23.08.2019 Curslacker Geleitschutz, Dassendorfer Spielfreude von Andreas Killat
vs.
SV Curslack-Neuengamme – TuS Dassendorf 2:5 (0:0)
SV Curslack-Neuengamme: Babuschkin – Beldzik, Spiewak, Franz, Wilhelm (80. Brudler) – Bannasch, Iscan (63. Radic) – Kühn, Schubring, T. Lenz (59. Schlufter) – Bambur TuS Dassendorf: Gruhne – M. Lenz (70. Hinze), Aust, Tanovic – Dittrich, Strömer (73. Kurczynski), Nogovic, R. Carolus – Nägele, Maggio (88. Garbers) – Möller Tore: 0:1 Strömer (49.), 0:2 Möller (56.), 0:3 Dittrich (62.), 1:3 Bambur (79.), 2:3 Schubring (80.), 2:4 Maggio (83.), 2:5 Garbers (90.+1) Schiedsrichter: Kevin Rosin (SV Lieth): Immer auf Ballhöhe, immer sachlich, immer ruhig und verbindlich. Klasse Leistung! Beste Spieler: Schubring – Nägele, Dittrich, Maggio, Möller Zuschauer: 335
„Die haben drei meiner Spieler kaputt getreten“, mit dieser Aussage „begrüßte“ TuS-Coach Jean-Pierre Richter heute Morgen in der Bergedorfer Zeitung alle Leser im Hamburger Osten zur Einstimmung auf das Derby. Richter erinnerte sich dabei an das letzte Duell zwischen beiden Klubs vor gut drei Monaten, das tatsächlich von einigen Verletzungen geprägt war ( http://www.hafo.de/news/fullnews.php?id=6400). „Es war aber ganz sicher kein hartes Spiel“, entgegnet CN-Coach Matthias Wulff, „und die Verletzten haben dann ja komischerweise auch alle im Pokalfinale acht Tage später gespielt“.
Für ausreichend Motivation dürften die Aussagen (und die Erinnerungen) jedenfalls heute bei beiden Teams gesorgt haben. „Ein Derby ist eben kein Kindergeburtstag“, findet Torsten Henke durchaus gefallen an robuster und giftiger Spielweise: „da geht es zur Sache und so muss das auch sein“. Richter jedenfalls stellte nach dem Spiel klar: „Die Formulierung kaputt getreten habe ich nie gesagt, da wurde von der BZ unnötig Schärfe reingebracht“. Doch von dieser „Schärfe“ war heute im gesamten Spiel nichts zu sehen. „Wir waren unerklärlich passiv, haben den Gegner fast widerstandslos gewähren lassen“, suchte Wulff vergeblich nach Erklärungen für den Auftritt seiner Mannschaft bis zur 80. Minute.
Tatsächlich konnten die Gäste nahezu unbehelligt ihren Kombinationsfußball aufziehen, wurden - bis auf eine Ausnahme (Jan Bannasch, 34.) - nicht in einen einzigen echten Zweikampf verwickelt. "So körperlos kannst Du gegen Dassendorf nichts gewinnen“, stellte Henke fest. Doch der dominante Ballbesitzfußball (ca. 80%) brachte der TuS zunächst nichts Zählbares ein. Sven Möller hatte noch die beste Chance, scheiterte aber am glänzend reagierenden Keeper Gianluca Babuschkin (18.). Im Gefühl, alles im Griff zu haben, wurden die Gäste kurz vor der Pause allerdings ein wenig sorglos. Die bis dahin fast ausschließlich in ihrer Hälfte verteidigenden Hausherren tauchten nun binnen weniger Minuten mehrfach am TuS-Strafraum auf.
Erst verzog Timo Lenz etwas überhastet, nach dem zuvor Marco Schubring kurz vor dem Strafraum gefoult wurde, aber Vorteil gegeben wurde (35.), dann leitete Babuschkin mit einem langen Abschlag die nächste Szene ein. Lenz pflückte das Leder kurz hinter der Mittellinie runter und bediente Schubring, der mit Tempo in die Box zog. Doch sein Schuss aus halblinker Position strich knapp am langen Pfosten vorbei (42.). Und auch die beste Gelegenheit ließ der Goalgetter (schon acht Saisontore) liegen: Nach einem starken Zuspiel von Jan Bannasch trickste sich „Schubi“ einen halben Meter vor dem Tor selbst aus, schoss sich mit rechts über den linken Fuß – und somit knapp am Ziel vorbei (44.). Eine Curslacker Führung wäre zur Halbzeit auch ziemlich unverdient gewesen – doch wer fragt danach schon? Die ausgelassenen Chancen jedenfalls sollten sich nach dem Seitenwechsel umgehend rächen. Wieder viel Platz über Außen, Flanke Dittrich, Kopfball Len Aike Strömer: 0:1 (49.).
Len Aike Strömer steht goldrichtig und trifft per Kopf zum 0:1 - Foto: Hanno Bode
Danach marschiert Mattia Maggio am rechten Strafraumeck fast ungehindert an drei Abwehrspielern vorbei, versucht wohl selbst ein Tor zu erzielen, schießt allerdings meterweit Richtung der anderen Strafraumkante vorbei. Dort steht Rinik Carolus, dessen mächtigen Schuss Babuschkin seitlich abprallen lässt und so Möller mit energischem Einsatz zum 0:2 abstauben kann (56.). Jetzt zauberten die Gäste! Dittrich mit einem sagenhaften Solo über 40 Meter durch alle Abwehrspieler hindurch und mit dem Glück des Tüchtigen wird ihm die Kugel irgendwie von einem Curslacker Bein halbhoch serviert. Satter Volleyschuss zum 0:3 in den rechten Giebel (62.). Stark!
Damit war die Partie natürlich entschieden. Dachten jedenfalls alle. Doch Dassendorf vergab vier dicke Chancen zum 0:4. Zum einen Maggio (69.), dann gleich dreimal Nägele (64./68./78.). Und so kam plötzlich und unerwartet (Wulff: „Wie durch ein Wunder“) nochmal Spannung auf: Edin Tanovic vertändelte ein schlechtes Zuspiel von Gruhne, Moritz Kühn flankt zentimetergenau auf den Kopf von Bambur – nur noch 1:3 (79.). Endlich Feuer unterm Tribünendach, jetzt waren die Fans hellwach. Beldzik nur 40 Sekunden später mit einem Zuckerpass in den Lauf von Schubring, der es diesmal besser macht und von halbrechts schön ins lange Eck zum 2:3 trifft (80.). Wahnsinn! Jetzt war Stimmung am Deich!
Allerdings nicht lange. Maggio profitiert nur drei Minuten nach dem Anschlusstreffer von einem Abwehrpatzer (Spiewak?) und zimmert den Ball aus 10 Metern satt zum 2:4 in die Maschen (83.). „Ein großes Dankeschön an die Mannschaft für die tolle Reaktion“, war Richter später erleichtert – und freute sich noch mehr über die doppelte Premiere von Jesper Garbers. Der 22jährige Neuzugang feierte erst sein Punktspieldebüt (88.) und markierte dann – nach sehr uneigennütziger Vorlage von Möller – den 2:5-Endstand (90.+1). Eine Kiste Bier fürs Team! „Wir spielen einen richtig tollen Fußball momentan“, war Richter sehr zufrieden, „man sieht deutlich die Entwicklung“.
Stimmen:
Jean-Pierre Richter (Trainer TuS Dassendorf): Über weite Strecken des Spiels war ich heute sehr zufrieden. Wir haben von Beginn an viel daran gearbeitet, in die richtigen Räume zu kommen. Bis auf eine Chance von Sven Möller war das aber nicht zwingend genug. Kurz vor der Halbzeit hatten wir zweimal Dusel, da haben wir nicht gut verteidigt und hätten in Rückstand geraten können. In der zweiten Hälfte waren wir noch zielstrebiger und klarer in den Aktionen. Wir haben immer wieder Lösungen gefunden und uns eine Vielzahl an Chancen herausgespielt. Fünf Tore in einer Halbzeit muss man hier in Curslack bei einem Derby erstmal schießen. Da waren sehr schöne Treffer dabei, gut vorbereitet von den Außenspielern. Dann haben wir nur zwei Minuten lang nicht stattgefunden und plötzlich steht es nur noch 2:3. Aber die Truppe hat sehr schnell die richtige Antwort gegeben. Besonders freut es mich für Jesper Garbers, der heute seine ersten beiden Oberligaminuten absolviert und gleich getroffen hat. Bis auf die besagten zwei Minuten war das eine tolle Leistung von uns. Die Mannschaft ist topfit und kann über 90 Minuten sehr hohes Tempo gehen.
Matthias Wulff (Trainer SV Curslack-Neuengamme): Keine Frage, das ist ein absolut verdienter Sieg für Dassendorf. Wir sind leider ohne den Mut und die Entschlossenheit der letzten Wochen in die Partie gegangen. Das war oft nur Geleitschutz, statt Zweikampf. Trotzdem hatten wir kurz vor der Pause zwei, drei gute Umschaltaktionen, wo wir mit etwas Glück in Führung gehen können. Nach der Halbzeit hat sich unser mutloser Auftritt fortgesetzt. Wir haben es nicht geschafft, Dassendorf vor Probleme zu stellen und kassieren in 12 Minuten drei Gegentore, wo wir nur Begleitschutz geben. Eigentlich ist das Spiel damit gelaufen, aber wie durch ein Wunder stehen wir binnen zwei Minuten bei 2:3. So schnell kann es gehen und wir haben uns natürlich noch einiges erhofft. Manchmal werden ja Normalitäten außer Kraft gesetzt, aber leider war die Hoffnung nach zwei Minuten schon wieder vorbei. Man kann gegen Dassendorf auch mal in dieser Höhe verlieren, aber sehr schade, dass uns heute der Mut gefehlt hat. So musste Dassendorf heute keine 100% bringen, um hier zu gewinnen.
Statistik: Gesamt- Punktspiel-Bilanz aus Sicht des Gastgebers (seit 1949): 41 Spiele, 14 Siege, 7 Remis, 20 Niederlagen, 73:91 Tore
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