18.02.2023 "Dynamo Curslack" rettet einen Punkt von Andreas Killat
vs.
SV Curslack-Neuengamme – TuS Dassendorf 2:2 (0:0)
SV Curslack-Neuengamme: L. Giese – Kühn, Spiewak (65. Ziolek), Mohr, Wilhelm – Rogge, Bombek – Winterfeld (59. Borgmann), Brkic, Rump – Lechler (83. Meyer) TuS Dassendorf: Gruhne – Kleine, Ahlschwede, K. Carolus, R. Carolus (46. Muhlack) – Doege – Maggio, Strömer, Lam (81. Kurczynski), Zalli (46. Dettmann) – Harnik Tore: 0:1 Harnik (56.), 0:2 Harnik (65., HE), 1:2 Brkic (69.), 2:2 Lechler (74.) Schiedsrichter: Paul Dühring (SVNA): Das „älteste Gespann der Liga“ (zusammen mit den SRA „Drago“ Vollmers und René Hölker bringen es die Drei auf genau 135 Jahre) sah leider auch ziemlich alt aus. Die beiden SRA trifft dabei allerdings kaum ein Verschulden, aber Referee Paul D. zog mal wieder sein Ding durch und sorgte bei zahlreichen kuriosen Entscheidungen für Erstaunen und Empörung. Die Krönung lieferte er in der Nachspielzeit ab, als er einen Konter der Hausherren in 5:2-Überzahlsituation (!) knapp hinter der Mittellinie mit dem Schlusspfiff beendete (90.+5). Beste Spieler: Spiewak, Rogge, Lechler – Strömer, Dettmann (beide 2. Hz) Zuschauer: 170
"Jetzt hast Du was für Deine nächste Video-Analyse", lachte SVCN-Stürmer Arnold Lechler bei seiner Auswechslung seinem Trainer Marcello Meyer ins Gesicht (83.). Der hat seinen Spielern unter der Woche nämlich Zusammenschnitte von Partien David gegen Goliath gezeigt, u.a. auch das DFB-Pokalspiel von Dynamo Dresden gegen Leverkusen, wo es kurz nach der Halbzeit 0:3 stand ( https://www.kicker.de/dresden-gegen-leverkusen-2011-dfb-pokal-1140221/schema), aber der Underdog am Ende noch mit 4:3 gewann. Meyer wollte damit sein Lebensmotto vermitteln: Niemals aufgeben! Und so rief Kapitän Witalij Wilhelm nach dem 0:2 immer wieder "Dynamo, Dynamo" als Ansporn übers Feld. Nicht aufgeben, weiter an sich glauben. It works! Die Vierländer waren erst klar besser, lagen dann scheinbar aussichtlos 0:2 hinten - und wären ohne Schiri Paul Dühring am Ende vermutlich sogar als Sieger vom Platz gegangen...
Doch erstmal zurück zum Anpfiff. „Das war eine gute Sache mit den Einlaufkindern heute“, so Liga-Manager Torsten Henke: „wir wollen hier nach und nach wieder heimatverbundenen Fußball anbieten und fest in der Region verankert sein“. Die Jungs und Mädchen, die heute dabei waren, dürften jedenfalls von der Tribüne aus das „blaue Blut“ gespürt haben. Mut, Wille, Leidenschaft – auch wenn alles gegen einen spricht! Der (seit gestern Abend) Tabellenletzte gegen den Serienmeister, was sollte da schon möglich sein? So einiges!
Die Vierländer beherrschten das Mittelfeld, gewannen die Zweikämpfe und die zweiten Bälle und spielten sich zahlreiche Chancen heraus. Während die TuS in Anspielung auf ihre Trikots eher als „graue Maus“ daher kam. Nach einem Ballverlust von Maximilian Ahlschwede schloss Hendrik Bombek aus 17 Metern freistehend zu überhastet ab und versenkte das Leder im Fleet (4.). Danach scheiterte Marcel Rump an Keeper Christian Gruhne (11.), Moritz Kühn zielte (nach toller Vorlage von Florian Rogge) knapp am langen Pfosten vorbei (19.) und nach einem weiteren Traumpass von Rogge war Rump frei durch, setzte den Ball aber aus elf Metern links vorbei (21.). Was für eine Anfangsphase, was für ein Chaos beim Meister (mit Schnappatmung auf der Ersatzbank).
„Das ist nicht unser Anspruch“, so TuS-Coach Peter Martens, „das ist mir unerklärlich und da muss ich erstmal drüber nachdenken“. Das klingt – passend zur aktuellen Wetterlage - nach Gewitterwolken über dem Sachsenwald… Immerhin: Trotz desolater Leistung ging man mit einem 0:0 in die Kabine. Fast wäre es dabei sogar der Klassiker geworden. Curslack hatte alles verballert und die erste gute Aktion der Gäste wäre mit dem 0:1 „bestraft“ worden. Eyke Kleine hatte von rechts eine herrliche Flanke in den Strafraum gebracht und Martin Harnik aus sieben Metern mit dem Kopf zugeschlagen – doch Keeper Leon Giese parierte glänzend (45.+2).
Nach der Pause trat dann zunächst das ein, was alle „Experten“ vermuteten: So eine schlechte Halbzeit wird Dassendorf nicht nochmal spielen. Der eingewechselte (und schmerzlich vermisste) Henrik Dettmann brachte endlich Ordnung ins Mittelfeld bzw. Abwehrzentrum – und legte mit einem sagenhaften Pass auf den rechten Flügel den Grundstein für die Führung! Len Strömer nahm das Leder gekonnt und mit ganz viel Tempo mit, seine flache Hereingabe veredelte Harnik technisch perfekt zum 0:1 unter die Latte (56.). Im Gegenzug fast der Ausgleich, aber Luca Winterfeld scheiterte aus acht Metern an Gruhne (57.). Durchpusten? Au contraire! Gruhne nach seiner Parade mit dem langen Huf auf die linke Seite, Maggio startet durch und seine Hereingabe landet über Strömer bei Harnik, der den Ball aus neun Metern völlig blank genau Keeper Giese in die Arme schiebt (58.). Das hätte das 2:0 sein müssen!
Das gab es dafür ein paar Zeigerumdrehungen später: Eine Lam-Ecke von rechts springt Bombek im Strafraum an die Hand. Elfmeter! Keinerlei Proteste, sondern fast schon andächtige Stille. Harnik ganz cool in die rechte Ecke (Giese war nach links unterwegs) zum 0:2 (65.). Ganz klar, die Entscheidung. Aber da war ja noch der „Dynamo-Effekt“…
Die Hausherren verinnerlichten die Vorgabe (und Videoanalyse) ihres Trainers: Niemals aufgeben! Dynamo! Dynamo! Harnik und Doege vertändeln 30 Meter vor dem eigenen Tor leichtfertig den Ball (was Martens noch weit nach dem Abpfiff auf die Palme brachte), Rogge macht das Spiel mit einem seiner sehenswerten Pässe auf den linken Flügel schnell, Lechler legt quer und Stepan Brkic staubtrocken aus sechs Metern zum 1:2 (69.). Jubel auf der Tribüne, der kurze Zeit später gar zum Orkan wurde. Leverkusen äh Dassendorf guckt zu, wie Wilhelm den Ball für Lechler durchsteckt, der schüttelt Muhlack ab und trifft aus der Drehung zum 2:2 (74.)! Der Wahnsinn, der helle! Dynamo!
Doch die TuS wehrte sich. In Person von „Benno“. Dettmann mit einem unfassbaren Dribbling durch halb Curslack hindurch und plötzlich blank vor Giese, der sensationell pariert. Nachschuss Maggio: Keeper! Nachschuss Dettmann – am langen Pfosten vorbei (80.). Was für eine Dreifachchance! Aber auch die Hausherren mit der dicken Siegtrefferchance: Rump bedient Brkic der aus halblinker Position an Gruhne scheitert (90.+3). Puh!
Die angezeigte Nachspielzeit war damit abgelaufen. Aber Referee Dühring hatte seinen Spaß (wie schon bei zahlreichen Fehlentscheidungen zuvor). Noch eine Aktion und noch eine Aktion. Kein Abpfiff. Dann leistet sich Kerim Carolus einen schlimmen Fehlpass, Wilhelm fängt die Kugel in der eigenen Hälfte ab, läuft mit Tempo über die Mittellinie und startet einen Konter. Auf der rechten Seite des Spielfeldes sind nur Curslacker! 5:2-Überzahl. Das wird das 3:2….NICHT! Genau in dieser Sekunde pfeift Dühring nämlich das Spiel ab (90.+5). Was für eine Farce! Die Curslacker Spieler und Offiziellen sind außer sich, lautstarke Proteste und „Rudelbildung“ um den Schiri herum. Alle sind auf dem Platz. Henke kriegt sich gar nicht mehr ein, der Ex-Curslacker Sven Möller will schlichten. Dramatik pur!
„Das ist natürlich maximal unglücklich. Er kann ja gerne abpfeifen, aber dann soll er es gleich beim ersten Kontakt tun und nicht, wenn wir mit vollem Tempo in 5:2-Überzahl auf das Tor zulaufen“, so Trainer Meyer, während Henke sich auch nach der Pressekonferenz kaum beruhigt hatte: „Das kann ich ehrlich gesagt kaum verarbeiten – und das wird mich wohl auch noch länger beschäftigen“.
Peter Martens hat nach der Pressekonferenz übrigens ebenfalls angekündigt, sich mit der Leistung seiner Mannschaft (insbesondere in der ersten Halbzeit, aber auch bei den Fehlern vor den Gegentoren) „zu beschäftigen“. Heute Abend. Zu Hause bei einem Glas Jim Beam („Bier mag ich nicht besonders“). Vielleicht werden es ja auch zwei Gläser, wer weiß. Sein Team wartet jedenfalls weiter auf einen Sieg auf Kunstrasen – inzwischen seit fast zehn Monaten (27.4.22 3:1 bei HEBC).
Stimmen:
Peter Martens (Trainer TuS Dassendorf): Eine maximal enttäuschende Leistung von uns in der ersten Halbzeit. Das hatte nicht einen Hauch damit zu tun, welchen Anspruch wir haben. Eigentlich hätten wir zur Pause in Rückstand liegen müssen. Das glückliche 0:0 lag aber nicht an unserer Abwehrleistung, sondern eher an der Abschlussschwäche von Curslack. Ironischerweise hat Curslack erst getroffen, als wir so langsam in der Spur waren und mit der 2:0-Führung scheinbar alles im Griff hatten. Wir haben dem Gegner vor dem 1:2 mit dem Ballverlust eine goldene Vorlage präsentiert, das ist mir völlig unerklärlich. Insgesamt ein sehr enttäuschendes Wochenende für uns.
Marcello Meyer (Spieler-Trainer SV Curslack-Neuengamme): Für uns war es natürlich eine sehr gute erste Halbzeit, zur Mannschaft habe ich gesagt, dass war eine 2+! Wir hatten drei Riesenchancen, da müssen wir einfach in Führung gehen. Nach der Pause hat Dassendorf die Kontrolle übernommen, aber Kompliment an meine Mannschaft. Wir haben eine tolle Moral gezeigt, andere Teams lassen sich da vielleicht abschießen, aber wir geben niemals auf. Den Punkt nehmen wir gerne mit.
Statistik: Gesamt- Punktspiel-Bilanz aus Sicht des Gastgebers (seit 1949): 46 Spiele, 14 Siege, 9 Remis, 23 Niederlagen, 77:102 Tore
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