30.10.2021 Abgelaufenes Bier und andere verschmähte Geschenke von Andreas Killat
vs.
TuS Dassendorf – SV Curslack-Neuengamme 2:1 (2:0)
TuS Dassendorf: Gruhne – Lenz, Ahlschwede, K. Carolus – Maggio, Aust, Dettmann, R. Carolus (46. Sowah) – Strömer (65. D. Bergmann), Lam (77. Kurczynski) – Möller (85. Kleine) SV Curslack-Neuengamme: Babuschkin – Mankumbani (65. Kühn), Doege, Giese, Wilhelm (84. Spiewak) – Hinze – Mokhlis, Rogge (65. Janelt), Behrens (90. Schmidt), El-Nemr – Nebija Tore: 1:0 Möller (21.), 2:0 Strömer (29.), 2:1 Mokhlis (69.) Gelb-Rot: Hinze (83., wdh. Foul) Schiedsrichter: Daniel Gawron (TuS Osdorf): Hatte einen schweren Stand, beide Mannschaften reklamierten viel (und häufig auch zurecht). Pfiff den Hausherren ein reguläres Tor weg, übersah vor dem 1:2 ein klares Handspiel und verweigerte den Gästen einen möglichen Elfmeter. Beste Spieler: Lam, Strömer, Möller (alle 1.Hz) – El-Nemr, Wilhelm (beide 2. Hz) Zuschauer: 364
Plötzlich brach auf der Pressekonferenz großes Gelächter los. Gäste-Coach Christian Woike hatte in seinem Statement gerade über nicht angenommene TuS-Geschenke gesprochen (siehe „Stimmen“ am Ende des Berichtes) und nahm einen Schluck aus seiner Bierflasche, da fiel ihm das abgelaufene Haltbarkeitsdatum auf: „Da ist glaube ich noch ein DM-Preis drauf“. Später bekam „Crille“ zur Entschädigung ein frisch gezapftes Pils gereicht – doch viel lieber wäre es ihm gewesen, seine Mannschaft hätte die Geschenke auf dem Rasen angenommen, die die Dassendorfer heute verteilten.
Das erste Präsent: „Sie haben uns am Leben gelassen“, so Woike. Tatsächlich betrieb die TuS unglaublichen Chancenwucher und holte die Gäste damit zurück in ein schon verloren geglaubtes Spiel. „Es muss hier 9:0 stehen“, war Sportchef Jan Schönteich stocksauer (Richter sprach später von „6:0“), als es in der Schlussphase plötzlich nochmal eng und hektisch wurde. Schmerzlich vermisst wurde bei den Hausherren der angeschlagene Martin Harnik, der heute vermutlich fünf Treffer gemacht hätte. „Harnik hat Wade“, sagte TuS-Coach Jean-Pierre Richter im Horst Schlämmer-Slang, „aber dafür haben wir es ganz gut hinbekommen“. Doch das bezog sich allein auf die Offensivpower und die Anzahl der herausgespielten Chancen – im Abschluss jedoch mussten einem als TuS-Fan die Haare zu Berge stehen.
Doch zunächst gab es erstmal viel Applaus für zwei schnelle Treffer. Len Strömer eroberte an der Eckfahne einen Ball (Woike: „Und von uns gucken drei Mann zu und spielen Schnick-Schnack-Schnuck“) und seine butterweiche Flanke köpfte Sven Möller im Fünfmeterraum unbedrängt zum 1:0 in die Maschen (21.). Fast wie eine Wiederholung das 2:0: Diesmal flankte Henrik Dettmann und Strömer köpft aus kurzer Distanz ein (29.).
Strömer mit dem 2:0. Foto: Hanno Bode
Zwischendurch hatte es noch einen weiteren Treffer von Möller gegeben (28.), der aber wegen Abseits abgepfiffen wurde – dabei hatte Mark Hinze deutlich sichtbar dahinter gestanden. Ärgerlich für die Hausherren, die aber munter weiter nach vorne spielten, während von den Vierländern rein gar nichts zu sehen war. Neben seinem 1:0 und dem nicht gegebenen Tor hatte Möller noch weitere Hochkaräter, aber erst parierte Keeper Gianluca Babuschkin stark, dann fehlten nur wenige Zentimeter (23./39.). Außerdem gab es für die TuS noch mehrere Freistöße aus aussichtsreicher Position, die jedoch aller verpufften. Über ein 3:0, 4:0 oder 5:0 hätten sich die Gäste zu diesem Zeitpunkt kaum beschweren können – stattdessen gab es das zweite „Geschenk“. Nach einem langen Ball aus der CN-Abwehr passt Kerim Carolus hinten nicht auf, Pascal El-Nemr ist durch und taucht frei vor Gruhne auf. Doch die Nummer Acht der Gäste wollte es zu genau machen und hämmerte die Kugel ans Lattenkreuz (41.)
El-Nemr (l.) hat abgezogen, Gruhne kommt nicht ran, aber der Ball klatscht an die Latte. Foto: Hanno Bode
Auch nach der Pause machte die TuS zunächst weiter mächtig Dampf. Binnen weniger Minuten gab es vier dicke Chancen. Nach einer herrlichen Kombination über Maggio (der Giese tunnelte) und Möller landete das Leder bei Strömer, der freistehend aus 12 Metern am kurzen Eck vorbeizielt (51.). Nur 70 Sekunden später legt Lam für Möller quer: Drüber (53.). „Unfassbar“, stöhnte Schönteich, hatte es kaum ausgesprochen, da steht Strömer allein vor Babuschkin – und lässt sich die Kugel vom Fuß nehmen (54.). Fast schon Slapstick, als dann auch noch Maggio an „Babu“ scheitert (57.).
Curslack war also noch am Leben – und plötzlich runter von der Intensivstation! Denn auch vom Schiedsrichtergespann gab es „Geschenke“, als Corvin Behrens ungestraft mit der Hand für Hamed Mokhlis vorlegen darf, der das Spielgerät aus 20 Metern zum 1:2 ins lange Eck feuert (69.). Keeper Gruhne sah dabei nicht besonders gut aus. Noch ein „Geschenk“ wollte Referee Gawron den Gästen kurz danach wohl nicht machen, denn die Attacke von Kerim Carolus gegen Mokhlis (73.) hätte man durchaus auch mit einem Elfmeter ahnden können…
Mokhlis fordert einen Elfmeter. Foto: Hanno Bode
Nach fast zwanzig Minuten schöpferische Pause ließen nun auch die Hausherren endlich wieder ihr Können aufblitzen: Über Möller und Dettmann kommt der Ball zum gerade erst eingewechselte Kristof Kurczynski. Der steht in der Box halbrechts völlig blank, zwirbelt das Spielgerät aber mit dem Außenrist knapp am Pfosten vorbei (78.). Vorentscheidung verpasst – und im Gegenzug das nächste „Geschenk“: Wieder pennt die TuS hinten, Mokhlis ist frei durch und „chippt“ den Ball hoch über Keeper Gruhne Richtung verlassenes Gehäuse – doch Maxi Ahlschwede klärt kurz vor der Linie im letzten Moment mit einer Art Seitfallzieher (79.). Was für eine Chance! Woike: „Leider entscheidet er sich da für einen „Himalaya“-Ball, statt ihn einfach unten rechts reinzuorgeln“.
Mokhlis (r.) will den Ball ins Tor chippen. Foto: Hanno Bode
Nun wackelte und zitterte der Serienmeister gewaltig – vor allem, als der personalisierte TuS-Schreck Sebastian Spiewak eingewechselt wurde (84.). „Sechs Mann auf die Nummer 4“, rief Schönteich aufs Feld, denn schon zu oft hatte der Curslacker Innenverteidiger den Dassendorfern die Suppe versalzen (zum Beispiel hier: ( http://www.hafo.de/news/fullnews.php?id=6522). Doch diesmal kam Spiewak nicht zum Zuge. Stattdessen hatte Behrens mit einem Freistoß aus gut 22 Metern den Ausgleich vor Augen, aber der Ball „tropfte“ auf die Oberkante der Latte (87.). Nach fünf Minuten Nachspielzeit (Richter hatte sich inzwischen heiser geschrien und verlangte auf der Pressekonferenz scherzhaft einen Tee für seine Stimmbänder) war es aus TuS-Sicht „überstanden“ und der Derby-Sieg eingetütet. Fazit: Nach gut einer Stunde muss (!) es eigentlich 6:0 für bis dahin überragende Dassendorfer stehen, doch am Ende war man „dankbar“, überhaupt gewonnen zu haben.
Stimmen:
Christian Woike (Trainer SV Curslack-Neuengamme): Die erste Halbzeit haben wir nicht gut gespielt, da hat uns Dassendorf mal kurz gezeigt, wie man vernünftig Fußball spielt. Wir hatten unter der Woche im Training sehr viel einstudiert, haben es aber nicht auf den Platz bekommen. Dassendorf war extrem ballsicher und sehr variabel, da hatten wir keine Antworten drauf. Am meisten stört mich, dass wir zwei Tore ohne Gegenwehr kassieren. Drei Mann von uns spielen schnick-schnack-schnuck und gucken nur zu, wie der Ball reingeflankt wird und Möller ihn unbedrängt ins Tor köpft. Beim zweiten Tor war es fast genauso. Das ist eine Katastrophe, da kann ich nur schwer mit umgehen. Das habe ich in der Halbzeit auch ganz sachlich angesprochen. Nach der Pause macht uns Dassendorf das erste Geschenk und lässt uns am Leben, wenn da das dritte oder vierte Tor fällt…Aus dem Nichts machen wir dann das 1:2 und das Spiel wurde konfus und wild. Das zweite Dassendorfer Geschenk haben wir leider nicht angenommen. Mokhlis entscheidet sich für einen „Himalaya“-Ball, statt ihn einfach unten rechts reinzuorgeln. Da wäre ich sehr gespannt gewesen, wie beide Teams mit einem 2:2 umgegangen wären. Wir hatten die Chance, hier einen Punkt mitzunehmen, weil uns Dassendorf am Leben gelassen hat, aber unterm Strich ein verdienter Sieg. Schade, dass wir das Geschenk nicht angenommen haben.
Jean-Pierre Richter (Trainer TuS Dassendorf): (Pustet tief durch): Wir freuen uns über den Sieg. Unser Matchplan hat voll gematched, wir waren taktisch sehr gut auf den Gegner eingestellt. Wir haben die erste Halbzeit klar dominiert und machen zwei „einfache“ Tore. Das ist uns danach leider abhandengekommen. Vom Ergebnis her war es ein sehr knappes Spiel und zum Ende hin für die Zuschauer sehr spannend. Aber es war ein sehr klares und deutliches Fußballspiel. Wir haben es versäumt, die vielen Chancen zu nutzen. So haben wir dem Gegner nochmal die Tür aufgemacht. Da waren wir nicht mehr ganz so fleißig und die Räder haben nicht mehr so ineinander gegriffen, wie in der ersten Stunde. Trotzdem sind wir der verdiente Sieger.
Statistik: Gesamt-Punktspiel-Bilanz aus Sicht des Gastgebers (seit 1949): 44 Spiele, 22 Siege, 8 Remis, 14 Niederlagen, 96:75 Tore
Sofern nicht anders gekennzeichnet, sind alle Texte, Grafiken, Videos und Fotos Eigentum von www.hafo.de. Anderweitige Verwendung nur mit vorheriger Genehmigung.