06.08.2022 Eine Hochzeit und viele Vorfälle von Andreas Killat
vs.
SV Curslack-Neuengamme – Hamm United FC 1:1 (1:0)
SV Curslack-Neuengamme: Babuschkin – Kühn, Ziolek, Giese, Wilhelm – Borgmann, Meyer, Omar – Vidosevic, El-Nemr – Miry (46. Donkor Marfo) Hamm United FC: Kuballa – Berthier, Bamezon, Panata, Frantz (82. Osei) – R. D’urso (90. Schwarck), Tafese – Zakerwal, M. D’urso (82. Sarwari), Essaka (71. Kovacic) – Veselinovic Tore: 1:0 Borgmann (10.), 1:1 Veselinovic (56., HE) Gelb-Rot: Ziolek (58.) Schiedsrichter: Alexander Teuscher (SC Eilbek): Bis zur 54. Minute war alles in bester Ordnung. Der umstrittene Handelfmeter (auf Zuruf) brachte Hektik, Ärger und Wut in die Partie, in dessen direkter Folge Ziolek vom Platz musste. Warum der SRA1 die Handszene aus 50 Metern besser gesehen haben will, bleibt sein Geheimnis. Beste Spieler: El-Nemr, Wilhelm, Meyer – Kuballa, Essaka, M. D‘urso Zuschauer: 92
Nur 14 einsatzfähige Spieler hatten die Hausherren heute im Kader, trotzdem „durften“ Stjepan Brikic in den Urlaub und Florian Rogge auf eine Hochzeit - und zwar auf die vom Ex-Mannschaftskameraden Hamid Mokhlis. Kurios: Auch die Gäste stellten sozusagen einen Spieler für diese Feier ab: Sebastiao Mankumbani (der Ex-Curslacker). „Der durfte heute sowieso nicht spielen, das haben wir vertraglich geregelt“, scherzte Curslacks Sportlicher Berater Torsten Henke mit einem Augenzwinkern an der Seitenlinie.
Die Gäste wirkten zu Beginn seltsam lethargisch, wurden gleich nach 30 Sekunden von Pascal El-Nemr überrascht, der aber aus spitzem Winkel knapp drüber zielte (1.). Auch an der nächsten gefährlichen Szene war El-Nemr beteiligt, lieferte den perfekten Pass genau in den Lauf von Moritz Kühn, doch der blieb am guten Keeper Thomas Kuballa hängen (9.). Eigentlich Grund genug für Hamm, nun endlich aufzuwachen, doch stattdessen machten die Vierländer weiter Druck: Henrik Giese mit dem Kopf weiter auf Neuzugang Ron David Borgmann, der aus kurzer Distanz die Nerven behielt und ins lange Eck zum 1:0 einschob (10.). Beim anschließenden Jubel ging El-Nemr auf die Knie und polierte dem Torschützen symbolisch die Buffer.
Borgmann (m.) bejubelt das 1:0. Foto: Hanno Bode
Das war nun tatsächlich der Weckruf für die „Geächteten“. Angetrieben vom starken Georges Ryan Essaka (machte über links viel Dampf) hatten die Gäste binnen weniger Minuten vier gute Ausgleichsgelegenheiten. Doch weder Atef Zakerwal (13.), Tevin Tafese (16.), nochmal Zakerwal mit einem Freistoß (22.), oder Davinci Frantz mit einem Fernschuss (32.) brachten den Ball über die Linie. Es ging nun munter hin und her, die Hausherren vergaben die mögliche Vorentscheidung zunächst in Person von Giese, der nach einer Vidosevic-Ecke freistehend aus 11 Metern am Gehäuse vorbei zielte (34.) – und dann wollte es El-Nemr mit einem Kopfballaufsetzer zu schön bzw. zu genau machen (35.). „Das kann hier auch 2:2 oder 3:3 stehen“, brachte es SCVM-Trainer Thorsten Beyer als Beobachter des Spiels auf den Punkt – und konnte zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht absehen, was noch alles folgen sollte. Zum Beispiel die Riesenchance von Sinisa Veselinovic (den Curslack übrigens auch gerne verpflichtet hätte), dessen Schuss aus 10 Metern von Ziolek auf der Linie geklärt wurde (36.).
Kurz nach der Pause nahm die bis dahin faire und ruhige Partie dann eine entscheidende Wendung: Nach einem Kopfballduell zwischen Piotr Ziolek und Veselinovic pfiff Referee Alexander Teuscher plötzlich Handelfmeter (54.). Keiner hatte es gesehen – und auch Teuscher war sich (nach wilden Protesten) auf einmal nicht mehr so sicher, fragte nacheinander seine beiden Assistenten.
“Das muss der Assistent doch gesehen haben…“ Foto: Hanno Bode
Ausgerechnet SRA1 Sandro Birkenhof (an der Mittellinie stehend und für die andere Spielhälfte zuständig) „bestätigte“ die Entscheidung. Und so gab es einen Handelfmeter ohne Handspiel. „Ich schwöre, meine Hände/Arme waren nicht mal in der Nähe vom Ball“, klagte Ziolek sein Leid.
“Ich hatte die Arme doch unten“, fleht Ziolek Schiri Teuscher an. Foto: Hanno Bode
Während sein Trainer Sven Schneppel ironisch anmerkte: „Ich bin selber Schiedsrichter und kenne das Regelbuch ganz gut. Wenn man den Ball rausköpft, ist das grundsätzlich kein Elfmeter. Der Schiri hat nur gepfiffen, weil einer von Hamm „Hand“ gerufen hat. Danach war er die Unsicherheit in Person, hat beide Assistenten befragt, obwohl er im Strafraum die Entscheidung trifft“. Veselinovic war die Aufregung ziemlich schnuppe und knallte die Kugel mittig zum 1:1 ins Tor (56.).
Sinisa Veselinovic blieb cool. Foto: Hanno Bode
Nun war Hektik und „Gift“ im Spiel. Man kann es clever nennen, wie Hamm die Situation nun für sich ausnutzte und die von „schreiender Ungerechtigkeit“ geplagten Gastgeber in fast jeder Szene weiter reizte. Insbesondere El-Nemr wurde bei jedem Ballkontakt zu Fall gebracht, doch der ließ sich nicht zu einer Unbedachtheit provozieren. Ganz im Gegensatz zum (unschuldigen) „Elfmeter-Übeltäter“: Ziolek (bereits aus der 25. Minute mit Gelb für heftiges Trikotziehen vorbelastet) war noch immer sichtlich auf 180 – und leistete sich als junger/unerfahrener Spieler ein dummes taktisches Foul an der Mittellinie (seinen Gegenspieler umklammert). Schiri Teuscher, der Ziolek eigentlich schon beim vermeidlichen Handspiel mit Gelb-Rot hätte runterschicken können (müssen), blieb nun gar keine andere Wahl: Platzverweis (58.).
Ziolek (r.). muss runter. Foto: Hanno Bode
Jetzt wähnte sich Hamm wohl auf der Siegerstraße – doch es ging der berühmte Ruck durch die Reihen der „Blauen“. Keine Spur von HUFC-Überzahlspiel, im Gegenteil: Gut geordnet und mit viel Leidenschaft waren es die Vierländer, die in der letzten halben Stunde der Partie ihren Stempel aufdrückten. Immer wieder startete Kühn über rechts seine Tempoläufe, legte gefühlt zwanzig Bälle scharf nach innen – doch entweder war Kuballa dran, oder die Mitspieler verpassten knapp. Genau einmal war es dann anders herum: Witalij Wilhelm über links mit gefühlvoller Hereingabe auf den zweiten Pfosten. Dort muss Kühn aus zwei Metern nur noch das leere Tor treffen – versemmelt jedoch kläglich (62.). Was für eine Großchance.
Frank Donkor Marfo (80., nach tollem Zuspiel von El-Nemr) und erneut Kühn, dessen flache Hereingabe auf der Linie geklärt wurde (90.+4), vergaben weitere Drei-Punkte-Gelegenheiten. Und auf der Gegenseite verstolperte Wasim Sarwari (nach traumhafter Vorarbeit von Tafese) buchstäblich den möglichen Siegtreffer, als er völlig freistehend und unbedrängt ins Straucheln kommt (90+1). Eigentlich kaum zu glauben, dass in dieser Partie nur zwei Tore fielen…
Stimmen:
Robert Peter Pietruschka (Co-Trainer Hamm United FC; i.V. für den beruflich bedingt direkt nach Abpfiff nach Berlin abgereisten Sidnei Marschall): Einen Punkt haben wir auf der Habenseite, es hätten aber auch Drei sein können. Oder keiner. Wir haben zu lethargisch begonnen. Eigentlich dachte ich, dass wir hier nach den beiden Pokalerfolgen mit breiter Brust auftreten. Über das ganze Spiel gesehen hatten wir genug gute Chancen. Der Ball muss einfach mal einschlagen. Das Spiel hätte auch 3:3 oder 3:4 ausgehen können. Nach der Pause waren wir wirklich stark und ich hatte nach dem Ausgleich gedacht, dass der Knoten jetzt gelöst ist und wir das Spiel gewinnen. Die Rote Karte war dann der Wendepunkt. Wir haben es trotz Überzahl nicht mehr gut hinbekommen. Zum Ende hin war es ein offener Schlagabtausch. Unterm Strich sind wir jetzt gegen vier Oberligisten (inkl. Pokal) ungeschlagen, das nehmen wir mit. Wenn man bedenkt, dass wir zu Beginn der Vorbereitung nur vier Mann im Kader hatten – das ist auf diesem Level glaube ich bundesweit einmalig.
Sven Schneppel (Trainer SV Curslack-Neuengamme): Ein paar Minuten nach dem Abpfiff ist die ganze Aufregung und Hektik schon wieder vergessen. Letztlich war es ja auch ein sehr faires Spiel. Nur die Schiedsrichter haben mehr daraus gemacht. Leider haben wir – vor allem in der ersten Halbzeit - in vielen Phasen zu passiv agiert. Eigentlich wollten wir nach dem tollen Start in Osdorf (5:1) mit breiter Brust auftreten und viel mehr Ballkontrolle ausüben. Wir haben zwar 1:0 zur Pause geführt, aber es hat sich nicht so angefühlt. Wir hatten auch ein bisschen Glück, dass Hamm nicht getroffen hat. Nach der Hektik mit dem Elfmeter und der Roten Karte hat sich das Spiel dann gedreht. In Unterzahl lief es genau so, wie wir es uns eigentlich von Beginn an vorgenommen hatten. Jetzt war Ordnung drin und wir hatten sehr gute Umschaltmomente. Vor allem aber hatten wir ausreichend gute Torchancen um zu gewinnen. Aber gerade unseren jungen Leuten fehlt noch die nötige Routine und Erfahrung. Im Endeffekt ist das Ergebnis aber gerecht. Hamm hatte viele gute Phasen, das muss man sich eingestehen. Aber die verlorenen zwei Punkte holen wir uns im nächsten Spiel gegen Türkiye zurück.
Statistik: Gesamt-Punktspiel-Bilanz aus Sicht des Gastgebers (seit HUFC-Vereinsgründung 2005): 6 Spiele, 2 Siege, 3 Remis, 1 Niederlage, 11:9 Tore
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