Seit dem 16. April 1994 warten die Oberliga-Fußballer von Rasensport Elmshorn nun schon auf einen Sieg gegen den Nachbarn VfL Pinneberg. So weit wie diesmal aber war das Team von Trainer Eugen Igel noch nie von einer Durchbrechung der schwarzen Serie entfernt. Das 0:6 (0:2) auf eigenem Platz war eine absolute Demontage. Und obwohl Raspo-Manager Hans-Jürgen Stammer sicher nicht zu Unrecht auf die lange Verletztenliste verwies ("Acht Ausfälle können wir nicht kompensieren."): Etwas aufrechter hätte sich auch das verbliebene Elmshorner Personal zur Wehr setzen dürfen.
Dass die Gastgeber - wie in der jüngeren Vergangenheit übrigens schon einige Male gegen den selben Gegner - angesichts des Pinneberger Auftretens wie paralysiert wirken sollten, deutete sich bereits früh an. Denn als Markus Schwoy aus Rechtsaußenposition einen Freistoß butterweich vor das Raspo-Gehäuse zirkelte, sahen alle Abwehrspieler Pinnebergs Defensivmann Fredrik Krause andächtig dabei zu, wie er hochstieg und den Ball per Kopfballaufsetzer ins Netz beförderte. Und schon eine Minute später kam Krause nach erneutem Schwoy-Freistoß (diesmal von rechts) ebenso frei zum Kopfball, scheiterte diesmal aber an Andre´Asmus im Raspo-Tor.
Das fällige 0:2 kam dann aber zehn Minuten vor der Pause: Ebenso offensichtlich wie unnötig - unmittelbare Torgefahr bestand nicht - brachte Elmshorns Libero Kenan Hamzic VfL-Torjäger Frank Rückert im Strafraum zu Fall - Schwoy verwandelte den fälligen Elfmeter sicher. Und mit diesem Halbzeitstand war Rasensport noch bestens bedient. Gegen die geballte Offensivkraft des VfL, bei dem Rückert nicht einmal besonders auffällig war, hatte Elmshorn einfach nichts entgegen zu setzen. Da wirbelten der unter der Woche von Trainer Thomas Bliemeister kritisierte Schwoy und (bis zu seiner Verletzung nach Foul von Oliver Wroblewsky) "Edu" Avarello im Mittelfeld nach Belieben, zeigte Robert Bankowski im Angriff weiter ansteigende Form, ging auch über die Außenpositionen (Pannen, Gregori) so einiges.
Eugen Igel hatte dagegen nicht nur den frühen, verletzungsbedingten Ausfall von Rückert-Bewacher Marc Isberner (ohne "Feindeinwirkung") zu verkraften und damit erneut umzustellen. Er musste auch mit ansehen, wie seine Mannschaft in der ersten Halbzeit nicht einmal gefährlich vor dem VfL-Tor aufkreuzte - was nicht zuletzt daran lag, dass Papa Ndiaye bei Benjamin Hermberg ebenso abgemeldet war wie Dennis Pannen bei Mark Müller. Kurzum: Der VfL war in einer Weise dominant, wie es gewöhnlich in Duellen mit unterklassigen Gegnern vorkommt.
Und daran änderte sich auch in der zweiten Halbzeit rein gar nichts - ganz im Gegenteil: Nicht einmal drei Minuten waren absolviert, als der Pinneberger "Linke" Eike Pannen seitlich im Strafraum einspazierte, kurz aufschaute, den frei stehenden Ümit Kalebas bediente und der keine Mühe hatte, aus acht Metern flach zum 0:3 zu vollenden - die Entscheidung.
Von nun ab war das Spiel mehr und mehr die Vorführung eines Klassenunterschiedes. Und hätte man Raspo-Keeper Asmus bis dato ohne Wimpernzucken die "Bestnote" in einer desolaten Mannschaft erteilen können, so war auch das nach gut einer Stunde fraglich: Einen Freistoß aus 22 Metern halbrechter Position ließ sich der Bemitleidenswerte vom (freilich durchaus schlitzohrigen) Schwoy in die kurze Ecke einschenken - ein klarer Torwartfehler.
Doch wenn es läuft, dann läuft es eben. So durfte dann der just eingewechselte Sven Tepsic auch nochmal ran - sein Schuss von der Strafraumgrenze wurde von Lars Gersdorf unhaltbar zum 0:5 abgefälscht. Schließlich traf Rückert, der die glanzvollen Auftritte ansonsten seinen Nebenleuten überließ, kurz vor Schluss nach einem sehenswerten Freistoßtrick mit Schwoy noch zum 0:6. Und tatsächlich kam auch VfL-Torwart Sven Barth noch zu seinem ersten ernsthaften Einsatz: In der 90. Minute verhinderte er gegen Kiala akrobatisch das Ehrentor.
So weit also bei den Platzherren niemand so recht zu überzeugen vermochte, gab es beim VfL ausschließlich Aktivposten. Und es kristallisiert sich heraus, dass die Achse Avarello - Schwoy - Bankowski - Rückert noch manch anderer, stärkerer Defensive zu schaffen machen wird. "An guten Tagen können wir jeden schlagen", sagte dann auch Frank Rückert. "Und das auch, wenn meine Leistung, wie heute, eine Katastrophe ist."
Stimmen:
Eugen Igel (Raspo Elmshorn): "Wir haben den Umbruch im Mannschaftsgefüge vor der Saison gewollt, also dürfen wir jetzt nicht trauern. Doch dass wir so große Verletzungssorgen haben würden, haben wir natürlich nicht gewusst und nicht gewollt. Den Spielern, die neu hereingekommen sind, kann ich keinen Vorwurf machen. Enttäuscht hat mich ein Spieler wie Kaladic, der Pannen vor dem dritten Tor überhaupt nicht gestört hat."
Thomas Bliemeister (VfL Pinneberg): "Es gibt keinen Grund, in übermäßige Begeisterung oder Euphorie zu verfallen. Im Gegensatz zum Pokalspiel vor zehn Tagen haben wir den Gegner von der ersten Minute an beschäftigt. Herauszuheben ist niemand, auch wenn Schwoy sicher gut gespielt hat. Jeder hat sich an seine Aufgabe gehalten."
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