19.09.2019 Vorschau: Den Theodor ins Fußballtor! von Folke Havekost
Wer ist der beste Torwart im Land: Manuel Neuer? Marc-André ter Stegen? Tobias Grubba? Oder einer der Keeper, die Hamburger Oberliga-Kästen (nicht nur der Umwelt und Greta zuliebe) sauber halten? Wie schön, dass solche Fragen vor einiger Zeit gar nicht so schwer zu beantworten waren. Zumindest von Theodor Fontane. 1880, Schottland hatte England gerade 5:4 besiegt, wobei offenbar keiner der Torhüter besonderen Eindruck hinterlassen hatte, da entwarf er in seinem ersten Gesellschaftsroman „L’Adultera“ folgende Szene einer Landpartie:
Melanie sprang auf und warf ihrem Gatten, wie zur Begrüßung, einen der großen Bälle zu. Aber sie hatte nicht richtig gezielt, der Ball ging seitwärts, und Rubehn fing ihn auf. Im nächsten Augenblicke begrüßte man sich, und die junge Frau sagte: »Sie sind geschickt. Sie wissen den Ball im Fluge zu fassen.« »Ich wollt', es wäre das Glück.« »Vielleicht ist es das Glück.«
Heute wissen wir, dass es selbstverständlich das Glück ist, „den Ball im Fluge zu fassen“. Besagte Melanie van der Straaten ahnt das schon und verlässt ihren Gatten Ezechiel für den besseren Ballfänger Ebenezer Rubehn. Und Fontane lässt die Ehebrecherin, höchst ungewöhnlich für einen Roman der damaligen Zeit, nicht nur überleben, sondern nach einigen Turbulenzen sogar einigermaßen glücklich werden.
Der frühe Fußballfan Fontane feiert am 30. Dezember 2019 seinen 200. Geburtstag, weshalb im Museum seiner Geburtsstadt Neuruppin noch bis zu diesem Tag die Ausstellung „fontane.200/autor“ zu sehen ist ( https://www.museum-neuruppin.de/seite/327406/fontane.200-autor.html) und das Literaturfestival Harbourfront dem Dichter am Freitag in der Laeiszhalle einen Abend widmet ( https://harbourfront-hamburg.com/veranstaltung/theodor-fontane-abend). Die HAFO-Redaktion war schüchtern und hat den märkischen Autor einfach nur um seine Teddy-Tipps fürs Wochenende gebeten.
Zwei Tore, zwei Vorlagen – beim 5:0 gegen Tornesch spielte der frischvermählte Saseler Stefan Winkel groß auf. „Nach der Heirat hat er nicht so regelmäßig trainiert, zum Abschlusstraining ist er aus den Flitterwochen eingeflogen“, verriet Trainer Danny Zankl: „Wir haben unser System ein bisschen auf ihn zugeschneidert. Bei drei Stürmern hat er mehr Freiheiten, sich im Halbfeld zu bewegen.“ Eine Eheschließung, die mit einem Zugewinn an Freiheit einhergeht – davon hätten Fontanes Romanfiguren im 19. Jahrhundert wohl nicht einmal geträumt. Fußball macht’s möglich. Teddy-Tipp: „Die Liebe, welch lieblicher Dunst. Doch in der Ehe da steckt die Kunst.“ Und die demonstriert Stefan Winkel ein weiteres Mal – 1:3.
Drei Jahre war die Taube krank, jetzt kickt sie wieder, Gott sei Dank! Fontanes Zeitgenosse Wilhelm Busch freut sich so auf den lang vermissten „Battle of Barmbek“, dass er dafür sogar auf den Fontane-Abend in der Laeiszhalle verzichtet. Auch wenn BUsch eine gewisse Zuneigung zu den Gastgebern bereits im Namen trägt, erhofft er sich doch etwas mehr von den Palomaten als beim letzten Treffen im März 2016. Damals schossen die Tauben erst in der Nachspielzeit überhaupt aufs Tor und trudelten mit ihrer 0:2-Derbyniederlage dem Oberliga-Abstieg entgegen. Barmbeks Erfolg wurde allenfalls davon getrübt, dass sich Ivan Sa Borges Dju und Mohamed Labiadh darum rangelten, wer einen Elfmeter ausführen dürfte – aber Streithähne gehören ja zu jedem richtigen Derby dazu. Teddy-Tipp: „Manche Hähne glauben, dass die Sonne ihretwegen aufgeht.“ Bis in die Morgenstunden feiern nur die Heimfans, ob mit oder ohne Busch – 3:1.
Schiedsrichter: Murat Yilmaz (FC Türkiye)
TuS Osdorf (14) vs. FC Süderelbe (11) – Freitag, 19:30 Uhr (Vorige Saison: 2:2/3:1)
Blomkamp 32, 22549 Hamburg
Der Fluch der Teutonen: Nach dem Last-Minute-Auftaktsieg an der Kreuzkirche gelang Osdorf kein einziger Dreier mehr – die Saisonziele drohen spätestens nach dem späten 1:2 in Hamm im Sande zu verlaufen wie Fontanes Fußwerk bei seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“. Den zweiten Dreier für Süderelbe sicherte Torwart Yalcin Ceylani jüngst, als er beim 4:3 gegen den HSV III kurz vor Schluss einen Strafstoß von Marcell Jansen abwehrte – dem Präsidenten des HSV, für den Ceylani schon zwei Tage darauf Futsal spielte und beim 10:2 gegen Post Telekom Kiel eher ruhige Minuten erlebte. Die Kabale mit dem Chef haben sich offenbar gelohnt. Teddy-Tipp: „Weh dem, der von Untergebenen abhängig ist.“ Ceylani hat seine Unabhängigkeit als Untergebener bewiesen und tritt in die Fußstapfen von Ebenezer Rubehn – 0:1.
Schiedsrichter: Dennis Voß (TuS Dassendorf)
Hamburger SV III (7) vs. Bramfelder SV (18) – Freitag, 20 Uhr (Vorige Saison: --/--)
Ulzburger Straße 94, 22850 Norderstedt
In das nachträgliche Finalhinspiel um die Landesliga-Meisterschaft 2019 gehen beide Mannschaften mit unterschiedlichen Vorzeichen. Das 3:4 nach 3:1-Führung bei Süderelbe war aus HSV-Sicht ärgerlich, dennoch spricht nichts dafür, dass die Rothosen die Oberliga wie 2018 nach nur einer Saison wieder verlassen müssen. Genau dies droht den Bramfeldern, obwohl selbst die von Bramfelds Fans so gern besungene Lena Meyer-Landrut die erste Hälfte gegen Curslack vermutlich in höchsten Tönen gelobt hätte. Weil sich der 1:0-Pausenstand noch in ein 1:3 wandelte, beklagte Trainer Carsten Henning jedoch: „Meistens sind wir nur eine Halbzeit oder 60 Minuten gut. Aber Aufgeben ist definitiv keine Option.“ Teddy-Tipp: „Courage ist gut, Ausdauer ist besser. Ausdauer, das ist die Hauptsache.“ Aber auch Konditionstrainer Fontane hilft den Gästen nicht – 4:2.
Schiedsrichter: Lukas Koch (TSV Kropp)
TuS Dassendorf (1) vs. Hamm United (9)*** – Sonnabend, 13 Uhr (Vorige Saison: --/--)
Wendelweg, 21521 Dassendorf
„Was ich nicht aushalten kann, ist Langeweile“, erklärte Effi Briest mit Blick auf die Oberliga-Tabellen von 2013 bis 2018 und bemühte sich zunehmend, ein Gähnen zu unterdrücken. Dass Fontanes berühmteste Heldin ausgerechnet an nervlicher Zerrüttung darnieder ging, bevor Dassendorf in diesem Sommer als Serienmeister abgelöst wurde, kann nur eine perfide Ironie des Schicksals sein. So wie Effi zuvor beim Ballspiel mit den Zwillingen Bertha und Hertha (!) wenigstens „glückliche Viertelstunden“ erlebt hat, so scheint aber auch „Dasse“ die Lust am Ball inzwischen wiedererlangt zu haben. Wenn es läuft wie bisher, könnte die Halbzeitpause zur glücklichsten Viertelstunde für Hamm United werden. Teddy-Tipp: „Aller Größe Keim, er heißt Entsagung.“ Wir wissen nicht, ob Herr Fontane Dassendorfs beständigen Regionalliga-Verzicht da richtig interpretiert. Am Siegeszug des Ex-Serienmeisters ändert dies jedoch nichts – 3:0.
Bittere Niederlagen erlebten die einstigen Oberliga-Spitzenmannschaften am Sonntag: Meiendorf musste sich nach 1:0-Führung im Nordost-Clásico bei Concordia noch 1:2 geschlagen geben, Buchholz verlor gar sein Heimspiel gegen das noch sieglose Rugenbergen mit dem gleichen Ergebnis. „In den ersten 45 Minuten war der Torwart unser sicherste Passgeber“, fand 08-Coach Marinus Bester deutliche Worte für das nicht vorhandene Aufbauspiel seiner Elf. Teddy-Tipp: „Jedem Besiegten wird es schwer, den Grund seiner Niederlagen an der einzig richtigen Stelle, nämlich in sich selbst zu suchen.“ Meiendorf gelingt dies immerhin ein bisschen besser – 2:1.
Schiedsrichter: Max Beyer (SC Vier- und Marschlande)
Von Bönningstedt nach Niendorf sind es gut sieben Kilometer, Andelko Ivanko hat es gefühlt noch weniger weit. Der Niendorfer Jugendtrainer ist über die Auftaktstation Wedel nun beim SV Rugenbergen im Herrenbereich gelandet – und hatte in den vergangenen Wochen kaum ein gutes Haar an seiner Mannschaft gelassen. Offenbar konnte er seinen Schützlingen das harsche Diktum „Wir haben gar keine Abwehr“ nun ähnlich charmant nahebringen wie weiland Herr Angelo in einer Instantkaffeewerbung verriet, dass er gar keinen Parkplatz blockiert. ( https://www.youtube.com/watch?v=pWMUGH5y-l4) Bönningstedts Blockade löste sich jedenfalls mit einem 2:1 in Buchholz wie Pulver in heißem Wasser. Ob Rugenbergen in Ivankos gewohnter Umgebung ein weiterer ungewohnter Auftritt gelingt? Teddy-Tipp: „Wir kennen uns nie ganz, und über Nacht sind wir andre geworden, schlechter oder besser.“ Neudeutsch nennt sich das „Turnaround“ – 2:3.
FC Teutonia 05 (4) vs. Concordia (5) – Sonntag, 14:30 Uhr (Vorige Saison: 3:0/2:0)
Tönsfeldtstraße 2, 22763 Hamburg
Wie ein Neuzugang wirkte Deran Toksöz, als Teutonia 3:1 bei Paloma gewann. Nicht etwa, weil er keine Bindung an das Offensivspiel gefunden hätte, im Gegenteil, er schoss ja zwei Tore selbst – es war nur so ungewohnt, Toksöz spielen zu sehen. Niemand stand im stargespickten Teutonen-Kader noch im August weiter im Abseits als der langjährige Norderstedter. Die Liaison zwischen Spielmacher und Verein schien auseinanderzubrechen wie die zwischen der Schneiderin Magdalene und dem Baron Botho von Rienäcker in Fontanes „Irrungen, Wirrungen“. Dort zieht Botho aus finanziellen Erwägungen die Hochzeit mit seiner reichen Kusine Käthe vor, was weder etwas mit Rudi Völler noch mit Bodo Ballermann zu tun hat. Toksöz trauen wir gleichfalls zu, es so wie Udo Lindenbergs Lieblingsfußballer zu machen: „Der Torwart greift vergeblich nach dem riskanten Ball. Doch er knallt bloß mit dem Kopf an die Latte, weil Bodo gut getäuschet hatte.“ ( https://www.youtube.com/watch?v=nwPpgtqU1TQ) Teddy-Tipp: „Wo viel Geld ist, geht immer ein Gespenst um.“ Heißt es Toksöz, schlägt es auch noch gute Pässe – 4:1.
Schiedsrichter: Jarno Wienefeld (VfL Lohbrügge)
Union Tornesch (12) vs. SC Victoria (3) – Sonntag, 15 Uhr (Vorige Saison: --/--)
Großer Moorweg 30, 25436 Tornesch
Als Theodor Fontane Ende Juli die 0:9-Pokalpleite von Union Tornesch beim SC Victoria verfolgte, litt er mit dem gedemütigten Oberliga-Aufsteiger derart mit, dass er danach seinen „Gesammt-body in miserabler Verfassung“ sah. „Fonty“ ist halt ein Meister des Realismus. Auch am Wochenende ging Tornesch unter (0:5 in Sasel), aber realistisch betrachtet liegt der Neuling voll im Soll – zumal er noch kein einziges Heimspiel verloren hat. Vicky dagegen hat bereits Altona 93 im Kopf und freut sich auf „Deutschlands derbstes Derby“ am 2. Oktober im Lotto-Pokal. „In unserem Stadion sind wir der Favorit“, erklärt Dennis Bergmann. Da liegt es doch nahe, sich beim in Tornesch ansässigen Hanseatischen Sekt- und Weinkontor ( https://www.hawesko.de) schon einmal für Feierlichkeiten einzudecken – oder ist das unrealistisch? Teddy-Tipp: „Realismus ist die künstliche Wiedergabe (nicht das bloße Abschreiben) des Lebens.“ Für uns heißt das erst einmal aufschreiben ... wenn denn Tore fallen würden – 0:0.
Schiedsrichter: Konrad Oldhafer (SC Poppenbüttel)
Regionalliga Nord, 11. Spieltag
Heider SV (18) vs. FC St. Pauli II (17) – Sonnabend, 14 Uhr (Vorige Saison: --/--)
Meldorfer Straße 38, 25746 Heide
Teddy-Tipp: „Wer aufhört, Fehler zu machen, lernt nichts mehr dazu.“ 3:3.
Schiedsrichter: Timo Daniel (RW Damme)
Eintracht Norderstedt (9) vs. Hamburger SV II (14) – Sonntag, 14 Uhr (Vorige Saison: 3:1/1:2)
Ochsenzoller Straße 58, 22848 Norderstedt
Teddy-Tipp: „Man muss die Musik des Lebens hören. Die meisten hören nur die Dissonanzen.“ 0:0.
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