24.10.2020 Kitschiger gehts kaum: Harnik, Hacke, Happy! von Andreas Killat
vs.
TuS Dassendorf – Concordia 4:0 (0:0)
TuS Dassendorf: Barkmann – Lenz, Ahlschwede, K. Carolus – Kleine (46. D. Bergmann), Dettmann, Strömer (74. Aust), Dittrich – S. Möller – Maggio, Harnik (84. Kurczynski) Concordia: Burgemeister – Agdan (79. Miry), Aniteye, Lindener (46. Grablewski), Tanovic – Suntic, Saglam, Ilic – Kocin, Boock, Netzbandt (69. Akoteng-Bonsrah) Tore: 1:0 Harnik (53.), 2:0 Dittrich (77.), 3:0 Maggio (85.), 4:0 S. Möller (90.) Schiedsrichter: Luca Jürgensen (Eintr. Norderstedt): In der ersten Halbzeit etwas zu schnell (und einseitig) mit den Gelben Karten, ansonsten aber ein sehr guter und unaufgeregter Auftritt (was man z.B. vom SRA I nicht behaupten kann, der sich an der Linie leider viel zu häufig viel zu wichtig nahm). Beste Spieler: Barkmann, Ahlschwede, Dettmann, Dittrich – Saglam, Aniteye Zuschauer: 300 (Ausverkauft)
Was für ein Medienrummel am Wendelweg! Radio Bremen war mit vier Leuten (inkl. Kameramann) zu Gast, dazu die „Sport-BILD“ und auch „11 Freunde“. Und Sie alle bekamen genau das geboten, was sie und die 300 Zuschauer sehen wollten: Martin Harnik in der Startelf, Martin Harnik als jubelnder Torschütze (zum 1:0) und als Vorbereiter (beim 2:0). Wie in Hollywood: Kitschiger geht’s kaum.
Großer Medien-Rummel rund um den Ex-Profi. Foto: Hanno Bode
Dabei wurden die Gäste heute allerdings deutlich unter Wert geschlagen. „4:0, das hört sich so nach einer Klatsche an. Aber so war es ja wirklich nicht“, seufzte Cordi-Fan Martin Krohn nach dem Abpfiff – und traf damit den Nagel auf den Kopf. Trotzdem mussten die (Ex-)Marienthaler damit schon zum zweiten Mal in dieser Woche den Tabellenthron räumen: Erst am Dienstag nach dem 0:1 bei BU, dann gestern „kampflos“ zurück an die Spitze (nach dem 1:3 von BU beim HSV III) und heute nun im Spitzenspiel beim Dritten.
Die Anfangsphase gehörte ganz klar „Cordi“, schon nach vier Minuten hatte Michel Netzbandt die Führung auf dem Fuß (zur Ecke geblockt), die er dann wenig später schon fast hätte erzielen MÜSSEN, doch Keeper Julian Barkmann parierte den Schuss aus spitzem Winkel prächtig (15.). Hinzu kamen viele weitere gute Angriffe der Gäste, die jedoch meist der sehr starke Maximilian Ahlschwede hinten „abräumte“. Die Hausherren brauchten eine ganze Weile, doch ihr erster Angriff hatte es gleich in sich: Mattia Maggio mit klasse Zuspiel auf Maxi Dittrich, der auf der linken Seite viel Zeit und Platz hat und in der Mitte Len Aike Strömer findet. Der 29jährige zieht aus 15 Metern ab, doch erst blockt Clifford Aniteye, dann hat auch noch Keeper Tim Burgemeister seine Finger dran (23.).
Es folgten drei TuS-Distanzschüsse (allesamt knapp links vorbei): Erst Dittrich (34.), dann zweimal Maggio (38./44.). „Das ist schon fast fahrlässig, wie wir hier unsere Chancen liegen lassen“, rief Trainer Jean-Pierre Richter ins Feld – und nahm damit seinem Gegenüber sprichwörtlich die Worte aus dem Mund. Denn auch Frank Pieper-von Valtier raufte sich die Haare, als ein gewaltiger Knaller (natürlich Linksschuss) von Umut Kocin von Barkmann heldenhaft zur Ecke abgewehrt wurde (41.).
Nach der Pause stellte Richter um, machte mit Dennis Bergmann (für Eyke Kleine) die Außenbahn zu („Dadurch musste Cordi viel mehr durch die Mitte kommen – das war dann deutlich leichter zu verteidigen“). Und dann kam er – der Moment, auf den alle gewartet hatten. Der bis dahin eher unauffällige Harnik (Richter: „Man merkte, dass ihm noch ein bisschen die Bindung fehlt“) erzielte nach glänzender Vorarbeit von Strömer, der sich an der Strafraumgrenze stark mit einem langen Bein durchsetzte und das Leder durchsteckte, mit dem Rücken zum Tor mit der Hacke (!) das 1:0 (53.). Nach ein paar Sekunden des Abwartens (Abseits?) schließlich der erlösende Jubel. Die Medien hatten ihre Story – und der äußerst sympathische und sehr bescheiden wirkende Harnik stellte nach dem Match fest: „Ich fühle mich hier sehr gut aufgenommen. Das war eine geile Aktion heute, den Tabellenführer mit 4:0 nach Hause zu schicken“.
Martin Harnik hat gerade das 1:0 erzielt, jubelt aber im Gegensatz zu Kerim Carolus (l.) noch nicht. Foto: Hanno Bode
Doch so leicht, wie sich das für jemanden, der nicht dabei war, anhören mag, war es wirklich nicht. Cordi hatte durch Netzbandt die 100%ige Ausgleichschance, aber sein druck- und harmloser Kopfball (freistehend aus elf Metern) war sichere Beute von Barkmann (62.). Und der TuS-Keeper war wenig später auch gegen Kocin zur Stelle (66.). Zuvor hatte Onur Saglam traumhaft einen „Diago“-Ball quer über das Feld gespielt und der schussgewaltige Concorde mal wieder gewaltig mit links abgezogen – Barkmann dürften die Fäuste immer noch brennen. Machtlos wäre der TuS-Goalie dann eine Viertelstunde vor dem Ende gewesen, doch Danijel Suntic verfehlte aus 14 Metern das leere Tor (76.).
Das nutzte die TuS gnadenlos aus. Quasi im Gegenzug bedient Harnik über links den am Strafraum lauernden Dittrich, der flach unten links zum 2:0 trifft (77.). Für die bis dahin so tapferen (aber glücklosen) Gäste war das der Genickbruch. „Die Einwechselspieler haben dann leider nicht mehr so nach hinten gearbeitet, wie ich mir das vorstelle“, seufzte Pieper nach dem Spiel, „dadurch hatte Dassendorf auf einmal viel zu viele Räume“. Und in genau diese spritzte erst Maggio (nach traumhaften Zuspiel von Sven Möller) mit feinem Lupfer zum 3:0 (85.) und schließlich der „enthaarte“ Möller (die lange Matte ist endlich ab) völlig blank aus 10 Metern zum 4:0 (90.).
Ein paar Minuten nach dem Abpfiff folgte dann die Ehrung für die letztjährige Meisterschaft durch die extra angereisten Dirk Fischer (HFV-Präsident) und Joachim Dipner (Spielausschuss-Vorsitzender) – mit Übergabe einer gravierten Meisterschale. „Wir freuen uns, dass wir jetzt die letzte Saison mit der Meisterehrung abschließen können. Es ist aber natürlich sehr ungewöhnlich, das man am sechsten Spieltag der neuen Saison zum Meister des letzten Jahres gekürt wird“, so TuS-Trainer Richter, der auch noch zum Wirbel um Harnik ein paar Worte fand: „Das ist wie ein bisschen Fußball-Romantik. Wir sind total happy, dass er hier ist. Ein sehr bodenständiger und zielstrebiger Typ. Er reißt uns alle mit“.
HFV-Präsident Dirk Fischer und Dassendorfs Bürgermeisterin Martina Falkenberg überreichen Amando Aust die Meisterschale. Foto: Hanno Bode
Stimmen:
Jan Schönteich (Sportchef TuS Dassendorf): Willkommen zur Pressekonferenz im Topspiel gegen SC Victoria…äh, stop, nochmal zurück. Natürlich Concordia. Sorry, noch zu viel Adrenalin im Kopf. Endergebnis 4:0, das werden mir die beiden Trainer hoffentlich gleich erklären können, wie so ein Spiel 4:0 ausgehen kann. Zum dritten Mal in Folge ausverkauftes Haus und nur zufriedene Gesichter. Wir sind sehr glücklich.
Frank Pieper-von Valtier (Trainer Concordia): Ich bin wohl das einzige nicht zufriedene Gesicht hier. Unzufrieden allerdings nicht wegen der Leistung der Mannschaft. Wir haben hier über 75 Minuten eine tolle Leistung auf den Platz gebracht. 0:4 ist natürlich deutlich zu hoch, hier wäre heute alles drin gewesen: Von 5:4 für uns, über 4:4, 4:3 – oder wie wir gesehen haben auch 4:0. Wie schon am Dienstag bei BU (0:1) haben wir ein Spiel verloren, das wir nicht verlieren müssen. Vor allem deshalb, weil wir es verpasst haben, in Führung zu gehen. Dann hätten wir den Ausgleich machen müssen oder wenigstens den Anschlusstreffer. Doch leider waren wir sehr fahrlässig mit unseren Torchancen. Das ist das, was ich meiner Mannschaft ein bisschen vorwerfen kann, ansonsten hat sie es taktisch hervorragend gespielt. Dassendorf ist ein Regionalligist im Oberligatrikot – und wir haben es hingekriegt, dass sie sich nicht permanent durchspielen konnten. Das wir dann nach dem 0:2 einen kleinen Hänger kriegen ist ärgerlich, aber ein Stück weit menschlich. Es war ein sehr gutes Oberligaspiel. Ich hätte mir nur gerne mehr Tore von uns gewünscht.
Jean-Pierre Richter (Trainer TuS Dassendorf): (tiefer Seufzer)…Vor allem in der ersten Halbzeit hatten wir einen sehr spielstarken Gegner, wo wir selten ins Pressing gekommen sind. Zum Glück hatten wir heute einen sehr guten Torwart, der uns im Spiel gehalten hat. Cordi macht da aber eben die Möglichkeiten nicht rein, während wir nach ein paar taktischen Änderungen in der zweiten Halbzeit besseren Zugriff hatten. Beim 1:0 nutzen wir brilliant die Chance nach einem zweiten Ball, wo uns „Hanno“ (gemeint ist Martin Harnik) mit der Hacke in Führung bringt. Danach haben wir deutlich mehr Räume bekommen, aber ich stimme meinem Kollegen zu, wir hätten uns heute über ein oder mehrere Gegentore nicht beschweren können. Das 4:0 spiegelt nicht den Spielverlauf und die gute Qualität des Spiels wider, es war ein Top-Oberligaspiel mit zwei absolut starken Mannschaften. Bei uns fielen viermal die Treffer auf der richtigen Seite.
Statistik: Gesamt-Punktspiel-Bilanz aus Sicht des Gastgebers (seit 1949): 16 Spiele, 12 Siege, 3 Remis, 1 Niederlage, 35:15 Tore
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