhängern mit Gänsehaut-Feeling zu Ende gesungen. Eckbälle während der Partie werden nicht präsentiert. Freistöße auch nicht. Wenig Werbung in der Halbzeit. Die hervorragende Stadionsprecherin spart sich jeden Eingriff ins Spiel durch den Verzicht auf dümmlich-anbiedernde Ansagen wie „Unsere Nummer eins…“ nach einer starken Torwartparade. Ebenso jede Aufforderung zum „Danke-Bitte“-Gegröle bei Treffern der eigenen Mannschaft. Zu diesen jubeln Fans, deren aktive Fanszene in der Satzung die Unantastbarkeit des Stadionnamens festgelegt hat. Wird nicht verkauft. Punkt!
Eigene Spieler werden grundsätzlich nicht ausgepfiffen. Schon gar nicht von einem Operettenpublikum, wie bundesweit anderswo zu beobachten, nach einer halben Stunde. Busblockaden auswärts gibt es nicht, egal wie schlecht das Team spielt. Die plakativen „Scheiß Millionäre“-Gesänge braucht hier keiner. Stattdessen gepflegt: Der Kontakt der Spieler mit den Fans. Daheim grundsätzlich eine Stadionrunde nach jeder Begegnung. Fast immer gibt es Aufmunterung von den Rängen, selbst nach Niederlagen. Schulden in zwei – oder gar dreistelliger Millionenhöhe hat der Club genauso wenig auf dem Konto wie Titel auf der Visitenkarte. Und er stellt sich entschlossen dem Kampf gegen Rechts und jegliche sonstige Diskriminierung. Darf hier tatsächlich stolz auf die an anderen Vereinen bleischwer hängende Tradition verweisen.
Das ist er, der wunderbare FC St. Pauli! Die Liebhaber dieses herrlichen Vereins, der umso mehr richtig macht, je häufiger er bepöbelt wird, müssen sich ja häufig eine Menge Unsinn anhören. Man kann das lächelnd wegignorieren. Es gibt zum Beispiel viel zu viele nette HSVer, um auf das Niveau der „Scheiss St. Pauli“-Brüller und „Zecken“-Hasser hinabzusteigen. Man kann aber auch mal den anderen Weg gehen. Einfach mal schauen, wie viel FC St. Pauli in unserem geliebten Hamburger Amateurfußball – traditionell fantechnisch eher HSV-Land – steckt. Also Allez, Oberliga Hamburg, hier ist sie, deine FC St. Pauli-Vorschau! :-)
Oberliga Hamburg, 5. Spieltag:
SV Curslack-Neuengamme (10) vs. TuS Dassendorf (4)*** – Freitag, 19 Uhr (letzte Saison: 0:1/0:1)
Gramkowweg 5, 21039 Hamburg
Festwochen in Curslack! Dem 3:3 gegen Osdorf zum 100-jährigen Vereinsjubiläum folgt ein weiteres Heimspiel gegen den Abo-Meister der Jahre 2014-2018. Den Titel „Dauer-Oberligasieger-Besieger“ verpasste der SVCN in der vergangenen Saison knapp durch zwei 0:1-Niederlagen. Diese Spielzeit verläuft bisher für die Mannen vom Gramkowweg zwar spektakulär – nur in den Spielen mit Beteiligung des FC Süderelbe fielen genauso viele Treffer, nämlich 22 in vier Partien –, aber inkonstant. Davon ausgenommen werden muss Angreifer Marco Schubring. Nach seiner unglücklichen Sperre im Herbst aufgrund einer vom HFV zunächst fälschlich erteilten Spielerlaubnis https://www.abendblatt.de/sport/article215703833/Warum-ein-Amateurfussballer-seine-Spielerlaubnis-verlor.html begibt sich Schubring (schon acht Treffer) nun auf die Spuren des letzten großen Torjägers am Millerntor. Das war Marius Ebbers (46 Treffer in 143 Partien), heute bekanntlich Trainer des SC Victoria. Ebenso nur bedingt zufrieden mit dem eigenen Start ist vermutlich die TuS Dassendorf. Der außerdem zusätzlich ein Top-Torjäger in der aktuellen Liga-Hitliste fehlt. HAFO-Tipp: Was sich bemerkbar macht! Curslacks Schubring schießt Dassendorf beim 3:0 im Alleingang ab. Dassendorfs Trainer Jean-Pierre-Richter nimmt sich daraufhin ein Beispiel an St. Paulis Coach Jos Luhukay, hält eine Brandrede vor den Medienvertretern – und wird dabei erfolgreicher sein. Weshalb Dassendorf nach der Pleite in Curslack auch die nächsten acht Spiele allesamt gewinnen wird.
Schiedsrichter: Kevin Rosin (SV Lieth)
HSV Barmbek-Uhlenhorst (11) vs. FC Süderelbe (12) – Freitag, 19:30 Uhr (letzte Saison: 2:2/3:4)
Dieselstraße, 22307 Hamburg
Barmbeks Trainer Marco Stier wurde schon häufiger am Millerntor gesichtet. In der letzten Saison sogar mit einem sehr unzufriedenen Gesichtsausdruck ob der Darbietungen der Boys in Brown unter dem damaligen Trainer Markus Kauczinski. Das macht Stier, der nach dem 3:3 bei Hamm Uinted wütend ankündigte, daheim gegen Süderelbe gleich sechs Wechsel in der Startelf vorzunehmen http://www.hafo.de/news/fullnews.php?id=6430 , umso sympathischer. Der Mann liebt nun mal die Offensive. Kunststück: Seine Abwehrspieler geben ihm ja durch ihre Darbietungen keinen Grund, mal ein dreckiges 1:0 zu feiern. Süderelbe (siehe Curslack) ist das Unterhaltungsteam der Liga, hat dabei genauso viele Zähler (nämlich fünf) ergattert.HAFO-Tipp: Doch obwohl die Kiezkicker gerne ähnlich wie der FCS als Wundertüte auftreten, schlägt der Volker-Brumm-ist-ein-Herzens-St.-Paulianer-bei-BU-Faktor gnadenlos zu. 5:0 für BU!
Schiedsrichter: Daniel Gawron (TuS Osdorf)
Hamburger SV III (8) vs. TuS Osdorf (9) – Freitag, 20 Uhr (letzte Saison: --/--)
Paul-Hauenschild-Plätze, Ulzbruger Straße 94, 22850 Norderstedt
Oh, oh, Feindesgelände! Auf den Paul-Hauenschild-Plätzen in Norderstedt wird der Totenkopf nicht so gerne gesehen sein. Dabei kann der der HSV III immerhin Christian Rahn als Trainer aufbieten, einst Kicker beim FC St. Pauli (sowie beim HSV) und später sogar Nationalspieler. Der Linksverteidiger wurde einst als Standardspezialist gefeiert – und musste in einem Heimspiel gegen Rot-Weiß Oberhausen Anfang der Jahrtausendwende den speziellen Humor des braun-weißen Anhangs ertragen. „Richtige Ecken! Wir wollen richtige Ecken! Riiiichtige Eeeecken, wir wollen richtige Eeeecken!“, sagen die St. Pauli-Anhänger sichtlich amüsiert nach Rahns drittem Eckstoß auf Grasnarbenhöhe, den der Gegner locker klärte. Ob Rahn beim HSV III auch als Standardspezialist fungiert? Die sind beim HSV III ja erstaunlich gut. Oder macht das sein gleichberechtigter Trainerkollege Marcus Rabenhorst? Hmmmm….wie auch immer, Gegner ist diesmal der TuS Osdorf. Dessen den Braun-Weißen rundum sympathische Working-Class-Hero-Underdog-Haltung prägt die Saison am Blomkamp bisher im Verbund mit den HAFO-Tipps. Unsere 1:6-Voraussagen bei Teutonia (2:1-Sieg) und gegen BU (2:2) habt ihr ja wunderbar gekontert, liebe Osdorfer. Und wir bei HAFO haben genau wie der FC St. Pauli ein Herz für euch als Außenseiter. HAFO-Tipp: Daher wissen wir, wie wir euch am besten motivieren, und was wir euch schuldig sind. Leider verliert ihr mit 8:1 beim HSV III!
Der TSV Sasel hat dem FC St. Pauli einiges voraus. Er hatte die Tabellenführung in der höchsten Hamburger Klasse wesentlich häufiger inne als St. Pauli in der Bundesliga. Das war einst am 12. August 1995 der Fall. Der FC St. Pauli schlug 1860 München mit 4:2 – und führte die Bundesliga vor dem FC Bayern München an. Der „kicker“ würdigte dies neulich mit einem Artikel, in dem folgende lustige Anekdote zu lesen war. St. Pauli änderte für eine Woche die Ansage des Anrufbeantworters im Fanladen: „Hallo, Sie sprechen mit dem Fanladen des Spitzenreiters der Fußball-Bundesliga…“ begann die Ansage auf der Mailbox. Na, lieber TSV Sasel, wäre das nix? „Hallo, liebe Amateurfußballfans, dies ist die Geschäftsstelle des Spitzenreiters der Oberliga Hamburg, der mit wunderschönem Fußball seine Fans verzückt. Bitte sprechen Sie nach dem Piepton!“ Andere Sorgen als Sasel hat der Meiendorfer SV. Zum einen tabellarische. Zum anderen hat man irgendwie nichts mehr von den vereinsinternen Ermittlungen gegen den Fan gehört, der einen rassistischen Ausruf beim Heimspiel gegen Süderelbe tätigte http://www.hafo.de/news/fullnews.php?id=6423 Müssen wir Journalisten mal nachfragen, dieses Wochenende. HAFO-Tipp: „Freude schöner Fußballzauber, das ist unser St. Pauli…“ begann ein beliebter Gesang im Fanblock des FC St. Pauli in den 90er-Jahren. Der TSV übernimmt zielsicher – und zaubert Meiendorf mit 7:1 aus dem Stadion.
Ein echtes Spitzenspiel steht am Sachsenweg auf dem Programm. Beide Teams finden sich nicht gerade unvermutet oben in der Tabelle wieder. Kein Wunder! Beide betrieben eine Anti-St. Pauli-Transferpolitik. Keiner der beiden Clubs entließ im Frühjahr seinen Trainer, um dann große Ambitionen zu formulieren, gefühlt fast den ganzen Sommer Däumchen zu drehen, um dann während der schon laufenden Saison zu hoffen, gegen Ende der Transferperiode noch ein paar Schnäppchen zu ergattern. Von St. Pauli lernen heißt in dieser Saison eben nicht siegen lernen. Da orientiert man sich am Sachsenweg und am Bekkamp lieber am eigenen Sachverstand. Bislang mit Erfolg. HAFO-Tipp: Ein spektakuläres 5:5, bei dem alle Neuzugänge mindestens an einem Tor durch vorletzten Pass, direkte Vorlage oder Treffer beteiligt sind.
Schiedsrichter: Falah Abed Saad (VfL 93)
SV Rugenbergen (14) vs. SC Victoria (3) – Sonntag, 14 Uhr (letzte Saison: 0:4/0:3)
Ellerbeker Str. 29, 25474 Bönningstedt
Eine St. Pauli-Legende sitzt beim SC Victoria mit Marius Ebbers auf der Trainerbank. Dieser bekundete kürzlich nach dem 4:0 gegen Buchholz seinen Ehrgeiz, mit seinem Team hoch hinaus zu wollen. Wenn es sich nur mal 90 Minuten konzentrieren könnte! Vielleicht reichen beim SV Rugenbergen 45. Die Gastgeber reißen bisher ja nicht gerade Bäume aus und verloren beispielsweise ihr Heimspiel gegen Hamm United am ersten Spieltag, obwohl die Gäste in Hälfte zwei nichts mehr zuzusetzen hatten.HAFO-Tipp: Victoria konzentriert sich genau 63 Minuten und 48 Sekunden voll und ganz. Das reicht zum locker-lässigen 3:1.
Seppenser Mühlenweg 44, 21244 Buchholz in der Nordheide
Diese Partie bietet Abstiegskampf pur – das ist am Heiligengeistfeld ja kein unbekanntes Gefühl. "Ich habe den Jungs in der Halbzeit gesagt `Ich kann euch nichts vorwerfen, außer dass ihr den Mann in der Mitte nicht trefft“, sagte der Buchholzer Trainer Marinus Bester nach den vergebenen Möglichkeiten, beim SC Victoria statt mit einem 0:1-Rückstand mit einer 3:1-Führung in die Pause zu gehen. Merke: Konter nützen nur was, wenn die irgendwann in des Gegners Tor landen. Immerhin ist es bei Buchholz noch nicht so weit wie einst bei einem laut Vereinschronik verpflichteten St. Pauli-Kurzzeit-Stürmer, der bei einer Partie in der Grotenburg-Kampfbahn mit dem Ball Richtung eigenes Tor steuerte! Verduzt bemerkte er weit in der eigenen Hälfte seinen Fauxpas, drehte um, doch zwei Uerdinger Gegenspieler nahmen ihm flugs den Ball ab und trafen ins Tor des FC St. Pauli. In die richtige Richtung spielen sie in Buchholz noch, bei den flügellahmen Tauben des USC Paloma muss man nach einigen Slapstick-Gegentoren beim 2:7 gegen Concordia selbst das bezweifeln. HAFO-Tipp: Marinus Bester legt kurzzeitig seine St. Pauli-Phobie ab und setzt auf den berühmten Stanislawski-Slogan: „Rausgehen, Warmmachen, Weghauen!“ Und der Knoten platzt! 6:0 für Buchholz!
Schiedsrichter: Torben Kunde (SCALA)
FC Teutonia 05 (7) vs. Bramfelder SV (13) – Sonntag, 14:30 Uhr (letzte Saison: --/--)
Tönsfeldtstr. 2, 22763 Hamburg
Vor einer Pflichtaufgabe steht der FC Teutonia 05 beim Heimspiel gegen Aufsteiger Bramfeld. Und das gleich im doppelten Sinne. Zum einen muss es der Anspruch der Teutonen sein, diesen Gegner zu schlagen. Ferner verläuft die Saison mit zwei Siegen und zwei Pleiten tabellarisch bislang nicht auf Regionalligaformat – oder um es freundlicher auszudrücken: nicht zufriedenstellend. Bramfeld hingegen fuhr mit dem 2:1 gegen Meiendorf ausgerechnet durch den nicht immer ganz so pflegeleichten Milos Ljubisavljevic kurz vor Ultimo per verwandeltem Strafstoß den ganz wichtigen ersten Saisonsieg ein. HAFO-Tipp: Teutonia spielt wie bei St. Pauli Mats Möller-Daehli. Klasse bis Mitte der zweiten Halbzeit – und dann wird es langsam dünne. Bramfeld profitiert vom eisenharten, an den Rocky-Filmen orientiertem Vorbereitungstraining unter dem Trainerduo Carsten Henning/Mirko Schulz und siegt in den Schlussminuten nach 0:2 mit 3:2.
Schiedsrichter: Janik Möller (SV Lieth)
FC Union Tornesch (17) vs. Hamm United FC (6) – Sonntag, 15 Uhr (letzte Saison: ---)
Großer Moorweg 30, 25436 Tornesch
Die Fans von Hamm United sind traditionell sehr St. Pauli-affin. Und bekamen nach dem ersten Heimspiel (3:1 gegen Meiendorf) ein Sonderlob von Manager Jassi Huremovic, da sie in großer Anzahl dem erfreulichen Treiben im Hammer Park zusahen – und nicht dem bitteren 1:3 ihrer Zweitliga-Idole gegen Fürth. Nun steht für die Hammer Fan-Abteilung die sicherlich kultige (damit das Wort einmal verwendet worden ist! ;-) ) Reise nach Tornesch an. Die Tornescher wiederum verbindet vor dem Aufsteigerduell mit dem Roten Faden dieser Vorschau nur der Tabellenplatz. HAFO-Tipp: Dank mächtigem Auswärtssupport gibt’s eine riesige Hamm-Paaady in Tornesch. Auch vom 4:2-Sieg der Gastgeber lassen sich die Anhänger der „Geächteten“ dabei nicht die Laune verderben.
Derby!!!! Endlich mal wieder! Im Gegensatz zum Stadtderby zwischen dem HSV und St. Pauli, welches Glücksbote Christoph Metzelder beiden Clubs fast zusätzlich zum Zweitligabetrieb in der zweiten Runde des DFB-Pokals beschert hätte, ist beim Eimsbütteler Kracher HEBC gegen ETV keine Derby-Inflation festzustellen. Und mit weniger Pyrotechnik, dafür mit mehr Fußball, wird das Ganze auch genießbar sein. Vermutlich spielen beide Teams guten Fußball – und nicht, wie beim letzten Aufeinandertreffen, nur der HSV. Der ETV ist als Aufsteiger zwar Außenseiter beim Tabellenführer, überzeugte in dieser Saison bisher aber mit großer Euphorie und guten Ergebnissen. Der HEBC seinerseits gewann einfach alle Partien. Kann man so machen. Zuletzt trafen beide Mannschaften in der Bezirksliga West am 30. November 2014 vor fast fünf Jahren aufeinander. DER HEBC schoss den Erzrivalen mit sechs Treffern vom Reinmüller – und schenkte den Gästen dabei per Eigentor den Ehrentreffer. 5:1 hieß es damals. HAFO-Tipp: So hoch wird es diesmal nicht, aber der HEBC freut sich über ein hart erkämpftes 3:2 und die Gründung einer neuen Ultra-Gruppe!
Schiedsrichter: Julius Steinhorst (SV Halstenbek-Rellingen)
Regionalliga Nord, 6. Spieltag:
SC Weiche Flensburg 08 (5) vs. Hamburger SV II (6) – Freitag, 18:15 Uhr (letzte Saison: 3:1/3:4)
*** = Ein geschätzter HAFO-Kollege ist vor Ort, klettert eine halbe Stunde vor dem Anpfiff splitternackt aufs Clubheim (wenn sein Vorname Mirko lautet) und grölt „You`ll never walk alone“ – zusätzlich gibt`s einen genialen Spielbericht!
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