29.09.2024 ETSV verteilt Einladungen - bärenstarker USC nimmt dankend an von Andreas Killat
präsentiert:
vs.
USC Paloma – ETSV Hamburg 4:2 (2:1)
USC Paloma: Marschner – Mandelkau (83. Spranger), Burmeister, Blumauer, Adjei – Blöcker, Ulrich – Blunck (72. Werner), Fané (83. Amini), Sabah – Lekaj (60. Treichel) ETSV Hamburg: Schuchardt – Freese (72. Siemsen), Uphoff, Hertner – Can (63. Mashollaj), Monteiro – Ogara (63. Düzgüner), Lenz (72. Zimmermann), Schubert – Petrick, Verinac (63. Borck) Tore: 1:0 Fané (4.), 2:0 Sabah (21.), 2:1 Lenz (38.), 3:1 Fané (71.), 4:1 Treichel (77.), 4:2 Siemsen (90.) Rot: “Zuschauer” Carsten Gerdey (90.+5), der Ex-Manager saß mit blauer Paloma-Jacke direkt neben der Ersatzbank und meckerte wiederholt lautstark. Gelb-Rot: Monteiro (90.+7) Besondere Vorkommnisse: Weil Treichel (nach Foul von Uphoff; 90.+7) mit Verdacht auf Schlüsselbeinbruch ins Krankenhaus gebracht werden musste und das Wechselkontingent (drei Zeitfenster) bereits erschöpft war, spielte der USC die letzten zwei Minuten in Unterzahl. Schiedsrichter: Thomas Bauer (Rahlstedter SC): Ließ vom Anpfiff weg viel laufen (Körperkontakt ausdrücklich erlaubt). 90 Minuten lang eine solide Leistung, aber die viel zu lange Nachspielzeit (insgesamt neun Minuten) brachte unnötige Hektik und machte viel kaputt. Hätte Siemsen für sein brutales Foul an Blumauer ebenfalls vom Platz schicken müssen (90.+4). Beste Spieler: Sabah, Blumauer, Mandelkau, Fané – Schubert (2. Hz) Zuschauer: 165
„Das ist 10.45 Uhr Brucknerstraßen-Fußball, so mögen wir das“, war USC-Coach Marius Nitsch nach dem Abpfiff schwer begeistert – während sein Gegenüber Berkan Algan verständlicherweise eine ganz andere Gemütslage hatte: „Wir haben heute zahlreiche „Einladungen“ verteilt. Das waren unerklärlich viele individuelle Fehler. Eine Lehrstunde“.
Wie intensiv die Partie von USC-Seite werden würde, war schon beim Warmmachen zu sehen/spüren: Haron Sabah, der heute eine sensationelle Laufleistung an den Tag legte, „senste“ Colin Blumauer um, der minutenlang am blutunterlaufenen Knöchel behandelt werden und um seinen Einsatz bangen musste. „Hättest mir ja auch so sagen können, dass du mich nicht dabei haben willst“, war der Innenverteidiger nach kurzer Zeit aber schon wieder zu Scherzen aufgelegt – und konnte schließlich in der Startelf auflaufen.
Die „Tauben“ wirkten vom Anpfiff weg wie aufgedreht, entwickelten gegen den (haushohen?) Favoriten eine fast schon unheimliche Dominanz mit ganz viel Zug nach vorne. Die „Eisenbahner“ hingegen standen sprichwörtlich auf dem Abstellgleis – und leisteten sich defensiv einen Aussetzer nach dem anderen. Die Dreierkette funktionierte jedenfalls überhaupt nicht, die Hausherren nahmen die Abspiel- und Stellungsfehler dankend an. Nach toller Vorarbeit von Sabah erzielte Fané aus 14 Metern schon nach 190 Sekunden das 1:0 (4.). Es war der Auftakt einer sensationellen ersten Halbzeit – und fast schon „tragisch“, dass es letztlich „nur“ mit einem 2:1 in die Kabine ging. „Wir können von Glück sagen, dass es nicht 3:0 oder 4:0 steht“, war ETSV-Manager Jassi Huremovic nach dem Halbzeitpfiff stocksauer: „Das war richtig schlecht von uns. Wirklich RICHTIG schlecht“.
Denn seine Star-Truppe bekam kein Bein auf die Erde und „verteidigte“ vogelwild. Blunck (7.) und zweimal Aulon Lekaj (13./19.) hatten beste Chancen, vor allem der erstmals in der Startelf stehende Lekaj wird seiner „1000%igen“ wohl noch lange nachtrauern. Tayfun Can hatte einen viel zu kurzen Rückpass auf Keeper Schuchardt gespielt, Lekaj spritzte dazwischen und hatte aus drei Metern das leere Tor vor sich – zielte aber am langen Pfosten vorbei (19.). Das längst überfällige 2:0 besorgte Sabah, der nach zielgenauem Blöcker-Freistoß im Strafraum von Hertner und Uphoff völlig aus den Augen gelassen wurde und mit rechts herrlich vollstreckte (21.). Ein weiterer Ballverlust von Can eröffnete Sabah sogar die Chance zum „Doppelpack“, doch sein Kracher landete nur am Außennetz (35.). Was für eine wilde Fahrt am frühen Sonntagmorgen an der Brucknerstraße!
Die Gäste fanden gar nicht statt – trafen aber dennoch zum 1:2. Ein schnell ausgeführter Einwurf hebelte die USC-Kette aus und Lenz traf aus 12 Metern halblinks ins lange Eck (38.). Eigentlich ein Witz. Aber so ist das wohl mit Spitzenteams mit so viel Qualität im Kader. Nun rechnete fast jeder mit einer entsprechenden zweiten Halbzeit des Favoriten. Und die erste Viertelstunde nach der Pause gehörte tatsächlich dem ETSV. Allerdings ohne Zählbares. Ein Freistoß von Lenz streifte die Latte (53.) und zwei Distanzschüsse von Can und Schubert strichen knapp vorbei (56./59.).
Stattdessen feierte der USC: Ein toller Konter mit Blunck als Vorlagengeber für Sabah, dessen Außenristversuch an den Pfosten klatschte, führte zum dritten Treffer. Den Abpraller musste Fané nämlich nur noch über die Linie drücken (71.). Die Party-Stimmung an der Brucknerstraße war aber noch nicht auf dem Höhepunkt. Mandelkau mit dem langen Ball auf Treichel, der das Leder perfekt mit der Brust runterpflückt und aus acht Metern zum 4:1 trifft (77.). Was ist hier denn los?
Nach dem 2:4-Kopfball-Ehrentreffer der Gäste durch Siemsen (nach Ecke von Monteiro; 90.) hätte das Spiel eigentlich den Schlusspfiff verdient gehabt. Aber die fünfminütige Nachspielzeit (aus der am Ende satte neun Minuten wurden!) brachte noch ganz viel Hektik in eine bis dahin recht faire Begegnung. Siemsen war mit „Gelb“ für sein brutales Foul an Blumauer noch (aller)bestens bedient (90.+4). Ex-Manager Carsten Gerdey war über die Szene „not amused“ und tat das auch lautstark kund: Glatt „Rot“ für ihn als Zuschauer (allerdings saß Gerdey in blauer USC-Jacke direkt neben der Ersatzbank). Kurz danach gab Uphoff Treichel einen Schubser, der fiel ganz unglücklich und musste mit Verdacht auf Schlüsselbeinbruch ins Krankenhaus (90.+7). Dafür gab es nicht einmal Gelb. Die sah dafür (zum zweiten Mal binnen weniger Minuten) Monteiro, der entsprechend mit Gelb-Rot vom Platz musste (90.+7.). Die zwei Minuten bis zum Abpfiff (90.+9!) war der USC in Unterzahl, aber für die Eisenbahner war der Zug längst abgefahren. Ein hochverdienter (aber viel zu niedrig ausgefallener) Sieg für Paloma mit dem herrlichen Nitsch-Zitat: „Das ist 10.45 Uhr Brucknerstraßen-Fußball, so mögen wir das“.
Stimmen:
Berkan Algan (Trainer ETSV Hamburg): Nach so einem Spiel ist es schwer, die richtigen Worte zu finden. Unerklärlich, wie wir hier die Gegentore kassiert haben. Das waren individuell so krasse Fehler von eigentlich so erfahrenen Spielen. Das darf bei unserem Anspruch und unseren Zielen, die wir definitiv haben, nicht passieren – und hat uns heute weit nach hinten geworfen. Wir haben heute zu wenig Tore geschossen und viel zu viele Tore bekommen. Jetzt müssen wir uns schnell wieder sortieren und defensive Struktur für das Pokalspiel am Donnerstag in Sasel reinbekommen. Uns fehlte heute die geistige Frische und die Feinfühligkeit für die Situationen. Wir spielen in der Oberliga Hamburg, eine der besten Oberligen Deutschlands, wenn man sieht, was für Qualität in vielen Mannschaften steckt. Und dann wirst du eben bestraft. Daraus müssen wir unsere Lehren ziehen. Paloma hat viel Gefahr ausgestrahlt und hat verdient gewonnen. Weil wir viele „Einladungen“ verteilt haben. Das war eine Lehrstunde.
Marius Nitsch (Trainer USC Paloma): Das war vor allem defensiv unsere beste Saisonleistung. Unglaublich, was ETSV vorne für eine brutale Qualität hat (mit bisher 43 Toren) – aber gefühlt haben wir nichts zugelassen. Hut ab dafür vor meiner Mannschaft, das war unglaublich intensiv. Das war wirklich beeindruckend. In der Offensive hatten wir zahlreiche Chancen und hätten eigentlich mit 3:0 führen müssen. Wir haben ganz bewusst viele lange Bälle gespielt und sind auf die Ballgewinne der zweiten Bälle gegangen. Unser erster Sieg diese Saison gegen eine absolute Topmannschaft. Darüber sind wir super happy. Das ist 10.45 Uhr Brucknerstraßen-Fußball. So mögen wir das. Unsere beste Saisonleistung und ein verdienter Sieg.
Statistik: Gesamt-Punktspielstatistik aus Sicht des Gastgebers (seit 1945): 3 Spiele: 1 Sieg, 0 Remis, 2 Niederlagen, 4:6 Tore
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